Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 18. Juni 2019 – 2 U 31/18

Juli 16, 2020

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 18. Juni 2019 – 2 U 31/18
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 18.07.2018, Az. …, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten als Gesamtschuldner mit Ausnahme der Kosten der Nebenintervenienten, die diese selbst tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die angefochtene Entscheidung ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 6.000.000,00 € festgesetzt.
Gründe
Die Parteien streiten, ob der Kläger Testamentsvollstrecker über den Nachlass des am …2015 verstorbenen Herrn … ist und, falls dies der Fall ist, ob ein wichtiger Grund zur Entlassung des Klägers als Testamentsvollstrecker vorliegt bzw. die Testamentsvollstreckung bestimmte Unternehmensbeteiligungen nicht erfasst.
Die Beklagten sind die Kinder des Erblassers, die Nebenintervenienten dessen Enkelkinder.
Der Erblasser war an mehreren Gesellschaften der Firmengruppe … beteiligt. Die Gesellschaftsanteile werden von zwei Familienstämmen zu je 50 % gehalten, von denen der Erblasser einen Familienstamm repräsentierte. Der Erblasser und seine 1986 vorverstorbene Ehefrau, Frau …, errichteten am 18.8.1975 ein handschriftliches Testament, in dem sie sich wechselseitig als Alleinerben des Vorversterbenden einsetzten und sodann ihre Kinder, die Beklagten, als Schlusserben beriefen. Sie änderten dieses Testament mit eigenhändigem Testament vom 1.3.1979 teilweise ab. Beide Testamente sind unstreitig wirksam errichtet worden.
Das Testament in der abgeänderten Fassung lautet auszugsweise wie folgt (Anlage K 1):
„Wir, die unterzeichnenden Eheleute
… und … …
setzen uns hiermit für den Fall unseres Ablebens gegenseitig zu Erben ein.
Nach dem Ableben des Längstlebenden oder im Falle unseres gleichzeitigen Ablebens sind unsere beiden
Kinder C. D…, geb. …1951
und E. F…, geb. …1959
zu gleichen Teilen Erben.
Sollte eines unserer Kinder vor uns versterben, oder keine leiblichen Erben hinterlassen, soll das überlebende Kind Alleinerbe sein.
Soweit sich aus dem Vorgesagten Vor- u. Nacherbfolge ergeben sollte, soll der jeweilige Vorerbe befreiter Vorerbe sein.
Vermächtnis
Neben der vorgenannten Erbfolge vermachen wir für den Fall, dass einer der vorgenannten Erbfälle eintritt, folgendes:
1.) Frau … …, … für treue Dienste in unserem Hause DM 25.000,- (Fünfundzwanzigtausend)
2.) … …, geb. …1972 DM 25.000,- (Fünfundzwanzigtausend)
Sollten unsere Kinder beide ohne leibliche Erben versterben und keine eigene letztwillige Verfügung getroffen haben, so soll unser beiderseitiger Nachlass – abgesehen von den vorerwähnten Vermächtnissen – wie folgt verwandt werden:
Gesamtvermögen – bzw. Nachlaß – 100 %
1.) Herr … …, geb. …1921 20 % (zwanzig Prozent)
(wobei der Sohn … …, geb. …51 ausdrücklich von der Nacherbe ausgeschlossen wird)
2.) Herr … …, … geb. …1913 15 % (fünfzehn Prozent)
3.) Frau … …, geb. …, Tochter des … … 10 % (zehn Prozent)
4.) Frau … …, … (unter Ausschluss von Nacherben) 10 % (zehn Prozent)
5.) Kinderkrankenhaus Duvenstedt 10 %
6.) Herr … … (Rechtsanwalt), … 10 % (zehn Prozent)
7.) Frau … …, … 25 % (fünfundzwanzig Prozent)
Durch die Verfügung für den Fall des Ablebens unserer Kinder sollen diese – bzw., das überlebende von ihnen, in keiner Weise in ihrer Verfügungsmacht über ihr Erbteil und in ihrer Testierfähigkeit beeinträchtigt sein.
Für den Fall, dass unser Sohn E. F… bei unserem Ableben noch nicht volljährig ist, soll Herr … …, … als Vormund bestellt werden.
Weiterhin setzen wir Herrn … … mit dem Auftrag als Testamentsvollstrecker ein, unseren letzten Willen in unserem Sinne entsprechend unserem Testament zu vollstrecken.
Die Testamentsvollstreckung erlischt, sobald unsere Kinder ihre Berufsausbildung abgeschlossen haben, frühestens mit Vollendung ihres 25. Lebensjahres und zwar jeweils hinsichtlich des auf C. D… oder E. F… entfallenden Erbteils, wenn diese Voraussetzung für eines von ihnen eintritt.
Herr Rechtsanwalt … … soll in seiner Eigenschaft als Vormund und Testamentsvollstrecker von Vorschriften des § 181 BGB befreit sein.“
Der am …1986 geborene Nebenintervenient G. H… ist der Sohn der Beklagten zu 1.), der Frau C. D…, der am …1997 geborene Nebenintervenient I. J… ist der Sohn des Beklagten zu 2.), des Herrn E. F… Weitere Kinder haben die Beklagten nicht.
Etwa 1997/1998 kam auf Seiten des Erblassers der Wunsch auf, die testamentarische Erbfolge anders zu regeln und die Beklagten lediglich als befreite Vorerben sowie die Nebenintervenienten als Nacherben einzusetzen und den Nachlass unter Testamentsvollstreckung zu stellen. Hintergrund dieser Überlegungen des Erblassers war, dass er das Erbe in der Familie halten wollte und daher eine Verlängerung der Erbfolge auf die Enkelkinder wünschte sowie sich nach seinem Ableben den Sachverstand eines Testamentsvollstreckers für die Führung des Unternehmens sichern wollte. Ob darüber hinaus auch gesellschaftsrechtliche Überlegungen des Erblassers eine Rolle spielten ist streitig. Der Erblasser wandte sich jedenfalls zunächst an seinen langjährigen Steuerberater Herrn …, der aber die Übernahme der Testamentsvollstreckung ablehnte. Dieser schlug den Kläger als Testamentsvollstrecker vor, der zu diesem Zeitpunkt kurz davor stand, in die Sozietät von Herrn … als Partner aufgenommen zu werden. Der Kläger war mit dem Vorschlag einverstanden. Die Beklagten wollten sich der vom Erblasser angestrebten Änderung des Testaments nicht widersetzen, weil sie der Auffassung waren, dass es ohnehin das Vermögen des Erblassers sei und dieser damit machen können was er wolle. Die Nebenintervenienten waren nicht eingebunden.
Der Erblasser und die Beklagten begaben sich zur Umsetzung des Wunsches des Erblassers zum zwischenzeitlich verstorbenen Notar Dr. … Dieser beurkundete am 22.1.1998 folgende Erklärungen:
„Vor mir, dem Hamburgischen Notar Dr. … …, erscheinen heute in meinem Amtszimmer …, … Hamburg
1. Herr … … …
2. Frau C. D… …
3. Herr E. F… …
und erklären zu meinem Protokoll:
I.
Der Erschienene zu 1. ist der Vater von der Erschienenen zu 2. und dem Erschienenen zu 3. Der Erschienene zu 1. war mit der Mutter der Erschienenen zu 2. und 3., nämlich … …, geb. … verheiratet. Frau … … geb. … ist am …1986 verstorben. Der Erschienene zu 1. ist inzwischen wieder verheiratet.
Der Erschienene zu 1. und Frau … … geb. … haben am 28.8.1975 mit einem Nachtrag vom 1.3.1979 ein privatschriftliches gegenseitiges Testament erreichtet und zu Schlusserben die Erschienenen zu 2. und 3. eingesetzt.
Die Erschienenen sind nun übereingekommen, dass die Erbeinsetzung bezüglich des Nachlasses ihres Vaters gegenüber dem handschriftlichen Testament modifiziert werden soll.
Demgemäß verzichten die Erschienenen zu 2. und 3. hiermit auf ihre Ansprüche aus dem privatschriftlichen Testament. Der Erschienene zu 1. nimmt diesen Verzicht an.
II.
Sodann ersuchen die Erschienenen den beurkundenden Notar um die Beurkundung des nachstehenden Erbvertrags, in welchem lediglich der Erschienene zu 1. Verfügungen von Todes wegen errichtet.

Der Erschienene zu 1. erklärt nunmehr:
In der nachstehenden Verfügung von Todes wegen werde ich meine jetzige Ehefrau nicht bedenken, da diese inzwischen ausreichend versorgt ist.
Sodann wurde der
Erbvertrag
wie folgt erklärt:
§ 1
Es wird festgestellt, dass aus dem privatschriftlichen Testament keinerlei Erbansprüche mehr geltend gemacht werden können.
§ 2
Ich, der Erschienene zu 1., setze meine beiden Kinder, nämlich
a) C. D…, geb. … und
b) E. F…
zu gleichen Teilen zu meinen Erben ein mit der Maßgabe, dass diese befreite Vorerben sind. Sie sind also von den Beschränkungen der §§ 2133 ff. BGB soweit befreit, wie das Gesetz es zulässt.
§ 3
Zu Nacherben meiner Tochter C. D… geb. … berufe ich meinen Enkel … … sowie die Kinder, die meiner Tochter noch ehelich geboren werden sollten, zu gleichen Teilen untereinander

§ 4
Zu Nacherben meines Sohnes E. F… berufe ich meinen Enkel … … sowie die Kinder, die meinem Sohn noch ehelich geboren werden sollten, zu gleichen Teilen untereinander

§ 5
Ich mache meinen Kindern zur Auflage, meine Beteiligungen an den Firmen
a) … GmbH & Co KG …
b) Grundstücksgesellschaft der Verwaltungsgesellschaft … mbH & Co oHG …
c) Verwaltungsgesellschaft … mbH …
nur zusammen mit den Rechtsnachfolgern an den Firmenrechten des Herrn … … zu veräußern.
§ 6
Ich ordne Testamentsvollstreckung an. Der Testamentsvollstrecker hat den Nachlaß für die längstmögliche Zeit zu verwalten und meinen Erben die Erträgnisse des Nachlasses unter besonderer Berücksichtigung der Erhaltung der Unternehmen der Firmen
a) … GmbH & Co KG …
b) Grundstücksgesellschaft der Verwaltungsgesellschaft …mbH & Co oHG …
c) Verwaltungsgesellschaft … mbH …
zur Verfügung zu stellen. Nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen darf der Testamentsvollstrecker Nachlaßgegenstände aus der Testamentsvollstreckung entlassen. Dieses gilt insbesondere bei einer einvernehmlichen Veräußerung meiner Gesellschaftsbeteiligungen gem. vorstehendem § 5.
Das Veräußerungsverbot des § 5 schließt jedoch nicht das Kündigungsrecht nach den Gesellschaftsverträgen aus. Die Erben erteilen dem Testamentsvollstrecker eine Vollmacht, alle gesellschaftlichen Rechte und Pflichten gemäß § 14 Abs. 4 des Vertrages der Gesellschaft zu a) bzw. § 12 Abs. 4 des Vertrages der Gesellschaft zu b) auszuüben. Bei der Ausübung der gesellschaftlichen Rechte und Pflichten stehen die Erhaltung des Kapitals, der Ertragskraft und der Liquidität des Unternehmens im Vordergrund.

Zum Testamentsvollstrecker berufe ich Herrn Wirtschaftsprüfer und Steuerberater A. B… …
Ich mache meinem Testamentsvollstrecker zur Auflage, bei Annahme seines Amtes einen Ersatztestamentsvollstrecker zu bestimmen.
Sollte mein Testamentsvollstrecker das Amt nicht annehmen wollen oder können oder keinen Ersatztestamentsvollstrecker bestellt haben, so bitte ich den Präsidenten des Amtsgerichts Hamburg einen Ersatztestamentsvollstrecker aus dem Kreise der Sozien der Wirtschaftsprüfer-Sozietät Dr. …, …, …, …& … zu bestimmen.
Die Kosten der Testamentsvollstreckung werden wie folgt geregelt: Die Konstituierungsgebühr beträgt nach den heutigen Verhältnissen DM 200.000,–. Für die Dauervollstreckung wird eine jährliche Vergütung in Höhe von 3 % des Jahresbetrages der Einkünfte vereinbart. Der Testamentsvollstrecker wird verpflichtet, seine Tätigkeit berufsüblich zu versichern. Dieser Versicherungsaufwand wird ihm gesondert erstattet.
§ 7
Nunmehr erklären die Erschienenen zu 2. und 3.:
Wir nehmen hiermit die vorstehenden Verfügungen an, womit diese vertragsgemäß werden.“
Am 27.12.2002 schenkte der Erblasser den Beklagten im Wege der vorweggenommenen Erbfolge Unternehmensbeteiligungen. Hierüber schlossen der Erblasser und die Beklagten einen notariellen Schenkungsvertrag (Anlage K 4). In Ziff. I. der Urkunde lautet es u.a.:
„In der Verhandlung vom 22.1.1998 zur UR-Nr. …/1998 des beurkundenden Notars wurde zwischen Herrn … … einerseits und den Erschienenen zu 2.) und 3.) andererseits ein Erbvertrag geschlossen. … Ferner wurde Testamentsvollstreckung angeordnet. Es handelt sich um eine Dauertestamentsvollstreckung.“
In Ziff. IV. dieser notariellen Urkunde, die auch vom Kläger unterzeichnet wurde, lautet es in Bezug auf die schenkungsbedingt eingetretene Aufspaltung der Unternehmensbeteiligungen:
„Zwischen den Erschienenen zu 1. bis 4. wird hiermit vereinbart, daß der Erschienene zu 4., Herr A. B…, die Verwaltung der entsprechenden Vermögensgegenstände nach dem Tode von Herrn … … vorzunehmen hat und die Stimmrechte von ihm für die hier verschenkten gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen und die Beteiligungen, welche die Erschienenen zu 2. und 3. von Todes wegen oder unter Lebenden noch erhalten werden, nur im Sinne der Gesellschafter einheitlich ausüben darf.
Die zu treffenden Entscheidungen sollen unter der Beratung des Herrn A. B… vorgenommen werden. Herr A. B… soll bei Uneinigkeit der Erschienenen zu 2. und 3. wie ein Schiedsgutachter tätig werden.
Herr A. B… erhält für die Übernahme seiner Tätigkeiten aus diesem Vertrage ein Honorar auf Stundenbasis entsprechend seinem Aufwand. …“
Mit notarieller Urkunde vom gleichen Tage schlossen die Beklagten und der Erblasser einen Erbvertrag (Anlage B 12), in dem die Beklagten die ihnen zuvor schenkungsweise vom Erblasser überlassenen Unternehmensbeteiligungen als Vermächtnisse ihren jeweiligen Kindern, also den Nebenintervenienten zu 1.) und 2.) zuwandten. In Bezug auf diese Vermächtnisse ordneten sie Testamentsvollstreckung durch den Kläger bis zum 25. Lebensjahr des jeweils jüngsten Nebenintervenienten an.
Nach dem Tode des Erblassers ist dem Kläger am 21.3.2006 vom Amtsgericht Ahrensburg – Nachlassgericht – ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt worden (Anlage K 6).
Am 9.8.2006 schlossen die Beklagten mit dem Kläger einen weiteren notariellen Vertrag, in dem sie dem Kläger einen Verwaltungsauftrag auch für die mit dem notariellen Vertrag aus 2002 übertragenen Geschäftsanteile erteilten (Anlage K 5). In dem Vertrag lautet es auszugsweise:
„II.
In Vollzug der Bestimmungen unter IV. des soeben genannten Schenkungsvertrages sowie § 6 des Erbvertrages vom 22. Januar 1998, Urkundsrollen Nr. … des hamburgischen Notars Dr. … …, beauftragen die Erschienenen zu 1. und 2. den Erschienenen zu 3., alle gesellschaftlichen Rechte und Pflichten an den oben genannten Gesellschaften in ihrem Namen auszuüben. Bei der Ausübung der gesellschaftlichen Rechte und Pflichten sollen die Erhaltung des Kapitals, die Ertragskraft und die Liquidität des Unternehmens im Vordergrund stehen. Die Erträgnisse der genannten Gesellschaftsbeteiligungen sind unter besonderer Berücksichtigung der Erhaltung des Unternehmens an die Erschienenen zu 1. und 2. auszukehren.“
Ferner beurkundeten die Parteien am gleichen Tage in einer separaten Urkunde eine Vollmacht für den Kläger zur Ausübung der Stimmrechte der Beklagten (Anlage K 6).
Beginnend ab dem Jahr 2014 kam es zu Unstimmigkeiten zwischen dem Kläger und den Beklagten. Erstmals Mitte 2016 äußerten die Beklagten dem Kläger gegenüber die Auffassung, dass die mit der erbvertraglichen Verfügung aus 1998 angeordnete Testamentsvollstreckung unwirksam sei und vielmehr jedenfalls insoweit das Testament aus 1975 fortgelte. Durch den von den Beklagten 1998 erklärten Erbverzicht seien die Nebenintervenienten als Ersatzerben in die Schlußerbenstellung der Beklagten eingerückt mit der Folge, dass die Erbeinsetzung aus dem Testament 1975 fortgalt und damit nicht durch den Erbvertrag 1998 geändert werden konnte. Sie beantragten daher beim Amtsgericht Ahrensburg die Einziehung des Testamentsvollstreckerzeugnisses wegen Unrichtigkeit. Das Nachlassgericht wies den Antrag mit Beschluss vom 2.3.2017 zurück (Anlage K 11). Die Beschwerde hiergegen wies das Oberlandesgericht Schleswig mit Beschluss vom 20.11.2017 zurück (Anlage K 14).
Urkunde vom 22.1.198 erklärten Verzicht einen beschränkten Zuwendungsverzicht dahingehend erklärt hätten, dass ihnen nachträgliche Beschränkungen durch eine Vor- und Nacherbschaft sowie die Anordnung einer Testamentsvollstreckung auferlegt werden dürfen. Trotz der durch das Vorversterben der Ehefrau ab 1986 eingetretenen Bindung des Erblassers an das Testament aus 1975 habe der Erblasser aufgrund dieses beschränkten Zuwendungsverzichts nachträglich die streitgegenständliche Testamentsvollstreckung anordnen können. Der nur beschränkte Zuwendungsverzicht folge aus der Formulierung in Ziff. I Absatz 3 der notariellen Urkunde aus 1998. Dort heiße es nämlich, dass die Erbeinsetzung modifiziert werde, also nur geändert und gerade nicht vollständig entfallen solle. Ein solcher beschränkter Zuwendungsverzicht sei auch zulässig, denn wenn die Erben vollständig auf ihre Rechte verzichten könnten, dann müssten sie dies auch beschränkt können. Selbst wenn es sich bei dem Verzicht um einen vollständigen Zuwendungsverzicht handeln würde und deswegen die Nebenintervenienten als Ersatzerben an die Stelle der Beklagten getreten wären, ergäbe sich kein anderes Ergebnis. In diesem Fall enthielte der Erbvertrag aus 1998 nämlich den Widerruf der Ersatzerbenberufung durch den Erblasser, die nicht an der Bindungswirkung des § 2271 BGB teilnehme, weil sich die Ersatzerbenberufung der Enkel nicht aus dem Testament, sondern aus § 2069 BGB ergebe. Aus der Klausel im Testament 1975, nach der die Kinder in keiner Weise in ihrer Verfügungsmacht über ihr Erbteil beeinträchtigt werden sollen, ergebe sich nichts anderes. Es handele sich bei dieser Regelung um keine Auflage der Ehegatten untereinander, auf die die Kinder nicht verzichten könnten. Die Klausel sei lediglich eine Klarstellung, dass die Erben keiner weitergehenden Beschränkung als den ausdrücklich testamentarisch verfügten Beschränkungen unterliegen sollen. Selbst wenn die Enkel als Ersatzerben wirksam in die Erbenstellung der Kinder eingerückt wären, würde die Testamentsvollstreckung zumindest derzeit in Bezug auf den Erbteil des Nebenintervenienten I. J… fortdauern. Denn das Testament aus 1975 habe beschränkt bis zum 25. Geburtstag des jeweiligen Erbens eine Testamentsvollstreckung vorgesehen. I. J… werde aber erst im Jahr 2022 25 Jahre alt, so dass die Testamentsvollstreckung noch andauere. Zwar sehe das Testament aus 1975 eine andere Person als Testamentsvollstrecker vor. Dem Testament lasse sich aber ein Änderungsvorbehalt hinsichtlich der Person des Testamentsvollstreckers entnehmen, sofern diese einen rechtsberatenden Beruf ausübe. Dies sei aber – unstreitig – beim Kläger der Fall.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
1.) festzustellen, dass der am …1921 in Hamburg geborene und am …2005 in Hamburg verstorbene … …, zuletzt wohnhaft in G…, in der Urkunde des Hamburger Notars Dr. … … vom 22.1.1998 (UR-Nr.:…/…) Dauertestamentsvollstreckung über seinen Nachlass durch Herrn A. B…, geboren am …1960, wohnhaft: …, … Hamburg, angeordnet hat,
2.) festzustellen, dass Herr A. B., geboren am …1960, wohnhaft: …, … Hamburg, Dauertestamentsvollstrecker über den Nachlass des am …1921 in Hamburg geborenen und am …2005 in Hamburg verstorbenen … …, zuletzt wohnhaft in G…, ist.
Die Beklagten haben erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen
und widerklagend,
1.) festzustellen, dass die Anordnung der Testamentsvollstreckung durch den Erblasser … … in der Urkunde des Notars … Nr. …/… unwirksam ist,
2.) festzustellen, dass die Ernennung von A. B…, geboren am …1960 als Testamentsvollstrecker durch den Erblasser … … unwirksam ist
hilfsweise
3.) festzustellen, dass ein wichtiger Grund für die Entlassung des Testamentsvollstreckers A. B… gegeben ist,
4.) festzustellen, dass der Erblasser … … in seiner Anordnung vom 22.1.1998 gem. Urkunde …/… des Notars Dr. … für die Gesellschaften … GmbH & Co. KG sowie der Grundstücksgesellschaft der Verwaltungsgesellschaft … mbH & Co oHG lediglich die Vollmachtslösung und keine Testamentsvollstreckung angeordnet hat und der Verwaltungsauftrag für diese Gesellschaften und die Rechtsnachfolger mit Kündigung vom 4.1.2018 beendet wurde.
Der Kläger hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagten sind der Auffassung, dass die Klage schon unzulässig sei, weil ein Fall der notwendigen Streitgenossenschaft zwischen Beklagten und Nebenintervenienten vorliege und der Kläger es versäumt habe, auch die Nebenintervenienten als Beklagte in Anspruch zu nehmen. Die Klage sei aber auch unbegründet, weil der Kläger nicht wirksam zum Testamentsvollstrecker ernannt worden sei. Die notarielle Urkunde aus 1998 enthalte einen vollständigen Zuwendungsverzicht. Dies ergebe sich aus dem eindeutigen Wortlaut der notariellen Erklärung, die auch keiner anderweitigen Auslegung zugänglich sei. Rechtsfolge dieses vollständigen Zuwendungsverzichts sei, dass die Enkel gem. dem Testament aus 1975 in die Schlusserbenstellung der Beklagten eingerückt seien und deswegen nunmehr nach dem Tode des Erblassers Vollerben geworden seien. Zwar sei richtig, dass sich der Erblasser und die Beklagten 1998 über die Rechtsfolgen eines vollständigen Zuwendungsverzichts geirrt hätten, namentlich über das Nachrücken der Nebenintervenienten in die Schlusserbenstellung der Beklagten. Darin liege aber lediglich ein übereinstimmender Rechtsfolgen- oder Zweckverfehlungsirrtum, der sich nicht über eine Auslegung korrigieren lasse, sondern allenfalls im Rahmen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB Beachtung finde. Nach der Entscheidung des BGH NJW 1999, 789 scheide aber die Anpassung eines Zuwendungsverzichts über das Fehlen oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage aus. Die notarielle Urkunde aus 1998 enthalte ausweislich ihres Wortlauts auch keinen Widerruf der Ersatzerbenberufung der Nebenintervenienten. Selbst wenn man dies annehmen wollte, sei der Widerruf nicht wirksam, weil ihm die Bindungswirkung des § 2271 BGB entgegen stehe. Denn die Ersatzerbenstellung der Nebenintervenienten ergebe sich direkt aus dem Testament aus 1975 und nicht allein aus § 2069 BGB. Er nehme daher an der Bindungswirkung des § 2271 BGB teil. Unabhängig hiervon sei auch ein beschränkter Zuwendungsverzicht grundsätzlich nicht möglich. Ein Teilverzicht dergestalt, dass die Beklagten sich mit der Anordnung einer Nach- und Vorerbschaft sowie die Ernennung eines Testamentsvollstreckers einverstanden erklärten, würde für sich genommen nämlich noch keine erbrechtlichen Rechtsfolgen auslösen. Erforderlich sei vielmehr, dass der Erblasser auch neu verfüge. Es handele sich in der Sache daher nicht um einen Verzicht, sondern eine Gestattung, die dogmatisch als Einwilligung gem. § 182 Abs. 3 BGB bzw. Genehmigung gem. § 184 BGB aufzufassen sei. Ein ausschließlich erklärter Verzicht könne aber nicht in eine Einwilligung oder Genehmigung ausgelegt oder umgedeutet werden. Unabhängig hiervon enthalte das Testament aus 1975 mit der Klausel, dass die Kinder durch die Verfügung in ihrer Testierfreiheit nicht beschränkt werden sollen, auch eine Auflage an den Erblasser, die Verfügungsbefugnis der Kinder nicht nachträglich zu beschränken. Da Auflagen nur den Auflagenempfänger verpflichteten, aber keinen Rechtsanspruch des Begünstigten enthielten, hätten die Beklagten nicht auf Rechte aus der Auflage verzichten können. Sie gelte daher fort und führe dazu, dass die gegen diese Auflage verstoßenden späteren Verfügungen unwirksam seien. Die Testamentsvollstreckung gelte auch nicht aufgrund des Testaments aus 1975 fort. Die Testamentsvollstreckung aus dem Testament 1975 erstrecke sich nur auf die Kinder als Schlusserben, nicht aber auf die Enkelkinder als Ersatzerben. Überdies enthalte das Testament aus 1975 auch keinen Änderungsvorbehalt bezüglich der Person des Testamentsvollstreckers.
Die Widerklage zu 1.) und 2.) sei zulässig, weil die Klaganträge zu 1.) und 2.) nicht hinreichend bestimmt und damit unzulässig seien. Die Widerklage sei auch aus den Gründen der beantragten Klagabweisung begründet.
Die Hilfswiderklage zu 3.) sei zulässig und begründet. Es könne vom Prozessgericht festgestellt werden, ob ein wichtiger Grund i.S.d. § 2227 BGB vorliege, weil die Entscheidung des Nachlassgerichts hierüber nicht in materielle Rechtskraft erwachse. Insofern gelte nichts anderes als im Rahmen des Erbscheinverfahrens, in dem bei der Klärung des Erbrechts sogar ein Vorrang des Prozess- vor dem Nachlassgericht anerkannt sei. Es liege auch in der Sache ein wichtiger Grund für die Entlassung des Klägers als Testamentsvollstrecker vor. Der Kläger habe sich an den Hauptgesellschafter des anderen Familienstammes gewandt, um eine avisierte Übertragung von 3 % der Anteile der Beklagten zu 1.) auf ihren Sohn zu verhindern, indem er den Hauptgesellschafter des anderen Familienstammes dazu habe veranlassen wollen, seine Zustimmung zur Übertragung zu verweigern (1.). Ferner habe der Kläger sich im Juni 2015 über seinen Rechtsanwalt an die Geschäftsführer der Gesellschaften gewandt und mitgeteilt, dass es Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und den Beklagten über die Testamentsvollstreckung gebe (Anlage B 6) (2.). Auch habe der Kläger die Partnerin eines Geschäftsführers in seiner Sozietät bis Anfang 2018 beschäftigt, was ebenfalls als interessenwidrig anzusehen sei (3.). Er habe zudem eine 2014 von dem Beklagten zu 2.) angestrebte zügige Abberufung eines Geschäftsführers zunächst nicht mitgetragen (4.). Auf einer Gesellschafterversammlung am 21.5.2016 habe er sich zudem auf den Standpunkt gestellt, dass seine Ladung nicht korrekt erfolgt sei, weil er nicht in seiner Funktion als Testamentsvollstrecker geladen worden sei, sondern nur persönlich, obwohl dies die Jahre zuvor nie beanstandet worden sei. Hiermit habe der Kläger erreichen wollen, dass die Beklagten akzeptierten, dass er als Testamentsvollstrecker eigene Stimmrechte habe, obwohl die Stimmrechtsausübung in den Jahren zuvor so praktiziert worden sei, dass die Beklagten die Stimmrechte für den Kläger ausgeübt hätten und die Testamentsvollstreckung nur im Hintergrund stattgefunden habe (5.). Außerdem habe der Kläger 2018 die Sozietät des Steuerberaters … verlassen. Der Erblasser habe den Kläger aber nur im Hinblick auf seine Zugehörigkeit zur Sozietät als Testamentsvollstrecker eingesetzt (6.). Der Kläger habe zudem Abrechnungen über seine Vergütung zzgl. Umsatzsteuer erstellt, obwohl nach h.M. geklärt sei, dass die Umsatzsteuer in der vorliegenden testamentarischen Gestaltung nicht gesondert erstattet werde (7.). Auch habe der Kläger für seine Tätigkeit im Beirat eine deutlich überhöhte Summe zur Abrechnung gebracht. Der Kläger habe diese Vergütung von seiner Vergütung als Testamentsvollstrecker zudem bislang in Abzug gebracht, dies aber für das Jahr 2017 nunmehr eingestellt und die Vergütung neben seiner Vergütung als Testamentsvollstrecker abgerechnet. Ferner habe er rückwirkend Vergütung für die Jahre 2014 – 2016 in Höhe von rund 350.000 € gefordert, was völlig übersetzt sei (8.). Letztlich habe er den Beklagten zu 2.) teilweise privat beraten und hierfür Rechnungen erstellt, was eine deutliche Interessenvermischung darstelle. In diesem Zusammenhang habe der Kläger dem Beklagten zu 2.) einen Testamentsentwurf übersandt, der wiederum den Kläger als Testamentsvollstrecker vorgesehen habe (9.).
Auch die Hilfswiderklage zu 4.) sei zulässig und begründet. Aus der Formulierung im Testament aus 1998 zur Vollmacht folge, dass hinsichtlich der dort genannten Unternehmen keine Testamentsvollstreckung angeordnet worden sei, sondern der Kläger lediglich auf Basis einer Vollmacht habe tätig werden sollen. Würden die Beteiligungen von der Testamentsvollstreckung sein, sei die Regelung einer zusätzlichen Vollmacht sinnlos. Grundgeschäft dieser Vollmachtserteilung sei ein Geschäftsbesorgungsvertrag gem. § 675 BGB, der aufgrund der oben dargestellten Umstände zwischenzeitlich aus wichtigem Grund am 4.1.2018 gekündigt worden sei (Anlage B 9), so dass antragsgemäß die Beendigung festzustellen sei.
Der Kläger tritt der Widerklage entgegen. Die Widerklage sei unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Es fehle das Feststellungsbedürfnis für die Widerklaganträge zu 1.) und 2.), weil diese keine anderen Rechtsfragen als die Klaganträge behandelten. Der Hilfswiderklageantrag zu 3.), mit dem die Beklagten die Feststellung des Vorliegens eines wichtigen Grundes i.S.d. § 2227 BGB begehrten, sei unzulässig, weil die Entlassung des Testamentsvollstreckers allein der Entscheidungsbefugnis des Nachlassgerichts unterfalle. In diese Entscheidungskompetenz dürfe das Prozessgericht nicht durch die Feststellung oder Nichtfeststellung des Vorliegens eines wichtigen Grundes i.S.v. § 2227 BGB eingreifen. Der Kläger sei auch nicht passivlegitimiert, weil er nicht im Wege der Amtsklage sondern der Eigenklage vorgehe. An dem nachlassgerichtlichen Entlassungsverfahren sei er aber in seiner Amtsfunktion als Testamentsvollstrecker zu beteiligen. Daher müsste er zur Erreichung einer Rechtskrafterstreckung auch vor dem Prozessgericht als Testamentsvollstrecker im Wege der Amtsklage, und nicht als Privatperson in Anspruch genommen werden. Im übrigen liege kein wichtiger Grund für seine Entlassung vor. Er habe sich stets dem Willen des Erblassers verpflichtet gesehen. Daher habe er in der Tat versucht, die Abtretung der Geschäftsanteile an den Nebenintervenienten zu verhindern, weil er eine Aufspaltung der familiären Stimmrechte habe verhindern wollen. Eine solche Aufspaltung habe aus seiner Sicht eine Schwächung des Familienstammes gegenüber dem anderen Familienstamm zur Folge gehabt. Der Repräsentant des anderen Familienstammes habe ihm hierbei aber nicht helfen wollen. Die Abberufung des Geschäftsführers aus 2014 habe er nicht verhindern wollen, sondern lediglich die Auffassung vertreten, dass eine Abberufung erst dann erfolgen solle, wenn die Nachfolgeregelung gesichert sei. Im übrigen sei es nicht zu beanstanden, wenn er gegenüber den Geschäftsführern darauf hinweise, dass Meinungsverschiedenheiten bestehen würden. Auch habe er einen Anspruch auf eine ordnungsgemäße Ladung zur Gesellschafterversammlung. Das Arbeitsverhältnis zu der Partnerin des Geschäftsführers sei 2018 beendet worden. Auch sei die Mitgliedschaft in der Sozietät keine Voraussetzung für die Ausübung der Testamentsvollstreckung. Es sei in der Fachdiskussion streitig, ob er berechtigt sei, mit oder ohne Umsatzsteuer abzurechnen, und auch im übrigen sei die Vergütung angemessen. Selbst wenn sie unangemessen sei, würde sie ein Vermächtnis des Erblassers zu seinen Gunsten darstellen. Auch im Übrigen sei sein Verhalten nicht zu beanstanden oder begründe jedenfalls keinen wichtigen Grund für eine Entlassung. Auch die Hilfswiderklage zu 4.) sei jedenfalls unbegründet. Die Testamentsvollstreckung sei gegenständlich unbeschränkt angeordnet worden. Eine Herausnahme der Unternehmen aus der Testamentsvollstreckung lasse sich der notariellen Urkunde gerade nicht entnehmen. Der Vollmachtserteilung durch die Beklagten an den Kläger habe lediglich zugrunde gelegen, dass zum damaligen Zeitpunkt in der Rechtsprechung nicht hinreichend geklärt gewesen sei, ob die Testamentsvollstreckung über Gesellschaftsanteile auch die Geltendmachung von Verwaltungsbefugnissen im Innenverhältnis der Gesellschaft umfasse.
Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 18.7.2018, den Beklagten am 24.7.2018 zugestellt, stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Die Beklagten hätten in der notariellen Urkunde aus 1998 wirksam einen beschränkten Zuwendungsverzicht derart erklärt, dass sie durch die in derselben Urkunde erfolgte Anordnung der streitgegenständlichen Testamentsvollstreckung beschwert werden dürften. Ein solcher teilweiser Zuwendungsverzicht sei im Grundsatz auch zulässig. Bei der Auslegung der Verzichtserklärung sei zu berücksichtigen, dass der Verzicht von den Beklagten nur zu dem Zweck erklärt worden sei, dem Erblasser die nachträgliche Anordnung einer Testamentsvollstreckung und einer Vor- und Nacherbfolgeregelung zu ermöglichen. Keinesfalls hätten die Beklagten gewollt, mit ihrer Verzichtserklärung vollständig aus der testamentarischen Erbfolge ausgeschlossen zu werden. Ein solcher Teilverzicht sei auch trotz der Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments wirksam, weil der Bedachte vollständig auf das Zugewendete verzichten könne mit der Folge, dass der Längerlebende in seiner Verfügungsbefugnis vollständig wieder frei werde. Dann müsse der Bedachte aber auch teilweise verzichten können, so dass der Längerlebende im Umfang des Teilverzichts wieder in seiner Verfügungsbefugnis frei werde. Auch im Hinblick auf die Nebenintervenienten hindere die Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments die Anordnung der Testamentsvollstreckung nicht. Die Nebenintervenienten seien schon nicht unmittelbar durch das gemeinschaftliche Testament zu Ersatzerben berufen worden, sondern nur über § 2069 BGB. Ihre testamentarische Stellung werde durch die nachträgliche Anordnung der Testamentsvollstreckung daher nicht beschwert. § 2271 BGB greife nicht. Der hilfsweise gestellte Widerklagantrag zu 3.) sei unzulässig, weil die Überprüfung der ordnungsgemäßen Wahrnehmung des Amtes des Testamentsvollstreckers allein dem Nachlassgericht obliege. Der hilfsweise gestellte Widerklagantrag zu 4.) sei unbegründet, weil die Testamentsvollstreckung umfänglich und nicht gegenständlich beschränkt angeordnet worden sei.
Gegen dieses Urteil haben die Beklagten mit beim Berufungsgericht am 24.8.2018 eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage Berufung eingelegt und diese mit bei Gericht am 24.10.2018 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Mit Schriftsatz vom 21.9.2018 sind die Nebenintervenienten dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten und haben mit Schriftsatz vom 24.10.2018, eingegangen beim Berufungsgericht am 24.10.2018, ihrerseits die Berufung begründet.
Die Beklagten wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Das Landgericht habe verkannt, dass die Beklagten einen vollständigen und nicht nur inhaltlich beschränkten Zuwendungsverzicht erklärt hätten, was schon aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut der notariellen Urkunde aus 1998 folge. Durch den vollständigen Zuwendungsverzicht gem. § 2352 BGB seien die Nebenintervenienten als testamentarische Ersatzerben in die Schlusserbenstellung der Kläger eingerückt und habe das Testament aus 1975 damit seine Bindungswirkung gem. § 2271 Abs. 2 BGB behalten. Die 1998 erfolgte Anordnung der Testamentsvollstreckung sei damit wegen des Verstoßes gegen diese Bindungswirkung unwirksam. Dies wiederum könne zwar zur Folge haben, dass die notarielle Urkunde aus 1998 insgesamt gem. § 139 BGB unwirksam sei und damit das Testament aus 1975 vollständig mit den Beklagten als Schlusserben fortgelte. Darauf komme es aber nicht an. Das Landgericht habe es im Rahmen der von ihm durchgeführten Auslegung auch rechtsfehlerhaft versäumt, die Beklagten als Partei dazu zu vernehmen, dass diese dem Erblasser bei der Gestaltung seines Erbes freie Hand gelassen hätten und deshalb auf Wunsch des Erblassers auf das Erbe aus dem Testament 1975 verzichtet hätten. Der vollständige Zuwendungsverzicht entspreche daher nicht nur dem Wortlaut, sondern auch dem übereinstimmenden Willen der Beklagten und dem Erblasser. Eine anderweitige Auslegung scheide daher aus. Zudem habe das Landgericht übersehen, dass es sich bei der Klausel im Testament aus 1975 bzgl. der Verfügungsfreiheit um eine Beschränkungsauflage handele, auf die nicht gem. § 2352 BGB verzichtet werden könne. Die Klage habe daher abgewiesen und der Widerklage zu 1.) und 2.) stattgegeben werden müssen.
Das Landgericht habe auch fehlerhaft eine Unzulässigkeit des Hilfsantrages zu 3.) angenommen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts könne das Prozessgericht die ordnungsgemäße Verwaltung durch den Testamentsvollstrecker kontrollieren. Es liege auch ein wichtiger Grund für die Entlassung vor. Die Widerklage zu 4.) sei begründet und habe daher vom Landgericht ebenfalls nicht abgewiesen werden dürfen.
Die Beklagten beantragen,
1.) das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 18. Juli 2018 zum Aktenzeichen … aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen sowie widerklagend
2.) festzustellen, dass die Anordnung der Testamentsvollstreckung durch den Erblasser … … in der Urkunde des Notars … Nr. …/… unwirksam ist,
3.) festzustellen, dass die Ernennung von A. B…, geboren am …1960, als Testamentsvollstrecker durch den Erblasser … … unwirksam ist
hilfsweise
4.) festzustellen, dass ein wichtiger Grund für die Entlassung des Testamentsvollstreckers A. B… gegeben ist,
5.) festzustellen, dass der Erblasser … … in seiner Anordnung vom 22.1.1998 gem. Urkunde des Notars Dr. … für die Gesellschaften … GmbH & Co. KG sowie der Grundstücksgesellschaft der Verwaltungsgesellschaft …mbH & Co oHG lediglich die Vollmachtslösung und keine Testamentsvollstreckung angeordnet hat und der Verwaltungsauftrag für diese Gesellschaften und die Rechtsnachfolger mit Kündigung vom 4.1.2018 beendet wurde.
Die Nebenintervenienten meinen, sie seien aufgrund des von den Beklagten 1998 erklärten Zuwendungsverzichts (Ersatz-)Schlusserben geworden. Die Auslegung des Testaments aus 1975 ergebe ihre Ersatzerbenstellung. Durch die notarielle Anordnung der Testamentsvollstreckung seien sie in ihren Rechten betroffen, weshalb die Testamentsvollstreckung nicht habe wirksam angeordnet werden können. Wenn man eine Ersatzerbenstellung der Nebenintervenienten ablehnen wolle, müsse man sich Gedanken darüber machen, was mit den unter Ziff. 4. und 5. des Testaments aus 1975 aufgezählten (Ersatz-)Ersatzerben geschehen solle, was das Landgericht übersehen habe. Die Ersatzerbenstellung der Nebenintervenienten habe der Erblasser nach dem Vorversterben seiner Ehefrau auch nicht konkludent widerrufen können, da auch die Ersatzerbenberufung an der Bindungswirkung des § 2271 Abs. 2 BGB teilnehme. Die Nebenintervenienten selbst hätten keinen Zuwendungsverzicht erklärt. Bei dem Zuwendungsverzicht aus 1998 handele es sich auch nicht um einen nur beschränkten, sondern vollständigen Zuwendungsverzicht der Beklagten, was schon aus dem Wortlaut der notariellen Urkunde folge. Auch seien die Urkundsbeteiligten 1998 davon ausgegangen, dass nur ein vollständiger Zuwendungsverzicht die Testierfähigkeit des Erblassers wieder herstellen könne. Die Urkundsbeteiligten hätten auch genau die Erklärung abgeben wollen, die notariell beurkundet worden sei. Sie hätten nur unerkannt die Nebenintervenienten als Ersatzerben übergangen. Es handele sich um einen klassischen Fall des Rechtsfolgenirrtums, der nicht über eine Auslegung korrigiert werden könne. Zudem seien die Urkundsbeteiligten 1998 davon ausgegangen, dass die Testamentsvollstreckung nur bis zum 25. Lebensjahr des jüngsten Enkels andauern würde. Eine Dauertestamentsvollstreckung sei nicht gewollt gewesen. Darüber sei Beweis zu erheben durch Vernehmung der Ehefrau des Beklagten zu 2.) als Zeugin und beider Beklagten als Partei.
Die Klage sei aber auch deswegen abzuweisen, weil zwischen den Klägern und den Nebenintervenienten eine notwendige Streitgenossenschaft gem. § 62 ZPO bestehe. Denn wenn man mit dem Landgericht davon ausgehe, dass der Erblasser 1998 aufgrund des Erbvertrages wirksam neu verfügen könne, dann bestünde zwischen den Klägern und den Nebenintervenienten eine Vor- und Nacherbschaftsfolge. Ob diese mit einer Dauertestamentsvollstreckung belastet sei, könne aber nur einheitlich festgestellt werden, was auch aus § 326 Abs. 2 ZPO folge.
Die Nebenintervenienten beantragen,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hamburg vom 18.7.2018, Az. …,
1.) die Klage abzuweisen,
2.) festzustellen, dass die Anordnung der Testamentsvollstreckung durch den Erblasser … … in der Urkunde des Notars … Nr. …/… unwirksam ist,
3.) festzustellen, dass die Ernennung von Herrn A. B…, geboren am …1960, als Testamentsvollstrecker durch den Erblasser … … unwirksam ist.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auch der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Der Kläger meint, dass kein Fall der notwendigen Streitgenossenschaft vorliege. Zu Recht habe das Landgericht die notarielle Urkunde aus 1998 auch im Sinne eines lediglich beschränkten Zuwendungsverzichts ausgelegt. Sinn und Zweck des Zuwendungsverzichts sei nicht gewesen, die uneingeschränkte Testierfähigkeit des Erblassers wiederherzustellen, sondern allein dem Erblasser zu ermöglichen, eine Vor- und Nacherbschaft sowie Testamentsvollstreckung anzuordnen. Keinesfalls sei gewollt gewesen, dass aufgrund des Erbverzichts die Nebenintervenienten als Ersatzschlusserben in die Erbenstellung der Beklagten eintreten sollten. Selbst wenn ein unbeschränkter Erbverzicht vorliege, hätte der Erblasser mit der Neutestierung im Erbvertrag zugleich die Ersatzerbenberufung der Nebenintervenienten aus dem Testament aus 1975 widerrufen, was schon aus § 2258 BGB folge. Eine Bindungswirkung hinsichtlich der Ersatzerbenberufung gem. § 2271 BGB bestehe nicht. Unabhängig hiervon liege in Bezug auf die Schlusserbeneinsetzung keine Wechselbezüglichkeit vor, weil die Ehegatten über extrem unterschiedliche Vermögensverhältnisse verfügt hätten. So sei der Erblasser aufgrund seiner Unternehmensbeteiligungen vermögend gewesen, während die Ehefrau über kein nennenswertes Vermögen verfügt habe. In dieser Konstellation sei davon auszugehen, dass der vermögende Ehegatte an der Erbeinsetzung durch seinen vermögenslosen Ehegatten kein Interesse habe, sondern vielmehr seine Freiheit hinsichtlich der Schlusserbeneinsetzung behalten möchte. Es sei auch davon auszugehen, dass die Ehegatten bei der Testierung 1975 keinerlei Kenntnis von § 2270 BGB und den Folgen der Wechselbezüglichkeit gehabt hätten. Die Widerklageanträge zu 1.) und 2.) hätten nicht nur als unbegründet, sondern als unzulässig abgewiesen werden müssen, weil sie keinen selbstständigen Streitgegenstand enthielten, sondern sich auf die Feststellung des Gegenteils der Klaganträge beschränken würden. Ihnen fehle auch das Rechtschutzbedürfnis, weil bereits bei einer Abweisung der Klaganträge feststehe, dass aufgrund der Notarurkunde von 1998 keine Dauertestamentsvollstreckung angeordnet worden sei. Zutreffend habe das Landgericht entschieden, dass die Hilfswiderklage zu 3.) unzulässig sei. Sie sei auch unbegründet. Die Hilfswiderklage zu 4.) sei unzulässig, weil sie lediglich die Feststellung einer abstrakten Rechtfrage beinhalte. Sie sei auch unbegründet, weil die Testamentsvollstreckung unbeschränkt angeordnet worden sei.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 7.5.2019 die Beklagten gem. § 141 ZPO persönlich angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhörung wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 7.5.2019.
II.
Die von den Nebenintervenienten unterstützte Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht der Klage stattgegeben und festgestellt, dass der Erblasser in der notariellen Urkunde vom 22.1.1998 Dauertestamentsvollstreckung durch den Kläger angeordnet hat (Klagantrag zu 1.) und der Kläger Dauertestamentsvollstrecker ist (Klagantrag zu 2.) (1.) und die Widerklage abgewiesen (2.).
1. Klage
Die Klage ist zulässig und begründet.
a) Zulässigkeit
Die Klage ist zulässig.
Die Frage, ob die Testamentsvollstreckung ursprünglich wirksam durch letztwillige Verfügung im Erbvertrag 1998 angeordnet wurde, kann Gegenstand eines Feststellungsantrages vor dem Prozessgericht sein. Ein Feststellungsinteresse gem. § 256 Abs. 1 ZPO ist gegeben.
Nach § 256 Absatz 1 ZPO kann unter anderem auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das Urteil auf die Feststellungsklage geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (vgl. nur BGH, NJW 1984, 1118; BGHZ 197, 186).
Nach diesem Maßstab hat ein Erbe im Falle eines Streits zwischen ihm und dem Testamentsvollstrecker über die Gültigkeit, Auslegung oder Tragweite einer letztwilligen Verfügung regelmäßig ein Interesse an der alsbaldigen gerichtlichen Klärung der Streitfrage (OLG Frankfurt, NJW-RR 2018, 329, 330; Schiemann in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 2203 Rn. 3 Staudinger/Reimann, BGB, Neubearb. 2016, § 2203 Rn. 36; Erman/M. Schmidt, BGB, 14. Aufl. 2014, § 2203 Rn. 4; MüKoBGB/Zimmermann, 7. Aufl. 2017, § 2203 Rn. 7).
Vorliegend besteht Streit zwischen den Parteien über den Bestand der Testamentsvollstreckung, weil die Beklagten und Nebenintervenienten die wirksame Ernennung des Klägers zum Testamentsvollstrecker in Abrede stellen. Ein Feststellungsinteresse ist damit gegeben.
Die mit der Klage gestellten Feststellungsanträge sind auch in ihrer konkret gestellten Form geeignet, dieses streitige Rechtsverhältnis zwischen den Parteien zu klären. Mit dem Feststellungsantrag zu 1.) wird zwischen den Parteien abschließend geklärt, ob der Erblasser überhaupt wirksam eine Dauertestamentsvollstreckung über seinen Nachlass durch den Kläger angeordnet hat und mit dem Feststellungsantrag zu 2.), dass der Kläger diese Testamentsvollstreckung nach wie vor ausübt. Beide Fragen sind zwischen den Parteien umstritten.
Die Zulässigkeit der Klage scheitert nicht daran, dass zwischen den Beklagten und Nebenintervenienten von Anfang an eine notwendige Streitgenossenschaft gem. § 62 ZPO bestanden hat und daher die Klage zwingend auch gegen die Nebenintervenienten als weitere Hauptpartei zu richten gewesen wäre. Zwar ist anerkannt, dass eine notwendige Streitgenossenschaft anzunehmen sein kann, wenn ein Fall der Rechtskrafterstreckung vorliegt. Dann ist nämlich zur Vermeidung widersprechender und damit der Rechtskrafterstreckung zuwiderlaufender Entscheidungen die Klage zwingend gegen alle der Rechtskrafterstreckung unterliegenden Parteien zu erheben, weil das Streitverhältnis aus prozessualen Gründen nur einheitlich festgestellt werden kann (§ 62 Abs. 1 erste Alt. ZPO). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Zwar ordnet § 326 ZPO in Bezug auf die Vor- und Nacherbfolge eine solche Rechtskrafterstreckung in bestimmten Fällen an. Auch enthält die notarielle Urkunde aus 1998 die Anordnung einer solchen Vor- und Nacherbschaft. Gleichwohl folgt hieraus vorliegend keine notwendige Streitgenossenschaft gem. § 62 ZPO zwischen den Beklagten und den Nebenintervenienten. Voraussetzung für eine notwendige Streitgenossenschaft in der Fallgruppe der Rechtskrafterstreckung ist nämlich, dass überhaupt beide Streitgenossen parallel aktiv bzw. passiv prozessführungsbefugt sind. Die notwendige Streitgenossenschaft ist ein besonderer Fall der Streitgenossenschaft nach den § 59 f ZPO. Können die von der Rechtskrafterstreckung betroffenen Parteien nicht parallel klagen oder verklagt werden, bleibt auch kein Raum für eine notwendige Streitgenossenschaft gem. § 62 ZPO. Denn wenn keine parallele Prozessführungsbefugnis besteht, besteht auch keine Gefahr sich widersprechender Entscheidungen, die mit einer dann wechselseitigen Rechtskrafterstreckung nicht zu vereinbaren wäre. § 62 ZPO selbst begründet auch keine neue Prozessführungsbefugnis, sondern setzt diese voraus.
Vorliegend fehlt es an einer solchen parallel bestehenden Prozessführungsbefugnis der Beklagten einerseits und der Nebenintervenienten andererseits. Die Prozessführungsbefugnis im Verhältnis zwischen Vor- und Nacherbe besteht jeweils nur alternativ und zwar differenziert nach dem Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalles gem. §§ 2106, 2139 BGB. Bis zum Eintritt des Nacherbfalles ist allein der Vorerbe prozessführungsbefugt. Erst ab Eintritt des Nacherbfalls erlangt der Nacherbe die alleinige Prozessführungsbefugnis, weshalb § 242 ZPO auch Regelungen für den Fall trifft, dass die Nacherbfolge während des laufenden Verfahrens eintritt (Lang in Burandt/Rojahn, Erbrecht, § 2112 BGB Rn. 17; Palandt/Weidlich vor § 2100 Rn. 2; MüKoBGB/Grunsky § 2100 Rn. 27; BeckOGK/Küpper BGB § 2100 Rn. 176). Können daher Vor- und Nacherbe nicht nebeneinander Verfahren betreffend den Nachlass führen, besteht keine Gefahr widersprechender Sachentscheidungen, so dass eine notwendige Streitgenossenschaft zwischen Vor- und Nacherbe nicht vorliegt (vgl. MüKo-ZPO/Schultes, § 62 Rn. 7; Musielak/Voit/Weth, ZPO, § 62 Rn. 4; BeckOK-ZPO/Dressler, § 62 Rn. 10). Dies entspricht auch der Rechtsprechung des BGH. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 10.2.1993, NJW 1993, 1582 Ziff. 5 ausgeführt, dass eine notwendige Streitgenossenschaft zwischen mehreren Nacherben vor Eintritt des Nacherbfalls nicht besteht. Der BGH hat zur Begründung ausgeführt, dass die notwendige Streitgenossenschaft zwischen Nacherben ein ihnen zugeordnetes Vermögen erfordere, an dem es bis zum Eintritt des Nacherbfalles aber fehle. Bis dahin liege das Erblasservermögen allein in der Hand des oder der Vorerben.
Wegen der nach dem Eintritt der Nacherbschaft materiell-rechtlich angeordneten alternativen Verwaltungsbefugnis über den Nachlass entweder durch den Vor- oder Nacherben liegt auch aus materiell-rechtlichen Gründen keine notwendige Streitgenossenschaft vor (§ 62 Abs. 1, 2. Alt. ZPO notwendige Streitgenossenschaft aus sonstigen Gründen). Denn eine notwendige Streitgenossenschaft aus materiell-rechtlichen Gründen ist nur dann anzunehmen, wenn der Streitgegenstand einer gemeinschaftlichen materiell-rechtlichen Verfügungsbefugnis unterliegt (MüKoZPO/Schultes, 5. Aufl. 2016, ZPO § 62 Rn. 24). Eine solche gemeinschaftliche Verfügungsbefugnis liegt z.B. vor, wenn ein Schuldner aus tatsächlichen oder aus rechtlichen Gründen nicht in der Lage ist, die Gesamtleistung allein zu erbringen, sondern es hierfür eines Gemeinschaftshandelns bedarf (vgl. Staudinger/Löwisch, Vor §§ 420-432 BGB Rn. 73 mwN). Können mehrere Personen aus materiell-rechtlichen Gründen nur gemeinschaftlich verfügen und mithin den Klaganspruch auch nur gemeinschaftlich erfüllen, so ist es folgerichtig, dass sie auch nur gemeinschaftlich verklagt werden können, weil anderenfalls die Klage aus materiell-rechtlichen Gründen abzuweisen wäre. Gemessen hieran muss die Feststellungsklage wegen des Bestehens einer Dauertestamentsvollstreckung über den Nachlass bei Vor- und Nacherbschaft nicht sowohl gegen die Vor- als auch Nacherben erhoben werden. Die aus der Testamentsvollstreckung folgende Beschränkung der Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis der Erben haben diese nicht zwingend gemeinschaftlich zu dulden, sondern sie realisiert sich im Verhältnis zu jedem Erben gesondert und individuell, ohne dass es einer gemeinschaftlichen Handlung bedürfte. Insofern ist schon zweifelhaft, ob im Verhältnis mehrerer Vorerben oder Nacherben zueinander für die Feststellung der Testamentsvollstreckung eine notwendige Streitgenossenschaft besteht. Jedenfalls im Verhältnis zwischen Vor- und Nacherbschaft besteht eine solche notwendige Streitgenossenschaft nicht.
Zutreffend hat der Kläger die Klage auch im eigenen Namen und damit nicht im Wege der Amtsklage erhoben. Grundsätzlich ist zwischen der vom Testamentsvollstrecker in seiner Funktion als Testamentsvollstrecker erhobenen Klage (Amtsklage) und der im eigenen Namen erhobenen Klage (Eigenklage) zu unterscheiden. Bei der Parteistellung des Testamentsvollstreckers kraft Amtes einerseits und als Privatperson andererseits handelt es sich um zwei verschiedene prozessuale Parteien, auch wenn es sich um eine natürliche Person handelt (BGH v. 6.4.2000, NJW 2000, 1950 unter Ziff. II. 1.a; Palandt/Weidlich, § 2213 Rn. 5; Kroiß in: Kroiß/Ann/Mayer, § 2213 Rn. 17). Der Wechsel von der Amtsklage zur Parteiklage ist daher kein Fall der schlichten Rubrumsberichtigung, sondern ein Parteiwechsel (Palandt/Weidlich, § 2213 Rn. 5; Kroiß in: Kroiß/Ann/Mayer, § 2213 Rn. 17; Assmann in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 263 Rn. 115; RG LZ 1919, 1018). Zur Abgrenzung der Amts- von der Parteiklage hat der BGH ausgeführt, dass der Testamentsvollstrecker dann als Partei kraft Amtes zu klagen habe, wenn er ein seiner Verwaltung unterliegendes Recht geltend mache und auch dann, wenn sonst die Prozessführung im Rahmen seiner Verwaltungsaufgabe liegt (BGH v. 4.2.1987, NJW-RR 1987, 1090, 1091), so z.B. die Klage auf Feststellung oder Nichtfeststellung der Erbenstellung (BGH v. 4.2.1987, NJW-RR 1987, 1090, 1091). Demgegenüber muss der Testamentsvollstrecker seine persönlichen Ansprüche, etwa auf Ersatz von Aufwendungen oder auf seine Vergütung, im eigenen Namen einklagen (BGH v. 4.2.1987, NJW-RR 1987, 1090, 1091). Geht es wie vorliegend um die Frage, ob eine Partei überhaupt wirksam zum Testamentsvollstrecker ernannt wurde, weil wie vorliegend die Gültigkeit der dies anordnenden letztwilligen Verfügung in Frage steht, hat der Testamentsvollstrecker die Klärung der Wirksamkeit seiner Ernennung im eigenen Namen herbeizuführen. Für den Fall, dass der Testamentsvollstrecker im Rahmen einer solchen Feststellungsklage auf der Passivseite steht, hat der Oberste Gerichtshof für die Britische Zone in seiner Entscheidung vom 12.5.1949 (I ZS 215/48, OGZ 2, 45, 47) zutreffend ausgeführt, dass der Testamentsvollstrecker in dieser Konstellation schon deswegen nur persönlich verklagt werden kann, weil die Klage auf Feststellung, dass der Beklagte nicht Testamentsvollstrecker sei, anderenfalls, also wenn er in seiner Funktion als Testamentsvollstrecker in Anspruch genommen werden würde, in sich widersprüchlich wäre. Die Gefahr der Widersprüchlichkeit des Klagvorbringens ergibt sich zwar nicht, wenn der Testamentsvollstrecker selbst auf Feststellung seiner wirksamen Ernennung im Wege der Amtsklage klagt. Indes würde in diesem Fall die gesamte Prüfung der Klage auf der Zulässigkeitsebene stattfinden, weil die Zulässigkeit der Amtsklage voraussetzt, dass der Kläger überhaupt das Amt des Testamentsvollstreckers ausübt. Daher erscheint es folgerichtig, auch in den Fällen, in denen der Testamentsvollstrecker selbst auf Feststellung der Testamentsvollstreckung klagt, ihn auf die Eigenklage zu verweisen (so auch Kroiß in Kroiß/Ann/Mayer, BGB, § 2213 Rn. 19; Staudinger/Reimann, § 2212 Rn. 4; Palandt/Weidlich, § 2213 Rn. 5). Dies verhindert auch, dass, je nachdem wer Aktivpartei ist, die Frage der grundsätzlichen Amtsstellung jeweils zwischen verschiedenen Parteien zu klären wäre.
b) Begründetheit
Die Klage ist auch begründet. Der Klagantrag zu 1.) ist begründet, weil der Erblasser in der notariellen Urkunde vom 22.1.1998 wirksam eine Dauertestamentsvollstreckung durch den Kläger über seinen Nachlass angeordnet hat und der Klagantrag zu 2.), weil die wirksam angeordnete Testamentsvollstreckung bis heute nicht beendet ist. Hierzu im Einzelnen wie folgt:
aa)
Die notarielle Urkunde vom 22.1.1998 enthält in § 6 die Anordnung einer Testamentsvollstreckung für die längstmöglichste Zeit sowie die Ernennung des Klägers als Testamentsvollstecker. Die in § 6 angeordnete Testamentsvollstreckung enthält damit eine Dauervollstreckung i.S.d. § 2209 S. 1, 1. Hs. BGB und ist auch nicht auf das Erreichen des 25. Lebensjahres des jüngsten Nebenintervenienten beschränkt. Dem Kläger wird die Verwaltung des Nachlasses ohne zeitliche Befristung übertragen. Es findet sich in der vertragsmäßigen Verfügung des Erblassers aus 1998 kein Hinweis darauf, dass die im Testament von 1975 enthaltene Anordnung der Testamentsvollstreckung beschränkt bis zum 25. Lebensjahr des jüngsten Kindes übernommen werden sollte und inhaltlich dabei noch so verändert werden sollte, dass sie sich nunmehr auf das 25. Lebensjahr des jüngsten Enkelkindes bezieht. Dagegen spricht schon, dass nach übereinstimmendem Parteivortrag die Rechtstellung der Enkelkinder im Rahmen der Neuregelung 1998 keine Rolle spielte, weil deren Erbeintritt als Ersatzerben entweder gar nicht stattfand – so der Kläger – oder aber doch schlicht übersehen wurde – so die Beklagtenseite -. Da die Urkundsbeteiligten mithin keinerlei Veranlassung hatten, sich über das Alter der Nebenintervenienten und die Dauer der Testamentsvollstreckung Gedanken zu machen, kann auch nicht angenommen werden, dass es dem übereinstimmenden Willen des Erblassers oder der Beklagten entsprach, entgegen dem eindeutigen Wortlaut der Urkunde die Testamentsvollstreckung nicht bis zum längstmöglichen Zeitraum, sondern nur bis zum 25. Lebensjahr des letzten Nacherben zu befristen. Unabhängig hiervon haben auch die Nebenintervenienten insofern nur vorgetragen, dass den Beklagten gar nicht bewusst gewesen sei, dass die mit der letztwilligen Verfügung aus 1998 angeordnete Testamentsvollstreckung zeitlich länger andauert als die im Testament von 1975 vorgesehene. Dazu, welche Vorstellungen der Erblasser gehabt hat, auf die es im Rahmen des Inhalts seiner vertragsgemäßen Verfügung in erster Linie ankommt, ist nichts vorgetragen worden.
Etwas anderes folgt auch nicht aus der persönlichen Anhörung der Beklagten durch den Senat in der mündlichen Verhandlung vom 7.5.2019. Zwar haben die Beklagten im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung ausgeführt, dass sie sich an jedenfalls ein konkretes Gespräch mit dem Erblasser erinnern könnten, in dem er ihnen gegenüber geäußert habe, dass die Testamtsvollstreckung auf das 25. Lebensjahr des jüngsten Enkelkindes beschränkt sein solle. Beide Beklagten konnten aber nicht mehr erinnern, wann dieses Gespräch genau stattgefunden hat und hatten auch keine weiteren Erinnerungen dazu, wie es sodann zu der hiervon abweichenden notariellen Beurkundung 1998 gekommen ist. Die Beklagte zu 1.) hat ergänzend ausgeführt, dass ihrer Erinnerung nach das 25. Lebensjahr immer Gegenstand der Gedanken und Erörterungen des Erblassers gewesen sei. Der Beklagte zu 2.) konnte sich an ein konkretes Gespräch erinnern, bei dem der Erblasser gegenüber dem Nebenintervenienten zu 2.) ausgeführt habe, dass er dann eben noch ein wenig warten müsse, bis er sich einen Porsche kaufen könne, was vor dem Hintergrund zu sehen sei, dass der Nebenintervenient zu 2.) rund 10 Jahre jünger als der Nebenintervenient zu 1.) sei. Dies genügt insgesamt nicht. Zwar ist es dem Senat nach § 286 ZPO grundsätzlich erlaubt, allein aufgrund des Vortrags der Parteien und ohne Beweiserhebung festzustellen, was für wahr und was für nicht wahr zu erachten ist (so zuletzt BGH v. 27.09.2017, NJW-RR 2018, 249 Rn. 12 m.w.N.). Dabei kann der Senat im Rahmen der freien Würdigung des Verhandlungsergebnisses den Behauptungen und Angaben einer Partei im Rahmen der persönlichen Anhörung nach § 141 ZPO auch dann glauben, wenn diese ihre Richtigkeit sonst nicht – auch nicht mittels Parteivernehmung, weil es an der erforderlichen Anfangswahrscheinlichkeit fehlt – weitergehend beweisen kann (vgl. BGH v. 27.09.2017, NJW-RR 2018, 249 Rn. 12 m.w.N). Der Senat sieht sich aber schon deswegen nicht in der Lage, in den Äußerungen der Beklagten einen vom Vertragswortlaut abweichenden Willen des Erblassers zu erkennen, weil insgesamt nicht deutlich wurde, in welchem zeitlichen Zusammenhang und in Bezug auf welche konkrete Verfügung die von den Beklagten geschilderten Gespräche stattgefunden haben. Dies wäre aber notwendig, weil verschiedene andere Regelungen bestehen, in denen eine nur eingeschränkte Testamentsvollstreckung angeordnet wurde. Es müsste sich daher wenigstens sicher feststellen lassen, dass sich die Äußerungen des Erblassers konkret auf den Erbvertrag 1998 bezogen haben. Denn bereits das Testament von 1975 sieht eine Befristung der Testamentsvollstreckung durch Herrn … auf das 25. Lebensjahr des jeweiligen Kindes vor. Der Erbvertrag von 2002 zwischen dem Erblasser und den Beklagten (Anlage B 12) sieht eine Testamentsvollstreckung bis zum 25. Lebensjahr des jüngsten Nebenintervenienten vor. Ohne nähere zeitliche Einordnung lässt sich daher nicht feststellen, ob die von den Beklagten geschilderten Äußerungen des Erblassers im Zusammenhang mit dem 25. Lebensjahr sich nicht – was naheliegend erscheint – auf den Erbvertrag 2002 bezieht. Hinzu kommt, dass das Testament 1975 und auch der Erbvertrag 2002 zeigen, dass der Erblasser durchaus in der Lage war, eine Formulierung zu wählen, die seinen Willen in Bezug auf eine Befristung der Testamentsvollstreckung deutlich zum Ausdruck kommen lässt. Es erscheint für den Senat daher eher fernliegend, dass der Erblasser im Erbvertrag 1998 dies übersehen hat. Für eine Dauertestamentsvollstreckung spricht insbesondere auch, dass der Schenkungsvertrag 2002 (Anlage K 4), mit dem der Erblasser den Beklagten im Wege der vorweggenommenen Erbfolge Teile seiner Unternehmensbeteiligungen übertrug und die dann letztlich mit dem weiteren Erbvertrag 2002 als Vermächtnis den Nebenintervenienten zufallen sollen, in der Präambel ausdrücklich auf den Erbvertrag 1998 und die dort angeordnete Testamentsvollstreckung Bezug nimmt. Es lautet insoweit in der Präambel: „Ferner wurde Testamentsvollstreckung angeordnet. Es handelt sich um eine Dauertestamentsvollstreckung.“ Damit hat der Erblasser aber 2002 nochmals ausdrücklich die Testamentsvollstreckung aus 1998 als Dauertestamentsvollstreckung bestätigt. Wenn er eine solche gar nicht gewollt hätte, hätte ihm dies spätestens 2002 auffallen müssen, was aber offenbar nicht geschehen ist. Aus den von den Beklagten angeführten Verträgen 2006, gemeint sind wohl die Verträge Anlage K 5 und 6, ergibt sich ebenfalls nichts für eine Befristung der Testamentsvollstreckung.
bb)
Die Anordnung der Testamentsvollstreckung in der notariellen Urkunde vom 22.1.1998 ist auch nicht deswegen unwirksam, weil sie gegen die Bindungswirkung einer wechselbezüglichen Verfügung aus dem gemeinschaftlichen Testament des Erblassers mit seiner vorverstorbenen Ehefrau vom 28.8.1975 verstößt.
aaa)
Bei dem Testament aus 1975 handelte es sich allerdings um ein gemeinschaftliches Testament i.S.d. § 2265 BGB, welches im Grundsatz auch wechselbezügliche Verfügungen (§ 2270 Abs. 1 BGB) enthält, die nach dem Vorversterben der Ehefrau bindend geworden sind (§ 2271 Abs. 2 BGB). Enthält ein gemeinschaftliches Testament nämlich wechselbezügliche Verfügungen, tritt in Bezug auf hiervon abweichende Verfügungen mit dem Tode des erstversterbenden Ehegatten Bindungswirkung des überlebenden Ehegatten ein. Gem. § 2271 Abs. 2 S. 1 erlischt in diesem Fall das Recht zum Widerruf der wechselbezüglichen Verfügung. Eine gleichwohl getroffene anderweitige Verfügung vermag die wechselbezügliche Vorverfügung nicht aufzuheben, sie wird aber wirksam, wenn das wechselbezügliche Testament unwirksam wird, bspw. durch Anfechtung, oder aber der Längerlebende seine Verfügungsbefugnis wiedererlangt, beispielsweise durch Ausschlagung der Erbschaft (§ 2271 Abs. 2 S. 1, 2. Hs. BGB) (vgl. auch Staudinger/Kanzleiter, BGB, § 2271 Rn. 37 m.w.N.).
bbb)
Die mit der vertragsmäßigen Verfügung vom 22.1.1998 durch den Erblasser angeordnete Testamentsvollstreckung (ebenso wie die Vor- und Nacherbschaft) steht im Widerspruch zu der im Testament aus 1975 angeordneten Schlusserbeneinsetzung der Beklagten. Gem. § 2271 Abs. 2 S. 1 1. Hs. BGB war der Erblasser daher im Grundsatz daran gehindert, mit seiner Neuverfügung die ursprüngliche Verfügung aus 1975 insoweit gem. § 2258 BGB zu widerrufen und über seinen Nachlass durch Anordnung einer Testamentsvollstreckung und Regelung einer Vor- und Nacherbschaft neu zu verfügen.
Die vom Erblasser und seiner vorverstorbenen Ehefrau im Testament aus 1975 angeordnete wechselseitige Einsetzung als Alleinerben und die Schlusserbeneinsetzung ihrer Kinder, der Beklagten, war auch wechselbezüglich gem. § 2270 Abs. 1 BGB, da anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen Ehegatten nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen worden wäre. Zwar enthält das Testament aus 1975 keine ausdrückliche Regelung dazu, dass und welche Verfügung wechselseitig sein sollte. Die gesamte Konstruktion des Testaments aus 1975 als sogn. Berliner Testament spricht aber für eine wechselbezügliche Verfügung jedenfalls in Bezug auf die Schlusserbeneinsetzung. Insoweit ging offenbar auch der Erblasser von einer Wechselbezüglichkeit aus, denn er wählte 1998 für die Neuregelung die Konstruktion über einen Erbverzicht. Wären die Verfügungen schon gar nicht wechselbezüglich gewesen, hätte es des Umweges über einen Zuwendungsverzicht nicht bedurft. Für eine Wechselbezüglichkeit spricht auch, dass der Erblasser und seine Ehefrau sich im Testament ausdrücklich über die zukünftige Verfügungs- und damit auch Testierfreiheit der von ihnen jeweils Bedachten Gedanken dahingehend gemacht haben, dass sie in ihrer Testierfähigkeit nicht beschränkt werden sollten. Daraus lässt sich nur schlussfolgern, dass sich der Erblasser und seine Ehefrau wechselseitig an die einvernehmlich getroffene gemeinsame Verfügung binden wollten, wofür auch spricht, dass das Testament später, 1979, gemeinschaftlich geändert wurde. Letztlich folgt auch aus der Auslegungsregel des § 2271 Abs. 2 BGB, dass eine Wechselbezüglichkeit mindestens in Bezug auf die Schlusserbeneinsetzung vorliegt, da der Erblasser und seine Ehefrau mit den schlussbedachten Beklagten Verwandte i.S.d. § 2271 Abs. 2 BGB begünstigt haben. Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht der Umstand, dass zwischen den Ehegatten ein Vermögensgefälle bestanden hat. Dies mag zwar ein Anhaltspunkt dafür sein, die Wechselbezüglichkeit im Einzelfall genau zu hinterfragen. Vorliegend sind aber keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass wegen der unterschiedlichen Vermögensverhältnisse eine Wechselbezüglichkeit nicht gewollt gewesen wäre.
Mit der wechselbezüglich verfügten Schlusserbeneinsetzung steht die nachträgliche Anordnung der Testamentsvollstreckung im Widerspruch. Die Schlusserbeneinsetzung im Testament aus 1975 hat zur Folge, dass die Beklagten als Schlusserben mit dem Versterben des Erblassers als längstlebendem Vollerben geworden wären. Sie wären dann als Erbengemeinschaft in ihrer Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über den Nachlass in keiner Weise beschränkt gewesen. Durch die nachträgliche Anordnung der Testamentsvollstreckung im Jahr 1998 werden die Beklagten aber deutlich in ihrer Verwaltungs- und Verfügungsmacht über den Nachlass beschränkt. Nicht sie, sondern der Testamentsvollstrecker ist zur Verwaltung des Nachlasses befugt (§§ 2211ff. BGB).
ccc)
Dennoch ist die in der vertragsmäßigen Verfügung von 1998 angeordnete Testamentsvollstreckung wirksam, weil die aus dem gemeinschaftlichen Testament 1975 folgende Bindungswirkung nachträglich entfallen ist.
(aaaa)
Die Bindungswirkung dient dem Schutz des Vertrauens beider Erblasser in den Fortbestand der von ihnen gemeinsam durch jeweils wechselbezügliche Verfügungen festgelegten Nachlassplanung (BeckOGK/Müller-Engels, § 2271 Rn. 2). Die Bindungswirkung einer wechselbezüglichen Verfügung endet daher nicht nur dann, wenn das gemeinschaftliche Testament nachträglich unwirksam wird, z.B. durch Anfechtung, sondern auch dann, wenn die gemeinschaftliche Nachlassplanung nicht mehr umsetzbar ist. Dann entfällt nämlich der die Bindungswirkung rechtfertigende Vertrauensschutz des vorverstorbenen Ehegattens in die Fortdauer der gemeinsamen Nachlassplanung. Das Festhalten des längerlebenden Ehegattens an einer später nicht mehr umsetzbaren gemeinsamen Nachlassplanung wäre zweckentleert und würde ihn in unverhältnismäßiger Weise in seiner Privatautonomie beschränken. Deshalb verzichtet das Gesetz ausdrücklich bspw. auf die Bindungswirkung, wenn der längerlebende Ehegatte nach Eintritt der Bindungswirkung das Erbe ausschlägt (§ 2271 Abs. 2 S. 1, 2. Hs. BGB). Darüber hinausgehend nimmt die einhellige Meinung ein Entfallen der Bindungswirkung auch dann an, wenn der Letztbedachte durch Zuwendungsverzicht gem. § 2352 BGB auf sein testamentarisches Erbrecht verzichtet hat und damit die wechselbezüglich erfolgte Zuwendung nicht annimmt (OLG Köln, FamRZ 1983, 837; BeckOGK-Müller-Engels, § 2271 Rn. 118; MüKoBGB/Musielak, § 2271 Rn. 20 Staudinger/Kanzleiter, BGB, § 2271 Rn. 37). Auch dann kann die gemeinsame Nachlassplanung nicht mehr realisiert werden, und es besteht kein Grund, den Längerlebenden wegen einer obsolet gewordenen gemeinsamen Nachlassplanung weiter in seiner Verfügungsfreiheit zu beschränken.
(bbbb)
Einen solchen Verzicht gem. § 2352 BGB haben die Beklagten als Schlusserben in der notariellen Urkunde aus 1998 unstreitig formwirksam abgegeben.
Nach dem Wortlaut der Erklärung handelt es sich dabei um einen vollständigen Zuwendungsverzicht mit der Folge, dass der Zuwendungsverzicht die Verfügung von Todes wegen aus 1975 zwar nicht aufhebt, aber den Anfall der Zuwendung (Erbeinsetzung als Schlusserben) verhindert, wie wenn die Beklagten den Erbfall nicht erlebt hätten. Im Rahmen des § 2352 BGB gilt die Vorversterbensfiktion des § 2346 Abs. 1 S. 2 BGB für den Verzichtsfall analog (Staudinger/Schotten, BGB, § 2352 Rn. 28 m.w.N.). Folge der Vorversterbensfiktion wäre vorliegend, dass die Nebenintervenienten als Ersatzschlusserben an Stelle der Beklagten als Schlusserben in die Erbenstellung gem. dem Testament aus 1975 eingerückt wären. Dies ergibt sich zwar nicht ausdrücklich aus dem Wortlaut des Testaments aus 1975, wohl aber aus seiner Auslegung.
Das Testament aus 1975 sieht zunächst einmal vor, dass im Falle des Ablebens eines der Beklagten der jeweils andere Beklagte Alleinerbe werden soll: „Sollte eines unserer Kinder vor uns versterben, oder keine leiblichen Erben hinterlassen, soll das überlebende Kind Alleinerbe sein.“
Weiter lautet es für den Fall des beiderseitigen Ablebens der Beklagten:
„Sollten unsere Kinder beide ohne leibliche Erben versterben und keine eigene letztwillige Verfügung getroffen haben, so soll unser beiderseitiger Nachlass – abgesehen von den vorerwähnten Vermächtnissen – wie folgt verwandt werden: …“
Es folgt dann eine Aufzählung von weiteren Personen, unter denen der Nachlass quotal verteilt werden sollte. Auch wenn die Regelung den Fall, dass die Beklagten versterben und eigene Kinder hinterlassen, nicht ausdrücklich erfasst, folgt doch aus dem Gesamtzusammenhang der Regelungen, dass der Erblasser und seine Ehefrau den Nachlass in der Familie halten wollten, sofern (eheliche) Abkömmlinge in gerader Linie vorhanden sind. Erst wenn dies nicht der Fall wäre, sollte der Nachlass einem größeren und familienfremden Personenkreis zufallen.
Dem Testament aus 1975 lässt sich auch nicht entnehmen, dass für den Fall, dass die Kinder nicht tatsächlich vorversterben, sondern das Entfallen ihres Erbrechts lediglich auf einem Verzicht beruht, keine Ersatzerbeneinsetzung der Nebenintervenienten gewollt gewesen wäre. Vielmehr ist im Gegenteil davon auszugehen, dass auch und gerade in dem Fall, in dem die Kinder das Erbe nicht antreten wollen und deswegen einen Verzicht erklären, das Erbe dann an die Enkel fallen soll.
(cccc)
Der von den Beklagten erklärte Zuwendungsverzicht wirkt auch nicht zugleich als Zuwendungsverzicht der Nebenintervenienten. Zwar hätte ein solcher Verzicht von den Beklagten als gesetzliche Vertreter der Nebenintervenienten 1998 erklärt werden können. Beide Nebenintervenienten waren zu diesem Zeitpunkt nämlich noch minderjährig. Die Erklärung hätte aber zum einen auch vom jeweils anderen Elternteil im Rahmen des gemeinsamen Sorgerechts abgegeben werden müssen und hätte zudem der vormundschaftlichen Genehmigung unterlegen (§ 1643 Abs. 2 BGB). Beides ist vorliegend aber nicht erfolgt.
Der von den Beklagten erklärte Zuwendungsverzicht wirkt auch nicht kraft Gesetzes als Verzicht der Nebenintervenienten. Zwar ordnet § 2352 S. 3 BGB in seiner aktuellen Fassung durch den Verweis auf § 2349 BGB dies an. Der Verzicht des testamentarischen Erben wirkt mithin nach dieser Norm auch auf seine Abkömmlinge und damit die Nebenintervenienten. Der Verweis in § 2352 S. 3 BGB auf § 2349 BGB ist aber erst mit Wirkung für Erbfälle ab dem 1.1.2010 in das Gesetz eingefügt worden (Art. 229 § 23 Abs. 4 EGBGB). Hier ist der Erbfall aber schon im Jahr 2005 eingetreten und § 2349 BGB fand damit keine Anwendung.
(dddd)
Der von den Beklagten in der notariellen Urkunde aus 1998 erklärte Zuwendungsverzicht ist aber als beschränkter Teilverzicht dahingehend auszulegen, dass die Beklagten – ohne Änderung ihrer grundsätzlichen Erbenstellung im übrigen – darauf verzichteten, nicht mit weiteren Beschwerungen in Form einer Testamentsvollstreckung und einer Vor- und Nacherbschaft belastet zu werden.
Ein solcher Teilverzicht ist gem. § 2352 BGB grundsätzlich möglich. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 7.12.1977 (NJW 1978, 1159 Ziff. 2a) zur Frage der vormundschaftlichen Genehmigungspflicht eines Zuwendungsverzichts ausdrücklich ausgeführt, dass auch ein teilweiser Erbverzicht genehmigungsbedürftig sei und ein solcher u.a. dahingehend erklärt werden könne, dass der Bedachte sich mit der nachträglichen Anordnung bestimmter Beschwerungen einverstanden erklärt, etwa mit Vermächtnissen, Auflagen oder der Einsetzung eines Testamentsvollstreckers (BGH v. 7.12.1977, NJW 1978, 1159 Ziff. 2a). In seiner Entscheidung vom 27.1.1982 (NJW 1982, 1100 Ziff. 5) hat der BGH an dieser Rechtsprechung ausdrücklich festgehalten. Auch in der Literatur ist ein beschränkter Zuwendungsverzicht gem. § 2352 BGB überwiegend anerkannt (BeckOGK-BGB/Everts, § 2352 Rn. 19; MüKoBGB/Wegerhoff, § 2352 Rn. 4; BeckOK-BGB/Litzenburger, § 2352 Rn. 8; Staudinger/Schotten § 2352 Rn. 13 jeweils mwN). Die von den Beklagten gegen diese h.M. vorgebrachten Argumente überzeugen den Senat nicht. Denn wenn der Bedachte vollständig auf die Zuwendung verzichten kann, dann muss es ihm möglich sein, auch einen nur teilweisen Verzicht auszusprechen. Hiergegen sprechen insbesondere keine Vertrauensschutzgesichtspunkte des im Falle eines gemeinsamen Testaments vorverstorbenen Ehegattens. Denn dieser hat ohnehin, wenn er – wie vorliegend – den Nachlass dem Bedachten „unbeschwert“ zuwendet, nach dem Tod des Längerlebenden keinen Einfluss darauf, was der Bedachte mit der ihm zugewandten Erbschaft anfängt. Von daher ist es nicht bedenklich, wenn der Bedachte bereits vor dem Versterben des Längerlebenden teilweise – in Bezug auf das Nichtbestehen von Beschwerungen – auf die Zuwendung verzichtet und sich die nachträgliche Anordnung von Beschwerungen gefallen lässt. Es ist schlechterdings kein rechtfertigender Grund dafür erkennbar, warum der Zuwendende einen Anspruch darauf haben sollte, dass der Zuwendungsempfänger das ihm Zugewandte entweder ausschließlich vollständig annimmt oder durch einen Zuwendungsverzicht gänzlich ausschlägt.
Es ist auch nicht erkennbar, warum der Teilverzicht lediglich über den Weg der Gestattung nach § 184 BGB bzw. § 182 BGB möglich sein sollte, während der vollständige Verzicht über § 2352 BGB vereinbart werden können soll. Der Berechtigte verzichtet auch bei einem Teilverzicht auf etwas ihm Zugewandtes. Darauf, dass im Anschluss an den Verzicht der Erblasser noch eine eigene Verfügung treffen muss, während bei einem vollständigen Verzicht das Ergebnis bereits mit der Erklärung des Verzichts eintritt, kommt es nicht an. Dies begründet jedenfalls nicht, warum ein solcher Verzicht nicht auch im Rahmen des § 2352 BGB als Teilverzicht erklärt werden kann.
Folge eines solchen beschränkten Zuwendungsverzichts durch die Schlusserben bei bestehender Ersatzerbschaft ist, dass der Ersatzerbfall nicht eintritt, weil der Teilverzicht die grundsätzliche Erbenstellung der Schlusserben nicht berührt (Staudinger/Schotte, § 2352 Rn. 13; Ivo, ZEV 20032, 61).
(eeee)
Die Beklagten haben vorliegend einen solchen Teilverzicht auch erklärt.
Zwar spricht der Wortlaut der notariellen Erklärungen gegen einen solchen Teilverzicht. Denn die Beklagten erklären den Verzicht ohne weitere Einschränkungen. So lautet es in der maßgeblichen Ziffer I. der notariellen Urkunde: „Demgemäß verzichten die Erschienenen zu 2. und 3. hiermit auf ihre Ansprüche aus dem privatschriftlichen Testament. Der Erschienene zu 1. nimmt diesen Verzicht an.“ Dem Wortlaut lässt sich keinerlei inhaltliche Einschränkung des Verzichts entnehmen.
Gleichwohl hat die Auslegung nicht an diesem Wortlaut stehen zu bleiben. Vielmehr ist der Verzichtsvertrag als zweiseitiger Vertrag gem. §§ 133, 157 BGB auszulegen. Danach ist die Erklärung insbesondere im systematischen Gesamtkontext des Vertrages zu sehen und auch der mit ihr verfolgte Zweck zu berücksichtigen. In systematischer Hinsicht ist dabei maßgeblich zu berücksichtigen, dass es in dem Satz unmittelbar vor dem zitierten Verzicht lautet: „Die Erschienenen sind nun übereingekommen, dass die Erbeinsetzung bezüglich des Nachlasses ihres Vaters gegenüber dem handschriftlichen Testament modifiziert werden soll.“ Der eigentliche Verzicht beginnt sodann mit dem einleitenden Wort „demgemäß“ und nimmt damit ausdrücklich auf den Satz zuvor Bezug. In dem Satz zuvor wird aber nur von einer Modifizierung und nicht von einem umfänglichen Verzicht auf die Erbenstellung und sodann vollständiger Neutestierung gesprochen. Allerdings spricht auf der anderen Seite die vom Erblasser und den Beklagten im Rahmen des unter Ziff. II. § 1 geschlossenen Erbvertrages abgegebene Erklärung: „Es wird festgestellt, dass aus dem privatschriftlichen Testament keinerlei Erbansprüche mehr geltend gemacht werden können“ gegen eine schlichte Modifikation der Erbenstellung. Insofern ist die systematische Auslegung nicht eindeutig.
Maßgeblich für einen nur eingeschränkten Zuwendungsverzicht spricht aber der gemeinsame Parteiwille hinsichtlich des mit dem in der notariellen Urkunde aus 1998 verfolgten Zwecks. Unstreitig wollten weder der Erblasser noch die Beklagten mit ihren notariellen Erklärungen 1998 erreichen, dass die Beklagten als Erben ausfielen und an ihre Stelle bereits 1998 die Nebenintervenienten als Ersatzerben treten würden. Im Gegenteil entsprach es dem übereinstimmenden Parteiwillen, dass die Beklagten Vorerben und die Nebenintervenienten Nacherben werden sollten und zusätzlich Testamentsvollstreckung durch den Kläger angeordnet wurde. Dieser übereinstimmende Parteiwille ist in Ziff. II. der notariellen Urkunde ausdrücklich protokolliert worden. Es liegt damit auch kein schlichter Rechtsfolgenirrtum vor, der nicht im Rahmen der Auslegung, sondern allein über eine (nach Auffassung der Beklagten nicht mögliche) Anfechtung berücksichtigt werden könnte. Denn die Urkundsparteien haben den von ihnen verfolgten rechtlichen Zweck ausdrücklich im Rahmen des Erbvertrages zum Gegenstand des Vertrages und damit der Vertragsurkunde gemacht. Deswegen kann dieser zum Vertragsgegenstand erhobene gemeinsame Parteiwille auch zur Auslegung der sonstigen Vertragsbedingungen und insbesondere auch des in Ziff. I geregelten Zuwendungsverzichts herangezogen werden. Entgegen der Auffassung der Beklagtenseite sind die Erklärungen in Ziff. I. der Urkunde und Ziff. II. auch nicht isoliert auszulegen, sondern in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Insofern ist der Fall hier vergleichbar mit den Fällen des sogn. offenen Kalkulationsirrtums, in dem die Parteien einen bestimmten Preis konkret und bewusst vereinbart haben, sich aus der zum Vertragsinhalt gewordenen Kalkulationsgrundlage aber ergibt, dass tatsächlich ein anderer Preis zutreffend gewesen wäre. Armbrüster führt insofern zutreffend in MüKoBGB § 119 Rn. 61 aus, dass in diesen Fällen auf den „Gesamttatbestand“ der abgegebenen Erklärung abzustellen ist und nicht auf den irrtümlichen ausdrücklichen anderweitigen Wortlaut. Hieran ändert auch der Vortrag der Beklagten nichts, das die Urkundsbeteiligten den Zuwendungsverzicht genauso erklären wollten, wie sie ihn erklärt haben. Davon geht auch der Senat aus. Es geht nicht darum, dass die Urkundsparteien sich darüber geirrt hätten, dass sie einen Zuwendungsverzicht abgegeben haben. Die Parteien wollten einen Zuwendungsverzicht abgeben, aber nur einen solchen, der den Erblasser in die Lage versetzt, die Vor- und Nacherbschaft sowie die Testamentsvollstreckung anzuordnen. Sie wollten gerade keinen Zuwendungsverzicht abgeben, der die Nebenintervenienten in die Erbenstellung einrücken ließ, sondern ihre Erbenstellung im Grundsatz aufrecht erhalten.
Auch die persönliche Anhörung der Beklagten gem. § 141 ZPO durch den Senat am 7.5.2019 führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Beklagten haben übereinstimmend ausgeführt, dass es vor der Beurkundung kein näheres Gespräch zwischen ihnen und dem Erblasser über die einzelnen Vertragsinhalte gegeben habe. Ihnen sei zwar der Vertrag vorab übersandt worden. Sie hätten aber hinsichtlich des Vertragsinhalts ihrem Vater vertraut und den Vertrag daher nicht näher geprüft. Bewusst sei ihnen nur gewesen, dass sie einen Dritten, den Testamentsvollstrecker, als Unterstützung zur Seite bekämen, was sie damals eigentlich auch für eine gute Idee hielten. Damit haben die Beklagten aber nichts näheres zum Umfang des Erbverzichts ausführen können als das, was sich bereits aus den allgemeinen Umständen und den daraus folgenden und oben dargestellten Erwägungen ergibt.
Auch die als Zeugin angebotene Ehefrau des Beklagten zu 2.) war nicht zu vernehmen, weder aufgrund des schriftsätzlichen Vortrages noch aufgrund des Ergebnisses der persönlichen Anhörung der Beklagten. Es fehlt schon jegliche Konkretisierung dazu, in welchem Zusammenhang die Zeugin überhaupt Kenntnis vom Willen des Erblassers in Bezug auf den Umfang des Zuwendungsverzichts gehabt haben sollte. Wenn schon ihr Ehemann selbst keinerlei Gespräche mit dem Erblasser über den näheren Inhalt der Urkunde 1998 geführt hat, hätte es einer näheren Erläuterung bedurft, warum die am Vertrag nicht unmittelbar beteiligte Ehefrau des Beklagten zu 2.) weitergehende Kenntnisse über den Willen ihres Schwiegervaters zum Verzicht gehabt haben sollte als der Beklagte zu 2.).
Auch aus der Schenkungsurkunde Anlage K 4 lässt sich nichts herleiten. Zwar wird dort zur Darstellung der geltenden testamentarischen Rechtslage nur auf den Erbvertrag 1998 und nicht (ergänzend) auf das Testament 1975 Bezug genommen. Dies spricht aber nicht dagegen, dass der Verzicht 1998 dennoch nur einen Teilverzicht beinhaltete und damit das Testament 1975 teilweise aufrecht erhielt. Denn entscheidend ist, dass der Erbvertrag 1998 unstreitig die nach dem Willen aller Urkundsbeteiligten inhaltlich maßgebliche erbrechtliche Regelung enthalten sollte. Die Beklagten sollten Vorerben werden, die Nebenintervenienten Nacherben und der Kläger Testamentsvollstrecker. Es bestand daher keinerlei Veranlassung, zur Verdeutlichung der aktuellen erbrechtlichen Rechtslage später neben dem Erbvertrag 1998 noch auf das Testament 1975 Bezug zu nehmen.
(ffff)
Letztlich steht dem Teilverzicht nicht entgegen, dass das gemeinschaftliche Testament mit der Klausel: „Durch die Verfügung für den Fall des Ablebens unserer Kinder sollen diese – bzw, das überlebende von ihnen in keiner Weise in ihrer Verfügungsmacht über ihr Erbteil und in ihrer Testierfähigkeit beeinträchtigt sein.“ eine Auflage gem. § 1940 BGB enthalte, auf die nicht verzichtet werden könnte. Der Wortlaut der Klausel enthält keine Leistungsverpflichtung an den Erblasser. Die Klausel richtet sich vielmehr an die Kinder und stellt klar, dass sie durch das gemeinschaftliche Testament nicht in ihrer Verfügungsbefugnis beschränkt sein sollen. Hierauf können die Kinder ohne Weiteres verzichten.
(gggg)
Selbst wenn man annehmen wollte, dass die Auslegung ergibt, dass ein vollständiger Zuwendungsverzicht vereinbart wurde, wäre der Vertrag gem. § 313 Abs. 2 BGB wegen von Anfang an fehlender Geschäftsgrundlage dahingehend anzupassen, dass nur ein Teilverzicht vorliegt. Gem. § 313 Abs. 2 BGB ist ein Vertrag anzupassen, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, sich als falsch herausstellen. Die Norm erfasst vor allem den gemeinsamen (Motiv-)Irrtum der Parteien (BeckOGK-BGB/Martens, § 313 Rn. 111). Ein solcher gemeinsamer Motivirrtum läge hier vor, weil die Vertragsparteien unstreitig mit ihrer Vereinbarung nicht erreichen wollten, dass an Stelle der Beklagten nunmehr die Nebenintervenienten (Ersatz-)Schlusserben werden. Gem. § 313 Abs. 3 BGB ist der notarielle Vertrag im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls entsprechend anzupassen (BeckOK-BGB/Unberath, § 313 Rn. 88). Diese Anpassung ergibt hier, dass der vollständige Verzicht in einen Teilverzicht anzupassen ist. Zwar hat der BGH in seiner Entscheidung vom 4.11.1998 (NJW 1999, 789) zur fehlenden Geschäftsgrundlage bei einem Erbverzicht nach § 2352 BGB ausgeführt, dass eine Aufhebung des Verzichts entsprechend § 2351 BGB nach dem Tod der Erblasserin nicht mehr möglich sei (§§ 2352 Satz 3, 2347 Abs. 2 Satz 1 BGB), weshalb das gleiche Ziel auch nicht durch eine Rückabwicklung des Verzichtsvertrages auf der Grundlage von § 242 BGB aF erreicht werden könne, wenn das Fehlen oder der Wegfall der Geschäftsgrundlage erst nach Eintritt des Erbfalls geltend gemacht wird. Grund hierfür ist nach dem BGH, dass dem gewichtige Belange der Rechtssicherheit entgegenstehen würden. Die Erbfolge müsse mit dem Tod des Erblassers auf einer festen Grundlage stehen und dürfe grundsätzlich nicht noch nach beliebig langer Zeit wieder umgestoßen werden können. Insbesondere im Interesse der Nachlassgläubiger und aller an der Erbauseinandersetzung Beteiligten bedürfe es einer verlässlichen Beurteilungsgrundlage für die mit dem Erbfall eintretende Erbfolge. Diese Erwägungen des BGH sprechen im vorliegenden Fall aber gerade dafür, einen Teilverzicht jedenfalls über eine Anpassung wegen von Anfang an fehlender Geschäftsgrundlage anzunehmen. Denn vorliegend soll über die Anpassung wegen von Anfang an fehlerhafter Geschäftsgrundlage keine bislang anderweitig praktizierte Rechtslage rückwirkend geändert werden, sondern im Gegenteil eine seit dem Tode des Erblassers bestehende Rechtslage aufrecht erhalten bleiben. Der Kläger weist im Rahmen seiner Berufungserwiderung zutreffend darauf hin, dass eine rückwirkende Feststellung der Unwirksamkeit der Testamentsvollstreckung erhebliche Rechtsunsicherheiten zur Folge hätte.
cc.)
Unabhängig hiervon liegt in der mit dem Erbvertrag getroffenen vertragsmäßigen Verfügung des Erblassers zugleich auch ein Widerruf der Ersatzerbenstellung der Nebenintervenienten und der weiter im Testament genannten Ersatzerben vor, wenn man von einem vollständigen Zuwendungsverzicht der Beklagten und damit einem Einrücken der Nebenintervenienten in die Erbenstellung ausgehen würde, da unstreitig Zweck der Notarurkunde war, die Beklagten als Vorerben und die Nebenintervenienten als Nacherben einzusetzen. Bei einem vollständigen Erbverzicht konnte dies nur so erreicht werden, indem zusätzlich zum Erbverzicht die Ersatzerbenberufung widerrufen wird. Zwar enthält die Urkunde aus 1998 keinen ausdrücklichen Widerruf der Ersatzerbenstellung der Nebenintervenienten. Ein schlüssiger Widerruf der Ersatzerbeneinsetzung ist nach herrschender Meinung unter Geltung des § 2352 BGB aF aber anerkannt gewesen und begegnet auch aus Sicht des Senats keinen grundsätzlichen Bedenken (vgl. MüKoBGB/Wegerhoff, § 2352 Rn. 15). Ein solcher Widerruf würde auch aus der Auslegungsregel des § 2258 BGB folgen.
Einem solchen Widerruf steht auch § 2271 Abs. 2 BGB nicht entgegen. Zwar dürfte auch die Ersatzerbenberufung im gemeinschaftlichen Testament als wechselbezüglich anzusehen sein. Denn da wie ausgeführt die Berufung der Nebenintervenienten als Ersatzerben aus dem Inhalt des Testaments und nicht allein aus § 2069 BGB folgt, ist davon auszugehen, dass auch die Ersatzerbenberufung grundsätzlich der Bindungswirkung unterfallen sollte. Dies führt aber nicht zwangsläufig dazu, dass die Bindungswirkung auch in der vorliegenden Konstellation greift. Denn da sich die Wechselbezüglichkeit von Verfügungen auf dem Willen der Ehegatten gründet, entscheidet vorrangig auch der Wille der Ehegatten über die Rechtsfolgen der Wechselbezüglichkeit (BeckOGK-BGB/Müller-Engels, § 2270 Rn. 66). Die vom Gesetz angeordneten Rechtsfolgen der Wechselbezüglichkeit sind somit allesamt abdingbar (BeckOGK-BGB/Müller-Engels, § 2270 Rn. 66). Eine Einschränkung der Rechtsfolgen der Wechselbezüglichkeit kann dabei sowohl ausdrücklich angeordnet, z.B. durch ausdrücklichen Änderungsvorbehalt, als auch anhand der Umstände des Einzelfalles im Wege der Auslegung anzunehmen sein. Im Hinblick auf die grundsätzliche Bindung wechselbezüglicher Verfügungen und das damit geschützte Vertrauen des anderen Ehegattens an den Weiterbestand der getroffenen Verfügungen ist allerdings hinsichtlich der Annahme solcher Einschränkungen und ihres Umfangs ein strenger Maßstab anzulegen (BeckOGK-BGB/Müller-Engels, § 2270 Rn. 66).
Für die vorliegende Konstellation des freiwilligen Verzichts der Schlusserben auf ihr testamentarisches Erbrecht gem. § 2352 BGB bei gleichzeitiger Einsetzung als Vorerben mit den Enkeln als Nacherben und der einvernehmlichen Ernennung eines Testamentsvollstreckers ist das Testament aus 1975 trotz fehlendem ausdrücklichen Änderungsvorbehalt dahingehend auszulegen, dass der Erblasser berechtigt war, für diesen Fall die Ersatzerbenstellung der Nebenintervenienten aus dem Testament von 1975 zu widerrufen. Zwar hatten die Ehegatten gerade für den Fall, dass die Kinder als Schlusserben wegfallen würden, vorgesehen, dass dann die Enkel an ihre Stelle treten. Dieser Wille würde missachtet werden, wenn man annehmen wollte, dass der überlebende Ehegatte wieder vollständig frei werden würde, wenn die Kinder als Schlusserben wegfallen und der überlebende Ehegatte durch einen Widerruf der Ersatzerbenstellung der Enkelkinder auch an familienfremde Dritte zuwenden könnte, z.B. an eine neue Partnerin. Diese Erwägungen greifen aber gerade dann nicht, wenn die Kinder weiterhin als Erben berufen bleiben und nur die Enkelkinder als weitere Erben hinzukommen und hierfür auf eine Vor- und Nacherbkonstruktion zurückgegriffen wird. Damit wird die gemeinsame Nachlassplanung gerade umgesetzt. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der zusätzlich angeordneten Testamentsvollstreckung und gerade im Hinblick auf die im Testament 1975 vorgesehene Klausel zur Verfügungsfreiheit der Kinder. Die Verfügungsfreiheit umfasst nämlich gerade auch das Recht der Kinder, mit dem Nachlass nach eigenem Belieben zu verfahren. Damit steht ihnen aber nach der gemeinsamen Planung auch die Freiheit zu, von der Verfügungsfreiheit keinen Gebrauch zu machen, sei es dadurch, dass sie auf das Zugewandte verzichten oder auch dadurch, dass sie durch das Akzeptieren von Beschränkungen auf Teile ihrer Freiheiten verzichten. Die Ehegatten wollten ihren Kindern freie Hand über die Verfügung über ihren Erbteil lassen. Wenn die Kinder vor diesem Hintergrund ihre Verfügungsbefugnis schon zu Lebzeiten des längstlebenden Ehegattens dahingehend ausüben, dass sie sich in ihrer Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis beschränken lassen, dann widerspricht dies nicht dem Willen des vorverstorbenen Ehegattens, sondern bringt diesen vielmehr zur Geltung. Anderenfalls hätten die Kinder nämlich gerade keine Möglichkeit, über das Zugewendete frei zu verfügen bzw. müssten hiermit bis zum Ableben des Längslebenden warten, was z.B. aber die Anordnung der Testamentsvollstreckung auch in der Sache unmöglich machen würde. Das Testament von 1975 ist daher dahingehend auszulegen, dass jedenfalls die Ersatzerbeneinsetzung nicht den Rechtsfolgen des § 2271 BGB unterworfen ist, wenn wie vorliegend der Längerlebende und die Schlusserben eine einvernehmliche anderweitige erbrechtliche Regelung treffen.
Sind damit durch den Widerruf die Nebenintervenienten und damit aufgrund entsprechender Auslegung des Widerrufs auch nicht die weiteren Ersatzerben in die Ersatzerbenstellung eingerückt, konnte die Testamentsvollstreckung auch bei einem vollständigen Zuwendungsverzicht nachträglich angeordnet werden.
dd)
Die ursprünglich wirksam angeordnete Testamentsvollstreckung besteht auch bis heute als Dauertestamentsvollstreckung fort, weshalb auch der Klagantrag zu 2.) begründet ist. Der Kläger hat unstreitig sein Amt gem. § 2202 BGB angenommen und bis heute weder gem. § 2226 BGB gekündigt noch ist er gem. § 2227 BGB durch das Nachlassgericht als Testamentsvollstrecker entlassen worden. Auch ansonsten ist keine zwischenzeitlich eingetretene Beendigung der Testamentsvollstreckung erkennbar.
2.
a) Widerklageantrag zu 1) und 2)
Die Widerklaganträge zu 1) und 2) sind unzulässig. Die Widerklage muss als echte Klage über einen selbstständigen Streitgegenstand verfügen (vgl. nur MüKoZPO/Patzina, § 33 Rn. 8). Begrifflich liegt eine Widerklage schon nicht vor, wenn das geltend gemachte Begehren nicht als selbstständige Rechtsschutzhandlung angesehen werden kann. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Begehren des Beklagten lediglich auf eine Negierung des klägerischen Antrages gerichtet ist (MüKoZPO/Patzina, § 33 Rn. 8). Daher ist eine Widerklage dahingehend, dass der Klaganspruch nicht besteht, unzulässig, wenn der Klaganspruch abgewiesen wird. Der Bekl. muss mehr erreichen wollen als die bloße Verneinung der Rechtsbehauptung des Klägers (BAG, NZA 1990, 986, 987). Gemessen hieran ist die Widerklage zu 1.) und 2.) unzulässig. Mit ihr begehren die Beklagten in der Sache nichts anderes als die Abweisung des Klagantrages. Sie begründen die Zulässigkeit der beiden Widerklaganträge auch nur mit dem Argument, dass diese gestellt worden sind, weil die Klaganträge mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig seien. Da die Klaganträge aber wie ausgeführt zulässig sind und der Senat in der Sache über sie entschieden hat, folgt schon hieraus die Unzulässigkeit der beiden Widerklaganträge.
b) Widerklage zu 3.)
Die Hilfswiderklage zu 3.) ist unzulässig. Es fehlt das Feststellungsinteresse gem. § 256 ZPO. Die Widerklage richtet sich gegen den Kläger. Der Kläger klagt vorliegend aber persönlich und nicht in seiner Funktion als Testamentsvollstrecker. Die Parteistellung kraft Amtes und als Privatperson ist voneinander zu trennen. Es handelt sich um zwei verschiedene prozessuale Parteien, auch wenn es sich um eine natürliche Person handelt (BGH v. 6.4.2000, NJW 2000, 1950 unter Ziff. II. 1.a; Palandt/Weidlich, § 2213 Rn. 5; Kroiß in: Kroiß/Ann/Mayer, § 2213 Rn. 17). Der Wechsel von der Amtsklage zur Parteiklage ist daher ein Parteiwechsel (Palandt/Weidlich, § 2213 Rn. 5; Kroiß in: Kroiß/Ann/Mayer, § 2213 Rn. 17; Assmann in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 263 Rn. 115; RG LZ 1919, 1018). Daraus folgt, dass eine Entscheidung im vorliegenden Verfahren Rechtskraft allein im Verhältnis der Beklagten bzw. Nebenintervenienten zum Kläger als Privatperson entfaltet, sich aber nicht auf den Kläger als Partei kraft Amtes, also auf seine Funktion als Testamentsvollstrecker erstreckt. Im Entlassungsverfahren nach § 2227 BGB ist der Kläger aber nicht als Privatperson, sondern in seiner Funktion als Testamentsvollstrecker beteiligt. Dies folgt aus der eindeutigen Regelung des § 345 Abs. 4 Nr. 2 FamFG. Es besteht damit zwischen dem vorliegenden Verfahren vor dem Prozessgericht und dem nachlassgerichtlichen Entlassungsverfahren keine Parteiidentität, weshalb die Entscheidung in diesem Verfahren keinerlei Bindungswirkung für das Entlassungsverfahren entfaltet. Damit stellt sich der Antrag im vorliegenden Verfahren lediglich als Versuch dar, die Rechtslage durch das Prozessgericht abstrakt klären zu lassen. Die abstrakte Klärung von streitigen Rechtsfragen vermag aber das notwendige Feststellungsinteresse nicht zu begründen.
Die Widerklage ist auch deswegen unzulässig, weil Feststellungsklagen vor dem Prozessgericht in erbrechtlichen Angelegenheiten, für die in der Sache auch eine Zuständigkeit des Nachlassgerichts besteht, nur insoweit zulässig sind, wie sie überhaupt geeignet sind, im nachlassgerichtlichen Verfahren Bindungswirkung zu entfalten. Dies ist beispielsweise für die in § 27 ZPO ausdrücklich erwähnte Erbenfeststellungsklage der Fall, weil das Erbscheinsverfahren vor dem Nachlassgericht zwischen den Beteiligten die Erbenstellung nicht mit materieller Rechtskraft klärt. Vielmehr kann der Erbschein gem. § 2361 Abs. 1 S. 1 BGB jederzeit wieder eingezogen werden. Eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über die Erbenstellung kann nur das Prozessgericht treffen. Gleiches gilt für die Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses (§§ 2268 Abs. 3, 2261 BGB), weshalb die Feststellungsklage des Klägers vorliegend auch trotz des vorangegangenen nachlassgerichtlichen Verfahrens zulässig ist. Entscheidungen des Nachlassgerichts in den genannten Zeugnisverfahren wirken daher auch jeweils nur deklaratorisch und nicht konstitutiv. Anders ist dies in Bezug auf die Entlassung des Testamentsvollstreckers gem. § 2227 BGB. Diese Entscheidung ist bereits kraft materiellem Recht ausschließlich dem Nachlassgericht zugeordnet („das Nachlassgericht kann…“). Das Nachlassgericht stellt hier die Rechtslage auch nicht nur deklaratorisch fest, sondern gestaltet sie durch seine Entlassungsentscheidung konstitutiv (BeckOGK/Tolksdorf, § 2227 Rn. 54). Demgegenüber kann das Prozessgericht den Testamentsvollstrecker nicht selbst entlassen und ihm fällt hierfür auch kraft Gesetzes keine Entscheidungskompetenz zu. Daher besteht auch keine Veranlassung, das Prozessgericht abstrakt die Frage des Vorliegens eines wichtigen Grundes gem. § 2227 BGB klären zu lassen. Dies gilt umso mehr, als dem Nachlassgericht bei seiner Entscheidung ein Ermessensspielraum zusteht („kann“, BeckOGK/Müller-Engels, § 2227 BGB Rn. 3). Es ist daher insgesamt nicht Aufgabe des Prozessgerichts, sondern allein des Nachlassgerichts, die Voraussetzungen des § 2227 BGB zu überprüfen und den Testamentsvollstrecker ggfs. zu entlassen. Das entspricht auch der Rechtsprechung des BGH. In seiner Entscheidung vom 9.10.1957 (NJW 1957, 1916, Ziff. II. am Ende) hat der BGH zur Frage, ob bestimmte Rechtshandlungen vom Testamentsvollstrecker vorgenommen werden durften, ausgeführt: „Die Frage, ob es wirtschaftlich erforderlich ist, einen gegen einen Miterben gerichteten Anspruch geltend zu machen und ob der Testamentsvollstrecker auch die anderen Miterben in ähnlicher Weise in Anspruch nehmen müßte, ist aber nicht von dem Gericht zu entscheiden, vor dem dieser Anspruch geltend gemacht wird. Das Prozessgericht würde sonst in einer vom Gesetz nicht gewollten Weise die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers überwachen und unter Umständen hemmen. Die in Rede stehenden Fragen können in aller Regel nur vom Nachlaßgericht im Zusammenhang mit einem Antrag des Erben, den Testamentsvollstrecker nach § 2227 BGB zu entlassen, entschieden werden.“ Die Kontrolle des Testamentsvollstreckers im Rahmen des § 2227 BGB ist damit allein dem Nachlassgericht zugeordnet (so auch Reimann, FamRZ 1995, 588, 590; Staudinger/Reimann, § 2227 Rn. 38).
Darauf, ob in der Sache ein wichtiger Grund gem. § 2227 BGB vorliegt, kommt es mithin nicht an.
c) Widerklagantrag zu 4.)
Der Widerklagantrag zu 4.) ist zulässig, aber unbegründet. Das Feststellungsinteresse liegt vor. Zwischen den Parteien besteht Streit über die Frage, welchen Umfang die Testamentsvollstreckung hat. Es begegnet auch keinen Bedenken, dass der Antrag hilfsweise und damit bedingt gestellt wurde. Es handelt sich um eine zulässige innerprozessuale Bedingung dahingehend, dass der Klage stattgegeben wird. Die Zulässigkeit einer solchen Eventualwiderklage ist allgemein anerkannt (vgl. nur MüKo/ZPO Patzina, § 33 Rn. 4).
Es ist auch zutreffend, dass der Kläger im eigenen Namen und nicht als Testamentsvollstrecker im Wege der Amtsklage in Anspruch genommen wurde. Jedenfalls wenn wie vorliegend der Kläger selbst auf Feststellung seiner Ernennung als Testamentsvollstrecker klagt, kann er im selben Verfahren hilfsweise widerklagend auf Feststellung des genauen Umfanges der Testamentsvollstreckung in Anspruch genommen werden.
Die Widerklage ist jedoch unbegründet. Der Erblasser hat auch in Bezug auf die Unternehmen … GmbH & Co KG und Grundstücksgesellschaft der Verwaltungsgesellschaft … mbH & Co oHG. Testamentsvollstreckung und nicht bloß eine Vollmacht mit zugrundeliegendem Geschäftsbesorgungsvertrag angeordnet. Die Auslegung des Erbvertrages ergibt, dass sich die Testamentsvollstreckung auf den gesamten Nachlass erstreckt. In Ziff. II. § 6 S. 4 der notariellen Urkunde wird ausdrücklich klargestellt, dass der Testamentsvollstrecker auch befugt sein soll, einvernehmlich die unter § 5 aufgeführten Gesellschaftsbeteiligungen zu veräußern. § 5 erfasst ausdrücklich auch die beiden klagegegenständlichen Gesellschaften. Daraus folgt, dass die Testamentsvollstreckung auch diese beiden Gesellschaften bzw. die Beteiligungen hieran erfasst. Wenn sodann weiter in Ziff. II § 6 S. 6 dem Testamentsvollstrecker eine Vollmacht für die Ausübung bestimmter gesellschaftsrechtlicher Rechte und Pflichten durch die Erben erteilt wird, dann geschieht dies ersichtlich nicht mit dem Zweck, die Testamentsvollstreckung insoweit sachlich zu beschränken, sondern nur um dem Testamentsvollstrecker über die Testamentsvollstreckung hinausgehende weitergehende Rechte zuzubilligen, auch wenn dies möglicherweise rechtlich nicht notwendig war. Darauf, ob dieser Vollmacht überhaupt ein Geschäftsbesorgungsvertrag zugrunde lag und ob dieser durch die Kündigung vom 4.1.2018 wirksam beendet wurde, kommt es nicht an.
3. Nebenentscheidungen
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 101 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht. Soweit es die generelle Zulässigkeit eines Teilverzichts betrifft, ist diese Rechtsfrage nur noch für Altfälle von Bedeutung. Im Übrigen beruht die Entscheidung im Wesentlichen auf einer einzelfallbezogenen Auslegung der vorliegenden Testamente. Die Frage, ob die Voraussetzungen des § 2227 BGB durch das Prozessgericht festgestellt werden können, beantwortet sich recht deutlich aus dem Gesetzeswortlaut und ist überdies vom BGH bereits (wenn auch nicht tragend) entschieden worden.
Der Streitwert bemisst sich gem. § 3 ZPO nach billigem Ermessen. Abzustellen ist hierfür auf eine Quote bezogen auf den Wert des Nachlasses. Der Wert des Nachlasses beläuft sich auf gerundet 24.000.000 €. Entsprechend § 65 GNotKG wären hiernach im Ausgangspunkt in Bezug auf den Bestand der Testamentsvollstreckung als Quote 10 % anzusetzen. Es geht vorliegend aber nicht nur um die Feststellung, ob überhaupt eine wirksame Testamentsvollstreckung besteht, sondern mit der Widerklage weitergehend auch darum, ob die möglicherweise wirksam angeordnete Testamentsvollstreckung aufgrund weiterer Umstände durch Entlassung zu beenden ist. Dies rechtfertigt es, insgesamt 20 % des Nachlasswertes anzusetzen. Daneben streiten die Parteien mit dem Hilfsantrag zu 4.) noch um den Umfang der Testamentsvollstreckung, weshalb es angezeigt ist, nochmals weitere 5 % streitwerterhöhend zu berücksichtigen. Insgesamt sind daher 25 % des Nachlasswertes als Streitwert anzusetzen, woraus sich der festgesetzte Betrag von 6.000.000 € ergibt.

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Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

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