Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 27. April 1993 – 1Z BR 120/92 Umdeutung eines unwirksamen gemeinschaftlichen Testaments von Nichtehegatten; Wechselbezüglichkeit einer letztwilligen Verfügung; Unrichtigkeit eines Erbscheins bei fehlender Angabe angeordneter Nacherbfolge

April 2, 2019

Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 27. April 1993 – 1Z BR 120/92
Umdeutung eines unwirksamen gemeinschaftlichen Testaments von Nichtehegatten; Wechselbezüglichkeit einer letztwilligen Verfügung; Unrichtigkeit eines Erbscheins bei fehlender Angabe angeordneter Nacherbfolge
1. Zur Umdeutung eines unwirksamen gemeinschaftlichen Testaments von Nichtehegatten (hier: Schwestern) in ein wirksames privatschriftliches Einzeltestament.
2. Gegen die Wechselbezüglichkeit einer letztwilligen Verfügung kann der Umstand sprechen, daß die Zuwendung des einen an den anderen hinter dessen gesetzlichem Erbteil zurückbleibt.
3. Ein dem (gesetzlichen) Alleinerben antragsgemäß erteilter Erbschein ist auch dann unrichtig, wenn in ihm eine durch wirksame letztwillige Verfügung angeordnete Nacherbfolge nicht angegeben ist.
1. Hatten Schwestern sich gegenseitig in jeweils eigenhändigen wortgleichen “gemeinschaftlichen” Testamenten zu Vorerben und nach der letztversterbenden Nacherben eingesetzt und die letztwillige Verfügung der jeweils anderen Schwester mitunterschrieben, so daß von jeder Erblasserin ein eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes Testament unter Wahrung der gesetzlichen Form gem BGB § 2247 vorliegt, dann können die darin enthaltenen letztwilligen Verfügungen, die einseitig – somit nicht iSv BGB § 2270 wechselbezüglich – getroffen wurden, nach allgemeiner Meinung als Einzeltestament(e) gültig bleiben bzw aufrechterhalten werden (Anschluß BGH, 1987-06-16, IVa ZR 74/86, NJW-RR 1987, 1410). Die in diesem Rahmen noch unterschiedlich beantwortete Frage, ob einseitige Verfügungen, die der Testamentsform genügen, von vornherein gültig bleiben oder ob Nichtigkeit eintritt, diese daher nur auf dem Weg über eine Umdeutung als Einzeltestament aufrechterhalten werden können, ist vorliegend nicht erheblich.
Verfahrensgang
vorgehend LG Traunstein, 30. November 1992, 4 T 4729/91
vorgehend AG Rosenheim, 7. November 1991, VI 108/91

Gründe
I.
Die am 11.1.1991 im 82.Lebensjahr verstorbene Erblasserin war nicht verheiratet und kinderlos. Eine ihrer zwei Schwestern ist vorverstorben. Die andere Schwester, mit der die Erblasserin in häuslicher Gemeinschaft gelebt hatte, ist nach ihr am 7.4.1991 verstorben. Der Beteiligte zu 1 ist der Großneffe der Erblasserin; dessen Ehefrau ist die Beteiligte zu 2. Der Beteiligte zu 3 ist der durch Erbschein ausgewiesene Alleinerbe der nachverstorbenen Schwester. Der Nachlaß besteht aus Bankguthaben.
Das Nachlaßgericht hat ein von der Erblasserin eigenhändig geschriebenes und unterzeichnetes Testament eröffnet, welches ihre nachverstorbene Schwester mitunterzeichnet hat. Es lautet wie folgt:
“Gemeinschaftliches Testament.
Wir Schwestern…….treffen hiermit folgende letztwillige Verfügungen:

a) Wir setzen uns hiermit gegenseitig zum alleinigen Erben und ausschließlichen Vorerben ein. Der Vorerbe soll von allen gesetzlichen Beschränkungen befreit sein. Der Fall der Nacherbfolge tritt ein mit dem Tode des Vorerben.

b) Zu Nacherben nach dem Letztversterbenden setzen wird zu gleichen Teilen ein R. (Beteiligter zu 1) und dessen Ehefrau K. (Beteiligte zu 2)…
………. 28.Januar 1985″
Ein wortgleiches Testament, von der nachverstorbenen Schwester der Erblasserin eigenhändig ge- und unterschrieben, hatte auch die Erblasserin mitunterschrieben.
Auf Antrag der nachverstorbenen Schwester hatte das Nachlaßgericht mit Beschluß vom 12.3.1991 dieser einen Alleinerbschein auf Grund gesetzlicher Erbfolge erteilt.
Nachdem diese Schwester verstorben war, haben die Beteiligten zu 1 und 2 beim Nachlaßgericht angeregt, den Erbschein als unrichtig einzuziehen. Zugleich haben sie einen gemeinschaftlichen Erbschein beantragt, der sie als Miterben zu gleichen Teilen auf Grund am 7.4.1991 eingetretener Nacherbfolge nach Maßgabe des Testaments vom 28.1.1985 ausweisen soll. Zur Begründung haben sie vorgetragen, die beiden gemeinschaftlichen Testamente seien als solche zwar unwirksam; das Testament der Erblasserin könne jedoch in ein wirksames einseitiges Testament umgedeutet werden. Mit Beschluß vom 7.11.1991 hat das Nachlaßgericht den Erbschein vom 12.3.1991 als unrichtig eingezogen. Der Erbschein wurde an das Nachlaßgericht zurückgegeben. Der Beteiligte zu 3 hat Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den Beschluß vom 7.11.1991 aufzuheben und ihm einen Erbschein zu erteilen, der ihn als Alleinerben ausweise. Das Landgericht hat nach Durchführung von Ermittlungen mit Beschluß vom 30.11.1992 die Beschwerde zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß richtet sich die “Beschwerde” des Beteiligten zu 3. Er beantragt, den Beschluß des Landgerichts aufzuheben und wiederholt den beim Landgericht gestellten Antrag auf Neuerteilung eines Erbscheins. Die Beteiligten zu 1 und 2 beantragen, die weitere Beschwerde zurückzuweisen.
II.
Das Rechtsmittel ist als weitere Beschwerde (S 27 Abs.1 Satz 1 FGG) zulässig, aber unbegründet.
Das Landgericht hat ausgeführt: Das Nachlaßgericht habe den Erbschein vom 12.3.1991 zu Recht als unrichtig eingezogen, weil die als “gemeinschaftliches” Testament unwirksame letztwillige Verfügung in ein wirksames Einzeltestament umzudeuten sei. Entscheidend sei hierbei, daß das Testament der Erblasserin vom 28.1.1985 die gesetzlich vorgeschriebene Form eines eigenhändigen Testaments erfülle und daß es keine wechselbezüglichen Verfügungen enthalte. Auf unterschiedliche Rechtsauffassungen zu der Frage, inwieweit eine Umdeutung auch bei wechselbezüglichen Verfügungen zulässig sei, komme es nicht an. Im Fall einer gesetzlichen Erbfolge hätten sich die Erblasserin und ihre Schwester gegenseitig allein beerbt. Deshalb sei ihre Erbenstellung durch die gleichlautenden letztwilligen Verfügungen nicht “konstitutiv” begründet, sondern lediglich durch die angeordnete Nacherbfolge eingeschränkt worden. Diese Beschränkung sei zugunsten des Beteiligten zu 1 als des nächsten – und mit Ausnahme von dessen Söhnen auch einzigen – Blutsverwandten sowie dessen Ehefrau erfolgt, welche beiden Schwestern als die Eltern der letzten Träger ihres Namens gleich nahegestanden hätten. Es sei somit eine völlig andere Interessenlage gegeben als bei Ehegatten, die bei einem gemeinschaftlichen Testament vor der Frage stünden, ob und in welchem Umfang der andere Ehegatte und dessen Verwandte auf Kosten der eigenen Verwandten bedacht werden sollten. Die Kammer habe keinen Zweifel daran, daß die erbrechtliche Beschränkung der überlebenden Schwester auf (befreite) Vorerbschaft statt Alleinerbenstellung zugunsten des jeweiligen weiteren nächsten Verwandten und dessen Ehefrau nicht davon abhängig gewesen sei, daß auch die Schwester in gleicher Weise testiert habe. Im übrigen gehe die Kammer nach den Aussagen der beiden Söhne der Beteiligten zu 1 und 2 davon aus, daß die Erblasserin sie als einen einzigen Stamm angesehen habe, in welchem sich ihr Vermögen ohnehin weitervererben werde.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 Abs.1 FGG, § 550 ZPO).
1. Das Landgericht hat die Beschwerde des Beteiligten zu 3 im Ergebnis zu Recht als zulässig angesehen. Zwar ist der Erbschein vom 12.3.1991 auf Grund der Einziehungsanordnung vom 7.11.1991 an das Nachlaßgericht zurückgegeben worden. Die Beschwerde ist aber nach allgemeiner Auffassung mit dem Ziel
der Neuerteilung eines inhaltsgleichen Erbscheins statthaft (BayObLG Rpfleger 1988, 366/367; Keidel/Winkler FGG 13.Aufl. § 84 Rn.20; Bassenge/Herbst FGG/RPflG 6.Aufl. § 84 FGG Anm.II 3 c). Dahin hat das Landgericht die Beschwerde gegen die Einziehungsanordnung zu Recht aufgefaßt. Hierbei durfte der vom Beteiligten zu 3 erkennbar irrtümlich auf den Erbfall der nachverstorbenen Schwester bezogene Antrag auf Neuerteilung eines Erbscheins dahin ausgelegt werden, daß ein inhaltsgleicher Erbschein nach der Erblasserin, und zwar als Rechtsnachfolger der nachverstorbenen Schwester (§ 1922 BGB), erstrebt werde. Gegen die Annahme des Landgerichts, der Beteiligte zu 3 sei gemäß § 20 Abs.1 FGG beschwerdeberechtigt, bestehen keine Bedenken (vgl. BayObLG Rpfleger 1966, 207; KG OLGZ 1991, 1; Keidel/Kahl § 20 Rn.14).
2. Das Landgericht hat die Einziehung des Erbscheins vom 12.3.1991 als unrichtig im Sinn von § 2361 Abs.1 Satz 1 BGB ohne Rechtsfehler (vgl. BayObLGZ 1982, 309/311 m.w.Nachw.) bestätigt.
a) Zutreffend hat es darauf abgestellt, daß der erteilte Erbschein dann unrichtig ist (§ 2361 Abs.1 Satz 1 BGB), wenn er eine angeordnete Nacherbfolge nicht enthält (§ 2363 Abs.1 BGB; vgl. Palandt/Edenhofer BGB 52.Aufl. § 2363 Rn.8 und § 2361 Rn.3).
b) Rechtlich zutreffend ist auch die weitere Annahme des Landgerichts, daß das von der Erblasserin eigenhändig geschriebene, von ihrer Schwester mitunterzeichnete gemeinschaftliche Testament vom 28.1.1985 als solches nicht wirksam werden konnte (BGH NJW-RR 1987, 1410), weil das Gesetz (§ 2265 BGB) ein gemeinschaftliches Testament mit Formerleichterungen gemäß § 2267 BGB und Bindungswirkungen gemäß § 2271 BGB nur unter Ehegatten zuläßt. Dieser Ausgangspunkt ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG NJW 1989, 1986) und wird im Rechtsbeschwerdeverfahren auch nicht angegriffen.
c) Gegen die vom Landgericht vorgenommene Umdeutung (§ 140 BGB) der gemäß § 2265 BGB unwirksamen letztwilligen Verfügung in ein wirksames Einzeltestament der Erblasserin (§ 2247 Abs.1 BGB) wendet sich der Rechtsbeschwerdeführer ohne Erfolg (§ 27 Abs.1 FGG, § 550 ZPO).
aa) Liegt wie hier ein von der Erblasserin eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes Testament unter Wahrung der gesetzlichen Form gemäß § 2247 Abs.1 BGB vor, dann können darin enthaltenen letztwillige Verfügungen, die einseitig – somit nicht im Sinn von § 2270 Abs.1 BGB wechselbezüglich – getroffen wurden, nach allgemeiner Meinung als Einzeltestament gültig bleiben, bzw. aufrechterhalten werden (vgl. BGH NJW-RR 1987, 1410; KG NJW 1972, 2133/2134; OLG Frankfurt MDR 1976, 667; Palandt/Edenhofer Rn.3, BGB-RGRK/Johannsen 12.Aufl. Rn.14, Dittmann/Reimann/Bengel Testament und Erbvertrag 2.Aufl. Rn.6, jeweils zu § 2265 BGB). Die in diesem Rahmen noch unterschiedlich beurteilte Frage, ob einseitige Verfügungen, die der Testamentsform genügen, von vornherein gültig bleiben oder ob Nichtigkeit eintritt (vgl. Staudinger/Kanzleiter BGB 12.Aufl. § 2265 Rn.10), diese daher nur auf dem Weg über eine Umdeutung (§ 140 BGB) als Einzeltestament aufrechterhalten werden können (Pfälz.OLG Zweibrücken FamRZ 1989, 790; Soergel/Wolf BGB 12.Aufl. Rn.5, MünchKomm/Musielak BGB 2.Aufl. Rn.4, jeweils zu § 2265), ist für die vorliegende Entscheidung nicht erheblich, weil das Landgericht jedenfalls die objektiven und subjektiven Voraussetzungen für eine Umdeutung (vgl. Palandt/Heinrichs § 140 Rn.6 und 8) zutreffend bejaht hat.
bb) Ohne Erfolg wendet sich der Rechtsbeschwerdeführer gegen die Auffassung des Landgerichts, die von der Erblasserin im Testament vom 28.1.1985 getroffenen letztwilligen Verfügungen seien nicht wechselbezüglich gewollt, sondern unabhängig davon, daß auch ihre Schwester in gleicher Welse testiert habe.
(1) Letztwillige Verfügungen, die in einem gemeinschaftlichen Testament getroffen werden, sind gemäß § 2270 Abs.1 BGB dann wechselbezüglich, wenn anzunehmen ist, daß nach dem Willen der gemeinschaftlich Testierenden die Verfügung des einen nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen worden wäre und die eine mit der anderen Verfügung stehen und fallen soll (BayObLG NJW-RR 1992, 1223/1224 m.w.Nachw.). Ob in einem unwirksamen gemeinschaftlichen Testament von Nichtehegatten derartige voneinander abhängige Verfügungen enthalten sind (vgl. BGH NJW- RR 1987, 1410), ist nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen und für jede einzelne Verfügung gesondert zu ermitteln (BayObLGZ 1991, 173/176 m.w.Nachw.; Palandt/Edenhofer § 2270 Rn.5).
(2) Die von den Richtern der Tatsacheninstanzen vorgenommene Auslegung unterliegt nur einer auf Rechtsfehler beschränkten Nachprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht (vgl. BayObLGZ 1991, 173/176 m.w.Nachw.). Von derartigen Rechtsfehlern ist die Auslegung des Landgerichts nicht beeinflußt. Weder hat es wesentliche Umstände außer Acht gelassen, noch sind Verstöße gegen die Gesetze der Logik oder gegen die allgemeine Lebenserfahrung erkennbar. Für die Auslegung des Landgerichts spricht vielmehr der wesentliche Umstand, daß die Erblasserin und ihre Schwester jede für sich ein selbständiges, vollständiges und formgültiges Einzeltestament errichtet haben. Weil beide von den Formerleichterungen, die für gemeinschaftlich testierende Ehegatten gelten (§ 2267 BGB), hier keinen Gebrauch gemacht haben, liegt es nahe, daß sie auch inhaltlich für ihre letztwilligen Verfügungen nicht die für Ehegatten möglichen gesetzlichen Bindungswirkungen (§ 2271 Abs.1, Abs.2 BGB) herbeiführen wollten. Eine gegenseitige innere Abhängigkeit der Verfügungen wäre nur dann anzunehmen, wenn die Schwestern bei der Errichtung ihres Testaments einen dahingehenden übereinstimmenden Willen gehabt hätten (vgl. BGH NJW 1993, 256). Einen solchen Willen hat das Landgericht hier aber gerade nicht festgestellt. Vielmehr kann insbesondere der Umstand, daß die Zuwendung der einen an die andere Schwester hinter der gesetzlichen Erbfolge zurückbleibt, gegen die Wechselbezüglichkeit sprechen (Palandt/Edenhofer § 2270 Rn.5 a.E.). Deshalb hat das Landgericht zu Recht darauf abgestellt, daß die Erblasserin und ihre Schwester, die sich bei gesetzlicher Erbfolge gegenseitig beerbt hätten, durch die angeordnete Nacherbfolge ihre Erbenstellung lediglich eingeschränkt haben (vgl. Palandt/Edenhofer § 2100 Rn.9). Es ist deshalb ohne besondere Umstände, die das Landgericht nicht festgestellt hat und die auch sonst nicht ersichtlich sind, keineswegs naheliegend anzunehmen, daß der in der Nacherbeneinsetzung zum Ausdruck kommende Wille der Erblasserin, die Erbfolge angesichts des hohen Alters der Schwester auch für die weitere Generation zu regeln, davon abhängen soll, daß die Schwester in gleicher Weise bindend verfügt. Die Erblasserin mag dies zwar als wünschenswert angesehen haben; dies ergibt aber keineswegs, daß sie davon die Wirksamkeit ihrer eigenen entsprechenden Verfügung abhängig machen wollte.
(3) Die Einwendungen des Rechtsbeschwerdeführers sind nicht begründet. Entgegen seiner Ansicht folgt aus der Gemeinschaftlichkeit der Errichtung zur selben Zelt am selben Ort auf Grund eines gemeinsamen Entschlusses durch Überschrift, Mitunterzeichnung und inhaltliche Übereinstimmung noch nicht ohne weiteres der Wille einer gegenseitigen Abhängigkeit der getroffenen Verfügungen. Ein derartiger Wille folgt auch nicht daraus, daß beide Schwestern die rechtliche Möglichkeit gehabt hätten, eine andere Erbfolge, insbesondere andere Nacherben zu bestimmen. Entgegen der Ansicht des Rechtsbeschwerdeführers verstößt es weder gegen die Gesetze der Logik, noch gegen feststehende Erfahrungssätze, daß die durch Nacherbfolge begünstigten Beteiligten zu 1 und 2 den Schwestern gleich nahestanden. Vielmehr hat das Landgericht zu Recht darauf abgestellt, daß insoweit eine andere Interessenlage gegeben ist, als bei testierenden Ehegatten. Letztere stehen nämlich vor der Frage, ob und in welchem Umfang jeder den anderen und dessen Verwandte auf Kosten der eigenen Verwandten bedenken will, während hier die Erblasserin und ihre Schwester demselben Familienverband angehören. Soweit sich der Rechtsbeschwerdeführer im übrigen auf eine andere mögliche Auslegung beruft, will er seine eigene Tatsachenwürdigung an die Stelle derjenigen des Landgerichts setzen. Dies kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mit Erfolg geltend gemacht werden (§ 27 Abs.1 Satz 2 FGG, § 561 Abs.2 ZPO; vgl. BayObLGZ 1991, 173/174). Entgegen der Ansicht des Rechtsbeschwerdeführers hat das Landgericht auch nicht gegen die Auslegungsregel des § 2270 Abs.2 BGB verstoßen. Abgesehen davon, daß sie bei der Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments von Nichtehegatten ohnehin nicht ohne weiteres anwendbar ist (Pfälz.OLG Zweibrücken FamRZ 1989, 790), greift diese Auslegungsregel erst dann ein, wenn die Auslegung zur Wechselbezüglichkeit kein eindeutiges Ergebnis gebracht hat (Palandt/Edenhofer § 2270 Rn.7). Hier hat aber schon die Auslegung des Landgerichts die gegenseitige Unabhängigkeit der letztwilligen Verfügungen ergeben.
3. Ausdrücklich offen gelassen hat das Landgericht die heute überwiegend bejahte Frage, ob auch wechselbezügliche Verfügungen unter bestimmten Voraussetzungen einer Umdeutung zugänglich sind (vgl. z.B. die Nachweise bei Palandt/Edenhofer § 2265 Rn.3 und 4). Das hierauf bezogene Vorbringen des Rechtsbeschwerdeführers kann auf sich beruhen, weil es im vorliegenden Fall nicht mehr erforderlich ist, diese Frage zu klären.
4. Gemäß § 13 a Abs.1 Satz 2 FGG hat der Beteiligte zu 3 die den Beteiligten zu 1 und 2 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
5. Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 31 Abs.1 Satz 1, § 131 Abs.2, § 30 Abs.l KostO. Bei der Schätzung des vom Beteiligten zu 3 mit seinem Rechtsmittel verfolgten wirtschaftlichen Interesses, dessen Grundlage auch bei der Erbscheinseinziehung der Wert des reinen Nachlasses bildet (§ 108 Satz 2, § 107 Abs.2 Satz 1 KostO) ist der Senat übereinstimmend mit dem Landgericht von den Angaben im Nachlaßverzeichnis ausgegangen.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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