LAG Hessen, 17.07.2015 – 3 Sa 1544/13 – Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung, hier: dauerhafte teilweise Erwerbsminderung

April 22, 2019

LAG Hessen, 17.07.2015 – 3 Sa 1544/13

Erfolgreiche Berufung

Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung, hier: dauerhafte teilweise Erwerbsminderung

§ 92 SGB IX ist nicht einschlägig und steht der Beendigung nicht entgegen, weil die Klägerin im Zeitpunkt der Zustellung des Rentenbescheides einen Gleichstellungsantrag noch nicht gestellt hatte.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Fulda vom 29. November 2013 – 1 Ca 195/13 – abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand

Die Parteien streiten um die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses auf Grund Eintritts einer auflösenden Bedingung.

Die Beklagte ist zugleich Rentenversicherungsträgerin, Krankenversicherung und sozialmedizinischer Dienst. Die am xx.xx.1952 geborene Klägerin war seit dem 01. Dezember 1996 bei der Beklagten in einer von dieser in A betriebenen Rehaklinik als Masseurin/Bademeisterin zu einem durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgelt von zuletzt 2.300,00 Euro tätig. Dem Arbeitsverhältnis hat ursprünglich ein befristeter Arbeitsvertrag vom 29. November 1996 zugrunde gelegen, der durch Vertrag vom 17. November 1997 in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis überging, wegen der Einzelheiten der schriftlichen Vereinbarung wird auf Bl. 65 und 66 d. A. Bezug genommen. Nach § 2 des Arbeitsvertrages vom 29. November 1996 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nach dem Knappschafts-Angestelltentarifvertrag (KnAT) vom 12. Juni 1961 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Dieser Tarifvertrag ist zwischenzeitlich durch den Tarifvertrag der B (TV DRV KBS) vom 23. August 2006 ersetzt worden, der in § 33 folgende Bestimmungen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung enthält:

“(1) …

(2) Das Arbeitsverhältnis endet ferner mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid eines Rentenversicherungsträgers (Rentenbescheid) zugestellt wird, wonach die/der Beschäftigte voll oder teilweise erwerbsgemindert ist. Die/Der Beschäftigte hat den Arbeitgeber von der Zustellung des Rentenbescheides unverzüglich zu unterrichten. Beginnt die Rente erst nach der Zustellung des Rentenbescheids, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des dem Rentenbeginn vorangehenden Tages. Liegt im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine nach § 92 SGB IX erforderliche Zustimmung des Integrationsamtes noch nicht vor, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Tages der Zustellung des Zustimmungsbescheids des Integrationsamtes. Das Arbeitsverhältnis endet nicht, wenn nach dem Bescheid des Rentenversicherungsträgers eine Rente auf Zeit gewährt wird. (…)

(3) Im Falle teilweiser Erwerbsminderung endet bzw. ruht das Arbeitsverhältnis nicht, wenn der Beschäftigte nach seinem vom Rentenversicherungsträger festgestellten Leistungsvermögen auf seinem bisherigen oder einem anderen geeigneten und freien Arbeitsplatz weiter beschäftigt werden könnte, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe nicht entgegenstehen, und der Beschäftigte innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheids seine Weiterbeschäftigung schriftlich beantragt.

(4) Verzögert die/der Beschäftigte schuldhaft den Rentenantrag oder bezieht sie/er Altersrente (…), so tritt an die Stelle des Rentenbescheids das Gutachten einer Amtsärztin/eines Amtsarztes oder einer/eines nach § 3 Abs. 4 Satz 2 bestimmten Ärztin/Arztes. Das Arbeitsverhältnis endet in diesem Fall mit Ablauf des Monats, in dem der/dem Beschäftigten das Gutachten bekannt gegeben worden ist.

(…)”, wegen der weiteren Einzelheiten des Wortlautes von § 33 TV DRV KBS wird auf Bl. 70 d. A. Bezug genommen und auf den als Anlagenband zur Akte gereichten Tarifvertrag.

Die Klägerin ist seit dem 08. Juli 2011 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Am 06. Februar 2012 hat die Klägerin einen Reha-Antrag gestellt und anschließend an einer Reha-Maßnahme teilgenommen. Aus den abschließenden ärztlichen Feststellungen des Rentenversicherungsträgers ergibt sich, dass die Klägerin ihre letzte berufliche Tätigkeit als Masseurin/Bademeisterin lediglich unter drei-stündig täglich verrichten kann. Insgesamt kann sie danach generell keine körperlich schweren und durchgehend mittelschweren Tätigkeiten mehr verrichten. Dagegen kann sie körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Arbeitshaltung in Tagschicht, Früh- oder Spätschicht sechs Stunden täglich und mehr verrichten, wegen der Einzelheiten der Feststellung des Rentenversicherungsträgers wird auf Bl. 67 – 69 d. A. Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 18. September 2012 hat die B der Klägerin “auf ihren Antrag vom 06. Februar 2012” beginnend mit dem 01. Februar 2012 “Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Ausübung einer knappschaftlich versicherten Beschäftigungbewilligt. Danach sollte die Rente längstens bis zum 31. Mai 2018, dem Monat des Erreichens der Regelaltersgrenze, gezahlt werden, wegen der Einzelheiten des Bescheides wird auf Bl. 7 – 22 d. A. Bezug genommen. Hiervon hat die Beklagte am 24. September 2012 Kenntnis erlangt.

Jedenfalls am 27. September 2012 hat sich die Klägerin im Personalbüro der Knappschafts-Klinik A gemeldet wegen einer Teilzeitbeschäftigung ab 01. Januar 2013. Zeitlich später hat sie die gutachterlichen Feststellungen des Rentenversicherungsträgers (Bl. 67 – 69 d. A.) vorgelegt. In der Folgezeit haben die Parteien Überlegungen zur Realisierbarkeit einer von der Klägerin für die Zeit ab dem 01. Januar 2013 angestrebten leidensgerechten Teilzeitbeschäftigung angestellt. Zu einer einvernehmlichen Regelung ist es nicht gekommen.

Am 19. Oktober 2012 hat die Klägerin bei der Bundesagentur für Arbeit auf Basis einer bei ihr bereits festgestellten Behinderung einen Gleichstellungsantrag nach § 68 Abs. 3 SGB IX gestellt. Hiervon wurde die Beklagte am 26. Oktober 2012 unterrichtet. Mit Bescheid vom 05. Dezember 2012, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 91 d. A. Bezug genommen wird, hat die Bundesagentur für Arbeit dem Gleichstellungsantrag mit Wirkung vom 19. Oktober 2012 entsprochen. Insoweit ist zwischen den Parteien streitig, ob die Beklagte vor Klageerhebung von der zwischenzeitlich erfolgten Gleichstellung Kenntnis erlangt hat.

Am 21. Januar 2013 hat bei der Beklagten ein Gespräch unter Beteiligung des Integrationsfachdienstes, Frau C, der im Hause der Beklagten befindlichen Schwerbehindertenvertretung, Frau D, des Personalrates, Frau E, des Chefarztes, Dr. F, in seiner Funktion als Betriebsarzt, des Verwaltungsleiters G, der Frau H und der Klägerin stattgefunden. Darin wurden eventuelle Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für die Klägerin erörtert. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Klägerin im Rahmen des Gespräches auf die zwischenzeitlich erfolgte Gleichstellung hingewiesen hat.

Beginnend ab 01. Februar 2012 wurde der Klägerin mit Bescheid vom 06. März 2013 “anstelle ihrer bisherigen Rente von uns Rente wegen teilweise Erwerbsminderung nach Aufgabe der knappschaftlich versicherten Beschäftigung” bis zum 28. Februar 2013 bewilligt, wegen der Einzelheiten des Bescheides wird auf Bl. 23 – 27a d. A. Bezug genommen. Mit weiterem Bescheid vom 13. März 2013 wurde der Klägerin “auf ihren Antrag vom 06. Februar 2012” eine “Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau” ab dem 01. Februar 2012 bewilligt. Diese Rente soll nach dem Bescheid längstens bis zum 31. Mai 2018, dem Monat des Erreichens der Regelaltersgrenze gezahlt werden, wegen der Einzelheiten des Bescheides wird auf Bl. 28 – 35 d. A. Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 05. April 2013, welches der Klägerin am 08. April 2013 zugegangen ist, hat die Beklagte sie darüber unterrichtet, dass ein leidensgerechter Arbeitseinsatz aus ihrer Sicht nicht möglich sei und dass auf Grund der Rentenbewilligung das Arbeitsverhältnis nunmehr zwei Wochen nach Zugang dieses Schreibens, also spätestens mit Ablauf des 22. April 2013, enden werde.

Spätestens im Berufungsverfahren ist zwischen den Parteien unstreitig geworden, dass die Klägerin jedenfalls bis zur Klageschrift im vorliegenden Verfahren kein schriftliches Weiterbeschäftigungsverlangen an die Beklagte gerichtet hat.

Mit ihrer am 29. April 2013 beim Arbeitsgericht Fulda eingegangenen Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass ihr Arbeitsverhältnis zum Ablauf des 22. April 2013 nicht aufgelöst worden ist, sondern darüber hinaus unverändert fortbesteht.

Soweit im Berufungsverfahren noch relevant hat die Klägerin sich bereits in der Klageschrift auf bestehenden “Sonderkündigungsschutz wegen Schwerbehinderung” berufen. Sie hat die Rechtsauffassung vertreten, dass die Beklagte das notwendige betriebliche Eingliederungsmanagement nicht durchgeführt habe und dass sie selbst in ihrer Tätigkeit als Masseurin/Bademeisterin zumindest zeiteingeschränkt leidensgerecht beschäftigt werden könne. Aus internen Unterlagen bei der Beklagten wisse diese vom Gesundheitszustand und der Schwerbehinderung der Klägerin. Die Klägerin hat behauptet, den Gleichstellungsbescheid vom 02. Dezember 2012 unmittelbar nach dessen Erhalt an Frau H bei der Beklagten weitergeleitet zu haben. Sie hat die Rechtsauffassung vertreten, dass der erste Rentenbescheid vom 18. September 2012 durch die nachfolgenden Rentenbescheide vom 06. März und 13. März 2013 zurückgenommen worden sei.

Soweit im Berufungsverfahren noch relevant hat sie beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht mit Ablauf des 22. April 2013 beendet ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Rechtsansicht vertreten, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien wegen der Rentenbewilligung nach § 33 TV DRV KBS sein Ende gefunden habe. Die Voraussetzungen von Abs. 3 dieser tariflichen Vorschrift seien nicht gegeben, weil die Klägerin weder einen schriftlichen Antrag auf Weiterbeschäftigung gestellt habe, noch ihre Weiterbeschäftigung auf dem bisherigen Arbeitsplatz oder einem anderem geeigneten und freien Arbeitsplatz in Betracht komme. Auf eine Zustimmung des Integrationsamtes zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses komme es nicht an, weil die Klägerin erstmals mit Bescheid vom 18. September 2012 berentet worden sei und zu diesem Zeitpunkt weder eine Schwerbehinderung noch eine Gleichstellung vorgelegen habe noch habe die Klägerin zu diesem Zeitpunkt auch nur einen Gleichstellungsantrag gestellt gehabt. Insoweit hat sich die Beklagte auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15. März 2006 (7 AZR 332/05) berufen. Sie hat behauptet, dass ihr trotz wiederholter Nachfragen bis Anfang Juni 2013 nicht bekannt gewesen sei, ob die Klägerin auf ihren Antrag hin einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt worden sei. Die entsprechende Nachfrage habe die Klägerin auch im Gespräch am 21. Januar 2013 nicht beantworten können. In diesem Gespräch sei festgestellt worden, dass eine Weiterbeschäftigung der Klägerin als Masseurin und Bademeisterin nach den Feststellungen des Rentenversicherungsträgers nicht in Betracht komme.

Das Arbeitsgericht Fulda hat mit Urteil vom 29. November 2013 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht mit Ablauf des 22. April 2013 beendet wurde. Es hat ausgeführt, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 33 Abs. 2 TV DRV KBS nicht mit Ablauf des 22. April 2013 habe eintreten können, weil die nach § 92 SGB IX erforderliche Zustimmung des Integrationsamtes nicht vorgelegen habe. Zwar bestimme § 33 Abs. 2 TV DRV KBS, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats ende, in dem ein Bescheid des Rentenversicherungsträgers zugestellt werde, wonach die/der Beschäftigte voll oder teilweise erwerbsgemindert sei. Gleichwohl könne im Zuge der Rentenbewilligung wegen der §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht eintreten, solange keine schriftliche Unterrichtung der Klägerin über den Bedingungseintritt erfolgt sei. Die maßgebliche Unterrichtung der Klägerin über den Bedingungseintritt sei erst mit Schreiben der Beklagten vom 05. April 2013 erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin auf ihren dahingehenden Antrag vom 19. Oktober 2012 und den durch die Bundesagentur für Arbeit vom 05. Dezember 2012 ergangenen Gleichstellungsbescheid den Status als schwerbehinderter Mensch bereits erworben. Entsprechend seien für die Beurteilung des Eintretens des erweiterten Bestandsschutzes nach § 92 SGB IX die Umstände maßgeblich, die zum Zeitpunkt der für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses letztlich maßgeblichen Unterrichtung des Arbeitnehmers nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG vorgeherrscht hätten. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird auf dessen Seiten 5 – 9 (Bl. 273 – 276 d. A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil, das der Beklagten am 09. Dezember 2013 zugestellt worden ist, hat sie mit am 23. Dezember 2013 beim Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist, mit am 10. März 2014 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Beklagte hält auch in der Berufungsinstanz unter weiterer Vertiefung ihrer erstinstanzlich bereits vorgebrachten Argumentation an ihrer Rechtsauffassung fest, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien in Folge Eintritts einer auflösenden Bedingung nach § 33 Abs. 2 TV DRV KBS geendet habe. Rechtsgrund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei der Bedingungseintritt in Folge Zugangs des Rentenbescheides. Demgegenüber sei nicht maßgeblich auf den Zugang der schriftlichen Ankündigung nach § 15 Abs. 2 TzBfG durch den Arbeitgeber abzustellen. Denn diese sei keine Willenserklärung, sondern eine Wissenserklärung und nicht Bestandteil der Bedingung.

In der Berufungsverhandlung am 17. Juli 2015 hat die Beklagte klargestellt, dass es bei ihr im gesamten Zeitraum zwischen Ende 2012 bis Mitte 2013 keine freien geeigneten Stellen für die Klägerin gegeben habe. Darüber hinaus hat sie in dieser Verhandlung behauptet, dass Frau H nicht einstellungsbefugt sei und deshalb die Auffassung vertreten, dass Frau H für die Beklagte keine verbindlichen Erklärungen abgeben dürfe und nicht auf die Schriftform habe verzichten können.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Fulda vom 29. November 2013 – 1 Ca 195/13 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Sie vertritt weiterhin die Rechtsansicht, dass mangels Vorliegens der erforderlichen Zustimmung des Integrationsamtes gemäß § 92 SGB IX im Zeitpunkt des Zugangs der Beendigungsmitteilung der Beklagten mit Schreiben vom 05. April 2013 das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht in Folge Bedingungseintritts beendet sei. Auch komme es nicht auf den Rentenbescheid vom 18. September 2012, sondern auf die nachfolgenden Rentenbescheide an. Denn diese späteren Rentenbescheide hätten den vorhergehenden Rentenbescheid aufgehoben, so dass dieser in seinem Bestand ersatzlos entfalle sei. Darüber hinaus sei zu beachten, dass nach § 33 Abs. 3 TV DRV KBS im Falle teilweiser Erwerbsminderung, welche hier vorliege, das Arbeitsverhältnis nicht ende bzw. ruhe, wenn der Beschäftigte auf seinem bisherigen oder einem anderen geeigneten freien Arbeitsplatz beschäftigt werden könne. Insoweit hat die Klägerin in der Berufungsverhandlung am 17. Juli 2015 klargestellt, dass sie von Anfang an die Auffassung vertreten habe, auf ihrem bisherigen angestammten Arbeitsplatz als Bademeisterin und Masseurin im Haus der Beklagten in A vollschichtig tätig werden zu können.

Die Klägerin behauptet, am 27. September 2012 mit der Personalleiterin H der Beklagten telefoniert zu haben. In diesem Telefonat habe sie Frau H ausdrücklich gefragt, ob sie ihre Weiterbeschäftigung schriftlich geltend machen müsse. Hierauf habe Frau H geantwortet: “Nein, das ist nicht nötig, wir kennen uns schon lange genug, ich habe mir das notiert.”

Im Schriftsatz vom 02. März 2015 behauptet die Klägerin, mit Ausnahme von Massagen und Fango-Anwendungen, welche durch Moorpad-Anwendungen ersetzt werden könnten, ganz wesentliche Teile ihrer bisherigen Tätigkeit noch ausführen zu können. Im Einzelnen handele es sich um Elektrotherapie, Ergometertraining, Hydrojet-Kompression, Training am Pedaltrainer-Motorschiene und die Gruppenarbeit sowohl in der HWS-Gruppe, der Rückengruppe, der Schultergruppe und der Rückenkleingruppe. Auch könne sie die damit zusammenhängenden Vor- und Nachbereitungsarbeiten wie Aufräum- und Reinigungsarbeiten, Flächendesinfektion usw. ausführen, ebenso wie die progressive Muskelentspannung.

In der Berufungsverhandlung am 17. Juli 2015 hat die Klägerin klargestellt, dass sie von Anfang an die Rechtsauffassung vertreten habe, auf ihrem bisherigen angestammten Arbeitsplatz als Bademeisterin und Masseurin in A vollschichtig habe tätig werden können. Darüber hinaus hat sie behauptet, dass sie nach einer sozialmedizinischen Untersuchung Ende Juni 2015 und einem zwischenzeitlich vorliegenden Gutachten vom 08. Juli 2015 vollschichtig in ihrem zuletzt ausgeübten Beruf tätig werden könne. Zu dieser Untersuchung sei es im Rahmen eines von ihr eingeleiteten Überprüfungsverfahrens hinsichtlich der Rentenbescheide vom Rentenversicherungsträger gekommen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, nebst Anlagen und die Sitzungsniederschrift nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften vom 05. Dezember 2014 (Bl. 319 f. d. A.) und vom 17. Juli 2015 (Bl. 371 f. d. A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe

A. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Fulda vom 29. November 2013 ist als Rechtsmittel in einem Rechtsstreit über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft, § 64 Abs. 2 c ArbGG. Sie ist nach Maßgabe der im Tatbestand mitgeteilten Daten form- und fristgerecht eingelegt sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden, §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO, und insgesamt zulässig.

B. In der Sache ist die Berufung begründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Unrecht statt gegeben. Die Voraussetzungen des arbeitsvertraglich in Bezug genommenen §§ 33 Abs. 2 TV DRV KBS liegen vor, so dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch Eintritt der auflösenden Bedingung und Ablauf der zweiwöchigen Ankündigungsfrist nach § 15 Abs. 2 TZ BFG mit Ablauf des 24. April 2013 beendet wurde.

I. Die in § 33 Abs. 2 TV DRV KBS geregelte auflösende Bedingung gilt nicht bereits nach §§ 21, 17 Satz 2 TZ BFG i. V. m. § 7 Halbsatz 1 KSchG als wirksam oder als eingetreten. Denn die Klägerin hat rechtzeitig innerhalb der Dreiwochenfrist der §§ 21, 17 Satz 1 und 3, § 15 Abs. 2 TzBfG Bedingungskontrollklage erhoben.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG auch dann einzuhalten, wenn nicht die Wirksamkeit der Bedingung selbst, sondern deren tatsächlicher Eintritt geklärt werden soll. Denn ob die auflösende Bedingung eingetreten ist, hängt in der Regel von der Auslegung der tariflichen oder einzelvertraglichen Bedingungsabrede ab und ist deswegen häufig an die Beurteilung der Rechtswirksamkeit der Bedingungsabrede geknüpft. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann bei auflösenden Bedingungen, die an eine Rentengewährung wegen Erwerbsminderung anknüpfen, vor allem aus verfassungsrechtlichen Gründen eine einschränkende Auslegung geboten sein. Dies dient der Wirksamkeit der Befristungsabrede. Umgekehrt korrespondiert die Wirksamkeit der Bedingung mit ihren Voraussetzungen. Auslegung und Prüfung der Wirksamkeit tariflicher auflösender Bedingungen sind ineinander verschränkt. Die Auslegung der Bedingungsabrede ist maßgeblich dafür, ob die Bedingung eingetreten ist. Wegen dieses fast untrennbaren Zusammenhangs zwischen Wirksamkeit und Eintritts der auflösenden Bedingung sind beide Fragen Gegenstand der Bedingungskontrollklage (ständige Rechtsprechung seit BAG 06. April 2011 – 7 AZR 704/09 – Rn. 18 ff., BAGE 137, 292; zuletzt: BAG 14. Januar 2015 – 7 AZR 880/13 – Rn. 13, zitiert nach Juris).

2. Mit ihrer am 29. April 2013 beim Arbeitsgericht Fulda eingegangenen Klage hat die Klägerin die dreiwöchige Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TZ BFG gewahrt.

a) Grundsätzlich beginnt die dreiwöchige Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 TZ BFG bei der Bedingungskontrollklage mit dem Tag, an dem die auflösende Bedingung eingetreten ist. Allerdings endet der auflösend bedingte Arbeitsvertrag nach §§ 21, 15 Abs. 2 TZ BFG frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Eintritt der Bedingung. Entsprechend wird die Klagefrist gem. §§ 21, 17 Sätze 1 und 3, 15 Abs. 2 TZ BFG erst mit dem Zugang der schriftlichen Unterrichtung durch den Arbeitgeber über den Eintritt der Bedingung beim Arbeitnehmer in Lauf gesetzt, wenn die Bedingung bereits vor Ablauf der Zweiwochenfrist eingetreten ist (insoweit grundlegend BAG 06. April 2011 – 7 AZR 704/09 – Rn. 22, BAGE 137, 292 ff.).

b) Nach diesen Grundsätzen begann die Klagefrist für die Klägerin mit Zugang der Beendigungsmitteilung der Beklagten vom 05. April 2013 am 08. April 2013. Insoweit haben die Parteien in der Berufungsverhandlung nochmals übereinstimmend erklärt, dass es ein entsprechendes Schreiben gegeben habe, dass der Klägerin am 8. April 2013 zugegangen sei. Entsprechend endete die dreiwöchige Klagefrist am 29. April 2013 (§ 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB) und wurde mit Eingang der Klageschrift am selben Tag beim Arbeitsgericht Fulda und deren alsbaldiger Zustellung bei der Beklagten gewahrt, § 167 ZPO.

II. Die Vorschriften des TV DRV KBS, einschließlich der Bestimmung des § 33 Abs. 2 TV DRV KBS zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Grund der Zustellung eines Rentenbescheides wegen dauerhafter Erwerbsminderung, finden kraft vertraglicher Bezugnahme in § 2 des Arbeitsvertrages vom 29. November 1996 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Die dort geregelte dynamische Bezugnahme auf den Knappschafts-Angestelltentarifvertrag vom 12. Juni 1961 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen hält einer AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB stand.

1. Bei den Regelungen im Arbeitsvertrag vom 29. November 1996 handelt es sichbereits nach dem äußeren Erscheinungsbild und auf Grund der uneingeschränkten Bezugnahme auf die einschlägigen tarifvertraglichen Bestimmungen um von der Beklagten vorgegebene, für eine Vielzahl von Fällen geltende Vertragsbedingungen. Damit wollte die Beklagte erkennbar inhaltsgleiche Vereinbarungen mit allen Arbeitnehmern treffen. Zur Auslegung einer solchen typischen vertraglichen Regelung sind die für allgemeine Geschäftsbedingungen entwickelten Grundsätze heranzuziehen. Arbeitsvertragliche Verweisungen auf Tarifverträge werden nicht von der Ausnahmebestimmung des § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB erfasst. Denn diese gilt nur für Tarifverträge selbst, nicht aber für arbeitsvertragliche Bezugnahmeklauseln, die auf Tarifverträge verweisen (vgl. z. B. BAG 23. Juli 2014-7 AZR 771/12 – Rn. 22, BAGE 148, 357 = NZA 2014, 1341).

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts halten auf einschlägige Tarifverträge bezogene dynamische Bezugnahmeklauseln der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB stand. Sie sind weder überraschend im Sinne des § 305 c Abs. 1 BGB noch verletzen sie das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

a) Dynamische Verweisungen auf einschlägige Tarifverträge sind im Arbeitsleben als Gestaltungsinstrument so verbreitet, dass ihre Aufnahme in Formularverträge nicht im Sinne des § 305 c Abs. 1 BGB überraschend ist (so bereits BAG 24. September 2008 – 6 AZR 76/07 – Rn. 20, BAGE 128, 73, mit weiteren Nachweisen). Sie entsprechen einer üblichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien. Denn Arbeitsverhältnisse sind auf die Zukunft ausgerichtet. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 Nachweisgesetz genügt der bloße allgemeine Hinweis auf Tarifverträge (vgl. zuletzt BAG 14. Januar 2015 – 7 AZR 880/13 – Rn. 19, zitiert nach Juris).

Darüber hinaus führt allein die Verweisung auf ein anderes Regelungswerk, selbst wenn sie dynamisch ausgestaltet ist, noch nicht zur Intransparenz. Insoweit verlangt das Bestimmtheitsgebot lediglich, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen und der Gefahr vorgebeugt wird, dass der Vertragspartner von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Hierzu ist ausreichend, dass die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung geltenden, in Bezug genommenen Regelungen bestimmbar sind (vgl. z. B. BAG 23. Juli 2014 – 7 AZR 771/12 – Rn. 25, BAGE 148, 357 = NZA 2014, 1341).

b) Bei Anwendung der dargestellten Grundsätze ist die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages vom 29. November 1996 für die Klägerin weder unverständlich noch unklar. Welche konkreten tariflichen Regelungen jeweils das Arbeitsverhältnis ausfüllen sollten, war für sie feststellbar. Bei dem TV DRV KBS handelt es sich um einen den Knappschafts-Angestelltentarifvertrag vom 12. Juni 1961 ersetzenden Tarifvertrag im Sinne des § 2 des Arbeitsvertrages.

3. Die mit dem Arbeitsvertrag auch in Bezug genommener Regelung über die auflösende Bedingung in § 33 Abs. 2 TV DRV KBS ist nicht nach § 125 BGB wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Schriftformerfordernis nichtig.

Grundsätzlich sieht das zum 01. Januar 2001 in Kraft getretene Teilzeit- und Befristungsgesetz in § 14 Abs. 4 TzBfG für befristete Arbeitsverträge ein Schriftformerfordernis vor, welches nach § 21 TzBfG auch für auflösend bedingte Arbeitsverträge gilt. Allerdings ist der vorliegende maßgebliche Arbeitsvertrag zwischen den Parteien am 29. November 1996 geschlossen worden. Für die (Form-) Wirksamkeit der im Arbeitsvertrag vereinbarten Bezugnahme auf die nunmehr in § 33 TV DRV KBS geregelte auflösende Bedingung ist die Rechtslage im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebend. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages vom 29. November 1996 und seiner Umwandlung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis durch Vertrag vom 17. November 1997, hat kein gesetzliches Formerfordernis für die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung bestanden. Der zu diesem Zeitpunkt maßgebliche § 623 BGB hat ein gesetzliches Schriftformerfordernis lediglich für die Befristung von Arbeitsverhältnissen vorgesehen, nicht aber für auflösende Bedingungen. Auch das gesetzliche Schriftformerfordernis in § 623 BGB trat erst am 01. Mai 2000 und damit nach Abschluss des streitgegenständlichen Vertrages in Kraft. Diese Regelung in § 623 BGB wurde für befristete Arbeitsverträge durch das Schriftformerfordernis in § 14 Abs. 4 TzBfG abgelöst, der nach § 21 TzBfG auch für auflösend bedingte Arbeitsverträge gilt. Mangels Übergangsvorschriften in den zum 01. Januar 2001 in Kraft getretenen TzBfG, sind die darin enthaltenen Bestimmungen nur auf solche Sachverhalte anzuwenden, die sich seit dem 01. Januar 2001 in seinem Geltungsbereich verwirklicht haben (in diesem Sinne auch BAG 14. Januar 2015 – 7 AZR 880/13 – Rn. 23, zitiert nach Juris).

4. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin hat nach § 33 Abs. 2 TV DRV KBS geendet, weil auf ihren Antrag vom 06. Februar 2012 der Bescheid der B ergangen ist, wonach sie teilweise erwerbsgemindert ist und ihr eine Rente auf unbestimmte Dauer bewilligt wurde. Dieser ursprüngliche Rentenbescheid der B vom 18. September 2012 wurde durch die nachfolgenden Rentenbescheide vom 19. Oktober 2012 und 06. März 2013 nicht rückwirkend aufgehoben, sondern lediglich abgeändert. Die für den Fall der teilweisen Erwerbsminderung in § 33 Abs. 2 TV DRV KBS vorgesehene auflösende Bedingung ist wirksam.

a) Die in § 33 Abs. 2 TV DRV KBS geregelte auflösende Bedingung für den Fall des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf unbestimmte Dauer ist sachlich gerechtfertigt im Sinne der §§ 21, 14 Abs. 1 TzBfG.

Der Sachgrund des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ist zwar in dem Sachgrundkatalog des § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG nicht genannt. Die Aufzählung ist jedoch nicht abschließend, wie aus dem Wort “insbesondere” folgt (BAG 02. Juni 2010 – 7 AZR 136/09 – Rn. 18, BAGE 134, 339 = AP Nr. 21 zu § 14 TZ BFG). Durch die Aufzählung sollten andere von der Rechtsprechung bisher anerkannte Sachgründe nicht ausgeschlossen werden. Die Anerkennung weiterer, in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 – 8 TzBfG nicht erwähnter Sachgründe steht auch die Richtlinie 1999/70/EG des Rates zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung vom 28. Juni 1999 nicht entgegen (BAG 16. März 2005 – 7 AZR 289/04 – Rn. 27, BAGE 114, 146 = AP Nr. 16 zu § 14 TZ BFG). In § 14 Abs. 1 TzBfG nicht genannte Sachgründe können die Befristung und auflösende Bedingung eines Arbeitsvertrages rechtfertigen, wenn sie den Wertungsmaßstäben des § 14 Abs. 1 TZ BFG entsprechen und den dort genannten Sachgründen von ihrem Gewicht her gleichwertig sind (ständige Rechtsprechung vgl. z. B. BAG 02. Juni 2010 – 7 AZR 136/09 – Rn. 20, BAGE 134, 339 = AP Nr. 71 zu § 14 TZ BFG).

b) Im Hinblick auf die vom Bundesarbeitsgericht zu vergleichbar ausgestalteten auflösenden Bedingungen entwickelten Grundsätze, beruht diese für den Fall einer vom Rentenversicherungsträger festgestellten unbefristeten Erwerbsminderung auf der Annahme der Tarifvertragsparteien, der Arbeitnehmer werde im Falle der Erwerbsminderung künftig die arbeitsvertraglich geschuldeten Leistungen nicht mehr erbringen können. Grundsätzlich sind teilweise erwerbsgemindert nach § 43 Abs. 1 Satz SGB VI Arbeitnehmer, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 45 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente für Bergleute, wenn sie unter anderem im Bergbau vermindert berufsfähig sind. Dies ist nach § 45 Abs. 2 SGB VI der Fall, wenn die Versicherten, die wegen Krankheit oder Behinderung nicht im Stande sind, 1.) die von ihnen bisher ausgeübte knappschaftliche Beschäftigung und 2.) eine andere wirtschaftlich im Wesentlichen gleichwertige knappschaftliche Beschäftigung, die von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten ausgeübt wird, auszuüben. Eine hieran anknüpfende auflösende Bedingung dient einerseits dem Schutz des Arbeitnehmers, der aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, seine bisherige Tätigkeit zu verrichten und bei dem bei einer Fortsetzung der Tätigkeit die Gefahr einer weiteren Verschlimmerung seines Gesundheitszustandes besteht. Auf der anderen Seite trägt eine entsprechende Tarifvorschrift dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers Rechnung, sich von einem Arbeitnehmer trennen zu können, der gesundheitsbedingt nicht mehr in der Lage ist, seine nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Leistung zu erbringen. Diese berechtigten Interessen beider Arbeitsvertragsparteien sind grundsätzlich geeignet, einen sachlichen Grund im Sinne des § 14 Abs. 1 TzBfG für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung abzugeben (vgl. z. B. BAG 14. Januar 2015 – 7 AZR 880/13 – Rn. 28, zitiert nach Juris; BAG 23. Juli 2014 – 7 AZR 771/12 – Rn. 51, BAGE 148, 357 = NZA 2014, 1341; BAG 15. März 2006 – 7 AZR 332/05 – II 2 c der Gründe, BAGE 117, 255 = AP Nr. 14 zu § 59 BAT, jeweils mit weiteren Nachweisen).

c) Nach der dargestellten Rechtsprechung stellt allerdings die verminderte Erwerbsfähigkeit für sich genommen noch keinen ausreichenden Sachgrund für eine auflösende Bedingung dar. Erst die Einbindung der Interessen des Arbeitnehmers durch die Anknüpfung an die rentenrechtliche Versorgung rechtfertigt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung.

aa) Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Tarifvorschrift, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Fall der unbefristeten vollen oder teilweisen Erwerbsminderung als sachlich gerechtfertigt ansieht, ist, dass das Arbeitsverhältnis nur bei einem voraussichtlich dauerhaften Rentenbezug enden soll. Dagegen ist eine Rentenbewilligung, die zu keiner rentenrechtlichen Absicherung auf unbestimmte Dauer führt, als Auflösungstatbestand ungeeignet (vgl. z. B. BAG 14. Januar 2015 – 7 AZR 880/13 – Rn. 30, zitiert nach Juris; BAG 23. Juli 2014 – 7 AZR 771/12 – Rn. 58, BAGE 148, 357 = NZA 2014, 1341, jeweils mit weiteren Nachweisen).

bb) Diesen Voraussetzungen genügt § 33 Abs. 2 TV DRV KBS. Denn § 33 Abs. 2 Satz 5 TV DRV KBS bestimmt, dass das Arbeitsverhältnis nicht endet, wenn nach dem Bescheid des Rentenversicherungsträgers lediglich eine Rente auf Zeit gewährt wird. Denn in diesem Fall ist mit einer zumindest teilweisen Widerherstellung der Leistungsfähigkeit des Beschäftigten zu rechnen. In diesem Fall ruht das Arbeitsverhältnis für die Dauer der Rentengewährung.

d) Demgegenüber stellt die Gewährung einer dauerhaften Rente wegen Erwerbsminderung aller Voraussicht nach eine dauerhafte Absicherung des Beschäftigten durch die rentenrechtliche Versorgung dar. Der Arbeitnehmer erhält eine Erwerbsminderungsrente nach § 43 Abs. 2 SGB VI bzw. eine Rente für Bergleute nach § 45 Abs. 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze. Ab diesem Zeitpunkt erhält der Arbeitnehmer Altersrente. Insoweit führt die Änderung der Rentenart nicht dazu, dass eine auf unbestimmte Dauer bewilligte Rente wegen Erwerbsminderung als befristet anzusehen ist.

e) Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten rechtfertigt allerdings erst die sozialrechtliche Dispositionsbefugnis des Arbeitnehmers den Auflösungstatbestand ohne Kündigung.

aa) Die Anknüpfung des Beendigungstatbestandes an eine nur auf Antrag zu gewährende Rentenleistung wahrt das in Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht des Arbeitnehmers, in eigener Verantwortung über die Fortführung der von ihm gewählten Tätigkeit zu entscheiden. Deshalb sind Veränderungen im Antragsverhalten eines Arbeitnehmers unter bestimmten Voraussetzungen zu berücksichtigen. Macht der Arbeitnehmer von seiner sozialrechtlichen Dispositionsbefugnis Gebrauch und nimmt seinen Rentenantrag vor Ablauf der Widerspruchsfrist des § 84 SGG zurück oder innerhalb der Widerspruchsfrist und damit vor Eintritt der Bestandskraft des Rentenbescheides und begehrt anstelle einer Dauerrente eine befristete Rente, so treten die Rechtsfolgen der auflösenden Bedingung nicht ein (vgl. z. B. BAG 14. Januar 2015 – 7 AZR 880/13 – Rn. 34, zitiert nach Juris; BAG 23. Juli 2014 – 7 AZR 771/12 – Rn. 59, BAGE 148, 357 = NZA 2014, 1348, jeweils mit weiteren Nachweisen).

bb) Insoweit hat das Bundesarbeitsgericht zuletzt offen gelassen, ob es mit dem verfassungsrechtlich zu gewährleistenden Mindestbestandsschutz des Artikels 12 Abs. 1 GG zu vereinbaren ist, dass ein Arbeitsverhältnis nach § 33 Abs. 2 TV-L, der § 33 Abs. 2 TV DRV KBS entspricht, enden kann, obwohl der Arbeitnehmer durch die Regelung in § 33 Abs. 4 TV DRV KBS faktisch zumindest angehalten ist, einen Rentenantrag zu stellen. Darüber hinaus hat das Bundesarbeitsgericht offen gelassen, ob die Regelung in § 33 Abs. 2 – 4 TV-L, die dem § 33 Abs. 2 – 4 TV DRV KBS entsprechen, für den Fall einer teilweisen Erwerbsminderung mit den Grundsätzen der Senatsrechtsprechung zur Zulässigkeit von auflösenden Bedingungen im Einklang stehen. Danach muss eine auflösende Bedingung ebenso wie die Zweckbefristung zum einen hinreichend bestimmt sein und zum anderen darf der Eintritt der Bedingung nicht vom Belieben des Arbeitgebers abhängen (vgl. dazu insbesondere BAG 23. Juli 2014 -7 AZR 771/12 – Rn. 60 ff., BAGE 148, 357 = NZA 2014, 1341, mit weiteren Nachweisen). Insoweit hat das Bundesarbeitsgericht für nicht unproblematisch gehalten, dass in den Fällen des § 33 Abs. 3 TV-L die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Falle des Weiterbeschäftigungsverlangen des Arbeitnehmers davon abhängen soll, ob der Weiterbeschäftigung “dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe” entgegenstehen.

Im Ergebnis bedürfen diese Fragen vorliegend keiner abschließenden Entscheidung.

cc) Die sozialrechtliche Dispositionsbefugnis der Kläger ist vorliegend gewahrt.

Hinsichtlich der sozialrechtlichen Dispositionsbefugnis der Klägerin gilt es vorliegend allerdings zu beachten, dass diese keinen originären Rentenantrag gestellt hat. Insoweit ist zwischen den Parteien in der Berufungsverhandlung vom 17. Juli 2015 unstreitig geworden, dass die Klägerin keinen Rentenantrag gestellt hat, sondern dass sie mit Antrag vom 06. Februar 2012 zunächst eine Reha-Maßnahme beantragt hat. Ein solcher Reha-Antrag gilt nach § 116 Abs. 2 SGBVI dann als Antrag auf Rente, wenn der Versicherte vermindert erwerbsfähig ist und 1.) ein Erfolg von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erwarten ist oder 2.) Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht erfolgreich gewesen sind, weil sie die verminderte Erwerbsfähigkeit nicht verhindert haben. Dies ist ein Fall in dem der Gesetzgeber vom grundsätzlich bestehenden Antragserfordernis nach § 115 SGB VI Abstand genommen hat. Liegen die Voraussetzungen des § 116 Abs. 2 SBG VI vor – was im Fall der Klägerin offensichtlich gegeben war – ist von Amts wegen ein Rentenfeststellungsverfahren durchzuführen (vgl. Kreikebohm-Kühn, SGB VI, 4. Auflage, 2013, § 116, Rn. 13).

Allerdings ist ein Rentenfeststellungsverfahren nur dann von Amts wegen durchzuführen, sofern der Berechtigte nicht widerspricht. Der Berechtigte hat im Hinblick auf die ihm zustehenden sozialrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten das Recht, der Umdeutung seines Reha-Antrages in einen Rentenantrag zu widersprechen und damit zu verhindern, dass ein Rentenfeststellungsverfahren eingeleitet oder fortgesetzt wird. Für diesen “Widerspruch” gelten die allgemeinen Grundsätze über die Antragsrücknahme (vgl. Kreikebohm-Kühn, § 116 SGB VI, Rn. 13, 16). Demgegenüber wird das in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich bestehende Dispositionsrecht lediglich in den Fällen eingeschränkt, in denen der Berechtigte nach § 51 SGB V oder § 125 Abs. 2 SGB III zur Stellung eines Reha-Antrages aufgefordert worden ist (vgl. Kreikebohm-Kühn, § 116 SGB VI, Rn. 17).

Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin zur Stellung ihres Reha-Antrages vom 06. Februar 2012 aufgefordert worden ist, sind von ihr weder vorgetragen noch ersichtlich. Entsprechend ist von einem aus freien Stücken gestellten Reha-Antrag der Klägerin auszugehen, der wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 116 Abs. 2 SGB VI als Antrag auf Rente gewertet wurde, sodass von Amts wegen ein Rentenfeststellungsverfahren durchgeführt wurde, weil die Klägerin dem nicht widersprochen hat. Mangels Widerspruchs der Klägerin ist vorliegend ihre rentenrechtliche Dispositionsmöglichkeit gewahrt.

dd) Ob die Zulässigkeit der auflösenden Bedingung hinreichend bestimmt ist, weil im Falle eines schriftlichen Weiterbeschäftigungsverlangens des Arbeitnehmers die Beendigung des Arbeitsverhältnisses davon abhängen soll, ob ihr “dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe” entgegenstehen, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn auch wenn zugunsten der Klägerin unterstellt wird, dass sich die Beklagte auf das Fehlen eines nach § 33 Abs. 3 TV DRV KBS formgerechten Weiterbeschäftigungsantrages der Klägerin wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht berufen darf, so endete das Arbeitsverhältnis der Parteien bereits deshalb, weil die Klägerin nach ihrem vom Rentenversicherungsträger festgestellten Leistungsvermögen auf ihrem bisherigen oder einem anderen geeigneten und freien Arbeitsplatz nicht weiter beschäftigt werden konnte. Insoweit ist die auflösende Bedingung einerseits hinreichend bestimmt bezeichnet und ihr Eintritt hängt zum anderen nicht vom Belieben des Arbeitgebers ab.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Klägerin jedenfalls bis zur Klageschrift im vorliegenden Verfahren entgegen § 33 Abs. 3 TV DRV KBS kein schriftliches Weiterbeschäftigungsverlangen an die Beklagte gerichtet hat. Damit hat die Klägerin jedenfalls innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 33 Abs. 3 TV DRV KBS kein schriftliches Weiterbeschäftigungsverlangen an die Beklagte gerichtet. Dies gilt auch, wenn mit der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 23. Juli 2014 -7 AZR 771/12 – Rn. 65, BAGE 148, 357 = NZA 2014, 1341) davon ausgegangen wird, dass die Zwei-Wochen-Frist nicht bereits mit dem Zugang des Rentenbescheids an den Arbeitnehmer, sondern erst mit dem Zugang der daran anknüpfenden Mitteilung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnisende auf Grund des Rentenbescheides, in Lauf gesetzt wird. Unstreitig ist der Klägerin dieses Schreiben der Beklagten am 08. April 2013 zugegangen, so dass das in der Klage liegende Weiterbeschäftigungsverlangen jedenfalls nicht mehr fristgerecht bei der Beklagten einging.

Zugunsten der Klägerin kann unterstellt werden, dass die Beklagte gegen Treu und Glauben, § 242 BGB, verstößt, wenn sie sich auf das Fehlen eines schriftlichen Weiterbeschäftigungsverlangens beruft.

Grundsätzlich kann der Hinweis eines Arbeitgebers auf die Nichteinhaltung einer Formvorschrift eine nach § 242 BGB unzulässige Rechtsausübung sein, wenn die Nichteinhaltung der Form durch ein Verhalten des Arbeitgebers veranlasst worden ist, zum Beispiel wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von der schriftlichen Geltendmachung des Weiterbeschäftigungsantrages abgehalten hat. Der Arbeitgeber setzt sich dann in Widerspruch zu seinem eigenen früheren Verhalten, wenn er zunächst den Arbeitnehmer zu Untätigkeit oder Nichteinhaltung der Form veranlasst und danach aus dem von ihm veranlassten Tatbestand einen Vorteil für sich selbst ableiten will (vgl. BAG 15. März 2006 – 7 AZR 332/05 – Rn. 32, BAGE 117, 255, mit weiteren Nachweisen).

Zugunsten der Klägerin kann unterstellt werden, dass diese Voraussetzungen im Hinblick auf das von ihr behauptete Telefonat mit der Mitarbeiterin der Beklagten, Frau H, am 27. September 2012 vorliegen. Denn auch wenn die Beklagte sich nicht auf das Vorliegen eines frist- und formgerechten Weiterbeschäftigungsverlangens berufen kann, so endete das Arbeitsverhältnis der Parteien doch, weil die Klägerin nach ihrem vom Rentenversicherungsträger festgestellten Leistungsvermögen auf ihrem bisherigen oder einem anderen geeigneten und freien Arbeitsplatz nicht weiter beschäftigt werden konnte.

Zum Leistungsvermögen der Klägerin ergibt sich aus dem ärztlichen Gutachten des Rentenversicherungsträgers, dass sie lediglich unter drei-stündig ihre letzte berufliche Tätigkeit als Masseurin/Bademeisterin ausüben kann. Hierzu hat die Beklagte spätestens in der Berufungsverhandlung am 17. Juli 2015 klargestellt, dass es im Zeitraum Ende 2012 bis Mitte 2013 keine freien geeigneten Stellen für die Klägerin bei ihr gegeben habe. Diesem Vorbringen der Beklagten ist die Klägerin nicht entgegengetreten. Vielmehr hat sie lediglich ihrerseits klargestellt, dass sie von Anfang an die Rechtsauffassung vertreten habe, dass sie auf ihrem bisherigen angestammten Arbeitsplatz als Bademeisterin und Masseurin im Haus der Beklagten in A vollschichtig habe tätig werden können. Diese Einschätzung der Klägerin steht im Widerspruch zu den ärztlichen Feststellungen und ist durch keinerlei Tatsachenbehauptungen untermauert. Für das Gericht ist auch nicht im Ansatz erkennbar, ob diese Einschätzung der Klägerin ausschließlich von ihrem Wunsch oder von Tatsachen getragen ist.

Soweit die Klägerin erstmalig in der Berufungsverhandlung am 17. Juli 2015 behauptet hat, dass sie nach einer sozialmedizinischen Untersuchung Ende Juni 2015 und einem zwischenzeitlich vorliegenden Gutachten vom 08. Juli 2015 vollschichtig in ihrem zuletzt ausgeübten Beruf tätig werden könne und dass es zu dieser Untersuchung im Rahmen eines von ihr eingeleiteten Überprüfungsverfahrens hinsichtlich der Rentenbescheide vom Rentenversicherungsträger gekommen sei, ist dieses Vorbringen wegen Verspätung nach § 67 Abs. IV ArbGG nicht zuzulassen. Angesichts des Bestreitens der Beklagten mit Nichtwissen würde die Berücksichtigung dieses Vorbringens die Erledigung des Rechtsstreites verzögern und die Klägerin hat keinerlei Gründe vorgebracht, die erklären, weshalb sie dies nicht wenigstens zuvor schriftlich angezeigt hat.

III. Die fehlende Zustimmung des Integrationsamtes nach § 92 SGB IX steht der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eintritt der auflösenden Bedingung nicht entgegen. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 24. April 2013 und damit zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung am 08. April 2013 bedurfte nicht (vorherigen) der Zustimmung des Integrationsamtes nach § 92 SGB IX. § 92 SGB IX ist nicht einschlägig, da die Klägerin jedenfalls im Zeitpunkt der Zustellung des Rentenbescheides vom 18. September 2012 einen Gleichstellungsantrag noch nicht gestellt hatte. Einen Gleichstellungsantrag hat die Klägerin erst am 19. Oktober 2012 gestellt.

1. Nach § 92 SGB IX bedarf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen auch dann der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes, wenn sie ua. im Fall des Eintritts einer teilweisen Erwerbsminderung ohne Kündigung erfolgt. Die Vorschriften des Kapitels 4 des SGB IX über die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung gelten nach § 92 Satz 2 SGB IX entsprechend. Dieser erweiterte Beendigungsschutz setzt jedoch voraus, dass im Auflösungszeitpunkt die Schwerbehinderteneigenschaft entweder anerkannt oder zumindest ein entsprechender Gleichstellungsantrag nach § 69 Abs. 2 SGB IX bereits gestellt war. Maßgeblich ist insoweit bei einem -hier ausschließlich in Betracht kommenden-Gleichstellungsantrag, dass dieser jedenfalls vor dem Auflösungszeitpunkt bereits gestellt war (vgl. z.B.: Dau/Düwell/Haines-Düwell, 2. Aufl., SGB IX, § 92, Rn. 5; Ascheid/Preis/Schmidt-Vossen, Kündigungsrechts, 4. Aufl., § 92 SBB IX, Rn 6; Erfurter Kommentar-Rolfs, 15. Aufl., § 92 SGB IX, Rn. 2; BAG 31. Juli 2002 -/ AZR 118/01- Rn 29ff, BAGE 102, 114, zu § 22 SchwbG). Denn die Gleichstellung wirkt gemäß § 68 Abs. 2 SBG IX auf den Tag der Antragstellung zurück aber nicht darüber hinaus.

2. Anknüpfend an die tarifliche Bestimmung in § 33 Abs. 2 TV DRV KBS ist maßgeblicher Auflösungszeitpunkt der Zugang des Rentenbescheides. Im Zeitpunkt des Zugangs des Rentenbescheides vom 18. September 2012 bei der Klägerin hatte diese einen Gleichstellungsantrag noch nicht gestellt. Diesen hat sie erst am 19. Oktober 2012 gestellt.

a) Nachdem eine Schwerbehinderung bei der Klägerin der Beklagten zu diesem Zeitpunkt weder offensichtlich noch bekannt war, kann dahinstehen, ob der Klägerin in diesem Fall der Schutz des § 92 SGB IX auch ohne Gleichstellungsantrag zustehen würde.

b) Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin ist der erste Rentenbescheid vom 18. September 2012 durch die nachfolgenden Rentenbescheide vom 06. März und 13. März 2013 nicht zurückgenommen worden.

Mit den nachfolgenden Rentenbescheiden wurde der bereits bestandskräftige Rentenbescheid vom 18. September 2012 nicht aufgehoben. Allein die Zustellung des Bescheides vom 06. März 2013 über eine befristete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung beseitigt den vorherigen Bescheid vom 18. September 2012 über die unbefristete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ebenso wenig wie der spätere Bescheid vom 13. März 2013.

3. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für den erweiterten Beendigungsschutz ist vorliegend nicht der Zeitpunkt der Beendigungsmitteilung des Arbeitgebers gemäß § 15 Abs. 2 TzBfG mit Schreiben vom 5. April 2012. Zutreffend weist die Beklagte insofern darauf hin, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien infolge Bedingungseintritts endet und die Beendigungsmitteilung selbst nicht Teil des Bedingungseintritts ist (vgl. Ascheid/Preis/Schmidt-Backhaus, § 15 TzBfG, Rn. 7). Die auflösende Bindung tritt nach der tarifvertraglichen Vorschrift in § 33 Abs. 2 TV DRV KBS mit der Zustellung des Rentenbescheides ein. In entsprechender Anwendung von § 15 Abs. 2 TzBfG endet das Arbeitsverhältnis frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Eintritt der auflösenden Bedingung (BAG 06. April 2011 -7 AZR 704/09- Rn. 22, BAGE 137, 292ff).

Nachdem der Bedingungseintritt bei Zugang des Rentenbescheides im September 2012 erfolgte, die Klägerin zu diesem maßgeblichen Zeitpunkt aber noch keinen Gleichstellungsantrag gestellt hatte, so dass der erweiterte Beendigungsschutz nach § 92 SGB IX für sie nicht galt, ist unerheblich, ob im Zeitpunkt der schriftlichen Unterrichtung gemäß § 15 Abs. 2 TzBfG die Klägerin einem schwerbehinderten Menschen gleich gestellt war oder nicht und ob die Beklagte dies wusste. (Im Verfahren 7 AZR 221/10 ist das Bundesarbeitsgericht zu einem anderen Ergebnis gelangt, weil der Arbeitgeber bereits vor Zugang des Rentenbescheides von der bestehenden Schwerbehinderung wusste und gleichwohl das Integrationsamt nicht angehört hatte).

C. Als unterlegener Partei waren der Klägerin die Kosten des Rechtsstreites aufzuerlegen, § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 ArbGG

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Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

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