LAG Hessen, 23.07.2015 – 1 Ta 273/15 Bei der Ermittlung der Höhe der § 42 Abs. 2 GKG maßgebenden Vergütung sind die Zahlungen von Urlaubs- und Weihnachtsgeldern nicht miteinzubeziehen. Anderes gilt für ein unzweifelhaft als Arbeitsentgelt geschuldetes 13. Monatsgehalt

April 22, 2019

LAG Hessen, 23.07.2015 – 1 Ta 273/15
Bei der Ermittlung der Höhe der § 42 Abs. 2 GKG maßgebenden Vergütung sind die Zahlungen von Urlaubs- und Weihnachtsgeldern nicht miteinzubeziehen. Anderes gilt für ein unzweifelhaft als Arbeitsentgelt geschuldetes 13. Monatsgehalt
Tenor:

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Gießen vom 6. Mai 2015 – 4 Ca 109/15 – aufgehoben.

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit gemäß § 33 RVG wird für das Verfahren auf € 16.625,49 und für den Vergleich auf € 22.167,32 festgesetzt.
Gründe

I.

Die Beschwerde der Klägervertreter hat Erfolg.

Mit seiner Klage hat der Kläger sich gegen die Wirksamkeit der Kündigung der Beklagten vom 25. Februar 2015 gewandt, verbunden mit einem allgemeinen Feststellungsantrag. Der Kläger bezog bei der Beklagten ein 13-mal im Jahr gezahltes Gehalt von € 4.750,00 brutto zuzüglich eines zu versteuernden Betrags von € 396,00 für die Privatnutzung des Firmenwagens.

Mit Beschluss vom 26. März 2015 stellte das Arbeitsgericht das Zustandekommen eines Vergleichs gemäß § 278 Abs. 6 ZPO fest, wobei für den Inhalt des Vergleichs auf Bl. 21 f. d.A. Bezug genommen wird. Das Arbeitsgericht hat nach vorheriger Anhörung des Klägers und seiner Prozessbevollmächtigten durch Beschluss vom 6. Mai 2015 den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfahren auf € 15.438,00 und den Vergleich auf € 20.584,00 festgesetzt. Der Beschwerde der Klägervertreter, mit der diese eine Wertfestsetzung unter Berücksichtigung eines Monatsgehalts von € 5.541,83 erreichen wollten, hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 16. Mai 2015 (Bl. 50 d.A.) nicht abgeholfen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Klägervertreter ist begründet.

Der Gegenstandswert im vorliegenden Verfahren ist auf den Betrag von € 16.625,49 und für den Vergleich auf € 22.167,32 festzusetzen.

Vorliegend hat der Kläger sich gegen die Wirksamkeit einer Kündigung gewandt, so dass für die Festsetzung des Verfahrenswertes für die Kündigung nach § 42 Abs. 2 GKG die Vergütung für ein Vierteljahr in Ansatz zu bringen sind. Hiergegen wendeten sich die Beschwerdeführer auch nicht.

Bei der Ermittlung des nach § 42 Abs. 2 GKG der Berechnung des Gegenstandswertes zugrunde zu legenden Monatseinkommens müssen neben dem Grundgehalt auch andere Einkommensbestandteile mit berücksichtigt werden. Für die Berechnung des Gegenstandswerts nach § 42 Abs. 2 GKG ist maßgeblich das Arbeitsentgelt, welches der Arbeitnehmer im Bezugszeitraum bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses beanspruchen könnte.

Nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammer des Hessischen Landesarbeitsgerichts ist es zwar gerechtfertigt, die Beträge für Sonderzahlungen – wie etwa Urlaubs- und Weihnachtsgeld – bei der Höhe der § 42 Abs. 2 GKG maßgebenden Vergütung nicht miteinzubeziehen. Dies ist aus Gründen der Rechtsklarheit und zur Ausschaltung von Zufälligkeiten bei der Feststellung der maßgeblichen Vergütung notwendig. Aus besonderen Anlässen gewährte Leistungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgelder müssen deshalb unberücksichtigt bleiben. Anderes gilt für ein unzweifelhaft als Arbeitsentgelt geschuldetes 13. Monatsgehalt (vgl. Hess. LAG vom 12. August 1999 – 15 Ta 137/99, NZA-RR 1999, 660; Hess. LAG vom 29. Mai 2002 – 15 Ta 93/02 n.v.; Tschöpe/Ziemann/Altenburg, Streitwert und Kosten im Arbeitsrecht, Teil 1 A. Rn 306 m.w.H.).

Unter Beachtung der vorstehenden Grundsätze errechnet sich ausgehend vom 13-mal gezahlten Bruttogehalt von € 4.750,00 das nach § 42 Abs. 2 S. 1 GKG maßgebliche monatliche Arbeitseinkommen unter Einbeziehung des geldwerten Vorteils in Höhe von € 396,00 auf insgesamt € 5.541,83.

Hieraus resultieren die Gegenstandswerte für das Verfahren mit € 16.625,49 und den Vergleich in Höhe von € 22.167,32 aufgrund des Mehrvergleichswertes für das Arbeitszeugnis.

Weil im Verfahren nach § 33 RVG das Verschlechterungsverbot (Verbot der “reformatio in peius”) gilt (vgl. Hess. LAG vom 21. Januar 1999 – 15/6 Ta 630/98, NZA-RR 1999, 156; Tschöpe/Ziemann/Altenburg a.a.O. Rn A 688) und eine Wertminderung damit ausscheidet, hat es bei dem vom Arbeitsgericht festgesetzten Vergleichsgegenstandswertes in Höhe eines weiteren Bruttomonatsgehalts entsprechend dem vorstehenden Berechnungsmodus für die Zeugnisregelung zu verbleiben und es kommt nicht darauf an, dass nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammer die Zeugnisregelung mangels Vorliegens einer verhaltensbedingten Kündigung nur mit dem Titulierungsinteresse von 20% eines Bruttomonatsgehalts werterhöhend zu berücksichtigen gewesen wäre (vgl. Hess. LAG vom 10. Juli 2015 – 1 Ta 113/15; Hess. LAG vom 22. August 2014 – 1 Ta 457/14, ).

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da eine Gerichtsgebühr nicht erhoben wird und Kosten nicht erstattet werden (§ 33 Abs. 9 Satz 2 RVG).

Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht möglich.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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