Sofortige Beschwerde – BAG 8 AZB 18/23 – Beschluss vom 26.10.2023 – Anforderungen an die Begründung – § 72b ArbGG
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass eine sofortige Beschwerde wegen verspäteter Absetzung eines Berufungsurteils gemäß § 72b ArbGG eine substantiierte Darlegung erfordert, dass die Fünfmonatsfrist überschritten wurde.
Die Beschwerdebegründung erfüllte diese Anforderungen nicht, da sie das Fehlen eines Verhinderungsgrundes für die Unterschrift der Richterin nicht ausreichend aufzeigte.
Die Klägerin muss die Kosten tragen.
I. Tenor
II. Entscheidungsgründe BAG 8 AZB 18/23
A. Unzulässigkeit der Beschwerde und mangelnde Begründung.
B. Hintergrund des Rechtsstreits zwischen den Parteien.
C. Fristen und Zustellungen im Verfahren.
D. Klägerin fordert Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung.
E. Notwendige Anforderungen an die Beschwerdebegründung.
F. Substantiierte Darlegung erforderlich, um Fristversäumnis zu belegen.
G. Möglichkeiten zur Erfüllung der Anforderungen.
H. Fehlende Darlegung führt zur Unzureichenden Begründung der Beschwerde.
III. Kostenregelung gemäß § 97 Abs. 1 ZPO.
Tenor
Die Begründung einer sofortigen Beschwerde wegen verspäteter Absetzung des Berufungsurteils nach § 72b ArbGG erfordert die substantiierte Darlegung von Tatsachen, die die Versäumung der Fünfmonatsfrist belegen.
Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen.
I. Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Vertragsstrafe. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.
Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung mit am 15. März 2023 verkündetem Urteil zurückgewiesen.
Das Berufungsurteil wurde der Klägerin mit Begleitschreiben vom 11. August 2023 am 14. August 2023 zugestellt.
Die Unterschrift der ehrenamtlichen Richterin wurde durch den Vorsitzenden ersetzt, weil diese wegen Urlaubs an der Unterschriftsleistung verhindert gewesen sei.
Mit ihrer sofortigen Beschwerde hat die Klägerin die Aufhebung des Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht nach § 72b Abs. 1 ArbGG begehrt. Sie bestreitet das Vorliegen einer Verhinderung der ehrenamtlichen Richterin iSv. § 315 Abs. 1 Satz 2 ZPO.
II. Die Beschwerdebegründung zeigt keine verspätete Absetzung des Berufungsurteils auf.
Sofortige Beschwerde – BAG 8 AZB 18/23
Die sofortige Beschwerde wegen verspäteter Absetzung des Berufungsurteils nach § 72b Abs. 1 ArbGG ist gemäß § 72b Abs. 2 Satz 1 ArbGG zu begründen.
Sie kann gemäß § 72b Abs. 3 Satz 3 ArbGG nur damit begründet werden, dass das Urteil des Landesarbeitsgerichts mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung noch nicht vollständig abgefasst und mit den Unterschriften sämtlicher Mitglieder der Kammer versehen der Geschäftsstelle übergeben worden ist.
Die Begründung der sofortigen Beschwerde erfordert entsprechenden Tatsachenvortrag. Wird die sofortige Beschwerde – wie hier – darauf gestützt, dass die Unterschrift eines Richters mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 315 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht durch einen Verhinderungsvermerk hätte ersetzt werden dürfen und die Fünfmonatsfrist deswegen versäumt sei, hat der Beschwerdeführer dies im Rahmen der ihm zur Verfügung stehenden, notwendig begrenzten Mittel substantiiert darzustellen (vgl. BAG 3. März 2010 – 4 AZB 23/09 – Rn. 8, BAGE 133, 285).
Entsprechender Sachvortrag kann auf der Grundlage von Akteneinsicht oder einer Anfrage bei der Geschäftsstelle des Landesarbeitsgerichts erbracht werden (vgl. GMP/Müller-Glöge 10. Aufl. § 72b Rn. 17; Helml/Pessinger/Pessinger 5. Aufl. § 72b Rn. 12).
Auch die Einholung einer amtlichen Auskunft des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts kommt in Betracht (ErfK/Koch 23. Aufl. ArbGG § 72b Rn. 6; HWK/Klug 10. Aufl. § 72b ArbGG Rn. 8).
Erforderlich ist zumindest die Darlegung eines Versuchs der Aufklärung des gerichtsinternen Vorgangs (BeckOK ArbR/Klose Stand 1. September 2023 ArbGG § 72b Rn. 7).
Sofortige Beschwerde – BAG 8 AZB 18/23
Die Äußerung einer bloßen Vermutung reicht hingegen nicht aus (GK-ArbGG/Krumbiegel Stand Januar 2022 § 72b Rn. 37).
Dies gilt für alle Begründungsansätze, die im Rahmen einer sofortigen Beschwerde nach § 72b ArbGG möglich sind.
Vorliegend ist eine Versäumung der Fünfmonatsfrist wegen des Fehlens der Unterschrift der ehrenamtlichen Richterin nicht hinreichend dargelegt.
Die Unterschrift wurde durch einen Verhinderungsvermerk rechtzeitig ersetzt.
Die Beschwerdebegründung legt weder das Fehlen eines Verhinderungsgrundes iSv. § 315 Abs. 1 Satz 2 ZPO noch entsprechende Aufklärungsbemühungen dar.
Sie stellt den zeitlichen Ablauf lediglich bezogen auf die Verkündung und die Zustellung des Urteils dar und bestreitet allein deshalb das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für das Ersetzen der Unterschrift der ehrenamtlichen Richterin.
Dies ist mangels diesbezüglichen Tatsachenvortrags nicht ausreichend.
III. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen sofortigen Beschwerde zu tragen.
Sofortige Beschwerde – BAG 8 AZB 18/23
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.