Umfang des Auskunftsanspruchs eines Pflichtteilsberechtigten – OLG Koblenz Beschluss vom 20. Februar 2009 – 2 U 1386/08

Juli 9, 2020

Umfang des Auskunftsanspruchs eines Pflichtteilsberechtigten – OLG Koblenz Beschluss vom 20. Februar 2009 – 2 U 1386/08

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Die Kläger, die Söhne des am 12. Juli 2005 verstorbenen K… S… S…, verfolgen mittels Stufenklage ihr Pflichtteilsrecht gegen den Beklagten, einen Neffen des Erblassers, der aufgrund eines handschriftlichen Testaments vom 1. Juli 1985 zum Alleinerben bestimmt wurde und das Erbe angenommen hat.

Die Kläger forderten umfassende Auskünfte über den Nachlass, um ihren Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch berechnen zu können.

Eine vom Beklagten vorgelegte Vermögensaufstellung vom 4. April 2007 führte bereits zu einer Auszahlung von 85.912,07 Euro an die Kläger.

Forderungen der Kläger:

Vollständige Auskunft über den Nachlassbestand.

Auskunft über den Verkehrswert einer Ferienimmobilie in Belgien zum Zeitpunkt des Erbfalls durch Vorlage eines Gutachtens eines unparteiischen Sachverständigen.

Auskunft über unentgeltliche Zuwendungen innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Erbfall durch Vorlage von Kontoauszügen.

Zahlung von 3.480,98 Euro nebst Zinsen.

Das Landgericht wies die Klage hinsichtlich dieser Forderungen ab, woraufhin die Kläger Berufung einlegten.

Umfang des Auskunftsanspruchs eines Pflichtteilsberechtigten – OLG Koblenz Beschluss vom 20. Februar 2009 – 2 U 1386/08

Entscheidungsgründe:

I. Anspruch auf erweiterte Auskunftserteilung:

Das Landgericht und das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz verneinten einen weitergehenden Anspruch auf Auskunftserteilung.

Der Beklagte hatte mit Schreiben vom 4. April 2007 umfassend über den Nachlassbestand informiert und weitere Nachlassverbindlichkeiten und Vermögenswerte in den Folgemonaten dargelegt.

Der Pflichtteilsanspruch war damit erfüllt. Ein darüber hinausgehender Anspruch, der die Offenlegung von Vermögensdispositionen des Erblassers zu Lebzeiten sowie der durch den Beklagten aufgrund von Bankvollmachten vorgenommenen Abhebungen umfassen würde, bestand nicht.

II. Auskunft über den Verkehrswert der Ferienimmobilie in Belgien:

Die Kläger haben keinen Anspruch auf Auskunft über den Verkehrswert der Ferienimmobilie, da sie bezüglich dieses Nachlassgegenstands Miterben und nicht Pflichtteilsberechtigte sind.

Gemäß den Vorschriften des Internationalen Privatrechts (IPR) findet auf den Nachlass in Belgien belgisches Recht Anwendung, wodurch eine Nachlassspaltung entsteht.

Die Ferienimmobilie fällt daher nicht unter den deutschen Pflichtteilsanspruch. Zudem wurden die Kläger bereits umfassend informiert und haben die Immobilie besichtigt.

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III. Ergänzung des Nachlassverzeichnisses:

Das Landgericht wies die Klage hinsichtlich der Ergänzung des Nachlassverzeichnisses ab.

Der Beklagte hatte den Erhalt unentgeltlicher Zuwendungen verneint und diese Angaben mehrfach bestätigt.

Die Kläger können die Richtigkeit dieser Angaben an Eides statt versichern lassen, ein weitergehender Auskunftsanspruch besteht jedoch nicht.

IV. Zahlung aus der H… Lebensversicherung AG:

Ein Anspruch auf Zahlung von 721,85 Euro aus der H… Lebensversicherung AG wurde ebenfalls verneint.

Die Kläger hatten keine ausreichenden Darlegungen zu den Passivposten des Nachlasses gemacht, um einen schlüssigen Klagevortrag zu begründen.

Ob ein etwaiger Anspruch durch Aufrechnung erloschen ist, war unerheblich.

Schlussfolgerung:

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.

Das OLG Koblenz wies die Berufung zurück, da der Beklagte seinen Auskunftspflichten bereits nachgekommen war und die Kläger keinen weitergehenden Anspruch auf zusätzliche Auskünfte oder Zahlungen nachweisen konnten.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde auf 11.721,85 Euro festgesetzt.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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