LAG Hessen, 03.08.2015 – 16 TaBV 200/14 Die mündliche Verhandlung vor der Einigungsstelle ist parteiöffentlich. Deshalb bestehen keine Bedenken dagegen, dass Betriebsratsmitglieder, die keine Mitglieder der Einigungsstelle sind, bis unmittelbar vor Beginn der Schlussberatung an den Verhandlungen der Einigungsstelle teilnehmen.

April 22, 2019

LAG Hessen, 03.08.2015 – 16 TaBV 200/14
Die mündliche Verhandlung vor der Einigungsstelle ist parteiöffentlich. Deshalb bestehen keine Bedenken dagegen, dass Betriebsratsmitglieder, die keine Mitglieder der Einigungsstelle sind, bis unmittelbar vor Beginn der Schlussberatung an den Verhandlungen der Einigungsstelle teilnehmen.
Tenor:

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Gießen vom 26. August 2014 – 5 BV 4/14 – unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass Ziffer 3.3 Satz 1 Halbsatz 2 (“oder der außerbetriebliche Dienst über die jetzige Vertragslaufzeit hinaus eingesetzt werden”) und Ziffer 3.3 Satz 2 Halbsatz 2 (“und für einen Wechsel des außerbetrieblichen Dienstes”) unwirksam sind.

Im Übrigen werden die Anträge der Antragsteller zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruches.

Die Antragsteller und Beteiligte zu 1 betreibt in A ein Krankenhaus, das insbesondere auf die Gebiete Herz-, Thorax-, und Rheumaerkrankungen spezialisiert ist. Zusammen mit dem Beteiligten zu 2 bildet die Beteiligte zu 1 einen Gemeinschaftsbetrieb, dem zunächst auch die Beteiligte zu 3 angehörte, die während der Dauer dieses Beschlussverfahrens aus dem Gemeinschaftsbetrieb ausgeschieden ist. Nunmehr bilden die Beteiligten zu 1 und 2 mit der Beteiligten zu 5 einen Gemeinschaftsbetrieb.

Beteiligter zu 4 ist der für den Gemeinschaftsbetrieb gewählte Betriebsrat.

Ende 2011 beauftragte die Antragstellerin zu 1 die B zu damals betriebsratsloser Zeit mit der arbeitsmedizinischen Betreuung; insoweit wird auf den Vertrag vom 29. November 2011/13. Dezember 2011 nebst Anlagen (Bl. 234-247 d.A.) Bezug genommen. Dort ist u.a. Folgendes geregelt:

§ 1 Vertragsgegenstand

1. Die B übernimmt in Anlehnung an § 3 ASiG und unter Bezug auf § 9 ASiG im Rahmen der vertraglich vereinbarten Zeiten Aufgaben der arbeitsmedizinischen Betreuung in dem/den Betrieb(en) des Auftraggebers. Zum konkreten Leistungsspektrum der Betriebsärzte der B wird auf die Anlagen 1 und 2 verwiesen.

Art, Umfang und Zeitpunkt der einzelnen Tätigkeiten werden mit den Wünschen des Auftraggebers abgestimmt.

§ 10 Vertragsbeginn und -ende

Der Vertrag beginnt am 1.1.2012 und wird auf unbestimmte Zeit geschlossen.

Beide Vertragspartner können den Vertrag nach Ablauf von 3 Jahren mit einer Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Ende eines Kalenderjahres kündigen. Die Kündigung bedarf der Schriftform.

Anlage 3 (Bl. 241 d.A.) weist bei der Berechnung der gesamten Einsatzzeit eine getrennte Klassifikation für die Klinik einerseits und die Gebäude-Betriebsgesellschaft andererseits aus.

Dieser Vertrag wurde von den Vertragspartnern bislang nicht gekündigt.

Am 22. August 2013 trat eine Einigungsstelle bestehend aus 4 Beisitzern je Seite unter dem Vorsitz von C zur Regelung verschiedener Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes erstmals zusammen. Neben den Beisitzern der Betriebsratsseite waren außerdem der Betriebsratsvorsitzende D und das weitere Betriebsratsmitglied E anwesend. Die Arbeitgeberseite äußerte hiergegen sogleich Bedenken. Der Vorsitzende ließ die Teilnahme von Herrn D und Frau E jedoch zu; insoweit wird auf das Protokoll der Sitzung vom 22. August 2013 (Bl. 81-83 d.A.) verwiesen. Die Beisitzerin auf Betriebsratsseite F teilte der Arbeitgeberseite mit Schreiben vom 9. September 2013 mit, dass der Betriebsrat in seiner Sitzung vom 5. September 2013 beschlossen habe, Frau E als Verfahrensbevollmächtigte und Herrn Dr. D als Parteivertreter, der die Betriebsratsöffentlichkeit herstelle und diesen vertrete in die Einigungsstelle zu entsenden. Daraufhin kündigte der Verfahrensbevollmächtigte der Arbeitgeberseite mit E-Mail vom 14. September 2013 an, für diesen Fall einen Antrag in der nächsten Einigungsstelle zu stellen, um sowohl den Parteivertreter des Betriebsrats als auch die Verfahrensbevollmächtigte von der weiteren Teilnahme auszuschließen. Da in der nächsten Einigungsstellensitzung am 17. September 2013 zunächst getrennte Beratungen beider Seiten stattfanden, an denen teilweise der Einigungsstellenvorsitzende teilnahm, stellte die Arbeitgeberseite ihren angekündigten Antrag noch nicht. Am 3. Termin der Einigungsstelle am 21. November 2013 nahmen wiederum Herr Dr. D und Frau E teil. Nachdem der Beisitzer auf Betriebsratsseite G die Beisitzer der Arbeitgeberseite aufforderte, zu dem vom Betriebsrat vorgelegten Entwurf inhaltlich Stellung zu nehmen, erklärte der Beisitzer der Arbeitgeberseite H, dass er spätestens ab diesem Zeitpunkt (wenn über den Inhalt von Entwürfen einer Betriebsvereinbarung diskutiert und verhandelt werde) die Anwesenheit von Herrn Dr. D und Frau E nicht länger als zulässig beachte. Daraufhin verkündete der Vorsitzende seinen Beschluss, weder Herrn Dr. D noch Frau E bereits jetzt von den weiteren Beratungen auszuschließen, da über die Änderungs- und Ergänzungswünsche der Betriebsratsseite noch mit dem Ziel einer einvernehmlichen Lösung beraten werden müsse. Keiner der vorgelegten Entwürfe einschließlich Anlagen sei bereits reif für eine Schlussberatung und -abstimmung. Insoweit wird auf das Protokoll der Einigungsstellensitzung vom 21. November 2013 (Bl. 90-92) Bezug genommen. Zu diesem Zeitpunkt lagen sowohl ein Entwurf der Arbeitgeberseite wie auch der Betriebsratsseite vor. Auch an den weiteren Einigungsstellensitzungen am 9. Dezember 2013 und 5. Februar 2014 nahmen Herr Dr. D und Frau E teil. In der 6. Einigungsstellensitzung am 5. März 2014 nahmen Herr Dr. D und Frau E wiederum zunächst noch teil. Um 16:00 Uhr bat der Vorsitzende diese den Raum zu verlassen, was sie auch taten. Es folgte eine Diskussion der noch strittigen Punkte. Der Beisitzer G stellte sodann den Antrag der Betriebsratsseite zur Abstimmung, der keine Mehrheit fand. Nun stellte der Beisitzer H den Antrag der Arbeitgeberseite zur Abstimmung, der ebenfalls keine Mehrheit fand. Nach einer erneuten Unterbrechung der Sitzung schlug der Vorsitzende einen Kompromiss vor und gab beiden Seiten Gelegenheit, hierüber getrennt zu beraten. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob an der Beratung der Beisitzer der Betriebsratsseite Herr Dr. D und Frau E teilgenommen haben. Bei der anschließenden Abstimmung fand auch der Vorschlag des Vorsitzenden keine Mehrheit. Es folgte eine erneute Beratung. Die sich hieran anschließende Abstimmung führte zu dem Ergebnis, dass der Antrag der Betriebsratsseite mit 5:4 Stimmen angenommen wurde. Insoweit wird auf das Protokoll der Einigungsstellensitzung vom 5. März 2014 (Bl. 116-118 d.A.) Bezug genommen.

Der Spruch der Einigungsstelle (Bl. 96-115 d.A.) enthält u.a. folgende Regelung:

3. Bestellungs- und Abberufungsverfahren

1. Der Einsatz der Fachkraft für Arbeitssicherheit (FASI) erfolgt zunächst bis zum 31. Dezember 2014 durch einen überbetrieblichen Dienst im Sinne von § 9 Abs. 3 S. 3 ASiG.

Der Betriebsarzt (BA) wird derzeit durch einen außerbetrieblichen Dienst gestellt.

2. Solange der überbetriebliche Dienst die Aufgaben des BA wahrnimmt, ist vor einem Wechsel des betreuenden Betriebsarztes der Betriebsrat zu hören.

3. Soll ein Mitarbeiter des Arbeitgebers zur FASI (§ 5 ASiG) und-oder zum BA (§ 2 ASiG) bestellt werden, oder der außerbetriebliche Dienst über die jetzige Vertragslaufzeit hinaus eingesetzt werden, setzt dies die Zustimmung des Betriebsrats voraus, § 9 Abs. 3 S. 1 ASiG. Das gleiche gilt für dessen Abberufung und für einen Wechsel des außerbetrieblichen Dienstes.

4. Der Betriebsrat kann die Abberufung der-des FASI-BA unter Mitteilung von Gründen beantragen.

5. Im Nichteinigungsfall wird nach Ziffer 8 dieser Betriebsvereinbarung verfahren.

Die Begründung des Spruchs lautet u.a. (Bl. 112, 113 d.A.):

“1. Hinsichtlich der Mitbestimmung des Betriebsrats bei der zukünftigen Bestellung eines Betriebsarztes oder der Verlängerung des derzeit bestehenden Vertrags mit einem überbetrieblichen Dienst muss die Besonderheit berücksichtigt werden, dass im Gemeinschaftsbetrieb die Entscheidung für den Vertrag mit einem überbetrieblichen Dienst in einem betriebsratslosen Zeitraum getroffen wurde. Aus diesem Grund hat der Betriebsrat im Rahmen der Protokollnotiz zu Nr. 3 der Betriebsvereinbarung ausdrücklich festgehalten, dass mit der Regelung keine nachträgliche Zustimmung erteilt wird.

Vor diesem Hintergrund erscheint eine Perpetuierung des derzeitigen Status quo, der nach dem Antrag der Arbeitgeberseite möglich gewesen wäre, zwar möglicherweise mit § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG vereinbar, aber im Rahmen einer von vertrauensvoller Zusammenarbeit und dem Bemühen um eine einvernehmliche Regelung aller Fragen des Gesundheitsschutzes der tragenden Lösung nicht angemessen.

Andererseits besteht auch im Hinblick auf die o.a. Rspr. des EuGH zur Richtlinie EWG 391-89 keine Notwendigkeit, bereits jetzt festzuschreiben, dass zum Ende der Laufzeit des derzeitigen Vertrags die Betreuung durch den außerbetrieblichen Dienst zu Gunsten der Bestellung eines internen Betriebsarztes beendet wird. Zwar ist es richtig, dass die Richtlinie eine klare Priorität für eine innerbetriebliche Lösung setzt und die Beauftragung eines überbetrieblichen Dienstes nur gestattet, wenn die Möglichkeiten im Unternehmen bzw. im Betrieb nicht ausreichen, um die erforderlichen Schutzmaßnahmen und Maßnahmen zur Gefahrenverhütung durchzuführen. Dem widerspricht auch § 2 Abs. 1 ASiG nicht, das im Gegensatz zu den vom EuGH bemängelten niederländischen und österreichischen Gesetzen den überbetrieblichen Dienst überhaupt nicht erwähnt und deshalb auch keine gemeinschaftswidrige Gleichwertigkeit von interner und externer Bestellung konstituiert.

Daraus kann unter den gegebenen rechtlichen Umständen nur die Konsequenz gezogen werden, dass die Betriebsparteien selbst die Aufgabe haben, unter Berücksichtigung der gemeinschaftsrechtlich gesetzten Prioritäten zu entscheiden, welcher Lösung unter Beachtung der bestehenden Besonderheiten der Vorzug gegeben wird. Dass dies zwingend im Rahmen der Regelung über die Grundsätze der Arbeit der Fachkraft für Arbeitssicherheit und des Betriebsarztes geschehen muss, ist nicht ersichtlich. Vielmehr sind die Betriebsparteien aufgerufen, zu gegebener Zeit neu zu entscheiden, welche konkrete Regelung für den Gemeinschaftsbetrieb die gebotene ist.

Aus diesem Grund ist die gewählte Regelung, nach der die gem. § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG gesetzlich vorgeschriebene Mitbestimmung des Betriebsrats sowohl bei der Bestellung eines angestellten Betriebsarztes als auch bei der Verlängerung des derzeitigen Vertrags oder des Wechsels des außerbetrieblichen Dienstes zu erfolgen hat, ausreichend, angemessen und geboten, um den Betriebsparteien einerseits die erforderliche inhaltliche und zeitliche Flexibilität im Hinblick auf zukünftige Lösungen zu erhalten, andererseits dem Betriebsrat sein im Regelfall gegebenes Mitbestimmungsrecht auch unter den besonderen Bedingungen des hier vorliegenden Falles in vollem Umfang zu garantieren.”

Der Spruch der Einigungsstelle wurde dem Verfahrensbevollmächtigten der Arbeitgeber am 12. März 2014 zugestellt.

Mit einem am 25. März 2014 am Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Verfahrensbevollmächtigte der Arbeitgeber die Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit des Spruchs der Einigungsstelle geltend gemacht und diesen Antrag mit Schriftsatz vom 8. August 2014 in Bezug auf die hilfsweise Feststellung der Unwirksamkeit von 3.3 des Spruchs der Einigungsstelle erweitert (Bl. 154 d.A.).

Der Arbeitgeber hat die Auffassung vertreten, der Spruch der Einigungsstelle sei bereits deshalb nichtig bzw. unwirksam, weil die Betriebsratsmitglieder Dr. D und E viel zu spät von der Teilnahme an den Sitzungen der Einigungsstelle ausgeschlossen worden seien. Die Sitzungen der Einigungsstelle seien nicht betriebsöffentlich. Der Arbeitgeber behauptet, Herr Dr. D und Frau E hätten am 5. März 2014 an der nach Beginn der Schlussberatung stattgefundenen internen Beratung der Beisitzer der Betriebsratsseite teilgenommen. Jedenfalls habe die Einigungsstelle ihr Ermessen überschritten. Die Regelung in Ziffer 3 des Spruchs greife in das mitbestimmungsfreie Auswahlermessen des Arbeitgebers hinsichtlich des Betriebsarztes insofern ein, als die Auswahlentscheidung lediglich bis zur restlichen Vertragslaufzeit fortwirken solle.

Der Betriebsrat hat die Ansicht vertreten, dass der Spruch der Einigungsstelle wirksam sei. Es sei verständlich, dass der Betriebsrat nicht nur Beisitzer in die Einigungsstelle entsandt habe, sondern auch Wert auf eine eigene Präsenz und Vertretung in der Einigungsstelle durch Herrn Dr. D und Frau E gelegt habe. Dies habe der Sicherung eines unmittelbaren Informationsflusses zwischen Einigungsstelle und Betriebsrat gedient. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei das Einigungsstellenverfahren parteiöffentlich. Bis zum Beginn der Schlussberatung hätten Herr Dr. D und Frau E deshalb an den Sitzungen der Einigungsstelle teilnehmen dürfen. Erst mit Vorlage abstimmungsfähiger Anträge beginne die Schlussberatung. Diese vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätze seien vorliegend eingehalten worden. Auch der Vorwurf, die Einigungsstelle habe in das dem Arbeitgeber obliegende Auswahlermessen, welcher außerbetriebliche Dienst auszuwählen ist, eingegriffen, treffe nicht zu. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs enthalte die Richtlinie EWG 391-89 eine klare Priorität für eine innerbetriebliche Lösung, sodass hat die Einigungsstelle gar keine andere Entscheidung hätte treffen können.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts, des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten und der gestellten Anträge wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts unter I des Beschlusses (Bl. 160-166 d.A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat dem Hauptantrag stattgegeben und festgestellt, dass der Spruch der Einigungsstelle nichtig ist. Die durchgehende Teilnahme von Frau E und Herrn Dr. D an den Sitzungen der Einigungsstelle habe gegen den elementaren Verfahrensgrundsatz nicht-öffentlicher Beratung der Einigungsstelle verstoßen. Nach § 76 Abs. 2 BetrVG bestehe die Einigungsstelle aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern. Die unbegrenzte Teilnahme weiterer Personen sehe das Gesetz nicht vor. Zwar dürften nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Beteiligten vor der Einigungsstelle selbst zu Wort kommen. Im dortigen Fall sei jedoch zu berücksichtigen, dass die Betriebsparteien ausschließlich externe Beisitzer in die Einigungsstelle entsandt hatten. Im Unterschied dazu habe der Betriebsrat hier neben 2 externen auch 2 Betriebsratsmitglieder in die Einigungsstelle entsandt. Vor diesem Hintergrund sei nicht ersichtlich, dass ein weiterer Verfahrensbevollmächtigter bzw. Parteivertreter erforderlich gewesen wäre. Auch die Gewährung rechtlichen Gehörs gebiete es nicht, dass den Betriebsparteien ein uneingeschränktes Teilnahmerecht an den Sitzungen der Einigungsstelle zustehe. Durch die Beschränkung auf eine festgelegte Anzahl von Beisitzern werde die Möglichkeit geschaffen, in einem überschaubaren Rahmen Regelungsfragen frei von Weisungen der Betriebsparteien abschließend zu klären. Nehme dauerhaft eine Seite mit mehr Teilnehmern an den Verhandlungen teil als die andere Seite, werde das Verhandlungsklima gestört. Mit der dauerhaften Präsenz zweier weiterer Teilnehmer an der Einigungsstelle über 5 volle Sitzungstage habe der Betriebsrat ein Ungleichgewicht in den Verhandlungen geschaffen. Dies sei auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass er den Informationsfluss zur Einigungsstelle sichern wollte. Dieser sei vielmehr durch die Entsendung zweier betriebsangehöriger Teilnehmer in die Einigungsstelle ausreichend gewahrt gewesen.

Dieser Beschluss wurde dem Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats am 25. September 2014 zugestellt. Er hat dagegen mit einem am 17. Oktober 2014 eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese am 29. Oktober 2014 begründet.

Der Betriebsrat ist der Ansicht, der Spruch der Einigungsstelle sei weder nichtig noch unwirksam. Das Arbeitsgericht referiere zunächst die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zutreffend. Zu den elementaren Grundsätzen des Einigungsstellenverfahrens gehörten der Grundsatz des rechtlichen Gehörs, der Mündlichkeit, der Unmittelbarkeit, der Öffentlichkeit und das Abstimmungsverfahren. Durch den Grundsatz des rechtlichen Gehörs werde festgeschrieben, dass die am Verfahren Beteiligten in ausreichender Weise die Möglichkeit erhalten, ihren Standpunkt vorzutragen. Das Arbeitsgericht übersehe, dass die am Verfahren Beteiligten die Betriebsparteien selbst sind, also der Arbeitgeber und der Betriebsrat, nicht jedoch die Beisitzer. Die Betriebsparteien entschieden selbst darüber, ob sie einen so genannten Vortragenden und oder Verfahrensbevollmächtigten zur Erörterung der Meinungsverschiedenheit in die Einigungsstelle entsenden oder ob sie sich nur schriftlich äußern oder ihre bestellten Beisitzer vortragen lassen. Die Beisitzer der Einigungsstelle seien keine Vertreter der sie benennenden Betriebsparteien. Sie seien auch nicht an deren Weisungen gebunden. Der Gewährung rechtlichen Gehörs müsse zwingend bis zur allerletzten Sekunde Rechnung getragen werden, weshalb die Grenze die Schlussberatung und Abstimmung darstellten. Der zeitliche Umfang der Diskussion davor sei unerheblich. Im vorliegenden Fall habe der Vorsitzende im richtigen Zeitpunkt erkannt, wann die Schlussberatung und die ihr nachfolgende Abstimmung zu erfolgen habe. Auch der Hilfsantrag der Arbeitgeber sei unbegründet. In der Begründung des Einigungsstellenspruchs werde zutreffend hervorgehoben, dass die Richtlinie EWG 391-89 eine klare Priorität für eine innerbetriebliche Lösung setze. Eher sei deshalb die bisherige einseitige Verfahrensweise der Arbeitgeber rechtswidrig, als die Entscheidung der Einigungsstelle. Die Beauftragung eines außerbetrieblichen Dienstes verstoße gegen europäisches Recht.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Gießen vom 26. August 2014 -5 BV 4/14- abzuändern und die Anträge zurückzuweisen.

Die Arbeitgeber beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen,

hilfsweise

festzustellen, dass der Spruch der Einigungsstelle zur Regelung der Angelegenheiten Fachkraft für Arbeitssicherheit und Betriebsarzt vom 5. März 2014 unwirksam ist,

höchst hilfsweise

festzustellen, dass der Spruch der Einigungsstelle im Hinblick auf Ziffer 3.3 zur Regelung der Angelegenheiten Fachkraft für Arbeitssicherheit und Betriebsarzt vom 5. März 2014 unwirksam ist.

Die Arbeitgeber verteidigen die Entscheidung des Arbeitsgerichts als zutreffend. Gemäß § 76 Abs. 2 BetrVG bestehe die Einigungsstelle aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern. Das Arbeitsgericht habe zutreffend erkannt, dass hier die im Gesetz vorgesehene Parität empfindlich gestört gewesen sei. Faktisch habe die Betriebsratsseite die Zahl ihrer Beisitzer erhöht. Die Parteiöffentlichkeit sei nach der Rechtsprechung lediglich insoweit anerkannt, als sie notwendig sei, um den Parteien die Möglichkeit zu geben, ihre Sicht der Dinge darzulegen. Ausreichend sei, dass den Parteien Gelegenheit gegeben werde, sich im schriftlichen Verfahren zu äußern. Soweit der Betriebsrat rüge, dass die am Verfahren Beteiligten die Betriebsparteien selbst seien, treffe dies nicht zu. Gemäß § 76 Abs. 2 BetrVG seien gerade die Beisitzer und der Einigungsstellenvorsitzende die Mitglieder der Einigungsstelle, nicht jedoch die Betriebsparteien. Es seien am Ende die Beisitzer und der Einigungsstellenvorsitzende, die im Rahmen einer endgültigen Streitbeilegung zu entscheiden hätten. Dementsprechend tage der Einigungsstellenvorsitzende auch stets mit den Beisitzern und nicht mit den Betriebsparteien selbst. Ziffer 3.3 des Einigungsstellenspruchs sei unwirksam. Die Richtlinie EWG 391-89 binde lediglich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, nicht jedoch Privatrechtssubjekte. Hier habe der Arbeitgeber in einer betriebsratslosen Zeit die Entscheidung getroffen, eine außerbetriebliche Lösung zu favorisieren, die anschließend auch umgesetzt wurde. Die weitere Frage, wer als außerbetrieblicher Dienst ausgewählt werde, sei daher mitbestimmungsfrei. Insoweit habe die Einigungsstelle in Ziffer 3.3 ihr Ermessen überschritten.

Das Landesarbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen G, I, J und F. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 3. August 2015, wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde ist statthaft, § 87 Absatz 1 ArbGG, und zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet wurde, § 87 Absatz 2 Satz 1, § 66 Absatz 1 Satz 1, § 89 Absatz 1 und 2 ArbGG, § 594 ZPO.

2. Die Beschwerde ist teilweise begründet. Das Arbeitsgericht hat dem Hauptantrag zu Unrecht stattgegeben.

Der Spruch der Einigungsstelle vom 5. März 2014 ist nicht nichtig bzw. unwirksam.

Eine Unwirksamkeit des Spruchs der Einigungsstelle ergibt sich nicht daraus, dass die Betriebsratsmitglieder Dr. D und E, die nicht Beisitzer der Einigungsstelle waren, bis zum 6. Sitzungstag an den Verhandlungen der Einigungsstelle teilgenommen haben.

Die Einigungsstelle ist ein betriebsverfassungsrechtliches Hilfsorgan eigener Art zu dem Zweck, die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei der Gestaltung der betrieblichen Ordnung zu gewährleisten. Sie ist dazu bestimmt, durch Zwangsschlichtung Pattsituationen im Bereich der paritätischen Mitbestimmung aufzulösen. Soweit ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, hat er grundsätzlich keinen anderen Rechtscharakter als eine entsprechende Vereinbarung der Betriebspartner. Die Einigungsstelle soll die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen. Deshalb ist es nicht nur sinnvoll, sondern notwendig, dass die Beteiligten vor der Einigungsstelle selbst zu Wort kommen und ihre Positionen darlegen können. Soweit die Einigungsstelle die Einigung der Parteien ersetzt, ist es von besonderer Bedeutung, dass die Betriebsparteien die Möglichkeit haben, ihre unterschiedlichen Auffassungen zu der Rechtsfrage und Lösungsvorschläge zunächst ungefiltert selber darstellen zu können, damit der unparteiische Vorsitzende sich ein Bild über den Streitstoff und die Lösungsmöglichkeiten machen kann. Das ist von besonderer Bedeutung, wenn die von beiden Seiten benannten Beisitzer in der Einigungsstelle betriebsfremd sind. Dementsprechend ist es so gut wie einhellige Meinung, dass die mündliche Verhandlung vor der Einigungsstelle parteiöffentlich ist. Das ändert aber nichts daran, dass das Organ der Einigungsstelle anstatt der Betriebsparteien über die Regelungsfrage zu entscheiden hat, wenn Arbeitgeber und Betriebsrat sich in einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit nicht einigen können. Deshalb hat der Vorsitzende, nachdem der Regelungsstreit und die denkbaren Lösungsmöglichkeiten erschöpfend mit dem Betriebsparteien erörtert worden sind, sich mit den Beisitzern der Einigungsstelle zur Schlussberatung und Abstimmung zurückzuziehen. Entscheidend ist, dass die Schlussberatung und Abstimmung der Einigungsstelle in Abwesenheit der Vertreter der Betriebsparteien erfolgt. Die Notwendigkeit hierzu ergibt sich aus der Schlichtungsfunktion der Einigungsstelle. Auch wenn sie kein Gericht ist, soll sie doch nach dem Gesetz unabhängig von den unmittelbar betroffenen beteiligten Parteien sein. Dementsprechend entspricht es allgemeiner Meinung, dass die Beisitzer der Einigungsstelle nicht an Weisungen von Arbeitgeber oder Betriebsrat gebunden sind. § 76 Abs. 2 BetrVG schreibt vor, dass die Einigungsstelle aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern besteht, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Schon damit bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass die Mitglieder der Einigungsstelle Abstand von den Betriebsparteien wahren sollen und auch die vom Arbeitgeber und Betriebsrat benannten Beisitzer nicht verlängerter Arm der jeweiligen Betriebspartei sein sollen, sondern mit einer gewissen Unabhängigkeit bei der Schlichtung des Regelungsstreits mitwirken sollen. Diese Überparteilichkeit der Einigungsstelle unterstreicht § 76 Abs. 5 S. 3 BetrVG, wonach die Einigungsstelle ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen fasst. Sowohl die Belange des Betriebs wie der betroffenen Arbeitnehmer sollen angemessen berücksichtigt werden. Dem entspricht die Notwendigkeit eines gewissen Abstands und einer gewissen Unabhängigkeit von den Betriebsparteien. Diese kann nur bestehen, wenn die Einigungsstelle den Regelungsstreit in Abwesenheit der Betriebsparteien mündlich berät und in Abwesenheit der Betriebsparteien ihre Beschlüsse fasst (Bundesarbeitsgericht 18. Januar 1994 -1 ABR 43/93- zu II 2b und c der Gründe).

Ist danach die mündliche Verhandlung vor der Einigungsstelle parteiöffentlich, bestehen keine Bedenken dagegen, dass Betriebsratsmitglieder, die keine Mitglieder der Einigungsstelle sind, bis unmittelbar vor Beginn der Schlussberatung an den Verhandlungen der Einigungsstelle teilnehmen. Dies dient auch der Gewährung rechtlichen Gehörs der Betriebspartner. Die Schlussberatung beginnt, wenn der Sachverhalt umfassend aufgeklärt ist und die Angelegenheit in jeder Hinsicht erörtert ist. Wann dies jeweils der Fall ist, lässt sich abstrakt schwer umschreiben. Der Einigungsstellenvorsitzende wird insoweit eine gewisse Einschätzungsprärogative haben, wann aus seiner Sicht die mündliche Verhandlung geschlossen werden kann. Zu diesem Zeitpunkt hat er alle Personen, die keine Beisitzer der Einigungsstelle sind, von den weiteren Beratungen auszuschließen.

Diesen Anforderungen wurde vorliegend Rechnung getragen. Der Vorsitzende der Einigungsstelle gelangte am 6. Verhandlungstag, dem 5. März 2014, nachdem beide Seiten ihre jeweils endgültige Fassung der beabsichtigten Betriebsvereinbarung vorgelegt und erläutert hatten, zu der Überzeugung dass nunmehr die Schlussberatung beginnen könne und bat um 16:00 Uhr die Betriebsratsmitglieder Dr. D und E, den Raum zu verlassen, der diese nachkamen. Die Beschwerdekammer teilt die Einschätzung des Vorsitzenden der Einigungsstelle, dass erst mit dem Vorliegen der endgültigen Fassungen der Betriebsvereinbarungsentwürfe beider Betriebspartner in die Schlussberatung eingetreten werden konnte. Bis zu diesem Zeitpunkt befand sich die Einigungsstelle noch in einem Stadium der Informationssammlung und des Informationsaustausches, während dessen sich die nicht der Einigungsstelle angehörenden Betriebsratsmitglieder Dr. D und E einbringen konnten. Hierdurch wurde auch nicht die Parität der Einigungsstelle beeinträchtigt, denn die beiden waren nicht Mitglieder der Einigungsstelle, sondern wohnten als Vertreter einer Partei nur den Verhandlungen der Einigungsstelle bei.

Der Eintritt in die Schlussberatung stellt eine zeitliche Zäsur dar. Ab diesem Zeitpunkt berät und beschließt die Einigungsstelle in Abwesenheit anderer Personen, auch der Betriebspartner. Die Einigungsstelle soll als selbstständiges Organ der Betriebsverfassung eigenständig und unabhängig von den Betriebspartnern beschließen. Dem widerspricht es, wenn im Falle der Durchführung getrennter Beratungen an diesen Personen teilnehmen, die nicht Mitglieder der Einigungsstelle sind. Hierdurch wird auf die Meinungsbildung in der Einigungsstelle Einfluss genommen und deren Unabhängigkeit verletzt. Ein Verstoß hiergegen führt zur Unwirksamkeit des Spruchs der Einigungsstelle.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht fest, dass die Betriebsratsmitglieder Dr. D und E an der nach Eintritt in die Schlussberatung vorgenommenen getrennten Beratung der Beisitzer der Betriebsratsseite teilgenommen haben. Keiner der vernommenen Zeugen hat dies bestätigt.

3. Der Hilfsantrag der Arbeitgeber ist teilweise begründet. Ziffer 3.3 des Spruchs der Einigungsstelle ist zwar nicht in vollem Umfang unwirksam, jedenfalls nicht soweit er in seinem S. 1 Halbsatz 1 und S. 2 Halbsatz 1 mit § 9 Abs. 3 S. 1 ASiG übereinstimmt.

Ziffer 3.3 S. 1 Halbsatz 2 und Ziffer 3.3 S. 2 Halbsatz 2 sind unwirksam. Dies ergibt sich daraus, dass nach § 9 Abs. 3 S. 3 ASiG der Betriebsrat vor der Verpflichtung oder Entpflichtung eines überbetrieblichen Dienstes (nur) zu hören ist. Hiergegen verstoßen die genannten Regelungen des Spruchs der Einigungsstelle.

Zwar hat der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG mitzubestimmen, wenn entschieden wird, welche der 3 Möglichkeiten zur Erfüllung des § 2 Abs. 1 ASiG für den Betrieb zu wählen ist (angestellter Betriebsarzt, freiberuflicher Betriebsarzt, überbetrieblicher Dienst von Betriebsärzten, Bundesarbeitsgericht 10. April 1979 -1 ABR 34/77- Rn. 19; 4. November 1980 -1 ABR 53/78- Rn. 39). Demgegenüber will § 9 Abs. 3 ASiG mit der Trennung zwischen Zustimmungserfordernis und Anhörung nur den Fall regeln, dass nach der abstrakten Wahl zwischen den 3 Möglichkeiten der betriebsärztlichen Versorgung entschieden wird, welche konkrete Person oder welcher konkrete Dienst zu welchen Bedingungen in Anspruch genommen wird (Bundesarbeitsgericht 10. April 1979 a.a.O., Rn. 22). Vorliegend hat der Arbeitgeber die Entscheidung für einen überbetrieblichen Dienst zu betriebsratsloser Zeit getroffen. Eine Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG schied daher aus. Der Vertrag zwischen dem Beteiligten zu 1 und dem überbetrieblichen Dienst besteht nach wie vor ungekündigt. Er erstreckt sich nach seinem Inhalt auf die arbeitsmedizinische Betreuung in den Betrieben des Auftraggebers, § 1 Nr. 1 des Vertrages (Bl. 232 d.A.). Erfasst wird damit zugleich die arbeitsmedizinische Betreuung bei den Beteiligten zu 2, 3 und 5. Jedenfalls solange dieser Vertrag besteht, erübrigt sich eine Entscheidung über die Wahl zwischen einem angestellten Betriebsarzt, einem freiberuflichen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst. Gleichwohl erweist sich die Regelung in Ziffer 3.3 S. 1 Halbsatz 2 (“oder der außerbetriebliche Dienst über die jetzige Vertragslaufzeit hinaus eingesetzt werden”) nicht lediglich als inhaltsleer, sondern als unwirksam. Dies ergibt sich daraus, dass von dieser Regelung, worauf der Arbeitgebervertreter in seinem Schriftsatz vom 24. April 2015 auf Seite 6 zu Recht hinweist, auch die Fallkonstellation erfasst wird, dass die B den derzeit bestehenden Vertrag von sich aus kündigt, um (etwa) neue finanzielle Konditionen zu verhandeln. Würde dies geschehen, wäre nach der jetzigen Regelung der Arbeitgeber verpflichtet ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zu implementieren, obwohl die grundsätzliche Entscheidung zur Beauftragung eines außerbetrieblichen Dienstes bereits getroffen worden ist. Auch hier würde eine Ausdehnung der gesetzlich geregelten Beteiligungsrechte eintreten, nämlich ein Anhörungsrecht im Sinne von § 9 Abs. 3 S. 3 ASiG zu einem echten Mitbestimmungsrecht erstarken.

Die Regelung in Ziffer 3.3 S. 2 Halbsatz 2 des Spruchs der Einigungsstelle (“und für einen Wechsel des außerbetrieblichen Dienstes”) verstößt unmittelbar gegen § 9 Abs. 3 S. 3 ASiG, denn hinsichtlich der Auswahl des überbetrieblichen Dienstes besteht danach nur ein Anhörungsrecht.

Entgegen der Ansicht des Betriebsrats ergibt sich zu dieser Frage (Anhörungsrecht des Betriebsrats oder volles Mitbestimmungsrecht) aus der Richtlinie 89/391/EWG nichts. Nach Art. 11 Abs. 2 Buchstabe d in Verbindung mit Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie werden die Arbeitnehmervertreter mit einer besonderen Funktion bei der Sicherheit und beim Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer in ausgewogener Weise nach den nationalen Rechtsvorschriften bzw. Praktiken beteiligt oder im Voraus vom Arbeitgeber gehört, wenn dieser außerbetriebliche Fachleute hinzuzieht, weil die Möglichkeiten im Unternehmen bzw. im Betrieb nicht ausreichen, um die Organisation der Schutzmaßnahmen und Maßnahmen zur Gefahrenverhütung durchzuführen. Daraus folgt weder eine Pflicht des nationalen Gesetzgebers, ein echtes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Übertragung von Aufgaben nach dem Arbeitsschutz vorzusehen, noch eine Verpflichtung der deutschen Gerichte § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG in einem solchen Sinn auszulegen (Bundesarbeitsgericht 18. August 2009 -1 ABR 43/08- Rn. 25).

Die Unwirksamkeit der von der Einigungsstelle beschlossenen Regelungen führt nach dem der Vorschrift des § 139 BGB zu Grunde liegenden Rechtsgedanken nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Einigungsstellenspruches, da der verbleibende Teil ohne die unwirksamen Bestimmungen eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung enthält. Auch ohne die im Tenor genannten, unwirksamen Halbsätze von Ziffer 3.3 des Einigungsstellenspruches ergibt sowohl die verbleibende Regelung in Ziffer 3.3 einen Sinn, wie auch der Spruch im Übrigen. Ziffer 3.3 beschränkt sich in seinem wirksamen Teil auf die Wiedergabe von § 9 Abs. 3 S. 1 ASiG.

III.

Gründe, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, liegen nicht vor, § 92 Abs. 1, § 72 ArbGG.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

a very tall building with a moon in the sky

Ist Mobbing strafbar?

März 13, 2024
Von RA und Notar Krau:Mobbing kann je nach den Umständen strafbar sein, aber nicht immer.Es gibt kein spezifisches Gesetz, das Mobbing al…
filling cans with freshly brewed beers

Tarifliche Nachtarbeitszuschläge – Gleichheitssatz – BAG 10 AZR 473/21

Februar 4, 2024
Tarifliche Nachtarbeitszuschläge – Gleichheitssatz – BAG 10 AZR 473/21 – Urteil vom 15.11.2023 – Nachtarbeit im Rahmen von Wechselschichtarbeit…
man holding orange electric grass cutter on lawn

Annahmeverzug – Anderweitiger Verdienst aus einer Geschäftsführertätigkeit – BAG 5 AZR 331/22

Februar 4, 2024
Annahmeverzug – Anderweitiger Verdienst aus einer Geschäftsführertätigkeit – BAG 5 AZR 331/22 – Böswilliges Unterlassen anderweitigen Verdienstes …