OLG München, Beschluss vom 12. Februar 2019 – 31 Wx 108/19 Lehnt es das Nachlassgericht ab, den mit dem Aufgabenbereich „Ermittlung der unbekannten Erben sowie Sicherung und Verwaltung des (Gesamt)Nachlasses“ bestellten Nachlasspfleger anzuweisen, an der Auflassung einer dem Bedachten zugewendeten Immobilie mitzuwirken, begründet die Entscheidung des Nachlassgerichts keine Beschwerdeberechtigung des Antragstellers, gleich ob die Zuwendung der Immobilie als Vermächtnis oder als Erbeinsetzung zu einem Bruchteil ausgelegt wird.

Juni 15, 2019

OLG München, Beschluss vom 12. Februar 2019 – 31 Wx 108/19
Lehnt es das Nachlassgericht ab, den mit dem Aufgabenbereich „Ermittlung der unbekannten Erben sowie Sicherung und Verwaltung des (Gesamt)Nachlasses“ bestellten Nachlasspfleger anzuweisen, an der Auflassung einer dem Bedachten zugewendeten Immobilie mitzuwirken, begründet die Entscheidung des Nachlassgerichts keine Beschwerdeberechtigung des Antragstellers, gleich ob die Zuwendung der Immobilie als Vermächtnis oder als Erbeinsetzung zu einem Bruchteil ausgelegt wird.
Gründe
I.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Nachlassgerichts vom 10.1.2019 hat nach vorläufiger Bewertung der Sach- und Rechtslage keinen Erfolg.
Die Entscheidung betrifft u.a. die Ablehnung des Nachlassgerichts, die Nachlasspflegerin anzuweisen, im Rahmen der Ausübung der Nachlassverwaltung an der Auflassung eines Grundstücks mitzuwirken. Insoweit stützt die Beteiligte zu 1 ihren Anspruch auf eine Anordnung des Erblassers in dessen Testament vom 7.1.2007, in dem er diese als “Erbin des Hauses” benannt hat.
1. Soweit die Zuwendung der Immobilie als Vermächtnis ausgelegt werden kann (§ 2087 Abs. 2 BGB), hätte sie als Nachlassgläubigerin bei Ablehnung der erstrebten Anweisung hiergegen kein Beschwerderecht (KG JW 1938, 1453; Palandt/Weidlich BGB 78. Auflage § 1960 Rn.10). Insoweit wäre die Beschwerde bereits unzulässig.
Ein solches Recht auf Anweisung steht einem Nachlassgläubiger auch unter Berücksichtigung des Zwecks der Nachlasspflegschaft nicht zu. Der Nachlasspfleger ist gesetzlicher Vertreter der unbekannten Erben. Seine Aufgabe ist im Allgemeinen neben der Ermittlung der Erben die Verwaltung des Nachlasses. Die Verwaltung dient der Sicherung und Erhaltung des Nachlasses im Interesse der Erben. Die Befriedigung der Nachlassgläubiger, zu der der Nachlasspfleger auf Grund seines Verwaltungsrechts befugt ist, ist nicht der eigentliche Zweck der Nachlasspflegschaft, sondern nur eine mit der Amtstätigkeit des Nachlasspflegers verbundene Nebenwirkung gegenüber dritten Personen. Der Nachlasspfleger ist auch nicht den Nachlassgläubigern kraft gesetzlicher Vorschrift für die Verwaltung des Nachlasses verantwortlich. Auch aus § 1961 BGB kann ein Recht des Nachlassgläubigers auf Einschreiten des Nachlassgerichts gegenüber dem Nachlasspfleger nicht gefolgert werden. In diesem Fall wird lediglich das in § 1960 BGB erforderte Fürsorgebedürfnis durch die Darlegung des geltend zu machenden Anspruchs ersetzt. Insoweit sind nur die Voraussetzungen für die Einleitung der Nachlasspflegschaft nach § 1960 BGB und § 1961 BGB verschieden; sie sind aber im Übrigen ihrem Wesen und Zweck nach nicht voneinander verschieden. Selbst wenn ein bestimmtes Verhalten des Nachlasspflegers die Verwirklichung eines beanspruchten Rechts des Nachlassgläubigers hindert bzw. dieser entgegen stehen könnte, führt die Entscheidung des Nachlassgerichts nicht zu einer unmittelbaren Rechtsbeeinträchtigung, vielmehr hat die Ablehnung des Nachlassgerichts nur eine mittelbare Wirkung (vgl. KG JW 1938, 1453/1454).
2. Soweit die Zuwendung als eine Erbeinsetzung zu einem Bruchteil (Wert der Immobilie im Verhältnis zum Gesamtnachlass) ausgelegt werden kann, belegt der angebrachte Sachvortrag nicht schlüssig eine unmittelbare Beeinträchtigung eines materiellen Rechts der Beteiligten zu 1 im Sinne des § 59 Abs. 1 FamFG (sog. doppelrelevante Tatsache; vgl. dazu näher OLG München ZEV 2017, 634 Tz. 15 ff.), denn für eine Entscheidung durch das Nachlassgericht hinsichtlich der von der Beteiligten zu 1 erstrebten Anweisung ist in materiell-rechtlicher Hinsicht von vornherein kein Raum. Auch insoweit wäre die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
Eine solche Tätigkeit der Beteiligten zu 2 beträfe in diesem Fall die Auseinandersetzung des Nachlasses, die allein den Miterben vorbehalten ist. Der Aufgabenbereich der Beteiligten zu 2 als Nachlasspflegerin bezieht sich vorliegend auf die Ermittlung der unbekannten Erben und die Sicherung und die Verwaltung des (Gesamt)Nachlasses. Die Durchführung der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft gehört daher von vornherein nicht zu den Aufgaben der Beteiligten zu 2 als Nachlasspflegerin und kann ihr auch nicht durch Beschluss als Aufgabe zugewiesen werden (vgl. nur Zimmermann Nachlasspflegschaft 4. Auflage Rn. 403 m.w.N.). Deswegen wäre auch in materiell-rechtlicher Hinsicht von vornherein keine Rechtsgrundlage gegeben, aufgrund der das Nachlassgericht die von den Beteiligten zu 1 erstrebte Anweisung an die Beteiligte zu 2 als Nachlasspflegerin betreffend den Gesamtnachlass erteilen könnte.
II.
Es wird daher anheim gestellt, die Beschwerde gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts vom 10.1.2019 zurückzunehmen.
III.
Geschäftswert: 5.000 €

Schlagworte

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