unverzinsliches Darlehen – unentgeltliche Zuwendung – Zinsvorteil – Schenkungsteuer – FG Köln 7 K 2593/19

Juni 8, 2022

unverzinsliches Darlehen – unentgeltliche Zuwendung – Zinsvorteil – Schenkungsteuer – FG Köln 7 K 2593/19 – Urteil vom 29.09.2020

Zusammenfassung RA und Notar Krau:

Die Klage betrifft die Schenkungsteuer aufgrund eines unverzinslichen Darlehens.

Der Kläger erhielt 300.000 €, was als Schenkung behandelt wird.

Die Steuer wurde aufgrund eines Zinsvorteils festgesetzt.

Das Gericht bestätigte die Bewertung mit einem Zinssatz von 5,5 %.

Eine irrtümliche Rückzahlung führte zur Herabsetzung der Schenkungsteuer auf 5.520 €.

Inhaltsverzeichnis:

  1. Einleitung
  2. Sachverhalt
    • 2.1. Unverzinsliches Darlehen
    • 2.2. Unentgeltliche Zuwendung
    • 2.3. Zinsvorteil
    • 2.4. Schenkungsteuer
    • 2.5. FG Köln 7 K 2593/19 – Urteil vom 29.09.2020
  3. Entscheidungsgründe
    • 3.1. Klagebegründung und -abweisung
    • 3.2. Zinsvorteil und Schenkungsteuer
    • 3.3. Anwendbarkeit des Bewertungsgesetzes
    • 3.4. Rechtliche Bewertung des Zinssatzes
  4. Schlussfolgerung

Zum Entscheidungstext:

Tenor

Der Schenkungsteuerbescheid auf den 01.03.2018 vom 11.08.2020 wird dahingehend geändert, dass die Schenkungsteuer auf 5.520 € herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

unverzinsliches Darlehen – unentgeltliche Zuwendung – Zinsvorteil – Schenkungsteuer – FG Köln 7 K 2593/19 – Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob bzw. in welcher Höhe der Kläger eine unentgeltliche Zuwendung zu versteuern hat, weil ihm ein unverzinsliches Darlehen gewährt wurde. Streitig ist insbesondere, welcher Zinssatz bei der Ermittlung eines etwaigen Zinsvorteils zu berücksichtigen ist.

Dem Kläger wurde mit Notarvertrag vom 01.03.2018 (Urkundsnummer …/2018, Notar A) von Herrn B ein unverzinsliches Darlehen i.H.v. 300.000 € zur Verfügung gestellt.

Das Darlehen war tilgungsfrei. Die Rückzahlung sollte nach Ablauf der Laufzeit von vier Jahren in einer Summe erfolgen (§ 2 des Vertrages).

Der Darlehensgeber verzichtete ausdrücklich auf die Stellung jeglicher Sicherheiten (§ 4 Nr. 4 des Vertrages).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Darlehensvertrages verwiesen, der sich in der Akte des Beklagten befindet.

Der Kläger und der Darlehensgeber sind nicht miteinander verwandt.

Mit Schenkungsteuerbescheid vom 17.07.2018 auf den 01.03.2018 setzte der Beklagte für eine unentgeltliche Zuwendung in Form eines Zinsvorteils Schenkungsteuer i.H.v. 11.370 € fest.

Dabei ermittelte er einen Zinsvorteil i.H.v. 57.900 €.

Nach Abzug des persönlichen Freibetrages i.H.v. 20.000 € (§ 16 Abs. 1 ErbStG) verblieb ein steuerpflichtiger Erwerb i.H.v. 37.900 €.

Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO).

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Gegen den Schenkungsteuerbescheid vom 17.07.2018 legte der Kläger mit Schreiben vom 08.08.2018 Einspruch ein. Er machte geltend, dass der bei der Ermittlung des Zinsvorteils angewandte Zinssatz in Höhe von 5,5 % (§ 12 Abs. 3 des Vertrags) den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität erheblich überschreite.

Spätestens seit 2015 habe sich ein wesentlich niedrigeres Marktzinsniveau strukturell und nachhaltig verfestigt. (Hinweis auf BFH-Beschluss vom 25.04.2018 IX B 21/18, BStBl II 2018, 415, zu verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe der Nachzahlungszinsen gemäß § 238 Abs. 1 AO in den Jahren ab 2015 ff.).

Am 05.06.2019 erließ der Beklagte im Rahmen des Einspruchsverfahrens einen geänderten Schenkungsteuerbescheid, in dem er den Zinsvorteil auf 53.262 € herabsetzte.

Die festgesetzte Schenkungsteuer betrug nach Berücksichtigung des Freibetrages i.H.v. 20.000 € nunmehr 9.960 €.

Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde in dem Änderungsbescheid vom 05.06.2019 aufgehoben.

Darüber hinaus hatte der Einspruch des Klägers keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 24.09.2019).

Der Beklagte vertrat die Auffassung, dass die verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf die Nachzahlungszinsen des § 238 Abs. 1 AO auf die Berechnung des Zinsvorteils gemäß § 12 Abs. 3 BewG nicht übertragbar seien.

Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger geltend, dass entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten auch der in § 12 Abs. 3 BewG festgelegte Zinssatz von 5,5 % p.a. wegen Überschreitung des zwischenzeitlich wesentlich geringeren Marktzinsniveaus gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoße.

Sinn und Zweck des Bewertungsgesetzes sei die einheitliche Bewertung von Vermögenswerten, die am sogenannten gemeinen Wert als dem maßgeblichen Bewertungsziel auszurichten sei.

Nach der Legaldefinition des § 9 BewG werde der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei seien – außer ungewöhnlichen und persönlichen Verhältnissen – alle Umstände zu berücksichtigen, die den Preis beeinflussten.

Diese grundsätzlichen Erwägungen müssten auch für die Bewertung wirtschaftlicher Vorteile gelten, wie sie z.B. einem zinslosen Darlehen innewohnten.

Demzufolge sei dieser Vorteil mit seinem “gemeinen Wert” an dem ersparten Zinsaufwand für ein durchschnittlich verzinsliches Darlehen auf dem freien Kapitalmarkt zu ermitteln.

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Wenngleich der Gesetzgeber insoweit aus Gründen der Praktikabilität und Verwaltungsvereinfachung zu einer Pauschalisierung berechtigt sei, müsse eine pauschale Zinsfestlegung im Sinne des § 12 Abs. 3 BewG jedenfalls in etwa dem durchschnittlichen und über mehrere Jahre andauernden Zinsniveau des freien Kapitalmarktes entsprechen.

Insoweit sei der Gesetzgeber deshalb gehalten, die gesetzliche Zinshöhe bzw. den entsprechenden Zinsvorteil zumindest mittelfristig dahingehend zu überprüfen, ob diese noch den Marktgegebenheiten entspreche.

Stelle sich das mittel- und langfristige Marktzinsniveau wesentlich niedriger dar, als der gesetzlich festgelegte Zinssatz, würde sich die hieraus ergebende Zinsdifferenz jedenfalls im Zusammenhang mit der Bewertung des Zinsvorteils als ein rechtsgrundloser Zuschlag auf die Steuerfestsetzung darstellen.

Dieser Zuschlag verstoße sowohl gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG folgende Übermaßverbot als auch gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

Somit stellten sich im Zusammenhang mit der Bewertung eines Zinsvorteils gemäß § 12 Abs. 3 BewG materiellrechtlich dieselben verfassungsrechtlichen Erwägungen wie bei der gesetzlich geregelten Zinshöhe für Steuernachzahlungen gemäß § 238 Abs. 1 AO.

Denn der Sinn und Zweck dieser Vorschriften bestehe jeweils darin, den Nutzungsvorteil, wenigstens zum Teil, abzuschöpfen, den der Steuerpflichtige dadurch erhalte, dass er während eines bestimmten Zeitraums über eine Geldsumme kostenfrei verfügen könne.

Ein steuerrechtlicher Unterschied bestehe lediglich darin, dass bei den Nachzahlungszinsen der ersparte Zinssatz unmittelbar abgeschöpft werde und bei einem zinslos in Anspruch genommenen Darlehen die ersparten Zinsen zu versteuern seien.

Dieser Unterschied rechtfertige allerdings keine unterschiedliche Bewertung des beiden Steuertatbeständen zugrunde liegenden Zinsvorteils. Auch der um 0,5 Prozentpunkte niedrigerer Zinssatz des § 12 Abs. 3 BewG gegenüber dem Zinssatz von 6 % des § 238 Abs. 1 AO habe keinen Bezug mehr zum langfristigen Marktzinsniveau.

Auch im Streitfall sei deshalb das Verfahren gemäß Art. 100 GG auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Gültigkeit des § 12 Abs. 3 BewG einzuholen.

Das Gericht wies den Kläger mit Verfügung vom 22.06.2020 unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 27.11.2013 (II R 25/12, BFH/NV 2014, 537) u.a. darauf hin, dass der Jahreswert des Nutzungsvorteils bei zinsloser Darlehensgewährung nach § 15 Abs. 1 BewG mit 5,5 % (nur) anzunehmen sei, soweit kein anderer Wert feststehe.

Vergleichsmaßstab für die Feststellung eines anderen Wertes sei nach der Rechtsprechung des BFH der marktübliche Zinssatz, der bei Gewährung oder der Aufnahme eines Darlehens abgesehen von der Zinslosigkeit vergleichbaren Bedingungen zu entrichten gewesen wäre.

Dabei sei insbesondere auch von Bedeutung, wie das Darlehen gesichert worden sei. Der Kläger habe dementsprechend die Möglichkeit, darzulegen und nachzuweisen, dass der Zinssatz bei vergleichbaren Bedingungen unter 5,5 % gelegen hätte.

Gelinge ihm dies schlüssig und glaubhaft, sei dieser Zinssatz anzusetzen.

Gelinge ihm dies nicht, dürften gegen den Ansatz von 5,5 % keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, da anders als bei den beim BVerfG anhängigen Verfahren zur Höhe des Zinssatzes bei § 238 Abs. 1 AO der Steuerpflichtige im vorliegenden Verfahren die Möglichkeit habe, durch entsprechende Nachweise einen niedrigeren Zinssatz zu erwirken.

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Die Voraussetzungen für die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht seien daher nach Meinung des Gerichts vorliegend nicht erfüllt, weil im Hinblick auf die Möglichkeit, einen niedrigeren Zinssatz nachzuweisen, keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestünden.

Im Rahmen des Klageverfahrens beantragte der Kläger mit Schreiben vom 15.07.2020 beim Beklagten die Änderung des angefochtenen Schenkungssteuerbescheides gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO, weil er das Darlehen in Höhe von 220.000 € und 50.000 € (teilweise) am 06.07.2020 vorzeitig zurückgezahlt habe. Entsprechende Nachweise legte er vor.

Daraufhin erließ der Beklagte am 11.08.2020 einen gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO geänderten Schenkungsteuerbescheid auf den 01.03.2018, in dem er die Schenkungsteuer nunmehr auf 6.000 € festsetzte. Den verbleibenden Zinsvorteil i.H.v. 40.003 € ermittelte er dabei wie folgt:

“Darlehen 50.000 €, Laufzeit wie bisher (48 Monate), 5,5% entspr. 2,750 €,Vervielfältiger für 4 Jahre = 3,602 (Anlage 9a BewG zu § 13, Kapitalwert von wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen) = Nutzungsvorteil 9.905 €

Darlehen 250.000 €, Laufzeit von 1.3.2018.bis 06.07.2020, 5,5% entspr. 13.750 €;

Vervielfältiger 2,189 (Anlage 9a BewG zu § 13); Vervielfältiger 2 Jahre + 4/12 Differenz zwischen Vervielfältiger 2 und 3 Jahre)= Nutzungsvorteil 30.098 €”

Der Kläger beantragt zuletzt,

den Schenkungsteuerbescheid auf den 01.03.2018 vom 17.07.2018, geändert durch den Bescheid vom 05.06.2019 und weiter geändert durch den Bescheid vom 11.08.2020 ersatzlos aufzuheben bzw. die Schenkungsteuer auf null Euro festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

den Schenkungsteuerbescheid vom 11.08.2020 dahingehend zu ändern, dass lediglich noch von einem Wert des Erwerbs i.H.v. 38.449 € ausgegangen wird und die Schenkungsteuer nach Abzug des Freibetrags in Höhe von 20.000 € auf 5.520 € festgesetzt wird und

im Übrigen die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist im Wesentlichen auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 24.09.2019.

Die Besteuerung der unverzinslichen Kapitalforderung in dem angefochtenen Schenkungsteuerbescheid entspreche grundsätzlich dem aktuell geltenden Recht. Bei der Ermittlung des Zinsvorteils sei zwingend von einem Zinssatz von 5,5 % auszugehen.

Allerdings sei in dem Änderungsbescheid vom 11.08.2020, der aufgrund der vorzeitigen Teilrückzahlung gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO erlassen worden sei, irrtümlich nur eine Rückzahlung von 250.000 € berücksichtigt worden.

Da der Kläger zum 06.07.2020 tatsächlich einen Betrag in Höhe von 270.000 € zurückbezahlt habe, sei der Schenkungsteuerbescheid in diesem Umfang noch zugunsten des Klägers zu ändern.

Die Schenkungsteuer sei auf 5.520 € herabzusetzen.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers legte in der mündlichen Verhandlung “Modellberechnungen” der G Bank für den Kläger vom 24.09.2020 für ein Darlehen i.H.v. 200.000 € und für ein Darlehen i.H.v. 1.080.000 € vor. Bei der G Bank soll es sich um die Haus- bzw. Geschäftsbank des Klägers handeln.

In diesen Berechnungen mit dem fiktiven Auszahlungszeitpunkt 30.11.2020 wird ein effektiver Jahreszins von 3,04 % (200.000 €) bzw. 0,8 % Zinsen (1.080.000 €) ausgewiesen. Aus den Berechnungen ergibt sich, dass die Kredite eine Laufzeit von zwei Jahren (200.000 €) bzw. zehn Jahren (1.080.000 €) haben sollen.

Nicht erkennbar ist, welche Darlehenskonditionen – über die Laufzeit hinaus – gelten sollen. Insbesondere ist nicht erkennbar, ob sie sich auf ungesicherte oder gesicherte Darlehen beziehen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Berechnungen verwiesen.

Darüber hinaus hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung die (geschäftlichen) Beziehungen zwischen dem Kläger und dem Darlehensgeber erläutert, die Vermögensverhältnisse des Klägers skizziert und dargelegt, dass er das Darlehen dazu verwenden wollte, um im Rahmen einer Erbauseinandersetzung Immobilien übernehmen zu können, die seine Erbquote überstiegen hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird insoweit auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.09.2020 Bezug genommen.

unverzinsliches Darlehen – unentgeltliche Zuwendung – Zinsvorteil – Schenkungsteuer – FG Köln 7 K 2593/19 – Gründe

Die Klage ist nur in dem tenorierten Umfang begründet und im Übrigen unbegründet.

Der angefochtene Schenkungsteuerbescheid vom 11.08.2020 ist nur insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO), wie darin von einer vorzeitigen Rückzahlung zum 06.07.2020 in Höhe von 250.000 € anstatt in Höhe von 270.000 € ausgegangen wird.

Darüber hinaus ist der Schenkungsteuerbescheid vom 11.08.2020 rechtmäßig. Der Beklagte hat zutreffend in der zinslosen Darlehensgewährung die Zuwendung eines Vorteils durch Herrn B an den Kläger gesehen und den zu versteuernden Zinsvorteil mit einem Zinssatz von 5,5 % ermittelt (I.).

Das Verfahren war nicht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG auszusetzen und keine Entscheidung des BVerfG einzuholen. Der Senat ist nicht von der Verfassungswidrigkeit der maßgeblichen Bewertungsvorschrift des § 15 Abs. 1 BewG überzeugt. (II.).

Die Schenkungsteuer war im Hinblick auf den Ansatz des fehlerhaften Rückzahlungsbetrages auf 5.520 € herabzusetzen (III.)

I. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unterliegt jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird, der Schenkungsteuer.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, liegt in der zinslosen Gewährung eines Darlehens und in der Einräumung eines (zu) niedrig verzinslichen Darlehens bei Fehlen einer sonstigen Gegenleistung eine freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ErbStG

(vgl. grundlegend BFH-Urteil vom 12.7.1979 II R 26/78, BStBl II 1979, 631;

zuletzt BFH-Urteile vom 27.10.2010 II R 37/09, BStBI II 2011, 134, m.w.N.,

vom 27.11.2013 II R 25/12, BFH/NV 2014, 537, und vom 4.3.2015 II R 19/13, BFH/NV 2015, 993;

ferner zur Niedrigverzinslichkeit: BFH-Beschluss II B 171/99 vom 15.3.2001, BFH/NV 2001, 1122).

Der Empfänger eines zinslosen Darlehens erfährt durch die Gewährung des Rechts, das als Darlehen überlassene Kapital unentgeltlich zu nutzen, eine Vermögensmehrung, die der Schenkungsteuer unterliegt.

Die Minderung des Vermögens des Zuwendenden besteht dabei darin, dass er auf einen Ertrag verzichtet, den er bei verkehrsüblichem Verhalten gezogen hätte.

Der Verzicht auf die zum Vermögen des Darlehensgebers gehörende Nutzungsmöglichkeit ist eine Vermögensminderung

(BFH-Urteil vom 30.3.1994 II R 105/93, BFH/NV 1995, 70;

BFH-Beschluss vom 20.9.2010 II B 7/10, BFH/NV 2010, 2280).

Dabei ist es unerheblich, dass zivilrechtlich in der bloßen vorübergehenden Gebrauchsüberlassung einer Sache in der Regel keine das Vermögen mindernde Zuwendung liegt, wie sie für eine Schenkung gemäß § 516 Abs. 1 BGB erforderlich ist

(BFH-Urteil vom 27.10.2010 II R 37/09, BStBI II 2011, 134).

Gegenstand der Zuwendung bei einer zinslosen oder zu niedrig verzinslichen Darlehensgewährung ist der kapitalisierte Nutzungsvorteil und nicht der Differenzbetrag zwischen dem erhaltenen Nennwert und dem nach § 12 Abs. 3 oder ggf. Abs. 1 BewG abgezinsten Rückzahlungsbetrag (BFH-Urteil vom 21.2.2006 II R 70/04, BFH/NV 2006, 1300).

Als steuerpflichtiger Erwerb gilt die Bereicherung des Erwerbers, soweit sie nicht nach Vorschriften des ErbStG steuerbefreit ist (§ 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG).

Die Bewertung der schenkungsteuerrechtlichen Bereicherung des Erwerbers richtet sich gemäß § 12 Abs. 1 ErbStG nach den Vorschriften des Ersten Teils des Bewertungsgesetzes, soweit nicht die Vorschriften in § 12 Abs. 2 bis 6 ErbStG etwas anderes bestimmen. Im Falle der Nutzungsüberlassung eines Kapitalbetrages bestimmt sich der schenkungsteuerrechtliche Wert durch den Kapitalwert dieser Nutzung.

Sind die Nutzungen zeitlich beschränkt, errechnet sich deren Kapitalwert gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 BewG i.V.m. der Anlage 9a hierzu.

Der Jahreswert der Nutzung einer Geldsumme ist mit einem Anteil von 5,5% des Geldbetrages anzunehmen, soweit kein anderer Wert feststeht

(§ 15 Abs. 1 BewG; vgl. auch BFH-Urteile vom 27.10.2010 II R 37/09, BStBI II 2011, 134,

vom 27.11.2013 II R 25/12, BFH/NV 2014, 537, und vom 4.3.2015 II R 19/13, BFH/NZ 2015, 993).

Ein solcher abweichender Wert kann dabei nur ein anderweitig feststehender gemeiner, das heißt allgemein gültiger, Wert sein (vgl. BFH Beschluss vom 15.3.2001 II B 171/99, BFH/NV 2001, 1122).

Ein anderer Jahreswert des Nutzungsvorteils als 5,5 % steht im Sinne dieser Vorschrift nicht bereits dann fest, wenn der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer bei einer verzinslichen Anlage des Darlehensbetrags bei einem Kreditinstitut zu marktüblichen Bedingungen lediglich eine niedrigere Rendite als 5,5 % im Jahr hätte erzielen können.

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Vergleichsmaßstab für die Feststellung eines anderen Wertes ist vielmehr der marktübliche Zinssatz, der bei Gewährung oder Aufnahme eines Darlehens zu – abgesehen von der Zinslosigkeit – vergleichbaren Bedingungen zu entrichten gewesen wäre

(BFH Urteil vom 27.11.2013 II R 25/12, BFH/NV 2014, 537).

Weist ein Steuerpflichtiger nach, dass der marktübliche Zinssatz für die Aufnahme eines vergleichbaren Darlehens (insbes. Höhe, Besicherung, Laufzeit, Kündbarkeit) unter dem gesetzlich festgelegten Zinssatz von 5,5 v.H. liegt, kann für die Bewertung des Nutzungsvorteils von dem nachgewiesenen Zinssatz ausgegangen werden

(vgl. hierzu auch LfSt Bayern, Vfg. v. 21.3.2018 – S 3103.1.1 – 1/3 St 34, DStR 2018, 1127,

unter Hinweis auf BFH Urteil vom 27.11.2013 II R 25/12, BFH/NV 2014, 537).

2. Im Streitfall liegt eine freigebige Zuwendung in diesem Sinne in der zinslosen bzw. niedrigverzinsten Überlassung des Kapitals von 300.000 € an den Kläger.

Die Gewährung der Nutzung dieses Betrages war – objektiv – nicht mit einer Gegenleistung des Klägers verknüpft, was den Beteiligten – subjektiv – auch bewusst war.

Eine andere Beurteilung ergibt sich insoweit auch nicht im Hinblick auf die vom Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung dargelegte Geschäftsbeziehung zwischen dem Kläger und dem Darlehensgeber und der möglichen Hoffnung des Darlehensgebers, diese durch ein zinsloses Darlehen zu vertiefen.

Der subjektive Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist erfüllt, wenn sich der Zuwendende der Unentgeltlichkeit seiner Leistung bewusst ist.

Ein auf die Bereicherung des Empfängers gerichteter Wille im Sinne einer Bereicherungsabsicht ist nicht erforderlich. Unerheblich ist auch, welche konkreten Motive für den Zuwendenden im Vordergrund standen

(BFH-Urteile vom 12. 07 2005 II R 8/04, BStBl II 2005, 845, und vom 04.03. 2015 II R 19/13, BFH/NV 2015, 993).

3. Die Bewertung der Kapitalnutzung durch den Beklagten begegnet keinen tatsächlichen oder rechtlichen Bedenken.

Insbesondere bei der Bestimmung des Jahreswertes der Kapitalnutzung ist der Beklagte zutreffend von einer Verzinsung in Höhe von 5,5% ausgegangen, die dem gesetzlichen Regelzinssatz des § 15 Abs. 1 BewG entspricht.

Hiergegen ist nichts einzuwenden, da zum einen der Kläger keinen hiervon abweichenden gemeinen Wert schlüssig dargelegt hat und zum anderen sich ein solcher auch nicht aus der gerichtsbekannten allgemeinen Entwicklung der Zinsen für ungesicherte Darlehen ergibt.

a. Aus den von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Modellberechnungen der G Bank lässt sich nicht erkennen, wie hoch der marktübliche Zinssatz zum Tag der Darlehnsaufnahme für ein Darlehen zu – abgesehen von der Zinslosigkeit – vergleichbaren Bedingungen gewesen sein soll und dass dieser ggf. geringer war als 5,5 %.

Dies ist schon deshalb nicht möglich, weil aus den vorgelegten Berechnungen die Darlehenskonditionen, abgesehen von der jeweiligen Laufzeit und dem Zinssatz, nicht hervorgehen.

Es ist insbesondere nicht erkennbar, ob es sich um gesicherte oder ungesicherte Darlehen handelt.

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Darüber hinaus betreffen die Berechnungen eine Darlehensauszahlung zum 30.11.2020 und nicht zum Besteuerungszeitpunkt, dem 01.03.2018. Schließlich stimmen auch die Laufzeiten nicht mit der Laufzeit des hier in Frage stehenden Darlehens überein.

Dass die Berechnung in Bezug auf das Darlehen über 1.080.000 € mit einer Laufzeit von zehn Jahren kein ungesichertes Darlehen betrifft, hält der Senat nach allgemeiner Lebenserfahrung für offenkundig.

Dies gilt auch unter Berücksichtigung der vom Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung skizzierten Vermögensverhältnisse des Klägers.

Selbst wenn der Kläger Immobilienvermögen von ca. … € besitzt, das höchstens zu 50 % belastet ist, würde eine Hausbank kein Darlehen über ca. 1 Mio. Euro auskehren, ohne sich die Rückzahlung, ggf. durch eine Grundsicherheit auf diesem Immobilienvermögen absichern zu lassen.

Dass die Verbindung zu der G Bank als Geschäftsbank des Klägers so eng und vertrauensvoll war, dass ausnahmsweise etwas anderes gelten soll, wurde vom Kläger nicht dargelegt.

Die vorgelegte Berechnung für ein Darlehen in Höhe von 200.000 € über eine Laufzeit von 2 Jahren zu einem Zinssatz von 3,04 p.a. spricht nach Überzeugung des Senates ebenfalls nicht gegen den vom Beklagten angewandten (gesetzlichen) Zinssatz von 5,5 %.

Selbst wenn diese Berechnung tatsächlich ein ungesichertes Darlehen betreffen sollte, wird daraus deutlich, dass für solche Darlehen Zinssätze gelten, die erheblich über den Zinssätzen liegen, die für langfristige, gesicherte Immobilienkredite oder für kleinere Verbraucherkredite gelten.

Außerdem liegt die Vermutung nahe, dass zu diesen, immer noch unter dem Zinssatz von 5,5 % liegenden Konditionen höchstens 200.000 € nicht aber die hier in Frage stehende Darlehenssumme von 300.000 € zu erhalten wäre.

Andernfalls ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, weshalb der Kläger trotz des gerichtlichen Hinweises vom 22.06.2020 nicht ein Angebot über 300.000 € vorgelegt hat.

Darüber hinaus bezog sich die vorgelegte Modellberechnung auf ein Darlehen mit einer Laufzeit von zwei Jahren, wobei im ersten Jahr 50 % getilgt werden sollte und nicht auf ein über vier Jahre tilgungsfreies Darlehen.

Würde man den Zinssatz von 3,04 % an diese bestehenden Unterschiede anpassen, so erscheint es unwahrscheinlich, dass die …, wenn sie einen solchen Kredit überhaupt gewähren würde, einen Zinssatz einräumen würde, der unter 5,5 % liegt.

Auch insoweit fehlt es bereits an der Darlegung von im Streitfall geltenden besonderen Umständen, wonach darauf geschlossen werden könnte, dass die Beziehung des Klägers zu der G Bank als Geschäftsbank so eng und vertrauensvoll war, dass ausnahmsweise etwas anderes gelten könnte.

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Die in den Unterlagen des Klägers ausgewiesenen Zinssätze enthalten deshalb keinerlei Aussage für den Streitfall und erbringen nicht den Nachweis eines niedrigeren marktüblichen Zinssatzes.

b. Der erkennende Senat ist vielmehr davon überzeugt (vgl. § 96 Abs.1 FGO), dass sich die Höhe der Zinsen, die der Kläger bei Aufnahme eines bei einem Kreditinstitut unter vergleichbaren Bedingungen wie im Streitfall hätte leisten müssen, von der gesetzlichen Regelverzinsung nicht wesentlich – jedenfalls nicht zugunsten des Klägers – unterschied (vgl. zu ungesicherten Darlehen Podewils/Hellinger, jurisPR-SteuerR 18/2014 Anm. 4, D).

Nach dem Ergebnis der Internetrecherchen des Senats, worauf die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung hingewiesen wurden, werden ungesichert in aller Regel nur “Kleinkredite” bis zu einem Betrag in Höhe von 50.000 € vergeben

(vgl. u.a. https://www.fachzeitungen.de/fachbeitraege/gesicherterundungesicherterkreditderunterschied-103152; https://www.blog.teylor.io/gesicherteundungesichertekreditewarumunterscheidensichdiezinsen/, https://www.kredite.de/ratgeber/wassindungesichertekredite, und http://www.whichwaytopay.de/ungesichertesdarlehen.asp; Ausdrucke der Internetseiten s. Bl. 106 ff. der elektronischen Gerichtsakte).

In diesen Fällen liegen die Kreditzinsen für ein ungesichertes Darlehen, abhängig von der Bonität des Kreditnehmers und der Höhe des Kredites bereits zwischen 2,49 % und 7,98 %.

Auch wenn im Einzelfall höhere Beträge als 50.000 € ungesichert ausgekehrt werden, so steigt entsprechend das Zinsniveau.

Es ist offenkundig und ergibt sich auch aus den o.g. diversen Internetauskünften, dass die Zinsen regelmäßig umso höher ausfallen, je höher der (ungesicherte) Kreditbetrag ist.

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Das Gericht übersieht nicht, dass der Kläger, nach seinem Vortrag das Darlehen im Rahmen einer Erbauseinandersetzung zum Erwerb von Immobilien einsetzen wollte und die Darlehensparteien in geschäftlichen Beziehungen standen.

Aber auch daraus ergibt sich nach Überzeugung des Gerichts für den Darlehensgeber ohne die Gewährung von Kreditsicherheiten keine Position, die sein Risiko so einschränken würde, dass ein Zinssatz unter 5,5 % gerechtfertigt bzw. erzielbar erscheint.

II. Der erkennende Senat ist auch nicht davon überzeugt, dass der in § 15 Abs. 1 BewG festgelegte Zinssatz von 5,5 % gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt oder wegen eines Verstoßes gegen das dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Übermaßverbots oder aus anderen Gründen verfassungswidrig ist.

Daher war das Verfahren nicht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG zur Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auszusetzen.

Die Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit gesetzlicher Vorschriften nach Art. 100 Abs. 1 GG setzt die Überzeugung des vorlegenden Gerichts von der Verfassungswidrigkeit der Norm voraus

(vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 14.10.2009 2 BvL 3/08 u. a., ZBR 2010, 165; vom 13.5.2009 1 BvL 7/08, MMR 2009, 606; vom 8.9.2008 2 BvL 6/03, HFR 2009, 72).

Damit ist die volle Überzeugung gemeint.

Soweit nur, wenn auch erhebliche, Zweifel an der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes bestehen, ist die Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG unzulässig und die Norm anzuwenden.

Der Senat hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelung in § 15 Abs. 1 BewG. Solche Bedenken ergeben sich insbesondere auch nicht daraus, dass inzwischen gegen die Höhe des in § 238 AO geregelten Zinssatzes von 6 % schwerwiegende verfassungsrechtliche Bedenken bestehen

(siehe hierzu BFH-Beschlüsse vom 25.04.2018 IX B 21/18, BStBl II 2018, 415

sowie vom 03.09.2018 VIII B 15/18, BFH/NV 2018, 1279;

beim BVerfG anh. Verfahren 1 BvR 2422/17 und 1 BvR 2237/14).

Die Vorschrift des § 15 Abs. 1 BewG unterscheidet sich von der Regelung in § 238 AO Abs. 1 AO maßgeblich darin, dass der Steuerpflichtige bei Anwendung dieser Vorschrift anders als im Rahmen des § 238 Abs. 1 AO immer die Möglichkeit hat, einen niedrigeren Zins nachzuweisen.

Die Anwendung des Zinssatzes von 5,5% nach § 15 Abs. 1 BewG mag auf den ersten Blick zwar angesichts der massiv gesunkenen Spar- und Kapitalmarktzinsen überhöht erscheinen.

Da es nach Auffassung des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, bei der Ermittlung des Zinsvorteils entscheidend darauf ankommt, ob der Darlehensnehmer ein entsprechendes Darlehen marktüblich zu einem niedrigeren Zinssatz hätte erhalten können, sind die (gesunkenen) Kapitalmarktzinsen und das anhaltende Niedrigzinsniveau allerdings in diesem Zusammenhang nicht das (allein) maßgebliche Kriterium

(in diesem Sinne in Bezug auf ungesicherte Darlehen wohl auch Podewils/Hellinger, jurisPR-SteuerR 18/2014 Anm. 4, D).

unverzinsliches Darlehen – unentgeltliche Zuwendung – Zinsvorteil – Schenkungsteuer – FG Köln 7 K 2593/19

Soweit das niedrige Zinsniveau dazu geführt hat, dass sich ein Steuerpflichtiger ein vergleichbares Darlehen zu einem niedrigeren Zinssatz als 5,5 % hätte besorgen können, so wird auch dieser niedrigere Zinssatz der Ermittlung des Zinsvorteils zugrunde gelegt.

Angesichts der niedrigen Zinsen für gewöhnliche, hinreichend gesicherte Immobilien- und Verbraucherdarlehen dürften in einem solchen Fall an den Nachweis eines 5,5 % unterschreitenden Zinssatzes regelmäßig keine überhöhten Anforderungen gestellt werden.

Hierbei dürfte auch dem im Rahmen des Finanzgerichtsverfahrens geltenden Amtsermittlungsgrundsatz (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) in besonderem Umfang Rechnung zu tragen sein.

Gerade Sachverhalte, wie sie dem Streitfall zugrunde liegen, bei denen aufgrund der ungewöhnlichen Darlehensbedingungen nahezu ausgeschlossen ist, dass am Markt ein tatsächlich vergleichbares Darlehen zu einem Zinssatz von unter 5,5 % zu erhalten wäre, machen den Unterschied zu der Regelung in § 238 Abs. 1 AO besonders deutlich.

Während bei der Anwendung des § 238 Abs. 1 AO feststeht, dass die Steuerpflichtigen aus ihrem Liquiditätsvorteil bei normalem Risiko niemals Zinsen in Höhe von 6 % hätten erzielen können, wird der Kläger unter den konkreten Umständen des Streitfalles mit einem Vergleichszinssatz von 5,5 % keinesfalls benachteiligt.

Nach der zuvor dargelegten Überzeugung des Gerichts gibt es nämlich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass er ein vergleichbares Darlehen am Markt zu einem niedrigeren Zinssatz erhalten hätte.

Vor diesem Hintergrund hält das Gericht weder einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen das Übermaßverbot für gegeben.

III. Die Steuer war allerdings entsprechend dem Antrag des Beklagten auf 5.520 € herabzusetzen (§ 100 Abs. 2 Satz1 FGO), weil der Kläger am 06.07.2020 einen Betrag in Höhe von 270.000 € vorzeitig zurückbezahlt hat.

Bei der Kapitalisierung des Nutzungsvorteils nach § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 BewG ist der Beklagte nach der vorzeitigen (Teil)Rückzahlung in dem Änderungsbescheid vom 11.08.2020 zutreffend von der tatsächlichen Laufzeit des Darlehens ausgegangen

(rückwirkendes Ereignis i. S. des § 175 Satz 1 Nr. 2 AO, vgl. BFH-Urteil vom 12.07.1979 II R 26/78, BStBl II 1979, 631).

Der Kapitalisierungsfaktor von 2,189 für den vorzeitig zurückbezahlten Betrag ergibt sich aus § 13 Abs. 1 Satz 1 BewG i.V.m. Anlage 9a zum BewG.

Dabei hat der Beklagte zutreffend zu dem Vervielfältiger für zwei Jahre in Höhe von 1,897 vier Zwölftel der Differenz zwischen dem Kapitalisierungsfaktor für zwei Jahre und dem für drei Jahre (2,772) hinzugerechnet.

Den Kapitalisierungsfaktor für die ursprüngliche Laufzeit von vier Jahren, der auf den nicht vorzeitig zurückbezahlten Betrag in Höhe von 30.000 € anzuwenden ist, hat der Beklagte ebenfalls zutreffend in Höhe von 3,602 aus § 13 Abs. 1 Satz 1 BewG i.V.m. Anlage 9a zum BewG ermittelt.

unverzinsliches Darlehen – unentgeltliche Zuwendung – Zinsvorteil – Schenkungsteuer – FG Köln 7 K 2593/19

Der der Besteuerung zugrunde legende Erwerb in Höhe von 38.449 € ermittelt sich danach wie folgt:

Darlehen 30.000 €, Laufzeit vier Jahre, x 5,5% = 1.650 € x 3,602 =Nutzungsvorteil i. H. v. 5.943 €

Darlehen 270.000 €, Laufzeit von 1.3.2018.bis 06.07.2020, x 5,5% = 14.850 € x 2,189 = Nutzungsvorteil 32.506 €”

Nutzungsvorteil insgesamt (Wert des Erwerbs) 38.449 €

Nach Abzug des Freibetrages gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG in Höhe von 20.000 € (Steuerklasse III) verbleibt ein (abgerundeter) steuerpflichtiger Erwerb von 18.400 €, auf den bei einem Steuersatz von 30 % (§ 19 Abs. 1 ErbStG) eine Steuer von 5.520 € entfällt.

IV. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 136 Abs. 1 Satz 3, 138 Abs. 1 FGO

(vgl. BFH-Beschlüsse vom 18.06.2013 III R 19/09, BFH/NV 2013, 1568,

und vom 22.07.2013 I B 158/12, BFH/NV 2013, 1807).

Soweit der Beklagte den Schenkungsteuerbescheid im Rahmen des Klageverfahrens zugunsten des Klägers geändert hat, weil die Darlehenssumme zum Teil vorzeitig zurückbezahlt wurde, hat der Kläger die Kosten nach billigem Ermessen gemäß § 138 Abs. 1 FGO zu tragen, weil es ohne die von ihm erst nach Klageerhebung veranlasste Rückzahlung nicht zu einer Teilabhilfe durch den Beklagten gekommen wäre. § 138 Abs. 2 FGO ist in so einem Fall nicht anwendbar.

Er greift nur dann ein, wenn das Finanzamt den angefochtenen Bescheid auf der Grundlage einer unveränderten Sach- und Rechtslage ändert und nicht, wenn die Änderung auf einem rückwirkenden Ereignis beruht

(BFH-Beschluss vom 22.07.2013 I B 158/12, BFH/NV 2013, 1807).

In Bezug auf die in dem Urteil vorzunehmende Korrektur in Höhe von 480 €, die auf einem Versehen des Beklagten beruht, sieht der Senat die Voraussetzungen des § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO für gegeben.

Danach können einem Beteiligten die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

V. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO sind nicht gegeben.

Die schenkungsteuerrechtliche Beurteilung von zinslosen Darlehen ist durch die o.g. BFH-Urteile hinreichend geklärt.

Eine andere Beurteilung ergibt sich nach den o.g. Ausführungen auch nicht im Hinblick auf die niedrigen Kapitalmarktzinsen.

unverzinsliches Darlehen – unentgeltliche Zuwendung – Zinsvorteil – Schenkungsteuer – FG Köln 7 K 2593/19

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Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

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