LAG Hessen, 07.04.2017 – 3 Sa 1129/16

März 25, 2019

LAG Hessen, 07.04.2017 – 3 Sa 1129/16

Orientierungssatz:

Einzelfall: Unbegründete Berufung der Klägerin. Teilweise unzulässiges Teilurteil des Arbeitsgerichts, weil nicht auszuschließen ist, dass es in demselben Rechtsstreit zu einander widersprechenden Entscheidungen (auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht) kommt, lediglich insoweit Aufhebung und Zurückverweisung. Der Zurückverweisung steht weder § 68 ArbGG entgegen noch ist ein Zusammenführen des Rechtsstreits durch Ansichziehen des in erster Instanz verbliebenen Teils geboten.

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 17. Juni 2016 – 8 Ca 844/15 – wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 17. Juni 2016 – 8 Ca 844/15 – teilweise aufgehoben, soweit darin festgestellt wurde, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 24. November 2015 nicht aufgelöst wurde und soweit festgestellt wurde, dass die Weisung des Beklagten zur Erbringung der Arbeitsleistung der Klägerin in A unwirksam ist. Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Berufungsverfahrens – an das Arbeitsgerichts Wiesbaden zurückverwiesen.

Die Revision wird für keine Partei zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung, einer arbeitgeberseitigen Weisung, die Zahlung von Annahmeverzugslohn, die Feststellung des Umfangs des Urlaubsanspruches, die Zahlung von Schmerzensgeld sowie die Überlassung einer bestimmten Dienstvereinbarung.

Der Beklagte ist Rechtsträger der B und betreibt Aus-, Fort- und Weiterbildung im Bereich der Altenhilfe und -pflege an den Standorten C, D und A, u. a. mit Altenpflegeschule(n) in D und A.

Spätestens in der Berufungsverhandlung ist unstreitig geworden, dass an der Altenpflegeschule in D ein Bedarf an 2,5 Vollzeitstellen und in A an 4 Vollzeitstellen für Pflegepädagogen als Lehrkräfte besteht.

Beide Schulstandorte werden von der gemeinsamen Schulleiterin, Frau E, geleitet. Zusätzlich gibt es für beide Standorte jeweils eine stellvertretende Schulleiterin. Es gibt einheitliche Lehrpläne und die konkreten Kurspläne werden einheitlich von der Schulkoordinatorin erstellt. Einmal im Jahr veranstalten die Dozentinnen und Kursleiterinnen gemeinsam einen pädagogischen Tag und eine Klausurtagung. Aktuell sind die Mitarbeiterinnen F und G sowohl in der Altenpflegeschule in D als auch in A eingesetzt. Wegen der unterschiedlichen Lage der Standorte fand und findet weder eine gemeinsame Nutzung der Betriebsräume noch ein Austausch von Schülern statt. Urlaubspläne und Krankheitsvertretungen werden grundsätzlich standortintern geregelt. Die personellen Angelegenheiten der Mitarbeiter werden von der Personalabteilung des Beklagten für alle 80 Mitarbeiter wahrgenommen und auch die Lohnbuchhaltung wird zentral erledigt. Für den Beklagten ist eine einheitliche Mitarbeitervertretung gebildet.

Die Klägerin ist am xx.xx.1965 geboren, verheiratet und hat ein Kind. Sie ist als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 50 anerkannt und seit dem 01. September 2008 als Pflegepädagogin bei dem Beklagten beschäftigt, zuletzt in Teilzeit mit 30 Stunden/Woche. Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 12. August 2008 heißt es u. a.:

“Dienstvertrag zwischen dem H, in C (Dienstgeber) als Rechtsträger der Altenpflegeschule C und Frau I, in J.

§ 1

Die Mitarbeiterin wird ab 01.09.2008 als Kursleiterin in

/an verschiedenen Orten* eingestellt.

(Arbeitsort)

§ 2

Für das Dienstverhältnis gelten die “Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes” (AVR) in ihrer jeweils geltenden Fassung. Dem Mitarbeiter / der Mitarbeiterin ist Gelegenheit zur Einsichtnahme in die AVR gegeben. …”, wegen der Einzelheiten des Vertrages wird auf Bl. 4ff d. A. Bezug genommen.

Das zunächst befristet abgeschlossene Arbeitsverhältnis besteht seit 2009 unbefristet. Die Klägerin hat zuletzt ein durchschnittliches monatliches Bruttogehalt in Höhe von etwa 2.700,00 Euro bei 30 Stunden pro Woche erzielt. Im Zuge einer örtlichen Verlegung der Altenpflegeschule C nach D hat die Klägerin vom Standort C nach D gewechselt und ist außerdem für einige Zeit mit ihrem Einverständnis in A eingesetzt worden. Zuletzt ist sie im Jahr 2014 in D eingesetzt worden. Im Kalenderjahr 2014 hat der Beklagte der Klägerin Erholungsurlaub an sieben Arbeitstagen gewährt.

Die Klägerin ist ab 28. August 2014 für einen längeren Zeitraum arbeitsunfähig erkrankt gewesen und hat verschiedene ärztliche Bescheinigungen der Gesundheitspraxis K vorgelegt. In einer Bescheinigung vom 20. Mai 2015 heißt es, die Klägerin sei wegen einer Erkrankung nicht dienstfähig und die voraussichtliche Dauer sei noch nicht absehbar. In einer weiteren Bescheinigung vom 22. Juli 2015, heißt es, die Klägerin sei zurzeit krankheitsbedingt noch nicht in der Lage wieder zu arbeiten. Mit einer Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit sei in sechs bis acht Wochen zu rechnen (wegen der Einzelheiten der Bescheinigungen wird auf BI. 176 + 177 d. A. Bezug genommen). Darüber hinaus existiert eine ärztliche Bescheinigung einer Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie vom 23. Juli 2015 wonach die Klägerin “aufgrund einer beruflichen Konfliktsituation seit dem 28.08.2014 arbeitsunfähig” ist und “nachdem sich die Situation mittlerweile entspannt hat (…) mit einer Arbeitsfähigkeit in ca. 6 Wochen zu rechnen” sei (wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 233 d. A. Bezug genommen).

Es existiert ein Schreiben vom 30. Juli 2015 u.a. an den Geschäftsbereichsleiter L des Beklagten. Darin wird die Befürchtung geäußert, dass die Klägerin nach ihrer Rückkehr häufig ausfallen wird, was das Arbeitsklima und die Qualität der Ausbildung beeinträchtige. Das Schreiben ist von fünf Kolleginnen der Klägerin unterzeichnet ist (wegen dessen Einzelheiten wird auf Bl. 168 d. A. Bezug genommen).

Mit E-Mail vom 07. August 2015 hat die Klägerin eine geplante Wiederaufnahme ihrer Beschäftigung für den 17. September 2015 mitgeteilt (wegen deren Einzelheiten wird BI. 178 d. A. Bezug genommen). Mit E-Mail vom 11. September 2015, die an den Geschäftsbereichsleiter L sowie die Leiterin der Altenpflegeschule D und A gerichtet war, hat sie den Beklagten darüber informiert, dass ein Ende der Arbeitsunfähigkeit am 30. September 2015 eintreten werde und gleichzeitig vorgeschlagen, den ausstehenden Urlaub zu nehmen, um anschließend Anfang Januar 2016 die Tätigkeit mit dem BEM wieder aufzunehmen. Gleichzeitig hat sie einen entsprechenden Antrag für die nächsten Tage angekündigt (wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf BI. 151 d. A. Bezug genommen). Mit Schreiben vom 18. September 2015 hat der Beklagte die Gewährung von Erholungsurlaub -unter Berufung auf die aktuelle Personalsituation- abgelehnt, die Klägerin zur Untersuchung durch den betriebsärztlichen Dienst und zur Aufnahme ihres Dienstes für den Fall der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit ab dem 01. Oktober 2015 in der Altenpflegeschule am Standort A aufgefordert (wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf BI. 148 d. A. verwiesen).

Mit E-Mail vom 24. September 2015 hat die Klägerin der Aufforderung zur Tätigkeit in A und der Ablehnung des Urlaubsantrages widersprochen, eine betriebsärztliche Untersuchung während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit abgelehnt und den Beklagten erneut zur Gewährung von Erholungsurlaub auf den Antrag vom 17. September 2015 aufgefordert (BI. 152 d. A.). Darüber hinaus hat sie am 28. September 2015 erneut die Gewährung von Erholungsurlaub beantragt, dies hat der Beklagte mit Schreiben vom 29. September 2015 und nochmals mit Schreiben vom 05. Oktober 2015 abgelehnt.

Am 01. Oktober 2015 ist die Klägerin in der Altenpflegeschule in D erschienen und hat im dortigen Sekretariat ein Schreiben mit folgendem Text ausgelegt:

“Liebe Kolleginnen und Kollegen,

nach langer Krankheit bin ich nun endlich wieder in der Lage, als Pflegepädagogin meinen Dienst in der Altenpflegeschule D aufzunehmen.

Ich freue mich, weiterhin mit Ihnen/Euch zusammenzuarbeiten. Des Weiteren kann ich Ihnen/Euch mitteilen, dass der vorsätzliche Versuch, meinen Ruf als Pädagogin durch mehrere Abmahnungen zu schädigen, grandios gescheitert ist.

Im Arbeitsgerichtsurteil vom 17.07.2015 wurden die Vorwürfe in allen Punkten eindeutig zurückgewiesen.

Wer möchte, kann interessante Einzelheiten im Anhang nachlesen.

Viele Grüße I”

Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens wird auf Bl 181 d. A. Bezug genommen.

Am 02. Oktober 2015 hat sich die Klägerin einer arbeitsmedizinischen Untersuchung unterzogen. Der untersuchende Arzt hat unter der Rubrik “Bemerkung” Folgendes ausgeführt:

“…Die Untersuchung der Mitarbeiterin hat ergeben, dass letztere Erkrankung durch stationäre und ambulante fachärztliche Behandlung insoweit stabilisiert ist, dass sie die bisherige Tätigkeit als Pflegepädagogin ab dem 01. Oktober 2015 wieder aufnehmen kann. Sie selbst fühlt sich in jeder Hinsicht in der Lage, den bisherigen dienstlichen Anforderungen gerecht zu werden. Voraussetzung dafür, aber auch für die Vermeidung weiterer krankheitsbedingter Fehltage ist die einvernehmliche Lösung der innerbetrieblichen Konflikte. …”

(wegen der Einzelheiten wird auf die “Eignungsbescheinigung” BI. 179/180 d. A. verwiesen).

In der ersten Oktoberwoche 2015 hat zwischen den Parteien ein Gespräch stattgefunden, das ergebnislos abgebrochen worden ist und dessen Inhalt streitig ist. Mit Schreiben vom 07. Oktober 2015 hat der Beklagte der Klägerin ein Haus- und Gebäudeverbot erteilt bezüglich sämtlicher Gebäude und des Geländes der Altenpflegeschule am Standort D (wegen dessen Einzelheiten wird auf Bl. 207 d. A. Bezug genommen).

In der Zeit vom 06. Oktober bis 23. Oktober 2015 hat sich die Klägerin arbeitsunfähig krank gemeldet und ärztliche Atteste vom 07. Oktober 2015 als Erstbescheinigung, für den Zeitraum 06. Oktober bis 13. Oktober 2015 (BI. 182 d. A.) und für den Zeitraum vom 13. Oktober bis 23. Oktober 2015 als Folgebescheinigung (Bl. 183 d. A.) vorgelegt.

Mit Telefax ist am 23. Oktober 2015 beim Arbeitsgericht Wiesbaden ein Antrag der Klägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung über die Gewährung von Erholungsurlaub ab dem 26. Oktober 2015 bis zum 31. Dezember 2015 eingegangen. In diesem Rechtsstreit, Az: 8 Ga 4/15, hat das Arbeitsbericht Wiesbaden den Beklagten aufgrund mündlicher Verhandlung vom 02. November 2015 verurteilt, in der Zeit vom 30. November 2015 bis 18. Dezember 2015 Erholungsurlaub zu gewähren und die Klage im Übrigen abgewiesen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat die Klägerin erklärt, dass sie aufgrund des laufenden Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in der letzten Woche (26. Oktober bis 30. Oktober 2015) nicht zur Arbeit gegangen sei (insoweit wird auf die Kopie der Sitzungsniederschrift der öffentlichen Verhandlung vom 02. November 2015, BI. 166 und 167 d. A., Bezug genommen).

Nach dem 02. November 2015 hat die Klägerin ihre Arbeitsleistungen weder in D noch in A tatsächlich angeboten.

Mit Schreiben vom 07. Oktober 2015 hat der Beklagte der Klägerin eine Abmahnung erteilt, weil sie am 05. Oktober 2015 nicht am Arbeitsplatz erschienen sei und hat sie aufgefordert, an ihrem Arbeitsplatz in A zu erscheinen (Bl. 71 d. A.). Mit einer weiteren Abmahnung vom 08. Oktober 2015 hat der Beklagte die Klägerin im Hinblick auf die Auslage des Schreibens am 01. Oktober 2015 im Sekretariat der B am Standort D abgemahnt (BI. 74 d. A.). Mit Schreiben vom 26. Oktober 2015 hat der Beklagte die Klägerin wegen nicht rechtzeitiger Meldung der Arbeitsunfähigkeit abgemahnt (BI. 76 d. A.). Eine weitere Abmahnung hat der Beklagte mit Schreiben vom 30. Oktober 2015 erteilt und ein behauptetes unentschuldigtes Fehlen seit dem 26. Oktober 2015 gerügt und darauf hingewiesen, dass eine Berechtigung zur eigenmächtigen Beurlaubung nicht bestehe. Der Beklagte hat die Klägerin zur Arbeitsleistung ab Montag, dem 02. November 2015 aufgefordert und hat sie für die Wahrnehmung des Termins vor dem Arbeitsgericht Wiesbaden am 02. November 2015 freigestellt (Bl. 73 d. A.).

Auf den Antrag des Beklagten vom 06. Juli 2015 beim Landeswohlfahrtsverband Hessen hat dieser mit Bescheid vom 20. November 2015 die Zustimmung zum Ausspruch einer ordentlichen krankheitsbedingten Kündigung der Klägerin erteilt. Zur Begründung hat der Landeswohlfahrtsverband Hessen angeführt, dass die Klägerin eine Freigabe der ärztlichen Atteste zur Verwendung für das Verfahren vor dem Landeswohlfahrtsverband nicht erteilt habe und daher mit einer nachhaltigen Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit der Klägerin in naher Zukunft nicht gerechnet werden könne (wegen der Einzelheiten von Antrag und Bescheid wird auf BI. 43 ff und Bl. 48 – 55 d. A. Bezug genommen).

Mit Schreiben vom 06. November 2015 hat der Beklagte beim Landeswohlfahrtsverband Hessen die Zustimmung zum Ausspruch einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung wegen der behaupteten Weigerung der Klägerin ihre Arbeitsleistung in A zu erbringen, beantragt (wegen der Einzelheiten wird auf BI. 56 – 58 d. A. verwiesen). Der Landeswohlfahrtsverband Hessen hat mit Schreiben vom 20. November 2015 seine Zustimmung erteilt (diesbezüglich wird auf BI. 59 – 70 d. A. Bezug genommen). Die drei von der Klägerin eingelegten Widersprüche hat Widerspruchsausschuss des Landeswohlfahrtsverbandes mit Bescheid vom 10. Mai 2016 zurückgewiesen (wegen dessen Inhalt wird auf BI. 278 ff. d. A. Bezug genommen).

Mit Schreiben vom 16. November 2015 hat der Beklagte die Mitarbeitervertretung zur beabsichtigten außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung angehört (insoweit wird auf BI. 90 – 93 d. A. verwiesen). Die Mitarbeitervertretung hat sich nicht geäußert.

Der Beklagte hat mit Schreiben vom 24. November 2015 das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin außerordentlich (auf BI. 12- 14 d. A. wird Bezug genommen), mit Schreiben vom 24. November 2015 ordentlich verhaltensbedingt (insoweit wird auf BI. 15 d. A. verwiesen) und mit weiterem Schreiben vom 24. November 2015 hat der Beklagte ordentlich krankheitsbedingt gekündigt (es wird auf Bl. 16 d. A. Bezug genommen). Gegen diese Kündigungen hat die Klägerin mit am 03. Dezember 2015 beim Arbeitsgericht Wiesbaden eingegangen Schriftsatz Kündigungsschutzklage erhoben.

Diese Klage hat sie mit Schriftsatz vom 13. April 2016 erweitert.

Mit Schriftsatz vom 15. Juni 2016 hat sie eine Diagnoseliste der Krankenkasse vom “14. Juli 2016” für den Zeitraum vom 01. August 2014 bis Mitte 2016 zur Akte gereicht, danach war sie vom 28. August bis 24. September 2014 wegen “sonstiger Reaktionen auf schwere Belastung”, vom 25. September bis 16. Oktober 2014 wegen “bösartiger Neubildung: Brustdrüse, nicht näher bezeichnet”, vom 28. Oktober 2014 bis 30. September 2015 wegen ” mittelgradige depressive Episode” und vom 06. bis 23. Oktober 2015 wegen “sonstige und nicht näher bezeichnete Gastroenteritis und Kolitis infektiösen Ursprungs (…) akute Sinusitis maxillaris” arbeitsunfähig erkrankt, insoweit wird auf Bl. 309 d. A. Bezug genommen.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

  • festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die fristlose Kündigung vom 24. November 2015, zugegangen am 25. November 2015, noch durch die ordentliche Kündigung vom 24. November 2015, zugegangen am 25. November 2015, noch durch die weitere ordentliche Kündigung vom 24. November 2015, zugegangen am 25. November 2015, aufgelöst wurde

  • sowie die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu 1) zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Kursleiterin bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiter zu beschäftigen

  • sowie festzustellen, dass die Anordnung des Beklagten an die Klägerin zukünftig ihre Arbeitsleistung in A zu erbringen, unwirksam ist und die Klägerin nicht verpflichtet ist, dieser Anordnung nachzukommen

  • sowie den Beklagten zu verurteilen, das für die Einrichtung D am 07. Oktober 2015 erteilte Hausverbot zurückzunehmen und dies in geeigneter Art und Weise in der Einrichtung allen Mitarbeitern schriftlich bekannt zu machen

  • sowie den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch 2.500,00 Euro nicht unterschreiten sollte

  • sowie unter Bezugnahme auf den Schriftsatz vom 15. Juni 2016 den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Einsicht in ihre Personalakte zu gewähren, mit der Maßgabe, dass ihr Abschriften aller Schriftstücke ihrer Personalakten zur Verfügung gestellt werden

  • sowie den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin eine Kopie der Dienstvereinbarung über ein betriebliches Eingliederungsmanagement auszuhändigen

  • sowie festzustellen, dass der Klägerin zum Zeitpunkt der Kündigungen ein Urlaubsanspruch von 53 Urlaubstagen zusteht

  • sowie für den Fall der rechtskräftigen Abweisung der Klage, den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin 7.048,83 Euro brutto und Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 28. November 2015 zu zahlen

  • sowie den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin eine schriftliche Lohnabrechnung für den Beschäftigungsmonat November 2015 zu erteilen, aus der die Höhe der erfolgten und in diesem Monat abzuführenden Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuerbeiträge erkennbar sind und nachgewiesen wird

  • sowie den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 14.408,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.881,60 Euro seit dem 01. Dezember 2015 jeweils zum 1. eines Monats zu zahlen, abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes vom 17. Februar 2016 in Höhe von kalendertäglich 45,49 Euro

  • sowie den Beklagten zu verurteilen, die Abmahnungen vom 07. Oktober 2015, die zwei Abmahnungen vom 08. Oktober 2015, die Abmahnung vom 26. Oktober 2015 und vom 30. Oktober 2015 aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen

und das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien gemäß §§ 9, 10 KSchG gegen Zahlung einer Abfindung zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 31. März 2016 aufzulösen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des unstreitigen und streitigen Parteivorbringens in erster Instanz wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, dort S. 9 bis 20, Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat -soweit im Berufungsverfahren relevant- mit am 17. Juni 2016 verkündeten Teilurteil festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 24. November 2015 nicht aufgelöst wurde und dass die Weisung des Beklagten zur Erbringung der Arbeitsleistungen der Klägerin in A unwirksam ist. Im Übrigen hat es die Klage hinsichtlich der Zahlung von Schmerzensgeld (Klageantrag zu 5)), der Herausgabe einer Kopie einer Dienstvereinbarung (Klageantrag zu7)), der Feststellung von 53 Tagen Erholungsurlaub (Klageantrag zu8)) und der Zahlung von Annahmeverzugsvergütung in Höhe von 14.408.00 Euro brutto (Klageantrag zu11)), abgewiesen. Es hat angenommen, dass die Klage gemäß § 301 ZPO nur teilweise zur Entscheidung reif sei und im Übrigen (betreffend die Wirksamkeit der beiden ordentlichen Kündigungen vom 24. November 2015, Antrag zu 1), das Hausverbot, Antrag zu 4), den Hilfsantrag für den Fall der Abweisung der Klage auf Zahlung von Urlaubsabgeltung, Antrag zu 9), die Entfernung von Abmahnungen, Antrag zu 12) und den Auflösungsantrag) des Beklagten Fortsetzungstermin bestimmt. Das Arbeitsgericht hat das Teilurteil im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Klage sei unzulässig soweit die Klägerin mit dem Antrag zu 8) die Feststellung begehre, dass ihr zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungen ein Anspruch auf 53 Tage Erholungsurlaub zustehe. Insoweit fehle das stets erforderliche besondere Feststellungsinteresse. Denn die begehrte Feststellung sei nicht geeignet, den Streit zwischen den Parteien umfassend zu klären und die Klägerin habe mit dem bezifferten Hilfsantrag auf Zahlung (Antrag zu 9)) die im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die außerordentliche Kündigung zu zahlende Urlaubsabgeltung bereits rechtshängig gemacht. Der Antrag zu 3) auf Feststellung, dass die Weisung des Beklagten an die Klägerin, ihre Arbeitsleistung zukünftig in A zu erbringen, unwirksam ist, sei zumindest als Zwischenfeststellungsantrag nach § 256 Abs. 2 ZPO zulässig.

Soweit die Klage entscheidungsreif sei, sei sie teilweise begründet, nämlich hinsichtlich der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 24. November 2015 (Antrag zu 1)) und des Antrages auf Feststellung, dass die Weisung des Beklagten an die Klägerin, ihre Arbeitsleistung zukünftig in A zu erbringen, unwirksam ist (Antrag zu 3)). Die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 24. November 2015 sei unwirksam, weil sie kein wichtiger Grund im Sinne von § 626 BGB bestehe. Denn sie sei nicht verpflichtet gewesen, der Weisung des Beklagten vom 18. September 2015, ihre Arbeitsleistung zukünftig in A zu erbringen, nachzukommen. Allerdings sei die Weisung mitarbeitervertretungsrechtlich wirksam. Denn nach der Mitarbeitervertretungsordnung für das Bistum C (im Folgenden: MAVO) bestehe eine Zustimmungspflicht lediglich für eine Versetzung an eine andere Einrichtung. Die Altenpflegeschulen in D und A seien jedoch “eine Einrichtung” im Sinne der MAVO. “Einrichtung” im Sinne der MAVO sei eine organisatorische Einheit, innerhalb derer ein Arbeitgeber allein oder zusammen mit den von ihm beschäftigten Arbeitnehmern bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolge, die sich nicht in der Befriedigung des Eigenbedarfs erschöpfen. Entsprechend würden zumindest die Altenpflegeschule mit den Standorten A und D einen einheitlichen gemeinsamen Betrieb bzw. “eine Einrichtung” im Sinne der MAVO bilden. Dafür spreche, dass der Beklagte als Rechtsträger der Altenpflegeschule, mit den beschäftigten Arbeitnehmern den Zweck der Aus-, Fort- und Weiterbildung der im Altenpflegebereich tätigen Arbeitnehmer verfolge. Außerdem werde die inhaltliche Tätigkeit an beiden Standorten durch eine gemeinsame Schulleiterin gesteuert. Die einheitliche Leitung des Kursangebots durch die Schulkoordinatorin, Frau M, die einheitliche Personalverwaltung durch die zentrale Personalverwaltung und der standortübergreifende Einsatz von Personal in A und D würden für einen einheitlichen gemeinsamen Betrieb bzw. “eine Einrichtung” im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 5 MAVO sprechen. Allerdings sei die Klägerin nicht verpflichtet, ab 01. Oktober 2015 ihre Arbeitsleistungen gemäß der Weisung des Beklagten vom 18. September 2015 am Standort A zu erbringen, weil insoweit die Voraussetzungen des § 106 GewO nicht vorlägen. Eine Konkretisierung auf den Arbeitsort D sei, schon wegen fehlender Dauer ihrer Tätigkeit dort, ausgeschlossen. Auch der Dienstvertrag treffe keine abschließende Regelung dahin, dass die Klägerin ihre Arbeitsleistung ausschließlich in D zu erbringen habe. Jedenfalls durch die Bezugnahme auf die “Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes” (AVR) werde klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO bzw. die einschlägige Vorschrift § 9 AVR Caritas gelten würden und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen solle. Der Beklagte habe bei Ausübung seines Weisungsrechtes billiges Ermessen nicht hinreichend beachtet, § 106 Satz 1 GewO. Soweit er sich zur Begründung der Weisung auf den Personalbedarf in A und eine Konfliktsituation in D gestützt habe, seien der geschilderte akute Personalbedarf zum 18. September 2015 und der Konflikt innerhalb der Mitarbeiterschaft in D unklar geblieben.

Soweit entscheidungsreif, sei die Klage im Übrigen unbegründet.

Annahmeverzugsvergütung (Antrag zu 11)) nach § 615 Satz 1 i. V. m. § 611 Abs. 1 BGB stehe der Klägerin schon deshalb nicht zu, weil sie im streitbefangenen Zeitraum nicht leistungsfähig bzw. leistungswillig, § 297 BGB, gewesen sei. Für den Annahmeverzug sei ein auf die vertraglich geschuldete Tätigkeit gerichteter Leistungswille erforderlich. Dabei sei für die Frage des fehlenden Leistungswillens unerheblich, ob die Zuweisung der Tätigkeit am Standort A billigem Ermessen entsprach. Auch die unbillige Leistungsbestimmung sei nicht nichtig, sondern unverbindlich, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB. Deshalb dürfe sich der Arbeitnehmer über eine unbillige Ausübung des Direktionsrechtes – sofern sie nicht aus anderen Gründen unwirksam ist – nicht hinwegsetzen, sondern müsse entsprechend § 315 Abs. 3 BGB die Gerichte für Arbeitssachen anrufen. Die Klägerin habe in der ersten Oktoberwoche 2015 hinreichend deutlich gemacht, dass sie an der Altenpflegeschule in A keinen Unterricht erteilen werde und ihre Absicht auch in die Tat umgesetzt. Sie habe ihre Arbeit in A weder aufgenommen noch dies angeboten, auch nicht nach dem Urteil im einstweiligen Verfügungsverfahren am 02. November 2015. Auch die Erhebung der Kündigungsschutzklage und der allgemeine Weiterbeschäftigungsantrag würden nicht genügen, den neu gewonnenen Leistungswillen zu dokumentieren.

Ein Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld (Antrag zu 5)) wegen des ihr erteilten Hausverbotes stehe der Klägerin gemäß § 253 Abs. 2 BGB nicht zu. Sie habe bereits nicht schlüssig dargetan, dass ihr Körper, bzw. ihre Gesundheit durch die Erteilung des Hausverbotes verletzt worden wären. Ihr stehe auch kein Anspruch auf Zahlung eines immateriellen Schadensersatzes gemäß §§ 823 Abs. 1, 31 BGB i. V. m. Art. 1 und 2 Abs. 1 GG zu. Denn das Hausverbot verletze ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht nicht in hinreichend schwerwiegender Weise. Die Beklagte habe die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Verpflichtung der Klägerin durch das Hausverbot für D nicht vereitelt. Denn nach der Weisung der Beklagte, habe die Klägerin in A arbeiten sollen. Darüber hinaus habe die Klägerin mit der Wortwahl in ihrem Schreiben und dessen Auslegen am 01. Oktober 2015 im Sekretariat des Beklagten in D ihrerseits eine vertragliche Nebenpflicht schuldhaft verletzt. Diessei von der Beklagten nicht hinzunehmen, ob dies ein Hausverbot rechtfertige, könne offen bleiben. Entscheidend sei, dass damit jedenfalls kein so schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht vorliege, dass ein Schmerzensgeldanspruch gerechtfertigt sei.

Ein Anspruch der Klägerin auf Herausgabe einer Kopie der Betriebsvereinbarung zum betrieblichen Eingliederungsmanagement (Klageantrag zu 7)) bestehe nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des angefochtenen Teilurteils, wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf dessen Seiten 21 bis 43 Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil, dass beiden Seiten am 02. August 2016 zugestellt worden ist, hat die Klägerin mit am 31. August 2016 beim erkennenden Gericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auf rechtzeitigen Antrag hin innerhalb der verlängerten Frist mit am 31. Oktober 2016 beim Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Beklagte hat mit am 02. September 2016 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auf rechtzeitigen Antrag hin innerhalb der verlängerten Frist mit am 02. November 2016 beim Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil, soweit damit die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 24. November 2015 und der Weisung des Beklagten zur Erbringung der Arbeitsleistung in A festgestellt worden ist. Sie meint, insoweit sei auch das Teilurteil zulässig gewesen. Wegen ihres Vorbringens zur Unwirksamkeit der Weisung wird auf ihren Schriftsatz vom 12. Dezember 2016, dort S. 2 bis 6, und dazu, dass es ihr “nicht geraten” sei in A zu arbeiten, auf ihren Schriftsatz vom 31. Oktober 2016, dort S. 9, Bezug genommen.

Im Übrigen meint sie, das Arbeitsgericht habe ihr fehlerhaft kein Schmerzensgeld zugesprochen. Mit dem unbegründeten Hausverbot erwecke der Beklagte bei allen Kollegen den Eindruck, sie habe es “verschuldet”. Tatsächlich versuche der Beklagte sie aus dem Arbeitsverhältnis zu drängen mit drei Kündigungen, acht Abmahnungen, der Weigerung über sechs Monate hinweg ihr Einsicht in die Personalakte zu gewähren, dem Ausspruch eines Hausverbotes ohne vorherige Anhörung, der Verweigerung von Urlaub, der rechtswidrigen Weisung an die schwerbehinderte Klägerin nach ihrer Langerkrankung unverzüglich in A zu arbeiten und der Verweigerung von Gehaltszahlungen für November 2015, dem offensichtlich unbegründeter Auflösungsantrag. Dies habe bei der Klägerin folgende Beschwerden ausgelöst und verursacht, die oft auftreten würden: Gastroenteritis, Kolitis, leichte Gereiztheit, Rastlosigkeit, Aggression, Gefühl der Unsicherheit, Versagensangst, einsam, kontaktarm, Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten, Einschlafstörungen, Zittern, Kloß im Hals, Schwäche in den Beinen, Schweißausbrüche, Schwindel, Gedächtnisstörungen, unterbrochener Schlaf, frühzeitiges Aufwachen, Bauch- und Magenschmerzen, Durchfall, Verstopfung, Erbrechen, Übelkeit, Druck auf der Brust, Wallungen, Alpträume, Rückenschmerzen, Niedergeschlagenheit, Depression, ohne Initiative und apathisch, ohne Antrieb, Weinen und unbestimmte Ängste.

Da die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin als Vertragspartnerin des Arbeitsvertrages alle relevanten Unterlagen des Arbeitsverhältnisses zur Verfügung zu stellen, gelte dies auch für die Dienstvereinbarung. Auch insoweit sei das Urteil fehlerhaft.

Anders als vom Arbeitsgericht angenommen, sei für den Feststellungsantrag betreffend den Urlaub ein Feststellungsinteresse bereits deshalb indiziert, weil der Beklagte gegenüber der Bundesagentur fälschlich behauptete habe, der Urlaub sei bereits abgegolten.

Auch stehe der Klägerin vom 01. November 2015 bis 31. März 2016 Vergütung wegen Annahmeverzug des Beklagten zu. Ihr könne keine Leistungsunwilligkeit unterstellt werde, dafür sei der Beklagte darlegungs- und beweispflichtig. Grundsätzlich müsse ein Arbeitnehmer eine unbillige Weisung nicht hinnehmen, bis eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung vorliege. Jedenfalls sei der Klägerin aus gesundheitlichen Gründen und unter Berücksichtigung ihrer Schwerbehinderung und “Anspruchs und Notwendigkeit auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz nicht geraten in A zu arbeiten”.

Die Klägerin beantragt unter Berufungsrücknahme im Übrigen,

das Teilurteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 17. Juni 2016 -8 Ca 844/15 – teilweise abzuändern und

  • den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch 2.500,00 Euro nicht unterschreiten sollte,

  • den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin eine Kopie der “Dienstvereinbarung über ein betriebliches Eingliederungsmanagement” auszuhändigen,

  • festzustellen, dass der Klägerin zum Zeitpunkt des Ausspruchs der streitgegenständlichen Kündigungen ein Urlaubsanspruch von 53 Urlaubstagen zusteht,

  • den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 14.408,00 Euro brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 2.001,56 Euro netto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit am 22. April 2016 zu zahlen.

Der Beklagten beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen

und darüber hinaus,

das Teilurteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 17. Juni 2016 – 8 Ca 844/15 – teilweise aufzuheben, nämlich soweit darin festgestellt wurde, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 24. November 2015 nicht aufgelöst wurde und soweit festgestellt wurde, dass die Weisung des Beklagten zur Erbringung der Arbeitsleistungen der Klägerin in A unwirksam ist, und insoweit die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte greift das Urteil an, soweit darin die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 24. November 2015 und der Weisung des Beklagten zur Erbringung der Arbeitsleistung in A festgestellt worden ist. Wegen seines vertiefenden und ergänzenden Vorbringens zur Wirksamkeit der Weisung und deren tatsächlicher Hintergründe wird auf seinen Schriftsatz vom 02. November 2016, dort S. 2 bis 9, Bezug genommen. Er meint, das Arbeitsgericht habe in unzulässiger Weise ein Teilurteil hinsichtlich der Weisung der Beklagten erlassen. Es fehle insoweit an der Teilbarkeit des Streitgegenstandes, da die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Weisung, in A tätig zu werden, sowohl für die Beurteilung der außerordentlichen hilfsweise ordentlichen Kündigung und für den Klageantrag zu 3) relevant sei. Auch fehle es für den Klageantrag zu 3) an einem Feststellungsinteresse.

Im Übrigen verteidigt der Beklagte, unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens, das erstinstanzliche Urteil. Die Berufung bezüglich der Zahlung eines Schmerzensgeldes führe nichts dazu aus, warum sie im Sinne von § 520 Abs. 3 ZPO begründet sei.

Dienstvereinbarungen würden bei dem Beklagten entsprechend § 38 Abs. 3 MAVO über einen E-Mail-Verteiler an alle Mitarbeiter bekannt gemacht und seien über ein betriebsintern öffentliches Transfer-Laufwerk einsehbar.

Ein Feststellungsinteresse der Klägerin hinsichtlich des Urlaubsanspruches sei nicht erkennbar. Insoweit verweist der Beklagte auf sein Schreiben vom 20. Juni 2016 (Anlage B 4, Bl. 563 d. A.) an die Bundesagentur für Arbeit und seine Information an die Klägerin (Anlage B 5, Bl. 564 d. A.).

Annahmeverzugsvergütung stehe der Klägerin nicht zu. Es sei nicht erkennbar, weshalb eine Tätigkeit in A unerträglich und unangemessen sei, zumal sie selbst bereits in N und in A gearbeitet habe. Sie habe stets und konsequent jede Tätigkeit in A abgelehnt – gleich unter welchen Umständen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Niederschriften der Berufungsverhandlungen vom 17. März und 07. April 2017 Bezug genommen.

Gründe

A. Die Berufung der Klägerin gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts A vom 17. Juni 2016 -8 Ca 844/15- ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft, § 64 Abs. 2 b ArbGG. Die Berufung des Beklagten ist als Rechtsmittel in einem Rechtsstreit u. a. über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft, § 64 Abs. 2 c ArbGG. Beide Berufungen sind nach Maßgabe der im Tatbestand mitgeteilten Daten form- und fristgerecht eingelegt sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden, §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO, und insgesamt zulässig.

B. In der Sache führt die Berufung des Beklagten zur teilweisen Aufhebung des Teilurteils des Arbeitsgerichts vom 17. Juni 2016 und insoweit zur Zurückverweisung an das Arbeitsgericht Wiesbaden (im Folgenden: unter C). Auf die Berufung des Beklagten war das Teilurteil teilweise aufzuheben, weil es teilweise unzulässig war, nämlich soweit darin festgestellt wurde, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 24. November 2015 nicht aufgelöst wurde und soweit festgestellt wurde, dass die Weisung des Beklagten zur Erbringung der Arbeitsleistung in A unwirksam ist. Im Umfang der Aufhebung ist der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen.

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet (im Folgenden: unter D). Soweit im Berufungsverfahren im Streit, hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgelds, auf Aushändigung einer Kopie der “Dienstvereinbarung über ein betriebliches Eingliederungsmanagement” und Zahlung von 14.408,00 Euro brutto Annahmeverzugsvergütung, ihr Klageantrag auf Feststellung eines Urlaubsanspruchs von 53 Urlaubstagen ist unzulässig.

C. Auf die Berufung des Beklagten war das Teilurteil des Arbeitsgerichts vom 17. Juni 2016 teilweise aufzuheben und insoweit zurückzuverweisen, weil es teilweise unzulässig war, soweit festgestellt wurde, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 24. November 2015 nicht aufgelöst wurde und soweit festgestellt wurde, dass die Weisung des Beklagten zur Erbringung der Arbeitsleistung in A unwirksam ist. Im Umfang der Aufhebung ist der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung -auch über die Kosten des Berufungsverfahrens- an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen.

I. Zutreffend geht das Arbeitsgericht zunächst davon aus, dass der Klageantrag zu 3), betreffend die Feststellung, dass die Weisung des Beklagten an die Klägerin ihre Arbeitsleistung in A zu erbringen unwirksam ist, zulässig ist.

Es kann dahinstehen, ob insoweit ein Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO besteht. Der Klageantrag zu 3) ist zumindest als Zwischenfeststellungsantrag nach § 256 Abs. 2 ZPO zulässig. Insoweit wird zunächst gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts Bezug genommen.

Der Streit darüber, ob die Weisung des Beklagten unwirksam ist, i.S.v. § 256 Abs. 2 ZPO, ist vorgreiflich für die Entscheidung über die mit den Klageanträgen zu 1) und 12) verfolgten Begehren. Deshalb bedarf es jedenfalls keines Feststellungsinteresses gemäß § 256 Abs. 1 ZPO.

1. Mit einem Zwischenfeststellungsantrag wird dem Antragsteller ermöglicht, neben einer rechtskräftigen Entscheidung über seinen Hauptantrag auch eine rechtskräftige Entscheidung über ein nach § 322 Abs. 1 ZPO der Rechtskraft nicht fähiges streitiges Rechtsverhältnis herbeizuführen, auf das es für die Entscheidung über den Leistungsantrag ankommt (vgl. z. B. BGH 28. September 2006 -VII ZR 247/05- Rn. 12, BGHZ 169, 153, m.w.N.). Dabei ersetzt die Vorgreiflichkeit des Rechtsverhältnisses das ansonsten nach § 256 Abs. 1 ZPO für den Feststellungsantrag erforderliche Feststellungsinteresse (vgl. z.B. BAG 18. Januar 2017 -7 ABR 60/15- Rn. 19, NZA 2017, 865ff, m.w.N.). Ein Zwischenfeststellungsantrag ist allerdings dann unzulässig, wenn bereits durch die Entscheidung über den Leistungs-/ Hauptantrag die Rechtsbeziehung zwischen den Beteiligten erschöpfend geklärt wird (vgl. BAG 18. Januar 2017 -7 ABR 60/15- Rn. 19, NZA 2017, 865ff; BAG 12. Mai 2016 -6 AZR 259/15- Rn. 13, jeweils m.w.N).

2. Zutreffend geht das Arbeitsgericht davon aus, dass die Frage der Unwirksamkeit der Weisung des Beklagten vorgreiflich ist, für die Wirksamkeit der außerordentlichen und einer ordentlichen Kündigung vom 24. November 2015 (Klageantrag zu 1)) und für den Entfernungsanspruch der Klägerin bezüglich der Abmahnung vom 07. Oktober 2015 (Klageantrag zu 12)).

II. Das Teilurteil des Arbeitsgerichts vom 17. Juni 2016 ist teilweise unzulässig, soweit festgestellt wurde, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 24. November 2015 nicht aufgelöst wurde und soweit festgestellt wurde, dass die Weisung des Beklagten zur Erbringung der Arbeitsleistung in A unwirksam ist. Insoweit liegen die Voraussetzungen des § 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO für den Erlass eines Teilurteils nicht vor. Dieser Verfahrensmangel führt zur teilweisen Aufhebung des Teilurteils und im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Arbeitsgericht.

1. Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder nur ein Teil eines Anspruchs zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil als Teilurteil zu erlassen, § 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Die Entscheidungsreife nach dieser Vorschrift setzt neben der Teilbarkeit des Streitgegenstandes voraus, dass ein Teilurteil unabhängig vom Schlussurteil ergehen kann, d.h. dass es vom Rest des geltend gemachten Anspruchs unabhängig ist, so dass die Gefahr, sich widersprechender Entscheidungen, auch durch das Rechtsmittelgericht, nicht besteht. Entsprechend ist ein Teilurteil schon dann unzulässig, wenn nicht auszuschließen ist, dass es in demselben Rechtsstreit zu einander widersprechenden Entscheidungen kommt, auch infolge einer abweichenden Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht. Eine solche Gefahr ist insbesondere dann gegeben, wenn in einem Teilurteil aufgrund einer materiell-rechtlichen Verzahnung zwischen den prozessual selbständigen Ansprüchen eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Dazu reicht die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteilselementen aus, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden (so z.B. BGH 23. September 2015 -I ZR 78/14- Rn. 36, MDR 2015, 1377; BAG 18. Februar 2014 -3 AZR 770/12- Rn. 18, AP Nr. 70 zu § 1 BetrVG; BAG 17. April 2013 -4 AZR 361/11- AP Nr. 347 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BGH 27. März 2013 -III ZR 367/12- Rn. 12, NJW-RR 2013, 683, jeweils m.w.N.). Entsprechend darf ein Teilurteil nur ergehen, wenn der weitere Verlauf des Prozesses die zu treffende Entscheidung unter keinen Umständen mehr berühren kann (vgl. z.B. BGH 23. September 2015 -I ZR 78/14- Rn. 36, MDR 2015, 1377; BAG 18. Februar 2014 -3 AZR 770/12- Rn. 18, AP Nr. 70 zu § 1 BetrVG).

2. In Anwendung der dargestellten Grundsätze durfte das Arbeitsgericht hinsichtlich der Feststellungen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 24. November 2015 nicht aufgelöst wurde und dass die Weisung des Beklagten zur Erbringung der Arbeitsleistung in A unwirksam ist, kein Teilurteil erlassen. Denn hinsichtlich dieser im Teilurteil getroffenen Feststellungen besteht die konkrete Gefahr, dass sich das Arbeitsgericht nochmals mit Fragen befassen muss, die bereits Gegenstand (eines Teils) des Teilurteils waren. Dass es sich um unterschiedliche Streitgegenstände handeln dürfte, steht der Gefahr sich widersprechender Entscheidungen nicht entgegen, sondern begründet sie gerade.

Im Ergebnis hat das Arbeitsgericht beide im Teilurteil getroffenen Feststellungen damit begründet, dass die Weisung der Beklagten unwirksam sei. Es hat die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung damit begründet, dass die Klägerin nicht verpflichtet gewesen sei, der Weisung der Beklagten vom 18. September 2015, ihre Arbeitsleistung zukünftig in A zu erbringen, nachzukommen. Entsprechend habe die Klägerin mit ihrer Weigerung, dort die Arbeit aufzunehmen, keine Vertragspflichtverletzung begangen, die Grund für eine außerordentliche Kündigung sein könne. Auch wenn die Weisung des Beklagten, mangels Bestehens einer Anhörungs- und Zustimmungspflicht der beim Beklagten gebildeten Mitarbeitervertretung, mitarbeitervertretungsrechtlich wirksam sei, sei die Weisung deshalb unwirksam, weil der Beklagte bei Ausübung seines Weisungsrechts billiges Ermessen nicht hinreichend beachtet habe, § 106 Abs. 1 GewO. Damit hat das Arbeitsgericht im Rahmen des Teilurteils zugleich über eine Frage entschieden, die sich im weiteren Verfahren über die verbleibenden Klageanträge noch einmal stellt oder stellen könnte. Denn die Frage, ob die Weisung des Beklagten vom 18. September 2015 wirksam oder unwirksam ist, ist zugleich für die Beurteilung maßgeblich, bzw. kann dafür maßgeblich sein, ob die ordentliche verhaltensbedingte Kündigung des Beklagten mit Schreiben vom 24. November 2015 (Bl. 15 d. A.) das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet hat. Auch diese Kündigung hat der Beklagte mit der Weigerung der Klägerin, die Arbeit in A aufzunehmen, begründet und der entsprechende Kündigungsschutzantrag der Klägerin ist nicht Gegenstand des Teilurteils. Auch die Abmahnung des Beklagten vom 07. Oktober 2015, weil die Klägerin am 05. Oktober 2015 nicht am Arbeitsplatz in A erschienen ist, ist davon abhängig, ob die Weisung des Beklagten vom 18 September 2015 wirksam ist. Darüber hinaus gilt es zu bedenken, dass hinsichtlich der Wirksamkeit der Weisung des Beklagten jedenfalls die potentielle Möglichkeit einer abweichenden Beurteilung durch das Berufungsgericht besteht. Auch deshalb durfte das Teilurteil nicht erlassen werden.

3. Der Zurückverweisung steht weder § 68 ArbGG entgegen noch ist ein Zusammenführen des Rechtsstreits im Berufungsverfahren durch Ansichziehen des in der ersten Instanz verbliebenen Teils geboten.

a) Nach § 68 ArbGG ist eine Zurückverweisung wegen eines Mangels im Verfahren unzulässig. Damit schränkt die Vorschrift, die in § 538 Abs. 1 Nr. 1 ZPO für den Fall eines Verfahrensmangels vorgesehene Möglichkeit der Zurückverweisung an die erste Instanz aus Gründen der Prozessbeschleunigung ein. Das Zurückverweisungsverbot gilt auch bei schwerwiegenden Verfahrensfehlern (G/M/P- Germelmann, ArbGG, 8. Aufl., § 68, Rn. 3). Die Anwendung von § 538 Abs. 2 Nr. 2 bis 7 ZPO wird durch § 68 ArbGG nicht ausgeschlossen (G/M/P- Germelmann, ArbGG, 8. Aufl., § 68, Rn. 10; ErfK/Koch, 17. Aufl., § 68 ArbGG, Rn. 1, jeweils m.w.N.). Eine Zurückverweisung wegen eines Verfahrensfehlers kommt -neben den in § 538 Abs. 2 Nr. 2 bis 7 ZPO genannten Fällen- nur ausnahmsweise in Betracht, z. B. wenn der Fehler in der Berufungsinstanz nicht korrigiert werden kann (BAG 20. Februar 2014 -2 AZR 864/12- Rn. 13, NZA 2015, 124; BAG 20 Februar 2014 -2 AZR 248/13- Rn. 29, BAGE 147, 227). Eine Ausnahme gilt im Hinblick auf § 538 Abs. 2 Nr. 5 ZPO, weil ein Urkunden- und Wechselprozess im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht geführt werden kann (G/M/P-Germelmann, ArbGG, 8. Aufl., § 68 Rn. 10). Lediglich im Fall des § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO ist kein Antrag auf Zurückverweisung durch eine Partei erforderlich (G/M/P-Germelmann, ArbGG, 8. Aufl., § 68 Rn. 10; ErfK/Koch, 17. Aufl., § 68 ArbGG, Rn. 4).

b) Wie bereits ausgeführt, siehe oben C. II. 1. und 2., ist das angegriffene Teilurteil entgegen der Voraussetzungen des § 301 ZPO ergangen und damit ein Fall des § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO gegeben, für den kein Antrag auf Zurückverweisung durch eine Partei erforderlich ist und eine Zurückverweisung nicht durch § 68 ArbGG ausgeschlossen ist.

c) Ein Zusammenführen des Rechtsstreits dadurch, dass das Berufungsgericht den in der ersten Instanz verbliebenen Teil an sich zieht, kommt nicht in Betracht.

aa) Es wird überwiegend für zulässig gehalten, dass das Berufungsgericht im Fall eines unzulässigen Teilurteils den in der ersten Instanz verbliebenen Teil des Rechtsstreites an sich zieht und so den unzulässig geteilten Streitgegenstand in der Berufungsinstanz wieder zusammenführt (BAG 20. Februar 2014 -2 AZR 864/12- Rn. 23, NZA 2015, 124; auch: BGH 13. Juli 2011 -VIII ZR 342/09- Rn. 28; Düwell/Lipke-Maul-Sartori, 4. Aufl., ArbGG, § 68 Rn. 23; Schwab/Weth-Schwab, 4. Aufl. ArbGG § 68 Rn. 21; a. A. LAG Köln 15. Dezember 2014 -4 Sa 574/14- Rn. 36, zitiert nach juris; GMP-Germelmann, ArbGG, 8. Aufl., § 68 Rn. 25; wohl auch ErfK/Koch, § 68 ArbGG, Rn. 8 und BeckOK-Klose, § 68 ArbGG, Rn. 8 für den Fall, dass mittels Teilurteil über den Kündigungsschutzantrag entschieden wird und die Entscheidung über einen Auflösungsantrag einem späteren Urteil vorbehalten wird), obgleich eine solche Möglichkeit nach der ZPO nicht vorgesehen ist und den Parteien dadurch eine Instanz verloren geht. Ob dies im konkreten Fall sachdienlich ist, hat das Landesarbeitsgericht abzuwägen (Düwell/Lipke-Maul-Sartori, § 68 Rn. 24ff).

bb) Vorliegend wäre es nicht sachdienlich gewesen, den in erster Instanz verbliebenen Teil des Rechtsstreites zum Berufungsverfahren zu ziehen und das Beschleunigungsgebot muss zurücktreten.

Denn das Berufungsgericht hätte sich nicht darauf beschränken können, den Rechtsstreit betreffend die ordentliche verhaltensbedingte Kündigung vom 24. November 2015 an sich zu ziehen. Zwischen den Parteien sind u. a. auch die Wirksamkeit einer weiteren ordentlichen krankheitsbedingten Kündigung vom 24. November 2015 und ein Auflösungsantrag des Beklagten streitig. Nachdem die Aufteilung der Entscheidung über eine Kündigung und einen Auflösungsantrag in ein Teilurteil über den Kündigungsschutzprozess und ein Schlussurteil über den Auflösungsantrag regelmäßig gegen § 301 ZPO verstößt und daher unzulässig ist (vgl. z.B. BAG 12. Mai 2010 -2 AZR 587/08- Rn. 11, AP Nr. 67 zu § 15 KSchG 1969) hätte das Berufungsgericht zumindest auch den Streit um die Wirksamkeit der weiteren ordentlichen krankheitsbedingten Kündigung vom 24. November 2015 und den Auflösungsantrag des Beklagten an sich ziehen müssen. Diesbezüglich ist insbesondere der Sachverhalt, auf den der Beklagte die ordentliche krankheitsbedingte Kündigung -jedenfalls soweit es um die Anhörung der Mitarbeitervertretung geht- und den Auflösungsantrag stützt, mindestens streitig und bedarf weiterer Aufklärung. Entsprechend hat das Arbeitsgericht den Parteien mit Beschluss vom 17. Juni 2016 ergänzende Hinweise und Auflagen erteilt.

D. Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage -soweit Gegenstand des Berufungsverfahrens- zu Recht abgewiesen. Der Klageantrag zu 8) auf Feststellung eines Urlaubsanspruchs von 53 Urlaubstagen ist unzulässig. Die Klägerin steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld, auf Aushändigung einer Kopie der “Dienstvereinbarung über ein betriebliches Eingliederungsmanagement” und Zahlung von 14.408,00 Euro brutto Annahmeverzugsvergütung gegen den Beklagten zu. Das Berufungsgericht schließt sich dem angefochtenen Urteil an, soweit im Rahmen der Berufung der Klägerin noch streitgegenständlich. Das Berufungsgericht verweist in vollem Umfang auf die entsprechende Begründung des arbeitsgerichtlichen Teilurteils, macht sich diese zu Eigen und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf sie.

Auch das zweitinstanzliche Vorbringen ändert an dem gefundenen Ergebnis nichts. Es gibt Anlass zu folgenden Ausführungen:

I. Zunächst ist das Arbeitsgericht zutreffend von der Zulässigkeit eines Teilurteils ausgegangen. Wegen der Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils wird auf C. II. 1 der Entscheidungsgründe verwiesen. Hinsichtlich der Feststellung eines Urlaubsanspruchs von 53 Urlaubstagen, dem Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld, auf Aushändigung einer Kopie der “Dienstvereinbarung über ein betriebliches Eingliederungsmanagement” und auf Zahlung von 14.408,00 Euro brutto Annahmeverzugsvergütung ist die Klage zur Entscheidung reif und es besteht keine Gefahr von sich widersprechenden Entscheidungen.

II. Zutreffend hat das Arbeitsgericht entschieden, dass der ursprüngliche Klageantrag zu 8) auf Feststellung, dass der Klägerin zum Zeitpunkt der Kündigungen ein Urlaubsanspruch von 53 Urlaubstagen zusteht, unzulässig ist, weil das nach § 256 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse an der begehrten Feststellung fehlt.

Wenn die Klägerin in ihrem Berufungsantrag zu 3) die Formulierung gewählt hat, “festzustellen, dass der Klägerin zum Zeitpunkt des Ausspruchs der streitgegenständlichen Kündigungen ein Urlaubsanspruch von 53 Urlaubstagen zusteht”, liegt darin nach der Beurteilung des Berufungsgerichts lediglich eine Präzisierung des ursprünglichen Antrages, ohne dass damit inhaltlich eine Änderung des Streitgegenstandes einherginge.

Die Ausführungen der Klägerin im Berufungsverfahren sind nicht dazu geeignet das besondere Feststellungsinteresse an der begehrten Feststellung zu begründen. Insbesondere ein evtl. früherer Streit der Klägerin mit der Bundesagentur für Arbeit, ob die Beklagte der Klägerin gegenüber bereits Urlaub abgegolten hat, vermag kein besonderes Feststellungsinteresse gegenüber der Beklagten zu begründen. Insoweit ist unstreitig geworden, dass der Beklagte mit Schreiben vom 20. Juni 2016 (Anlage B4, Bl. 563 d. A.) gegenüber der Bundesagentur ausdrücklich mitgeteilt hat, dass bislang keine Urlaubsabgeltung gezahlt worden sei. Das besondere Feststellungsinteresse gründet sich auch nicht in einer evtl. Weigerung des Beklagten anzuerkennen, dass noch 53 Urlaubstage offen stehen. Denn mangels Beendigung des Arbeitsverhältnisses, ist ein Abgeltungsanspruch auch noch nicht entstanden. Darüber hinaus hat die Klägerin -worauf bereits das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat- mit einem bezifferten Hilfsantrag den im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Zugang der außerordentlichen Kündigung anfallenden abzugeltenden Urlaub bereits rechtshängig gemacht.

III. Zu Recht geht das Arbeitsgericht davon aus, dass der Klägerin gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld zusteht. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus § 253 Abs. 2 BGB noch wegen schwerwiegender Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein Anspruch auf Entschädigung aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art 2 Abs. 1, Art 1 Abs. 1 GG.

1. Entgegen der von der Klägerin auch im Berufungsverfahren vertretenen Rechtsauffassung steht ihr kein Schmerzensgeldanspruch aus § 253 Abs. 2 BGB zu. Zutreffend hat bereits das Arbeitsgericht darauf verwiesen, dass die Klägerin weder eine Verletzung ihres Körpers noch ihrer Gesundheit schlüssig dargetan hat. Der Vortrag wird auch im Rahmen des Berufungsverfahrens nicht ausreichend vertieft. Darüber hinaus hat die Klägerin nicht ausreichend substantiiert dazu vorgetragen, dass der Beklagte, oder Mitarbeiter, für die er einzustehen hat, eine eventuelle Rechtsgutsverletzung der Klägerin verursacht haben.

a) Eine Gesundheitsverletzung bei der Klägerin läge vor, wenn der Beklagte in ihre körperliche Integrität oder Befindlichkeit eingegriffen und dadurch einen von den normalen körperlichen Funktionen abweichenden nachteiligen Zustand hervorgerufen oder gesteigert hat (vgl. z.B. OLG Frankfurt 06. Oktober 2016 -16 U 261/15– Rn. 45f, zitiert nach juris). Dabei kann von einer Verletzung des Köpers oder der Gesundheit nur dann gesprochen werden, wenn der Geschädigte relevante physische oder psychische Einbußen erlitten hat (OLG Hamm 01. August 2016 -6 U 170/14- Rn. 21, zitiert nach juris).

b) Die Klägerin trägt im Berufungsverfahren vor, dass der Beklagte durch das unbegründete Hausverbot, den Versuch, sie aus dem Arbeitsverhältnis zu drängen mit drei Kündigungen, acht Abmahnungen, der Weigerung über sechs Monate hinweg ihr Einsicht in die Personalakte zu gewähren, dem Ausspruch eines Hausverbotes ohne vorherige Anhörung, der Verweigerung von Urlaub, der rechtswidrigen Weisung in A zu arbeiten, der Verweigerung von Gehaltszahlungen für November 2015 und den offensichtlich unbegründeten Auflösungsantrag bei ihr folgende Beschwerden ausgelöst und verursacht habe, die oft auftreten würden: Gastroenteritis, Kolitis, leichte Gereiztheit, Rastlosigkeit, Aggression, Gefühl der Unsicherheit, Versagensangst, einsam, kontaktarm, Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten, Einschlafstörungen, Zittern, Kloß im Hals, Schwäche in den Beinen, Schweißausbrüche, Schwindel, Gedächtnisstörungen, unterbrochener Schlaf, frühzeitiges Aufwachen, Bauch- und Magenschmerzen, Durchfall, Verstopfung, Erbrechen, Übelkeit, Druck auf der Brust, Wallungen, Alpträume, Rückenschmerzen, Niedergeschlagenheit, Depression, ohne Initiative und apathisch, ohne Antrieb, Weinen und unbestimmte Ängste.

c) Auch diesem Vorbringen der Klägerin ist -mangels hinreichender Konkretisierung der behaupteten körperlichen Beeinträchtigung- nicht zu entnehmen, dass bei ihr überhaupt eine Gesundheitsverletzung eingetreten ist. Denn sie hat weder im Einzelnen dargetan, wann genau, in welcher zeitlichen Abfolge, Häufigkeit, Dauer und Intensität die angeblichen Beeinträchtigungen überhaupt aufgetreten sind. Mangels dieser Angaben ist für das Berufungsgericht auch nicht im Ansatz nachvollziehbar, ob es sich bei den von der Klägerin behaupteten Beeinträchtigungen um relevante physische oder psychische Einbußen handelt.

Darüber hinaus hat sie nicht hinreichend substantiiert dazu vorgetragen, dass die beanstandeten Handlungen des Beklagten, bzw. von Mitarbeitern, für die er einzustehen hat, kausal für eine bei ihr eventuell eingetretene Gesundheitsverletzung sind.

Sämtliche von der Klägerin bezeichneten Handlungen des Beklagten datieren aus der Zeit zwischen dem 18. September 2015 (Weisung an die Klägerin im Fall der Wiederherstellung ihrer Arbeitsfähigkeit in A zu arbeiten) und dem 17. Juni 2016 (Stellen des Auflösungsantrages im Kammertermin beim Arbeitsgericht). Damit dieses Verhalten des Beklagten für die von der Klägerin behaupteten Beeinträchtigungen ursächlich sein könnte, müssten sie sämtlich danach -beginnend frühestens nach dem 18. September 2015- eingetreten sein. Ob dies der Fall ist, lässt sich dem klägerischen Vorbringen nicht entnehmen. Denn die Klägerin hat bereits nicht dargetan, wann die behaupteten Beschwerden bei ihr überhaupt aufgetreten sind.

Auch aus der von der Klägerin vorgelegten Diagnoseliste der Krankenkasse (Bl. 309 d. A.) lässt sich nicht herleiten, dass beginnend mit dem 18. September 2015 bei der Klägerin Gesundheitsbeeinträchtigungen aufgetreten wären. Im Gegenteil ergibt sich aus der Diagnoseliste, dass sie im Zeitraum vom 01. August 2014 bis Mitte 2016 wie folgt arbeitsunfähig erkrankt war:

vom 28. August bis 24. September 2014 wegen “sonstiger Reaktionen auf schwere Belastung”, vom 25. September bis 16. Oktober 2014 wegen “bösartiger Neubildung: Brustdrüse, nicht näher bezeichnet”, vom 28. Oktober 2014 bis 30. September 2015 wegen ” mittelgradige depressive Episode” und vom 06. bis 23. Oktober 2015 wegen “sonstige und nicht näher bezeichnete Gastroenteritis und Kolitis infektiösen Ursprungs (…) akute Sinusitis maxillaris”. Entsprechend ist sie im Zeitpunkt der Weisung des Beklagten vom 18. September 2015 bereits an einer mittelgradigen depressiven Episode erkrankt gewesen, diese kann durch ein nachfolgendes Verhalten des Beklagten nicht verursacht, sondern allenfalls verlängert/vertieft worden sein, dazu fehlt jegliches Vorbringen der darlegungsbelasteten Klägerin. Auch die ärztliche Bescheinigung der Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie vom 23. Juli 2015, wonach die Klägerin “aufgrund einer beruflichen Konfliktsituation seit dem 28.08.2014 arbeitsunfähig” ist und “nachdem sich die Situation mittlerweile entspannt hat (…) mit einer Arbeitsfähigkeit in ca. 6 Wochen zu rechnen” sei (Bl. 233 d. A.) spricht dagegen, dass die Weisung des Beklagten vom 18 September 2015 ursächlich für den Erkrankungszeitraum bis 30. September 2015 war. Denn nach der Bescheinigung, besteht der Konflikt schon seit August 2014 und hatte sich im Juli 2015 bereits entspannt, was Hintergrund für die avisierte Arbeitsaufnahme war.

Der nachfolgende Erkrankungszeitraum vom 06. bis 23. Oktober 2015 beruht auf “sonstige und nicht näher bezeichnete Gastroenteritis und Kolitis infektiösen Ursprungs (…) akute Sinusitis maxillaris”. Bereits diese Diagnose spricht eher gegen, als für eine Verursachung durch die Beklagte. Insbesondere stützt die Diagnose nicht die bereits in erster Instanz geäußerte Rechtsansicht der Klägerin, dass sie Zeitraum vom 06. bis 23. Oktober 2015 wegen des am 07. Oktober 2015 ausgesprochenen Hausverbots arbeitsunfähig erkrankt sei. Für das Gericht ist nicht plausibel, wie durch das Hausverbot oder ein anderes Verhalten des Beklagten oder einer seiner Mitarbeiter eine Kolitis infektiösen Ursprungs und/oder eine akute Sinusitis maxillaris bei der Klägerin verursacht worden sein soll.

2. Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin steht ihr gegen den Beklagten auch wegen schwerwiegender Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art 2 Abs. 1, Art 1 Abs. 1 GG kein Entschädigungsanspruch gegen den Beklagten zu.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Berufungskammer folgt, ist das durch Art 2 Abs. 1 i.V.m. Art 1 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht auch im Arbeitsverhältnis zu beachten. Ein auf § 823 Abs. 1 BGB gestützter Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung -nur eine solche kommt dafür in Betracht- setzt voraus, dass die Beeinträchtigung nicht auf andere Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Bei dieser Geldentschädigung steht -anders als beim Schmerzensgeld- regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll sie der Prävention dienen (vgl. z. B. BAG 19. Februar 2015 -8 AZR 1007/13- Rn. 14, NZA 2015, 994ff, m.z.w.N.). Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, ist aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Hierbei sind in die gebotene Gesamtwürdigung insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen (vgl. BAG 19. Februar 2015 -8 AZR 1007/13- Rn. 16, NZA 2015, 994ff; BAG 19. August 2010 -8 AZR 530/09- Rn. 69, NZA 2010, 1412, jeweils m.z.w.N.).

b) Soweit die Klägerin auch im Berufungsverfahren ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht augenscheinlich dadurch verletzt sieht, dass der Beklagte mit dem “unbegründeten Hausverbot” bei allen Kollegen den Eindruck erwecke, die Klägerin habe das Hausverbot verschuldet, vermag dies keinen Anspruch auf Geldentschädigung zu begründen. Insoweit kann zunächst (nochmals) auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts zu den berechtigten Interessen des Beklagten beim Ausspruch des Hausverbots Bezug genommen werden. Insoweit ist lediglich ergänzend darauf hinzuweisen, dass der Beklagte gerade nicht anlasslos für seine gesamten Standorte und Einrichtungen gegenüber der Klägerin ein Hausverbot erteilt hat. Ob dieses berechtigterweise erteilt wurde, muss im weiteren Prozessverlauf geklärt werden. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass es zu einer so schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin geführt hat, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist. Auch im Berufungsverfahren hat die Klägerin nicht substantiiert dazu vorgetragen, worin diese schwerwiegende Verletzung liegt. Diesbezüglich wird ergänzend Bezug genommen auf die Ausführungen unter D. III. 1. c) der Entscheidungsgründe zu den von der Klägerin behaupteten Beschwerden und der Kausalität des Handelns des Beklagten.

IV. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Aushändigung einer Kopie der “Dienstvereinbarung über ein betriebliches Eingliederungsmanagement” zu. Auch das Berufungsgericht vermag eine Anspruchsgrundlage für dieses Begehren nicht zu sehen.

V. Zutreffend geht das Arbeitsgericht davon aus, dass der Klägerin für den Zeitraum vom 01. November 2015 bis 31. März 2016 kein Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung nach § 615 Satz 1, § 611 Abs. 1 i.V.m. §§ 293ff BGB zusteht. Dies gilt unabhängig davon, ob die Weisung des Beklagten vom 18. September 2015 zur Arbeitsleistung in A und die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 24. November 2015 wirksam oder unwirksam sind.

Unabhängig von der Frage, ob ein Leistungsangebot der Klägerin nach Ausspruch der eventuell unwirksamen außerordentlichen Kündigung vom 24. November 2015 entbehrlich war, hat sich die Beklagte bereits deshalb nicht im Annahmeverzug befunden, weil die Klägerin in der streitbefangenen Zeit nicht leistungswillig war, § 297 BGB.

1. Die Klägerin war in der streitbefangenen Zeit ab 01. November 2015 nicht leistungswillig. Dabei hängt ihre Leistungswilligkeit nicht davon ab, ob die Weisung des Beklagten vom 18. September 2015, dass sie nach ihrer Genesung ihren Dienst in A antreten soll, wirksam war oder nicht.

a) Nach § 615 Satz 1 BGB hat der Arbeitgeber die vereinbarte Vergütung fortzuzahlen, wenn er mit der Annahme der Dienste in Verzug gerät. Gemäß § 297 BGB kommt er nicht in Verzug, wenn der Arbeitnehmer zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 BGB zu der für die Handlung des Arbeitgebers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken. Die in § 297 BGB nicht ausdrücklich genannte Voraussetzung der Leistungswilligkeit ergibt sich daraus, dass ein leistungsunwilliger Arbeitnehmer sich selbst außer Stande setzt, die Arbeitsleistung zu bewirken. Die subjektive Leistungsbereitschaft ist eine von dem Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzung; sie muss während des gesamten Verzugszeitraums vorliegen (BAG 22. Februar 2012 -5 AZR 249/11- Rn. 16, BAGE 141,34; BAG 17. August 2011 -5 AZR 251/10- Rn. 15, DB 2012, 238, jeweils m.w.N.).

b) Wendet der Arbeitgeber fehlenden Leistungswillen des Arbeitnehmers im Annahmeverzugszeitraum ein, hat er dies als “innere Tatsache” dazulegen und zu beweisen. Insoweit genügt es nach der Rechtsprechung, wenn der Arbeitgeber Indizien vorträgt, aus denen auf den fehlenden Leistungswillen geschlossen werden kann. Hat der Arbeitgeber solche Indizien vorgetragen oder sind sie unstreitig, ist es Sache des Arbeitnehmers, diese Indizwirkung zu erschüttern. Trägt er dazu nichts vor, gilt die Behauptung des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer sei während des Verzugszeitraums leistungsunwillig gewesen, gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (vgl. BAG 22. Februar 2012 -5 AZR 249/11- Rn. 19, BAGE 141,34; BAG 17. August 2011 -5 AZR 251/10- Rn. 17, DB 2012, 238, jeweils m.w.N.).

c) Das Arbeitsgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass für den Annahmeverzug ein auf die vertraglich geschuldete Tätigkeit gerichteter Leistungswille des Arbeitnehmers erforderlich ist. Ist die geschuldete Arbeitsleistung nur rahmenmäßig umschrieben -hier: “als Kursleiterin”- obliegt es nach § 106 Satz 1 GewO dem Arbeitgeber, den Inhalt der zu leistenden Arbeit näher zu bestimmen. Dann muss sich der Leistungswille auf die durch die wirksame Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber näher bestimmte Tätigkeit richten. Allerdings ist für die Frage des fehlenden Leistungswillens der Klägerin unerheblich, ob die Zuweisung der Tätigkeit in A durch den Beklagten billigem Ermessen entsprach. Denn auch eine unbillige Leistungsbestimmung ist nicht nichtig, sondern unverbindlich, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB. Bei Streit über die Verbindlichkeit der Leistungsbestimmung darf sich der Arbeitnehmer nicht über die aus seiner Sicht unbillige Ausübung des Direktionsrechts hinwegsetzen, sofern sie nicht aus anderen Gründen unwirksam ist, sondern er muss entsprechend § 315 Abs. 2 Satz 2 BGB die Gerichte für Arbeitssachen anrufen (so ausdrücklich BAG 22. Februar 2012 -5 AZR 249/11- Rn. 24, BAGE 141, 34). Bis zur rechtskräftigen Entscheidung ist der Arbeitnehmer an die durch die Ausübung des Direktionsrechts erfolgte Konkretisierung vorläufig gebunden (so ausdrücklich BAG 22. Februar 2012 -5 AZR 249/11- Rn. 24, BAGE 141, 34).

d) Nach den dargestellten Grundsätzen war die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum nicht leistungswillig.

aa) Auch wenn die Weisung des Beklagten vom 18. September 2015, dass die Klägerin nach ihrer Genesung ihren Dienst in A antreten soll, unwirksam gewesen wäre, wäre die Klägerin bis zu einer anderslautenden gerichtlichen Entscheidung an die Weisung gebunden und ihr Leistungswille hätte sich (auch) auf A beziehen müssen.

Denn die Zuweisung der Tätigkeit in A ist nicht bereits aus anderen Gründen unwirksam. Insbesondere ist die Weisung mitarbeitervertretungsrechtlich wirksam. Denn nach der MAVO besteht vorliegend bereits deshalb keine Zustimmungspflicht, weil es sich bei der Altenpflegeschule mit den Standorten A und D um “eine Einrichtung” i.S.v. § 35 Abs. 1 Nr. 5 MAVO handelt. Davon ist bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausgegangen. Das Berufungsgericht schließt sich den entsprechenden Ausführungen des Arbeitsgerichts an und verweist gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG -zur Vermeidung einer rein wiederholenden Darstellung- in vollem Umfang auf die entsprechende Begründung, unter III. aa) der Entscheidungsgründe.

Die Begründung des Arbeitsgerichts ist in der Berufung nicht angegriffen worden, so dass weitere Ausführungen dazu durch das Berufungsgericht nicht veranlasst sind.

bb) Trotz der getroffenen Leistungsbestimmung durch den Beklagten mit der Weisung vom 18. September 2015 auf den Standort A der Altenpflegeschule hat sich der Leistungswille der Klägerin darauf gerade nicht erstreckt.

Dies ergibt sich einerseits bereits aus dem unstreitigen Sachverhalt und andererseits auch mit hinreichender Klarheit aus dem Verhalten der Klägerin. Dies spiegelt sich bereits in ihrer E-Mail vom 24. September 2015, in der sie der Aufforderung zur Tätigkeit in A und der Ablehnung des Urlaubsantrages widersprochen, eine betriebsärztliche Untersuchung während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit abgelehnt und den Beklagten erneut zur Gewährung von Erholungsurlaub auf den Antrag vom 17. September 2015 aufgefordert hat (BI. 152 d. A.). Darüber hinaus ist sie auch nach ihrer Genesung ab dem 01. Oktober bis zum 05. Oktober 2015, bzw. nach dem 23. Oktober 2015 unentschuldigt in A ferngeblieben. Dies obwohl anlässlich der mündlichen Verhandlung am 02. November 2015 über ihren Eilantrag auf Urlaubsgewährung vor dem Arbeitsgericht Wiesbaden auch über ihr Nichterscheinen in A gesprochen wurde.

Auch im Berufungsverfahren hat die Klägerin nicht behauptet, dass sich ihr Leistungswille auch auf A bezogen habe. Vielmehr führt sie aus, dass es ihr aus gesundheitlichen Gründen und unter Berücksichtigung ihrer Schwerbehinderung und “Anspruchs und Notwendigkeit auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz nicht geraten” sei in A zu arbeiten. Damit hat sie nochmals klar gestellt, dass sich ihr Leistungswille nicht auf A bezogen hat. Hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Bedenken gegenüber einer Tätigkeit in A hat sie allerdings keinerlei konkrete Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass es sich bei der Weisung des Beklagten um eine evident unbillige Leistungsbestimmung handelt.

2. Darüber hinaus ist auch nach dem Berufungsvorbringen der Klägerin nicht ersichtlich, auf welche Rechtsgrundlage sie einen Zahlungsanspruch für die Zeit vom 01. November 2015 bis zum Zugang der außerordentlichen Kündigung am 24. November 2015 stützt. Ihre Arbeitsleistung hat die Klägerin auch nach ihrem eigenen Vorbringen in dieser Zeit nicht angeboten. Aus welchen Gründen ein Angebot entbehrlich gewesen sein sollte, ist ebenfalls weder vorgetragen, noch ersichtlich.

Ein Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung scheitert auch für diesen Zeitraum zumindest daran, dass sie nicht leistungswillig war.

E. Für das weitere Verfahren wird das Arbeitsgericht zu beachten haben, dass nach der Beurteilung des Berufungsgerichts die Weisung des Beklagten vom 18. September 2015 mitarbeitervertretungsrechtlich wirksam ist. Den Parteien ist Gelegenheit zu geben, ihr Vorbringen zur Wirksamkeit beider ordentlicher Kündigungen und zum Auslösungsantrag näher zu substantiieren und – soweit notwendig – zu ergänzen.

F. Die Kostenentscheidung -auch über die Kosten des Berufungsverfahrens- bleibt dem Arbeitsgericht vorbehalten (Musielak/Voit- Flockenhaus, ZPO, 14. Aufl., § 97, Rn. 6).

G. Ein gesetzlich begründeter Anlass zur Zulassung der Revision ist nicht ersichtlich, § 72 Abs. 2 ArbGG.

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Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

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Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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