Saarländisches OLG 5 U 22/21

Dezember 12, 2022

Saarländisches OLG 5 U 22/21, Urteil vom 17.12.2021 – Verneinung der Wechselbezüglichkeit der Schlusserbeneinsetzung des gemeinsamen Kindes

Zur Verneinung der Wechselbezüglichkeit der Schlusserbeneinsetzung des gemeinsamen Kindes, wenn die alsbald verstorbene Ehefrau bei Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments schwer erkrankt war, seit der Heirat nicht mehr gearbeitet und auch kein nennenswertes Vermögen in die Ehe eingebracht hatte und das verhältnismäßig junge Alter der Ehegatten die Möglichkeit einer Wiederheirat des Überlebenden nahelegte.

Tenor Saarländisches OLG 5 U 22/21

I. Die Berufung des Klägers gegen das am 12. Februar 2021 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken – 16 O 84/17 – wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

III. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweiligen Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 89.277,- Euro festgesetzt.

Gründe Saarländisches OLG 5 U 22/21

I.

Die Parteien streiten um das Nachlassvermögen des am 22. August 1930 geborenen und am 26. März 2015 verstorbenen D. (im Folgenden: Erblasser); der Kläger, der sich seit vielen Jahren überwiegend im Ausland aufhält, begehrt von der Beklagten die Auszahlung aus der Erbschaft erlangter Geldbeträge.

Er ist der einzige Abkömmling des Erblassers und durch Erbschein des Amtsgerichts Saarbrücken vom 9. August 2016 (Anlage K1 = BI. 11 GA) als dessen alleiniger Erbe ausgewiesen; die – ebenfalls testamentarisch bedachte – Beklagte war die Lebensgefährtin des Erblassers. Die Mutter des Klägers und erste Ehefrau des Erblassers war am 17. Mai 1975 im Alter von 40 Jahren verstorben, eine zweite Ehe des Erblassers wurde später wieder geschieden.

Die Mutter des Klägers litt zu Lebzeiten an einer schweren Nierenschädigung, sie war Dialysepatientin und in den letzten Jahren vor ihrem Tod schwer erkrankt gewesen, die letzte Zeit ihres Lebens verbrachte sie überwiegend in Krankenhäusern. Seit der Heirat im Jahre 1957 war sie nicht mehr berufstätig gewesen, der Erblasser war Alleinverdiener, beide hatten kein Vermögen in die Ehe eingebracht. Mit notarieller Urkunde vom 28. März 1972 hatten sie zu je ½- Anteil ein Hausgrundstück in Bensberg erworben, dessen Kaufpreis von 142.500,- DM zzgl. der Nebenkosten ganz überwiegend kreditfinanziert worden war.

Der Erblasser hatte wiederholt letztwillige Verfügungen errichtet. Zusammen mit der Mutter des Klägers, die damals schon längere Zeit schwer erkrankt war, errichtete er am 12. September 1973 ein gemeinschaftliches Testament (Anlage K2 = BI. 12 f. GA), das u.a. wie folgt lautete:

“Für den Fall unseres Todes setzen wir uns gegenseitig als Alleinerben ein. Nach dem Tode des Längerlebenden soll unser Sohn Jürgen, geboren am 27. April 1961, Erbe hinsichtlich des gesamten Nachlasses des zuletzt Versterbenden sein.

Der überlebende Ehegatte ist in der Verfügung über das gesamte Vermögen (eigenes und ererbtes) frei.”

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Im Übrigen befasste sich das Testament über eine weitere Seite ausschließlich mit der Frage, wer im Falle des Todes beider Ehegatten Vormund des damals noch minderjährigen Klägers werden sollte bzw. nicht werden sollte. Am 31. August 1988 errichtete der Erblasser sodann mit seiner damaligen zweiten Ehefrau ein weiteres gemeinschaftliches Testament (BI. 19 f. GA), das u.a. wie folgt lautete:

“- Für den Fall unseres Todes setzen wir uns gegenseitig als Alleinerben ein.

– Der überlebende Ehegatte ist in der Verfügung über das gesamte Vermögen (eigenes und ererbtes) frei.

– Sollte Irene Siebert der überlebende Ehegatte sein, muss unter allen Umständen verhindert werden, dass J., geboren am 27. April 1961, das Recht erhält, in das Haus (…). einzuziehen bzw. über dieses Haus oder Teile davon ohne Zustimmung von Irene Siebert zu verfügen, auch für den Fall, dass ihm ein Pflichtteil am Nachlass zustehen sollte.

– Dieses gemeinschaftliche Testament wurde verfasst in Kenntnis des Testamentes von D. und R. vom 12. September 1973, eröffnet vom Amtsgericht Bergisch-Gladbach am 22. August 1975 …”.

Nach der Trennung von seiner zweiten Ehefrau errichtete der Erblasser am 10. Juli 2002 ein notarielles Testament (UR Nr. 1214/2002 des Notars H., Bergisch-Gladbach, BI. 21 ff. GA); darin heißt es u.a.:

“Ich habe am 12. September 1973 mit meiner ersten Ehefrau ein gemeinschaftliches privatschriftliches Testament errichtet, in dem wir uns gegenseitig zum alleinigen und unbeschränkten Erben eingesetzt haben und der Überlebende unseren gemeinsamen Sohn zum Schlusserben berufen hat.

Ich habe in der vorangegangenen Urkunde des amtierenden Notars alle Verfügungen, die ich in gemeinschaftlichen Testamenten mit meiner zweiten Ehefrau (…) getroffen habe, widerrufen.

Alle einseitig von mir errichteten Verfügungen von Todes wegen hebe ich hiermit auf.

Zu meinem alleinigen und unbeschränkten Erben setze ich hiermit meine Sohn J., geboren am 27. April 1961, (…). ein.

Mit weiterem privatschriftlichem Testament vom 4. Februar 2007 (Bl. 276f. GA) verfügte der Erblasser sodann Folgendes:

“Es verbleibt bei meiner notariellen letztwilligen Verfügung vom 10. Juli 2002 … Mein alleiniger Erbe ist demnach mein Sohn, J….

Ergänzend verfüge ich folgende Vermächtnisse:

Meiner Lebensgefährtin, Frau D., … setze ich folgende Vermächtnisse aus:

1.

Alle in unserer gemeinsamen Wohnung vorhandenen Hausratsgegenstände, die mein Eigentum sind, vermache ich ihr ausdrücklich.

2.

Die auf meinen Konten vorhandenen verfügbaren Barbeträge vermache ich ihr ebenfalls.

Sie ist verpflichtet und berechtigt, aus diesem Vermächtnis die Kosten meiner Beisetzung zu begleichen. Sie ist berechtigt, über deren Modalitäten frei zu entscheiden. Sie kann insbesondere entscheiden, wo und wie ich beigesetzt werde…

3.

Betreffend von mit in unsere gemeinsame Wohnung getätigte Investitionen sollen im Falle meines Todes keinerlei Ansprüche meines Erben bestehen. Hierzu erkläre ich ausdrücklich, dass ich mit meiner Lebensgefährtin in dieser Wohnung mietfrei gewohnt habe und keinerlei Erstattungsansprüche bestehen”.

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In einem Zusatz vom 22. August 2008 erklärte der Erblasser auf derselben Urkunde, dass er “die in diesem Testament getroffene Verfügung … hiermit nochmals ausdrücklich in vollem Umfange” bestätige. Außerdem hatten der Erblasser und die Beklagte mit notarieller Urkunde vom 26. Mai 2008 (UR Nr. 119/2008 des Notars S., Saarbrücken, Bl. 105 ff. GA), eine “Generalvollmacht mit Patientenverfügung” beurkunden lassen.

Darin hatten sich die Beteiligten wechselseitig unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 ZPO und mit Geltung über den Tod hinaus dazu bevollmächtigt, den jeweils anderen Vollmachtgeber in allen persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten, soweit gesetzlich zulässig, gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten.

Im Rahmen der erfassten Vermögensangelegenheiten sollte die Vollmacht insbesondere die Befugnis umfassen, über Bankkonten und Depots sowie sonstiges Geldvermögen aller Art im Namen des Vollmachtgebers zu verfügen und Bankkonten und Depots zu eröffnen und aufzulösen. Im Innenverhältnis war vereinbart, dass von der Vollmacht nur Gebrauch gemacht werden durfte, “wenn der Vollmachtgeber, aus welchen Gründen auch immer, nicht in der Lage ist, selbst zu handeln oder den Bevollmächtigten zum Gebrauch der Vollmacht ermächtigt, was in der Regel mündlich erfolgen wird”. Für den Fall, dass die Bestellung eines gesetzlichen Betreuers notwendig werden sollte, enthielt die Patientenverfügung eine verbindliche Bestimmung, dass zum Betreuer ausschließlich der jeweils andere der beiden Vertragsschließenden bestellt werden sollte.

Nach dem Tode beglich die Beklagte aus dem auf den Konten befindlichen Barvermögen des Erblassers, das sich auf mindestens 141.332,80 Euro belief, u.a. die Beerdigungskosten. Die in einem Wertpapierdepot des Erblassers weiterhin vorhandenen Aktien veräußerte sie später zum Gegenwert von 6.880,18 Euro. Im Anschluss an vorgerichtliche Verhandlungen, deren Inhalt im Einzelnen streitig ist, brachte sie unter Hinweis auf die Alleinerbenstellung des Klägers, die ihr ausgesetzten Vermächtnisse sowie etwaige Pflichtteils- oder Pflichtteilsergänzungsansprüche des Klägers (vorgerichtliche Schreiben vom 11. September 2015 und vom 7. Oktober 2015, Bl. 35 ff., 39 f. GA) Beträge in Höhe von insgesamt 74.106,49 Euro an den Kläger zur Anweisung.

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Der Kläger hatte die Beklagte erstinstanzlich mit einer am 24. Juli 2017 zugestellten Stufenklage zunächst unter dem Gesichtspunkt des Erbschaftsbesitzes (§§ 2018 ff. BGB), später auch nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB, Bl. 285 GA) auf Erteilung von Auskunft über den Bestand und den Verbleib der Nachlassgegenstände, der aus deren Veräußerung erlangten Erlöse, Nutzungen und Früchte, ggf. Versicherung der Richtigkeit der zu erteilenden Auskunft an Eides statt und Herausgabe der sodann zu bezeichnenden Nachlassgegenstände in Anspruch genommen (Bl. 6 ff. GA); die Beklagte ist dem unter Hinweis auf bereits erteilte Auskünfte und das ihr zugewandte Vermächtnis entgegengetreten.

Mit Teil-Urteil vom 28. November 2018 (BI. 364 GA) wurde die Klage auf der ersten Stufe abgewiesen, weil ein aus § 2028 BGB folgender Auskunftsanspruch zwischenzeitlich erfüllt sei. Zur Begründung seines am 4. Juni 2020 bezifferten Zahlungsanspruches in Höhe weiterer 89.277,55 Euro (Bl. 383 ff. GA) hat der Kläger sich auf das Testament vom 12. September 1973 berufen und die Ansicht vertreten, der Erblasser habe in den späteren letztwilligen Verfügungen keine das Erbrecht des Klägers einschränkenden Regelungen mehr wirksam treffen können; bei der dortigen Schlusserbeneinsetzung habe es sich um eine wechselbezügliche Verfügung der Ehegatten gehandelt, die nach dem Tode der Ehefrau nicht mehr einseitig habe widerrufen werden können, die Formulierung, wonach der überlebende Ehegatte in der Verfügung über das gesamte Vermögen frei sein solle, habe sich lediglich auf lebzeitige Verfügungen und nicht auf Verfügungen von Todes wegen bezogen.

Das Testament vom 4. Februar 2007 sei deshalb unwirksam, soweit darin Vermächtnisse in erheblichem Umfang zum Nachteil des Klägers ausgesetzt worden seien. Gemäß einer anhand der erlangten Auskünfte gefertigten Vermögensaufstellung (Bl. 389 ff. GA) habe der Nachlass am Todestag einen Wert von 160.049,97 Euro aufgewiesen, zuzüglich späterer Zuflüsse, die ihm als Erben gebührten, ergebe sich ein Gesamtguthaben in Höhe von 179.819,21 Euro.

Darüber hinaus habe die Beklagte sich in Höhe von 272,94 Euro schadensersatzpflichtig gemacht, weil sie nach dem Tode – unstreitig – Aktien aus dem Wertpapierdepot des Erblassers veräußert habe und dies zu einem in dieser Höhe gegenüber dem Kurswert am Todestag verminderten Betrag erfolgt sei. Weitere Erbmasse existiere nicht, insbesondere habe der Erblasser kein Konto in Straßburg besessen. Nach Abzug der berechtigten Aufwendungen in Höhe von 16.708,11 Euro und der bereits ausgekehrten Beträge verbleibe ein Auszahlungsanspruch in Höhe der Klageforderung.

Die Beklagte hat den Erblasser unbeschadet des gemeinschaftlichen Testaments vom 12. September 1973 für befugt gehalten, seine letztwillige Verfügung zum Nachteil des Klägers abzuändern.

Dafür spreche schon die ausdrückliche Vereinbarung, wonach der Überlebende “in der Verfügung frei” sei, die auch nur Sinn mache, wenn Verfügungen von Todes wegen erfasst seien, nachdem das Gesamtvermögen ohnehin vom Erblasser gestammt habe und dieser selbstverständlich zu Lebzeiten darüber habe verfügen dürfen.

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Auch sei zu berücksichtigen, dass die Eheleute zum Zeitpunkt der Abfassung des Testamentes noch sehr jung gewesen seien und die schwer kranke Mutter des Klägers damit habe rechnen müssen, dass der Erblasser gegebenenfalls nochmals heiraten würde. Auch das spätere Verhalten des Erblassers, der mit seiner zweiten Ehefrau ein weiteres gemeinschaftliches Testament errichtet und eine ähnliche Klausel genutzt habe, lasse auf den fehlenden Bindungswillen schließen, weil der Erblasser damit zum Ausdruck gebracht habe, dass er sich in seiner Verfügung von Todes wegen frei gefühlt habe.

Die Beklagte habe den Erblasser in den letzten Jahren seines Lebens gepflegt und ihn mietfrei in ihrer Wohnung wohnen lassen. Er sei ein Pflegefall gewesen, ab 13. Januar 2013 sei er in Pflegestufe 1 eingestuft gewesen, das Pflegegeld sei auf sein Konto überwiesen worden, sie habe hiervon nichts erhalten. Der Erblasser habe ihr versprochen, sie zu entschädigen.

Der Höhe nach sei die Forderung nicht berechtigt, nach dem Verkauf der Aktien seien Beträge in Höhe von lediglich 141.332,80 Euro vorhanden gewesen (Bl. 400 GA). Im Übrigen habe es ihres Wissens noch weiteres, beträchtliches Vermögen des Erblassers gegeben, insbesondere Immobilien oder Anteile an Immobilien, sowie Kontoguthaben (Tafelgeschäfte), insbesondere ein beträchtliches Bankkonto in Straßburg, so dass der Pflichtteil des Klägers durch die Vermächtnisse nicht beeinträchtigt worden sei (Bl. 32, 100, 415 GA).

Mit dem angefochtenen Urteil (Bl. 467 ff. GA), auf dessen Inhalt auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Das zugunsten der Beklagten errichtete weitere Testament vom 4. Februar 2007 sei wirksam, insbesondere sei der Erblasser durch das frühere Testament vom 12. September 1973 nicht daran gehindert gewesen, die Beklagte wie geschehen mit Vermächtnissen zu bedenken, weil die Schlusserbeneinsetzung des Klägers nicht wechselbezüglich gewesen sei. Jedenfalls enthalte das frühere Testament mit Blick auf die getroffenen Regelungen einen Abänderungsvorbehalt, von dem der Erblasser in seiner späteren Verfügung wirksam Gebrauch gemacht habe.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seinen Zahlungsanspruch uneingeschränkt weiter. Unter Wiederholung und Vertiefung seines früheren Vorbringens vertritt er weiterhin die Ansicht, der Erblasser sei durch die wechselbezüglich erfolgte Schlusserbeneinsetzung in dem Testament vom 12. September 1973 an weiteren Verfügungen zum Nachteil des Klägers gehindert gewesen. Auch den auf die Annahme eines Änderungsvorbehaltes gestützten Hilfserwägungen des Landgerichts sei nicht zu folgen. Jedenfalls habe die Beklagte dem Kläger alle nach dem Todestag auf dem Girokonto eingegangenen Gutschriften in Höhe von 12.933,06 Euro auszukehren, nachdem bislang erbrachte Zahlungen als Pflichtteil bzw. Pflichtteilsergänzung geleistet worden seien.

Der Kläger beantragt (Bl. 507 GA),

unter Abänderung des Urteils der 16. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 12. Februar 2021 – 16 O 84/17 -, zugestellt am 18. Februar 2021, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger über den von ihr bereits gezahlten Betrag von 74.106,49 Euro hinaus weitere 89.277,55 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Zustellung der Klageschrift vom 6. Juli 2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt (Bl. 548 GA),

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres früheren Vorbringens.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 23. März 2018, 21. August 2018 und 23. November 2020 (Bl. 270 ff., 341 ff., 416 ff. GA) sowie des Senats vom 5. November 2021 (Bl. 647 ff. GA) verwiesen.

II.

Die gemäß §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO zulässige Berufung des Klägers bleibt in der Sache erfolglos. Weder beruht die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere, dem Kläger günstigere Entscheidung (§ 513 ZPO). Das Landgericht hat die mit der Klage geltend gemachten, auf das Erbrecht des Klägers gestützten Herauszahlungsansprüche in Höhe weiterer 89.277,55 Euro zzgl. Zinsen zu Recht für unbegründet und sämtliche in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen – stillschweigend – für nicht durchgreifend erachtet: Sowohl der mit der Klage vorrangig geltend gemachte Erbschaftsanspruch (§§ 2018 ff. BGB), als auch der später eingewandte Herausgabeanspruch unter Auftragsgesichtspunkten (§ 667 BGB, auch i.V.m. den §§ 677 ff. BGB) scheitern, ebenso wie etwaige Sekundäransprüche, jeweils daran, dass die Beklagte gegenüber dem Kläger berechtigt ist, die aus der Erbschaft erlangten Beträge, auch unter Berücksichtigung etwaiger sonstiger Verbindlichkeiten, im Hinblick auf das ihr testamentarisch zugewandte Vermächtnis zu behalten.

1.

Ansprüche des Klägers, gleich aus welchem Rechtsgrunde, sind allerdings nicht von vornherein dadurch ausgeschlossen, dass die Parteien im Vorfeld des hiesigen Rechtsstreits eine wirksame (vergleichsweise) Einigung über eine Abfindung des Klägers getroffen hätten, vgl. § 779 BGB.

Wie das Landgericht zu Recht annimmt, hat die Beklagte, die sich auf eine solche Vereinbarung beruft, die Voraussetzung einer entsprechenden Einigung (§§ 145 ff. BGB) nicht dargetan und bewiesen. Dazu genügt nicht, dass sie dem Kläger vorgerichtlich anbot, die gesamte Angelegenheit durch Zahlung von – zuletzt – 74.106,49 Euro zu erledigen (anwaltliche Schreiben vom 11. September und vom 7. Oktober 2015, Bl. 35 ff., 39 f. GA), und dass dieser Betrag in der Folgezeit auch an den Kläger ausgezahlt wurde.

Denn der Kläger hat nachdrücklich bestritten, dass er die ihm angetragene Vereinbarung akzeptiert habe, und Gegenteiliges ist mit dem vorgelegten Schriftverkehr und den sonstigen zur Akte gereichten Unterlagen nicht mit der erforderlichen Gewissheit (§ 286 ZPO) erwiesen, wie in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt wird. Selbst wenn die Überweisung dieses Betrages wegen der dazu erforderlichen Kenntnis der Bankverbindung des Klägers dessen Mitwirkung bedurft haben sollte, könnte angesichts des Umstandes, dass der Kläger die Rechte der Beklagten an den von ihr beanspruchten Vermächtnissen durchweg in Abrede stellte, allein aus dieser Mitteilung nicht auf das Einverständnis des Klägers mit den ihm angetragenen Bedingungen geschlossen werden. Dementsprechend betont die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung nunmehr auch, die geleisteten Beträge “ohne Anerkennung einer Rechtspflicht” (Bl. 549 GA) an den Kläger gezahlt zu haben.

2.

Der Kläger kann die Zahlung des eingeklagten Betrages nicht unter dem Gesichtspunkt des Erbschaftsbesitzes (§ 2018 BGB) von der Beklagten verlangen. Er ist zwar alleiniger testamentarischer Erbe nach seinem verstorbenen Vater geworden, die Beklagte ist jedoch, unbeschadet der – im Vorfeld streitig gewesenen, vom Landgericht in seinem Teil-Urteil vom 28. November 2018 verneinten – Frage des Erbschaftsbesitzes, dazu berechtigt, weitere Zahlungen an den Kläger unter Hinweis auf das ihr mit Testament vom 4. Februar 2007 wirksam zugewandte Vermächtnis zu verweigern:

a)

Der durch Erbschein vom 9. August 2016 (BI. 11 GA) als solcher ausgewiesene Kläger ist aufgrund letztwilliger Verfügung des Erblassers dessen alleiniger Erbe und als solcher durch eine Reihe von – zweifellos werthaltigen – Vermächtnissen beschwert worden. Darüber besteht zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits Einvernehmen (zur Bedeutung: Johannsen, in: RGRK 12. Aufl., § 2084 Rn. 32 a.E., m.w.N.), und dies entspricht auch der Rechtslage, wie sie sich nach Auslegung des privatschriftlichen Testaments vom 4. Februar 2007, auch im Kontext der vorausgegangenen der letztwilligen Verfügungen, hier darstellt:

aa)

Bei der – vorliegend gebotenen – vorrangigen Auslegung des Testaments vom 4. Februar 2007, die der Ermittlung des wirklichen Willens des Erblassers dient (§§ 133, 2084 BGB; vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 1992 – IV ZR 160/91, NJW 1993, 256; Senat, Urteil vom 15. Oktober 2014 – 5 U 19/13, ErbR 2015, 567), ist zu berücksichtigen, dass der Sprachgebrauch nicht immer so exakt ist oder sein kann, dass der Erklärende mit seinen Worten genau das unmissverständlich wiedergibt, was er zum Ausdruck bringen wollte. Deshalb ordnet § 133 BGB an, den Wortsinn der benutzten Ausdrücke unter Heranziehung aller Umstände zu “hinterfragen”: Nur dann kann die Auslegung der Erklärung durch den Richter gerade die Bedeutung auffinden und ihr die rechtliche Wirkung zukommen lassen, die der Erklärende seiner Willenserklärung “wirklich” beilegen wollte (BGH, Urteil vom 24. Juni 2009 – IV ZR 202/07, NJW-RR 2009, 1455).

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Ein Abweichen vom Wortsinn setzt allerdings voraus, dass Umstände vorliegen, aus denen geschlossen werden kann, dass der Erklärende mit den Worten einen anderen Sinn verbunden hat als es insbesondere dem allgemeinen Sprachgebrauch entspricht (BGH, Beschluss vom 9. April 1981 – IVa ZB 6/80, BGHZ 80, 246). Hierzu zählen etwa die Vermögens- und Familienverhältnisse des Erblassers, seine Beziehungen zu den Bedachten und seine Zielvorstellungen; auch können weitere Schriftstücke des Erblassers oder die Auffassung der Beteiligten nach dem Erbfall von dem Inhalt des Testaments Anhaltspunkte für den Willen des Erblassers geben (BGH, Urteil vom 24. Juni 2009 – IV ZR 202/07, NJW-RR 2009, 1455).

Da es für die Auslegung auf den Zeitpunkt ankommt, zu dem die letztwillige Verfügung errichtet wurde, können solche Umstände aber immer nur als Anzeichen für einen in jenem Zeitpunkt vorhandenen – allein maßgeblichen – Erblasserwillen berücksichtigt werden (“Indizfunktion”; vgl. Weidlich, in: Palandt, BGB 80. Aufl., § 2084 Rn. 2; Staudinger/Gerhard Otte (2013) Vorbemerkungen zu §§ 2064-2086, Rn. 74 f.).

bb)

Der Senat hat bei Anwendung dieser Auslegungsgrundsätze keine Zweifel daran, dass der Wille des Erblassers beim Verfassen des privatschriftlichen Testaments vom 4. Februar 2007 – den Vorstellungen der Parteien dieses Rechtsstreites entsprechend – dahin ging, den Kläger, seinen Sohn, zu seinem alleinigen Erben zu berufen. Dieses Anliegen wurde in dem Testament ausdrücklich formuliert, und es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Erblasser seine Worte gleichwohl anders verstanden wissen wollte. Sein geäußerter Wille, den Kläger zum Alleinerben einzusetzen, zieht sich durch alle aufeinanderfolgenden letztwilligen Verfügungen des Erblassers.

Bereits das gemeinschaftliche Testament vom 12. September 1973 sah den Kläger als Erben des Längerlebenden vor; eine entsprechende Regelung enthielt auch das spätere gemeinschaftliche Testament des Erblassers mit seiner zweiten Ehefrau, das dieser nach der Scheidung widerrief; später hat der Erblasser den Kläger mit notariellem Testament vom 10. Juli 2002 wiederum zu seinem alleinigen und unbeschränkten Erben eingesetzt. Indem er in dem – zeitlich letzten – Testament vom 4. Februar 2007 nochmals klarstellte, dass es bei seiner vorangegangenen notariellen Verfügung vom 10. Juli 2002 bleibe und der Kläger sein “alleiniger Erbe” sei, und er der Beklagten zeitgleich einzelne Vermögenswerte ausdrücklich “als Vermächtnis” zuwandte, brachte er eindeutig und erkennbar zum Ausdruck, dass er den Kläger als seinen alleinigen Rechtsnachfolger im Sinne des § 1922 BGB ansah.

cc)

Ferner ist – mit den Parteien – davon auszugehen, dass der Erblasser die Beklagte in seinem Testament vom 4. Februar 2007 – nur – mit Vermächtnissen bedenken und sie damit – unbeschadet der hier nicht relevanten Frage der Wirksamkeit dieser Bestimmung – jedenfalls nicht zu seiner (weiteren) Erbin einsetzen wollte.

(1)

Das folgt zwar nicht aus der gesetzlichen Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB, wonach im Zweifel keine Erbeinsetzung vorliegt, wenn dem Bedachten nur einzelne Gegenstände zugewendet wurden, weil auch diese nur mangels anderer Anhaltspunkte zum Zuge kommt und daher nicht eingreift, wenn durch die – vorrangige – Auslegung die Zweifel überwunden sind, die zur gegenteiligen Auslegung als Vermächtnis durchgreifen müssten (BGH, Urteil vom 22. März 1972 – IV ZR 134/70, FamRZ 1972, 561; Beschluss vom 12. Juli 2017 – IV ZB 15/16, NJW-RR 2017, 1035; Rudy, in: MünchKommBGB 8. Aufl., § 2087 Rn. 1).

Für die Annahme einer Erbeinsetzung kann trotz Zuwendung nur einzelner Gegenstände sprechen, wenn der Erblasser sein Vermögen vollständig den einzelnen Vermögensgegenständen nach verteilt hat, wenn er dem Bedachten die Gegenstände zugewendet hat, die nach seiner Vorstellung das Hauptvermögen bilden, oder nur Vermächtnisnehmer vorhanden wären und nicht anzunehmen ist, dass der Erblasser überhaupt keine Erben berufen und seine Verwandten oder seinen Ehegatten als gesetzliche Erben ausschließen wollte, oder auch wenn der Nachlass durch die Zuwendung des wertmäßigen Hauptnachlassgegenstands, etwa eines Hausgrundstücks, im Wesentlichen erschöpft wird oder der objektive Wert das übrige Vermögen an Wert so erheblich übertrifft, dass der Erblasser ihn als seinen wesentlichen Nachlass angesehen hat (BGH, Beschluss vom 12. Juli 2017 – IV ZB 15/16, NJW-RR 2017, 1035; Senat, Urteil vom 13. Februar 2019 – 5 U 57/18, ErbR 2019, 510).

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(2)

Im Streitfall führt die Auslegung des Testaments zu der Annahme, dass der Beklagten die darin benannten einzelnen Vermögenswerte – nur – als Vermächtnis zugewandt wurden, diese also nicht als (weitere) Erbin eingesetzt werden sollte.

Dafür streitet bereits durchgreifend der sachliche Kontext der Anordnung, konkret: die gleichzeitige Bekräftigung der Einsetzung des Klägers zum “alleinigen Erben”, die in Folge nochmals bestätigt wurde. Konkrete Anhaltspunkte, die dafür sprechen könnten, dass der Erblasser diese vorherige Verfügung in Wahrheit nicht treffen oder auf diese Weise zumindest die alleinige Erbenstellung des Klägers einschränken wollte, sind nicht erkennbar.

Sie folgen insbesondere auch nicht aus der Auflage, wonach die Beklagte die – an sich von dem Erben zu tragenden, vgl. § 1968 BGB – Kosten der Beerdigung aus dem Vermächtnis bestreiten und in diesem Zusammenhang auch über die Modalitäten der Beerdigung befinden sollte; denn diese Regelung erklärt sich, ebenso wie die weitere Zuwendung der Haushaltsgegenstände an die Beklagte, ohne weiteres mit der von ihr vereinbarungsgemäß wechselseitig (vgl. die “Generalvollmacht mit Patientenverfügung” vom 26. Mai 2008, Bl. 105 ff. GA) übernommenen Sorge, während der Kläger, weil er im Ausland lebte und nicht ständig vor Ort war, mit der Regelung dieser Angelegenheiten ersichtlich nicht weiter belastet werden sollte.

Entscheidend ist andererseits aber auch, dass der Erblasser seine Zuwendungen an die Beklagte im Einzelnen bezeichnet und auch dadurch erkennbar zum Ausdruck gebracht hat, dass diese gerade nicht allgemein in seine Rechtsstellung eintreten, sondern lediglich einen Anspruch auf die im Einzelnen genannten Vermögenswerte erhalten bzw. etwaigen Ansprüchen seines Erben nicht ausgesetzt sein sollte.

Dabei kann auch nicht festgestellt werden, dass der Erblasser bei der Errichtung des Testaments in den zugewendeten Gegenständen im Wesentlichen seinen Nachlass erblickt hätte, ihn also durch die Zuwendung hätte erschöpfen wollen (vgl. Staudinger/Gerhard Otte (2013) BGB § 2087, Rn. 26; Czubayko, in: Burandt/Rojahn, Erbrecht 3. Aufl., § 2087 Rn. 6). Denn ersichtlich waren noch weitere Vermögenswerte vorhanden, über deren genauen Umfang zwar Streit besteht, zu denen sich aber insbesondere der Kläger nicht dezidiert erklärt hat, obschon ihm dies als durch Erbschein ausgewiesenen Alleinerben unschwer möglich gewesen wäre.

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b)

Ob die Beklagte Erbschaftsbesitzerin im Sinne des § 2018 BGB und damit insoweit passivlegitimiert ist, wozu freilich ausreichte, dass sie sich vormals eines ihr in Wirklichkeit nicht zustehenden Erbrechts berühmt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juni 1985 – IVa ZR 257/83, NJW 1985, 3068), bedarf im Streitfall keiner abschließenden Entscheidung.

Denn sie ist im Anschluss an die vorgerichtlich geleisteten Teilzahlungen jedenfalls dazu berechtigt, die auf den – vermeintlichen – Erbschaftsanspruch gestützte restliche Forderung des Klägers in Höhe weiterer 89.277,55 Euro unter Berufung auf das – rechtswirksame – Vermächtnis aus dem Testament vom 4. Februar 2007 zu verweigern (§ 242 BGB).

Auch einem Erbschaftsbesitzer stehen nämlich gegenüber dem Erbschaftsanspruch alle Einzeleinwendungen und -einreden aus seinem Verhältnis zum Erblasser oder zum Erben offen (Helms, in: MünchKomm-BGB a.a.O., § 2018 Rn. 26; Staudinger/Raff (2020) BGB § 2018, Rn. 106; Dieckmann, in: Soergel, BGB 13. Aufl., § 2018 Rn 13; Ehm, in: jurisPK-BGB 9. Aufl., § 2018 Rn. 33); dazu zählt der Erfüllungseinwand (§ 362 Abs. 1 BGB) ebenso wie der Anspruch aus einem Vermächtnis (§ 2174 BGB). Soweit Einwendungen oder Einreden begründet sind, ist der in Anspruch Genommene zur Herausgabe an den Erben nicht verpflichtet (§ 242 BGB; vgl. Helms, in: MünchKomm-BGB, a.a.O., § 2018 Rn. 27; Staudinger/Raff (2020) BGB § 2018, Rn. 113). Jedenfalls dieser Gesichtspunkt führt im Streitfall zur Unbegründetheit der auf § 2018 BGB gestützten Herausgabeklage:

aa)

Ausgehend von der Forderungsberechnung des Klägers (Bl. 389 f. GA), die den Streitgegenstand seiner Herausgabeklage bestimmt und auf die er sich mit der Berufung erneut ausdrücklich bezogen hat (Bl. 516 GA), soll sich das Guthaben der drei Bankkonten des Erblassers einschließlich einer Zinsgutschrift am Todestage auf 160.049,97 Euro belaufen haben; zudem beansprucht der Kläger weitere, nach dem Tode auf dem Konto erfolgte Gutschriften in Höhe von 19.779,24 Euro, darunter die Summe von 6.880,18 Euro als Gegenwert für die von der Beklagten veräußerten Wertpapiere. Die Summe dieser vom Kläger aufgrund seiner Erbenstellung von der Beklagten herausverlangten Beträge, auf die die Klage vorrangig gestützt wird, beläuft sich mithin auf 179.829,21 Euro.

bb)

Auf diesen Herausgabeanspruch hat die Beklagte vorgerichtlich Zahlungen in Höhe von insgesamt 74.106,49 Euro geleistet; dass sie Zahlungen zur Erfüllung einer vermeintlichen Abgeltungsvereinbarung (§ 779 BGB) geleistet haben will, die sie dem Kläger u.a. mit Schreiben vom 11. September und 7. Oktober 2015 angeboten hatte, steht dem nicht entgegen, weil die – missverständlich so bezeichnete – “Erbauseinandersetzung” vom Kläger nicht akzeptiert wurde, die entsprechende Tilgungsbestimmung der Beklagten mithin gegenstandslos war, und auch andere Ansprüche des Klägers, insbesondere die dort erwähnten Pflichtteilsansprüche, nicht bestehen.

Die Leistungsbestimmung der Beklagten ist deshalb nunmehr, ihrem erkennbaren Willen entsprechend, dahin auszulegen, dass anstelle der nicht entstandenen Vergleichsforderung die dem zugrunde liegenden Herausgabeansprüche des Klägers, und damit insbesondere auch ein vermeintlicher Erbschaftsanspruch aus § 2018 BGB, erfüllt werden sollten (§§ 133, 157 BGB; vgl. BGH, Urteil vom 21. November 2005 – II ZR 140/04, BGHZ 165, 113; OLG Düsseldorf, GuT 2011, 154). Dass sich das schriftliche Angebot der Beklagten – auch – auf vermeintliche Pflichtteilsansprüche des Klägers bezog, steht dieser Auslegung nicht entgegen, weil der Kläger solche Ansprüche nach eigener Darstellung (Bl. 510 GA) nie geltend gemacht und die Zahlung deshalb nicht als Leistung auf einen solchen Anspruch angesehen hat, von dem das Landgericht im Übrigen zutreffend annimmt, dass er mangels Ausschlagung des mit dem Vermächtnis beschwerten Erbes auch in der Sache nicht begründet wäre (§§ 2305, 2306 BGB).

Deshalb hätte auch die sonst zur Anwendung gelangende gesetzliche Tilgungsreihenfolge (§ 366 Abs. 2 BGB; vgl. OLG Düsseldorf, GuT 2011, 154; Grüneberg, in: Palandt, a.a.O., § 366 Rn. 7) gleichsam zur Folge, dass die Zahlung der Beklagten allein auf bestehende Herausgabeansprüche des Klägers zu verrechnen wäre. Dementsprechend wäre auch ein etwaiger Anspruch aus § 2018 BGB in dieser Höhe durch Erfüllung erloschen (§ 362 Abs. 1 BGB), nur der Differenzbetrag von 105.722,72 Euro stünde weiterhin zur Zahlung offen.

cc)

In Ansehung des hiernach verbleibenden Differenzbetrages in Höhe von 105.722,72 Euro kann die Beklagte gegenüber dem – vermeintlichen – Erbschaftsanspruch des Klägers berechtigterweise einen diesen Betrag übersteigenden Vermächtnisanspruch aus § 2174 BGB einwenden. Denn der Kläger war als Erbe aufgrund des Testaments vom 4. Februar 2007 verpflichtet, den – von ihm auf 160.049,97 Euro bezifferten – Gegenwert der am Todestag auf den Bankkonten des Erblassers vorhandenen verfügbaren Guthaben, aus dem auch die Beerdigungskosten zu zahlen waren, an die Beklagte als Vermächtnis auszukehren.

Saarländisches OLG 5 U 22/21

Daraus folgt das Recht der Beklagten, weitere Zahlungen auf die geltend gemachte Forderung zu verweigern; denn der Kläger wäre gehalten, mit der Klage erlangte Zahlungen auf seinen – vermeintlichen – Erbschaftsanspruch alsbald an die Beklagten zurückzugewähren (§ 242 BGB; dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est; vgl. BGH, Urteil vom 21. Mai 1953 – IV ZR 192/52, BGHZ 10, 69, 75):

(1)

Die Beklagte ist aufgrund des privatschriftlichen Testaments vom 4. Februar 2007 Inhaberin eines Vermächtnisanspruches geworden, der sich u.a. auf die am Todestag vorhandenen Guthaben der Konten des Erblassers erstreckte. Denn der Erblasser hatte ihr in diesem Testament u.a. die auf seinen Konten “vorhandenen verfügbaren Barbeträge” – ausdrücklich – als Vermächtnis zugewandt, d.h.: einen Anspruch auf den Gegenwert derjenigen Beträge, die sich zum Zeitpunkt seines Todes auf seinen Bankkonten befinden würden (Forderungsvermächtnis i.S.d. § 2173 BGB; vgl. OLG Karlsruhe, NJW-RR 2005, 1317) und die sich nach den Angaben des Klägers – ohne Berücksichtigung des weiterhin vorhandenen Wertpapierdepots des Erblassers – auf 160.049,97 Euro beliefen (Bl. 386 GA).

Da der Vermächtnisanspruch mit dem Erbfall entsteht (§ 2176 BGB), war die Beklagte mangels anderweitiger Bestimmung berechtigt, die Leistung sofort zu verlangen (§ 271 BGB). Dies gilt auch ohne Rücksicht auf spätere Veränderungen des Kontoguthabens infolge von nach dem Todestag auf dem Girokonto eingegangenen Gutschriften in Höhe von 12.933,06 Euro und von der Beklagten nach dem Stichtag erfolgter Entnahmen, die hinsichtlich des Gesamtguthabens, aus dem der Vermächtnisanspruch zu befriedigen ist, bloße Rechnungsposten darstellen (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2005 – XI ZR 286/04, BGHZ 162, 349); die Höhe des Vermächtnisanspruches der Beklagten wird dadurch nicht beeinflusst.

(2)

Ebenso wenig wie das Landgericht hat der Senat Zweifel an der Wirksamkeit dieses Vermächtnisses; insbesondere war der Erblasser nicht durch das gemeinschaftliche Testament vom 12. September 1973 an einer entsprechenden späteren Verfügung gehindert. Grundsätzlich steht es einem Erblasser offen, frühere testamentarische Anordnungen durch ein Widerrufstestament oder ein widersprechendes Testament zu widerrufen (§§ 2254, 2258 BGB); das gilt sowohl für einseitige Testamente als auch für einseitige Verfügungen in gemeinschaftlichen Testamenten von Ehegatten, und zwar auch noch nach dem Tod des Erstversterbenden (Staudinger/Kanzleiter (2019) BGB § 2271, Rn. 3). Für wechselbezügliche Verfügungen in gemeinschaftlichen Testamenten schließt § 2271 Abs. 2 Satz 1 BGB hingegen den Widerruf im letztgenannten Fall aus.

Ein solcher – teilweiser – Widerruf liegt auch in jeder Abänderung, die einen bisher Bedachten schlechter stellt, insbesondere durch Beschwerung mit einem Vermächtnis (BGH, Urteil vom 3. Juli 1964 – V ZR 57/62, NJW 1964, 2056, m.w.N.). Im Streitfall ist eine solche Bindung des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung am 4. Februar 2007 jedoch mit dem Landgericht zu verneinen; auf die – nachgelagerte – Frage eines etwaigen Änderungsvorbehalts kommt es nicht an:

(a)

Wann eine Verfügung wechselbezüglich ist, ergibt sich aus dem in § 2271 Abs. 1 BGB in Bezug genommenen § 2270 BGB. Danach kommt es darauf an, ob anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen Ehegatten nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen sein würde.

Hierzu ist es notwendig, zunächst durch Auslegung den Inhalt der in dem Testament getroffenen Verfügungen festzustellen (BGH, Urteil vom 13. Februar 1957 – IV ZR 243/56, FamRZ 1957, 129; Johannsen, in: RGRK, a.a.O., § 2270 Rn. 6); entscheidend ist der übereinstimmende Wille beider Ehegatten im Zeitpunkt der Testamentserrichtung (BayObLG, FamRZ 1997, 1241; Weidlich, in: Palandt, a.a.O., § 2270 Rn. 4).

Für den Fall, dass die bei der Auslegung gebotene Willenserforschung der Testierenden weder die Abhängigkeit noch die Unabhängigkeit der beiderseitigen Verfügungen ergibt, kann auf die Auslegungsregel des § 2270 Abs. 2 BGB zurückgegriffen werden, wonach ein solches Verhältnis der Verfügungen zueinander im Zweifel dann anzunehmen ist, wenn die Ehegatten einander gegenseitig bedenken oder wenn dem einen Ehegatten von dem anderen eine Zuwendung gemacht und für den Fall des Überlebens des Bedachten eine Verfügung zugunsten einer Person getroffen wird, die mit dem anderen Ehegatten verwandt ist oder ihm sonst nahe steht (Senat, Beschluss vom 12. Dezember 2017 – 5 W 53/17, NJW 2018, 957; Beschluss vom 21. Juni 1990 – 5 W 95/90, FamRZ 1990, 1285; Staudinger/Kanzleiter (2019) BGB § 2270, Rn. 26a; Musielak in: MünchKomm-BGB 8. Aufl., § 2270 Rn. 9).

(aa)

Ob Verfügungen von Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament wechselbezüglich sind, ist deshalb vorrangig nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen zu entscheiden (§§ 133, 2084 BGB; vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 1957 – IV ZR 243/56, FamRZ 1957, 129; BayObLG, FamRZ 2001, 1734; Staudinger/Kanzleiter (2019) BGB § 2270, Rn. 22).

Dabei ist vor allem zu erforschen, ob die Verfügungen nach dem Willen der Ehegatten zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung voneinander abhängig sein sollten; hierfür können auch Umstände herangezogen werden, die außerhalb des Testaments liegen, wie etwa frühere oder spätere Äußerungen der Erblasser oder ihre Vermögensverhältnisse (RGZ 170, 163, 172; RGZ 116, 148; BayObLG FamRZ 1995, 251, 252; Staudinger/Kanzleiter (2019) BGB § 2270, Rn. 22; Johannsen, in: RGRK, a.a.O., § 2270 Rn. 7).

Für das Verhältnis der Einsetzung des überlebenden Ehegatten zum Alleinerben gegenüber der Einsetzung des Schlusserben gibt es keine Regel, die Schlüsse auf eine bestimmte übereinstimmende Willenslage beider Ehegatten zuließe, und es gibt auch keine allgemeine Lebenserfahrung, dass jeder der sich gegenseitig bedenkenden Ehegatten den Schlusserben nur deshalb bedenken will, weil auch der andere dies tut (BayObLG, FamRZ 1994, 1422; OLG Hamm, FamRZ 2007, 678; Weidlich, in: Palandt, a.a.O., § 2270 Rn. 4; Johannsen, in: RGRK, a.a.O., § 2270 Rn. 9).

Vielmehr muss der Inhalt der Erklärungen als Ganzes gewürdigt werden, einschließlich der Nebenumstände, auch solcher, die außerhalb der Testamentsurkunde liegen, wobei stets zu prüfen ist, ob ein nach dem Verhalten des einen Ehegatten mögliches Auslegungsergebnis auch dem Willen des anderen Teiles entsprochen habe (BayObLG, FamRZ 1994, 1422; OLG Hamm, FamRZ 2007, 678; vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1990 – IV ZR 131/89, BGHZ 112, 229, 233).

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(bb)

Als Indiz für die Wechselbezüglichkeit einer Erbeinsetzung ist z.B. die ausdrückliche Hervorhebung der lebzeitigen Verfügungsbefugnis des Längstlebenden angesehen worden, da eine solche Bestimmung den Umkehrschluss nahelegt, dass eine solche Befugnis gerade nicht für Verfügungen von Todes wegen gelten soll (BayObLG, FamRZ 1994, 1422; OLG Düsseldorf, ZEV 2015, 222; Musielak, in: MünchKomm-BGB, a.a.O., § 2270 Rn. 14; vgl. auch BGH, Urteil vom 3. Juli 1964 – V ZR 57/62, NJW 1964, 2056).

Ebenso kann die Vereinbarung einer Wiederverheiratungsklausel auf eine Wechselbezüglichkeit hinweisen, weil eine solche Klausel dafür spricht, dass die Ehegatten von einer Bindung des Überlebenden bis zu einer möglichen Wiederverheiratung ausgehen (BGH, Beschluss vom 16. Januar 2002 – IV ZB 20/01, BGHZ 149, 363; Musielak, in: MünchKomm-BGB a.a.O., § 2270 Rn. 14). Unter Umständen kann die Regelung Ausdruck einer gemeinsamen Vermögensplanung sein, die zu dem Zweck erfolgte, dem Überlebenden die Lebensgrundlage zu sichern und nach dessen Tode das Vermögen den gemeinsamen Kindern zukommen zu lassen (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Dezember 2017 – 5 W 53/17, NJW 2018, 957; OLG München, FamRZ 2008, 728).

Schließlich kann zu berücksichtigen sein, dass derjenige, der sein Vermögen letztendlich an die eigenen Kinder weitergeben will, sie aber trotzdem für den ersten eigenen Todesfall enterbt, dies im Bewusstsein und Vertrauen darauf tut, dass wegen der Schlusserbeinsetzung des anderen Ehegatten das gemeinsame Vermögen eines Tages auf die Kinder übergehen wird (vgl. Senat, a.a.O.; OLG München, NJW-RR 2013, 202).

(cc)

Auf der anderen Seite können erhebliche Unterschiede in den Vermögensverhältnissen der Ehegatten oder im Wert der Zuwendungen einen Hinweis darauf geben, dass zumindest der Ehegatte, der nach der testamentarischen Regelung erheblich geringere Zuwendungen zu erwarten hat als der andere, nicht daran interessiert ist, seine Verfügung von der seines Partners abhängig sein zu lassen, sondern seine Freiheit behalten will, wen er als Schlusserben einsetzt (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2011 − IV ZR 72/11, NJW-RR 2012, 207; Senat, Beschluss vom 21. Juni 1990 – 5 W 95/90, FamRZ 1990, 1285; KG, JFG 22, 106, 109; Johannsen, in: RGRK, a.a.O., § 2270 Rn. 10).

Auch erhebliche Unterschiede in der Lebenserwartung auf Grund der Alters- oder Gesundheitsverhältnisse der Ehegatten oder der Wunsch, den Partner materiell zu sichern oder eine Dankesschuld für geleistete Dienste abzutragen, können gegen die Wechselbezüglichkeit sprechen (Musielak, in: MünchKomm-BGB, a.a.O., § 2270 Rn. 7; vgl. OLG Düsseldorf, FamRZ 2015, 879; BayObLG, FamRZ 1997, 1241; KGJ 42 A 119, 122 f.).

Schließlich können – unbeschadet der mit der Berufung hervorgehobenen Tatsache, dass es für die Frage nach der Wechselbezüglichkeit auf den Willen beider Testierenden im Zeitpunkt der Testamentserrichtung ankommt und dass eine spätere Willensänderung allein auf die Wechselbezüglichkeit und auf die sich daraus ergebende Bindung ohne Einfluss bleibt – auch aus Meinungsäußerungen der Ehegatten und aus dem Verhalten des Erblassers nach Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments Schlussfolgerungen auf die Wechselbezüglichkeit der Verfügungen gezogen werden (RG, Urteil vom 14. Februar 1927 – IV 766/26, RGZ 116, 148, 150; Musielak, in: MünchKomm-BGB 8. Aufl., § 2270 Rn. 7; Johannsen, in: RGRK, a.a.O., § 2270 Rn. 7).

(b)

Der Senat teilt das Auslegungsergebnis des Landgerichts, wonach die Einsetzung des Klägers zum Schlusserben in dem Testament vom 12. September 1973 von den Ehegatten hier nicht als wechselbezügliche Verfügung gewollt war.

(aa)

Der reine Wortlaut des Testaments lässt eine eindeutige Deutung des Gewollten nicht zu; davon geht auch der Kläger in seiner Berufungsbegründung aus.

Er sieht zwar einerseits die wechselseitige Begünstigung des Überlebenden vor, verbunden mit der Schlusserbeneinsetzung des gemeinsamen Sohnes, und damit dem Anscheine nach eine Regelung, für die das Gesetz im Zweifel eine Wechselbezüglichkeit annimmt.

Saarländisches OLG 5 U 22/21

Zugleich erfolgt aber auch die Klarstellung, dass der überlebende Ehegatte in der Verfügung über das gesamte Vermögen (eigenes und ererbtes) frei sein soll; was davon konkret erfasst sein soll, ist allerdings unklar, insbesondere ist mangels ausdrücklicher Klarstellung offen, ob damit – nur – die lebzeitige Verfügungsbefugnis des Längstlebenden gemeint war – was indes selbstverständlich wäre, weshalb der Zusatz so verstanden wenig Sinn machte -, oder ob auch Verfügungen von Todes wegen erfasst sein sollten.

Auch sonst enthält das Testament selbst keine eindeutigen Hinweise auf die Reichweite der Schlusserbeneinsetzung des Klägers, etwa Formulierungen, die – wie eine Wiederverheiratungsklausel – darauf hindeuten könnten, dass sich die Ehegatten der Bindungswirkung ihrer Vereinbarung bewusst waren und diese auch wollten.

Auch die weiteren Regelungen zur Personensorge im Falle des beiderseitigen Ablebens lassen eindeutige Rückschlüsse auf die Frage der Bindung der Schlusserbeneinsetzung nicht zu.

(bb)

Demgegenüber sprechen die Umstände, insbesondere die beiderseitige Interessenlage der Testierenden bei Errichtung der Verfügung, sowie in gewissem Maße auch das spätere Verhalten des Erblassers bei einer Gesamtbetrachtung durchgreifend gegen die Annahme eines solchen Willens der Ehegatten im – maßgeblichen – Zeitpunkt der Testamentserrichtung; die abweichenden Argumente des Klägers aus der Berufungsbegründung überzeugen den Senat nicht.

(aaa)

Damals war die Mutter des Klägers und damalige Ehefrau des Erblassers bereits schwer erkrankt. In Übereinstimmung mit der erstinstanzlichen Darstellung der Parteien wird im Tatbestand des angefochtenen Urteils als unstreitig festgestellt (§ 314 ZPO), dass sie an einer schweren Nierenschädigung litt, Dialysepatientin war und die letzte Zeit ihres Lebens überwiegend in Krankenhäusern verbrachte, bevor sie am 17. Mai 1975 im Alter von 40 Jahren verstarb.

Der Kläger selbst hat erstinstanzlich vorgetragen, dass es bei Errichtung des Testaments am 12. September 1973 absehbar gewesen sei, dass die Mutter des Klägers vor dessen Vater versterben würde (Bl. 432 GA). Auch die sehr eingehenden Regelungen für den Fall, dass beide Eltern vor Erreichen der Volljährigkeit des damals 12jährigen Klägers versterben sollten, unterstreichen, dass die Beteiligten ein früheres Ableben der Ehefrau ernsthaft in Rechnung stellten, unbeschadet der mit der Berufung hervorgehobenen Selbstverständlichkeit, dass bei regelgerechter Behandlung eine höhere Lebenserwartung denkbar gewesen wäre (Bl. 520 GA).

Auch ihre zuletzt streitig diskutierte vermeintliche Pflegebedürftigkeit ist nicht entscheidend; vielmehr spricht schon das Wissen der Beteiligten um diese ernsthafte, fortgeschrittene Erkrankung und die daraus resultierenden unstreitigen Einschränkungen, verbunden mit dem damals noch verhältnismäßig jungen Alter des Ehemannes, durchgreifend für die Annahme, dass die Beteiligten bei Errichtung des Testaments eine mögliche Wiederheirat des die Mutter überlebenden Erblassers in Rechnung stellten, wie sie später auch tatsächlich erfolgte, und ihn deshalb über den Tod der Ehefrau hinaus nicht an seine damalige Verfügung zugunsten des Klägers binden wollten.

Saarländisches OLG 5 U 22/21

(bbb)

Hinzu kommt, dass bei Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments durch die noch verhältnismäßig am Anfang ihres beruflichen und familiären Lebens stehenden Ehegatten von Seiten der bereits damals schwer erkrankten Mutter des Klägers unstreitig kein nennenswertes Vermögen in die Ehe eingebracht worden war, auf dessen Weitergabe an den Kläger es ihr maßgeblich hätte ankommen können.

Wie in dem angefochtenen Urteil als unstreitig festgehalten wird, war diese seit der Heirat im Jahre 1957 nicht mehr berufstätig gewesen, der Erblasser war Alleinverdiener und das zu je ½- Anteil erworbene Hausgrundstück ganz überwiegend kreditfinanziert.

Beiden Ehegatten war deshalb klar, dass die Abzahlung der Verbindlichkeiten auch künftig maßgeblich aus den Einkünften des Erblassers erfolgen würde. Zu Recht geht die Erstrichterin davon aus, dass vor diesem Hintergrund das Argument einer Sicherung der Teilhabe des gemeinsamen Kindes am Familienvermögen im Anschluss an seine Enterbung anlässlich des ersten Erbfalles nicht durchgreift.

Ganz im Gegenteil liegt es nahe, dass die Ehegatten angesichts der Belastung des Überlebenden mit erheblichen Zahlungsverpflichtungen vorrangig dessen Vermögensstellung sichern und ihm die freie Entscheidung, was am Ende seines Lebens mit den künftig von ihm allein möglicherweise erworbenen Vermögenswerten geschieht, überlassen wollten.

Das Argument des Klägers, beide Ehegatten seien jeweils hälftige Miteigentümer des kurz zuvor erworbenen Hausanwesens gewesen, greift demgegenüber zu kurz; denn entscheidend ist, dass nach ihrer Vorstellung die Mutter des Klägers voraussichtlich nichts mehr dazu beitragen würde, die dafür eingegangenen Verbindlichkeiten abzubezahlen, und künftige Werte von dem Erblasser erarbeitet werden müssten.

(ccc)

Schließlich weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass auch der Erblasser in seinem gesamten – auch späteren – Verhalten immer zum Ausdruck gebracht hat, selbst nicht von einer Bindungswirkung in Bezug auf die Schlusserbeneinsetzung des Klägers ausgegangen zu sein; auch dies lässt – wenn auch eingeschränkt – Rückschlüsse auf den gemeinsamen Willen bei Errichtung des Testaments zu, die der Auslegung im vorgenannten Sinne nicht widersprechen.

So hat der Erblasser mit seiner zweiten Ehefrau – unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das frühere Testament – erneut in vergleichbarer Weise testiert, diese vorrangig begünstigt und dadurch sowie mit weiteren Regelungen zu deren Schutze zum Ausdruck gebracht, dass er die Erbeinsetzung des Klägers zwar weiterhin für richtig, jedoch als insoweit nachrangig erachtete.

Entsprechendes gilt für die späteren Testamente, in denen er den Kläger nach vorherigem Widerruf der früheren Verfügungen erneut zu seinem alleinigen Erben bestimmte. Dieses stringente Verhalten verdeutlicht, dass zumindest er selbst zu keiner Zeit davon ausging, durch das zeitlich erste gemeinsame Testament aus dem Jahre 1973 nach dem Tode seiner Ehefrau noch gebunden zu sein.

Saarländisches OLG 5 U 22/21

Berücksichtigt man all diese maßgeblichen Umstände, so bestehen auch aus Sicht des Senats keine durchgreifenden Zweifel daran, dass die Schlusserbeneinsetzung des Klägers hier nach dem damaligen Willen der Handelnden nicht wechselbezüglich erfolgen und insbesondere den überlebenden Erblasser nach dem Tode der Mutter des Klägers nicht binden sollte, so dass dieser die mit dem Testament vom 4. Februar 2007 vorgenommene Beschwerung, u.a. mit dem hier in Rede stehenden Vermächtnis, wirksam vornehmen konnte.

(ddd)

Entgegen der vom Kläger zuletzt (Schriftsatz vom 30. November 2021, Bl. 654 GA) geäußerten Rechtsauffassung setzt sich der Senat mit dieser Auslegung auch nicht in Widerspruch zu anderer Rechtsprechung, insbesondere seiner Entscheidung vom 12. Dezember 2017 (- 5 W 53/17, NJW 2018, 957).

Dieser Einwand übersieht, dass die Auslegung letztwilliger Verfügungen immer anhand der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu erfolgen hat, und dass einzelnen Aspekten auch durchaus unterschiedliche Bedeutung zukommen kann, je nachdem, ob sie für sich genommen oder im Zusammenspiel mit weiteren Besonderheiten auftreten.

So hatte der Senat in seinem Beschluss vom 12. Dezember 2017 für den dortigen Fall eine Wechselbezüglichkeit bejaht, weil die auf Geschäftspapier getroffene Regelung, mit der sich die Ehegatten zunächst – unter Übergehung ihrer Abkömmlinge – wechselseitig zu Alleinerben und die gemeinsamen Kinder zu Erben des Längstlebenden eingesetzt hatten, nach den maßgeblichen Umständen Ausdruck einer gemeinsamen Vermögensplanung war, die ersichtlich zu dem Zweck erfolgte, den familiären Hotelbetrieb aufrecht zu erhalten, dem Überlebenden die Lebensgrundlage zu sichern und nach dessen Tode das Vermögen den gemeinsamen Kindern zukommen zu lassen.

Angesichts dieser besonderen Interessenlage sprach dort dann letzten Endes auch die Lebenserfahrung dafür, dass die Einsetzung der Erblasserin durch ihren erstverstorbenen Ehemann in Abhängigkeit zu dessen Einsetzung der gemeinsamen Kinder getroffen worden war.

Der vorliegende Fall ist angesichts seiner weiteren Besonderheiten damit nicht zu vergleichen: hier ist – im Gegensatz zu dort – die Interessenlage der Verfügenden erkennbar maßgeblich dadurch geprägt gewesen, dass weiterzuvererbendes eigenes Vermögen der schwer erkrankten Ehefrau nicht existierte, insbesondere der insoweit allein in Rede stehende Miteigentumsanteil am gemeinsamen Hausanwesen finanziert war, und sie auch nicht ernstlich damit rechnen konnte, eigenes Vermögen künftig noch selbst zu erwerben.

Das und die weiteren oben angeführten Umstände sprechen im vorliegenden Einzelfall entscheidend dagegen, dass Wechselbezüglichkeit gewollt war.

dd)

Vergeblich stützt der Kläger seinen Herausgabeanspruch mit der Berufung – hilfsweise – auf die nach dem Todestag erfolgten Gutschriften in Höhe von insgesamt 12.933,06 Euro (Bl. 528 GA), weil die Beklagte vorgerichtlich gezahlte Beträge in Höhe von insgesamt 74.106,49 Euro – nur – in Erfüllung einer vermeintlichen Vereinbarung über Pflichtteils- oder Pflichtteilsergänzungsansprüche des Klägers geleistet habe.

Saarländisches OLG 5 U 22/21

Die darin liegende Klageänderung ist jedenfalls als sachdienlich zuzulassen, weil der zugrunde gelegte Tatsachenstoff bereits Gegenstand des Rechtsstreits war, dieser mithin eine verwertbare Entscheidungsgrundlage bildet und die Zulassung die endgültige Beilegung des Rechtsstreits fördert und einen neuen Prozess vermeidet (§§ 263, 533 ZPO; vgl. Greger, in: Zöller, ZPO 33. Aufl., § 263 Rn. 13, m.w.N.). In der Sache übersieht dies aber, dass es sich bei den später eingezahlten Beträgen lediglich um unselbständige Rechnungsposten des auf dem Nachlasskonto befindlichen Guthabens handelt, das dem Kläger als Erben unter den Voraussetzungen des § 2018 BGB ohnehin insgesamt gebührte, auf das er sich aber auch insoweit die vorgerichtlich erbrachten Zahlungen der Beklagten als Erfüllung anrechnen lassen muss, weil die abweichende Tilgungsbestimmung der Beklagten ins Leere ging und deshalb dahin auszulegen ist, dass damit zugrunde liegende Herausgabeansprüche des Erben erfüllt werden sollten.

Diesbezüglich kann sich die Beklagte jedoch genauso auf ihren Vermächtnisanspruch berufen, um weitere Zahlungen an den Kläger zu verweigern; auf die obigen Ausführungen wird zur weiteren Begründung verwiesen.

2.

Die Beklagte schuldet dem Kläger auch nicht die Herausgabe weiterer Geldbeträge in Höhe der Klageforderung unter dem Gesichtspunkt des Auftragsrechts bzw. der Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 667 BGB, auch i.V.m. den §§ 677 ff. BGB).

a)

Dadurch, dass die Beklagte nach dem Tode des Erblassers – unstreitig – die Abwicklung wesentlicher Geschäfte für den Nachlass übernahm, insbesondere auf ihr vermachte Geldbeträge selbst zurückgriff, auch um die daraus von ihr zu begleichenden Beerdigungskosten tragen zu können, und dabei befugtermaßen von der ihr erteilten Generalvollmacht Gebrauch machte, entstand zu ihren Lasten die Verpflichtung, das in diesem Zusammenhang Erlangte an den Kläger als Erben auszukehren.

§ 667 BGB verpflichtet nämlich den Beauftragten dazu, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben. Dies gilt im Streitfall auch unabhängig davon, ob die vom Erblasser erteilte Ermächtigung bis zuletzt vorlag oder zwischenzeitlich vom Kläger als Erben widerrufen wurde. Denn in diesem Fall wäre § 667 BGB gemäß § 681 Satz 2 BGB entsprechend anzuwenden, weil die Beklagte dann ein – zumindest auch – objektiv fremdes Geschäft für den Nachlass geführt hätte, ohne hierzu beauftragt oder sonst dazu berechtigt gewesen zu sein (§ 677 BGB; vgl. BayObLG, NJW-RR 2000, 155; Sprau, in: Palandt, a.a.O., § 681 Rn. 1).

Deshalb ist die Beklagte spätestens seit der Beendigung des Auftrages (vgl. BGH, Urteil vom 3. November 2011 – III ZR 105/11, NJW 2012, 58; Sprau, in: Palandt, a.a.O., § 667 Rn. 8), zur Herausgabe des Erlangten an den Kläger verpflichtet, wobei ihr im Rahmen des § 667 BGB die Darlegungs- und Beweislast für die auftragsgemäße Verwendung des Erlangten obliegt (BGH, Urteil vom 13. Dezember 1990 – III ZR 336/89, NJW-RR 1991, 575; Urteil vom 21. Juni 2012 – III ZR 290/11, juris).

b)

Im Streitfall hat die Beklagte ihre Herausgabepflicht aus § 667 BGB vollumfänglich erfüllt (§ 362 BGB). Auf der Grundlage der klägerischen Berechnung, die von einem auszukehrenden Guthaben in Höhe von insgesamt 179.819,21 Euro ausgeht (Bl. 389 f. GA), bestehen nach bereits erfolgter Auszahlung von insgesamt 74.106,49 Euro keine weiteren Zahlungsansprüche des Klägers mehr; insoweit gilt nichts anderes wie hinsichtlich des (vermeintlichen) Erbschaftsanspruchs aus § 2018 BGB:

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aa)

Die Beklagte hat dem Kläger vorgerichtlich Beträge in Höhe von insgesamt 74.106,49 Euro überwiesen; dadurch hat sie einen etwaigen – auch – auf § 667 BGB gestützten Herausgabeanspruch des Klägers insoweit erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB). Dass sie bei Zahlung davon ausging, auf eine nicht wirksam zustande gekommene Abgeltungsvereinbarung zu leisten, steht dem nicht entgegen, weil die entsprechende Tilgungsbestimmung dahin ausgelegt werden kann, dass bestehende Herausgabeansprüche des Klägers – und damit neben dem möglichen Erbschaftsanspruch insbesondere auch die auf dasselbe Ziel gerichteten Einzelansprüche – befriedigt werden sollten (§§ 133, 157 BGB); auf die obigen Ausführungen wird ergänzend verwiesen.

bb)

Im Übrigen kann die Beklagte aufgrund des – wirksamen – Vermächtnisses gemäß § 2174 BGB gegenüber dem Nachlass Geldbeträge in Höhe von insgesamt 160.049,97 Euro beanspruchen, die sie einem Herausgabeanspruch des Klägers entgegenhalten kann (§ 242 BGB).

Denn diese Summe, die sich nach dem Klagevorbringen am Todestag auf den Bankkonten des Erblassers befand und die den offenen Herausgabeanspruch des Klägers aus § 667 BGB übersteigt, ist bei sachgerechter Auslegung Gegenstand der Zuwendung der auf den Konten “vorhandenen verfügbaren Barbeträge” gewesen; spätere Veränderungen des Kontostandes sind – wie bereits ausgeführt wurde – ohne Einfluss auf die Höhe des Vermächtnisanspruches.

Unerheblich ist auch, dass den Konten des Erblassers in der Folge weitere Beträge entnommen wurden, mit denen die Beklagte die – in der klägerischen Berechnung im Einzelnen aufgeführten – Kosten der Beerdigung beglichen hat; denn diese Kosten, die der Kläger der Beklagten ganz überwiegend als berechtigte Ausgaben zugute bringt, waren nach dem Inhalt des Vermächtnisses aus dem zugewandten Guthaben am Todestag zu bestreiten; sie können also das Erbe des Klägers nicht schmälern.

cc)

Hinsichtlich der im Rahmen der Berufung eingewandten Hilfsbegründung, die sich auf die nach dem Todestag erfolgten Gutschriften in Höhe von insgesamt 12.933,06 Euro stützt (Bl. 528 GA), gilt das bereits oben Gesagte entsprechend: Für die Berechnung eines etwaigen Herausgabeanspruchs des Klägers, gleich aus welchem Rechtsgrunde, ist im Ausgangspunkt das gesamte Kontoguthaben zugrunde zu legen, und Teilzahlungen der Beklagten sind bei sachgerechter Auslegung der Tilgungsbestimmung auf den offenen Saldo zu verrechnen.

Zur Begründung wird ergänzend auf die obigen Ausführungen verwiesen.

3.

Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen (sekundären) Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 272,94 Euro wegen der von ihr im Zuge der Abwicklung des Nachlasses vorgenommenen Veräußerung von Wertpapieren.

Soweit darin überhaupt eine pflichtwidrige und schuldhafte Erledigung des von ihr übernommenen Geschäfts nach den §§ 662 ff., 677 ff. BGB zu erblicken ist, hat der Kläger jedenfalls nicht dargelegt, dass ihm durch die Veräußerung zum Kurswert von 6.880,18 Euro am 15. Mai 2015 ein ersatzfähiger Schaden (§§ 249 ff. BGB) entstanden ist.

Dazu genügt nicht der Vortrag, dass die Papiere am Todestag (26. März 2015) noch einen – geringfügig – höheren Kurswert von insgesamt 7.153,12 Euro aufwiesen.

Denn auch bei unterlassener späterer Veräußerung der Wertpapiere wäre deren Kurswert zu diesem Zeitpunkt nicht höher ausgefallen. Dass die Papiere (welche?) in diesem Falle später erneut an Wert gewonnen hätten, der Erbschaft mithin ein Gewinn entgangen sein könnte, ist nicht ansatzweise dargelegt, zudem ist vollkommen spekulativ, ob der Kläger nach Übertragung des Depots auf sich einen solchen höheren Kurswert realisiert hätte.

Insoweit fehlen selbst jedwede Anhaltspunkte, die dem Senat unter Berücksichtigung der materiellen und prozessualen Beweiserleichterungen (§§ 252 BGB; 287 ZPO; vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 1970 – VI ZR 212/68, BGHZ 54, 45) als Grundlage einer Schadensschätzung dienen könnten.

4.

Pflichtteilsansprüche, die die Klageforderung ebenfalls begründen könnten, macht der Kläger ausdrücklich nicht geltend; solche bestehen vorliegend aber auch in der Sache nicht, wie das Landgericht richtig ausführt.

Saarländisches OLG 5 U 22/21

Zwar zählt der Kläger als Sohn des Erblassers fraglos zum Kreise der Pflichtteilsberechtigten; als Solcher könnte er, wenn er – wie hier jedoch nicht – durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen worden wäre, von dem Erben den Pflichtteil verlangen (§ 2303 Abs. 1 BGB).

Als mit einem Vermächtnis beschwerter alleiniger Erbe könnte der Kläger den Pflichtteil hingegen nur gemäß § 2306 Abs. 1 BGB verlangen, wenn er den Erbteil ausschlüge; die Ausschlagungsfrist beginnt, wenn der Pflichtteilsberechtigte von der Beschränkung oder der Beschwerung Kenntnis erlangt. Von der Möglichkeit einer Ausschlagung hat der Kläger, der sich im Rechtsstreit weiterhin auf sein alleiniges Erbrecht beruft, indes – offensichtlich – keinen Gebrauch gemacht.

5.

Andere Rechtsgrundlagen, die geeignet sein könnten, den geltend gemachten Zahlungsanspruch zu begründen, sind nicht erkennbar.

Sie folgen insbesondere nicht aus dem im Berufungsrechtszug sehr eingehend vertieften weiteren Vorbringen des Klägers zu vermeintlichen lebzeitigen Sach- und Geldzuwendungen des Erblassers an die Beklagte im Rahmen der gemeinsamen Lebensführung: Diese mögen etwaige daraus resultierende (auch: wechselseitige) Ausgleichsansprüche begründen oder solche in Frage stellen; für den Streitgegenstand der vorliegenden Klage, der ausdrücklich – nur – auf die Herausgabe des zum Todeszeitpunkt vorhandenen Nachlasses und hilfsweise zuletzt auch auf Erstattung späterer Zahlungseingänge gerichtet ist (Bl. 528 GA), sind sie ohne Belang.

Dementsprechend scheitert die vorliegende Klage in der Hauptsache, und kommen auch geltend gemachte Zinsansprüche nicht in Betracht, weil diese als Nebenforderungen das Schicksal der Hauptforderung teilen.

6.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht zuzulassen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 3, 4 ZPO, §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Saarländisches OLG 5 U 22/21

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Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

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