FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.08.2011 – 6 K 6261/08

Juni 4, 2021

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.08.2011 – 6 K 6261/08

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
Tatbestand

Die Kläger waren gemeinsam mit ihrer Mutter (zusammen im Folgenden: Gesellschafter) zu gleichen Teilen Gesellschafter der B… Grundstücks GmbH (im Folgenden: B…GmbH). Die Gesellschafter beteiligten sich 1997 zusätzlich atypisch still an der B… GmbH und leisteten am …. Juni 1997 Einlagen als stille Gesellschafter in Höhe von jeweils …,- DM gegen Gewährung einer Ergebnisbeteiligung in Höhe von jeweils … %. Wie bereits zum Zeitpunkt der Begründung der stillen Beteiligung vorgesehen, wurde die B… GmbH mit notariellem Vertrag vom …. November 1997 rückwirkend zum 1. Juli 1997 in die Beigeladene zu 1. umgewandelt. Komplementärin ohne Kapitalanteil der Beigeladenen zu 1. war die B… GmbH. Die Beigeladene zu 1. wurde mit einem Kommanditkapital von …,- DM am …. Dezember 1997, das zu gleichen Teilen auf die Kommanditisten entfiel (jeweils also …,- DM), in das Handelsregister eingetragen. Die von den Gesellschaftern in die atypisch stille Gesellschaft geleisteten Einlagen in Höhe von jeweils …,- DM wurden aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses vom …. Dezember 1997 am …. Dezember 1997 entnommen.

Für die Gesellschafter wurden für die Jahre 1997 und 1998 ausgleichsfähige Verluste von insgesamt …,- DM ermittelt und bei ihnen anteilig steuerlich zugerechnet und genutzt. Davon entfielen auf die Kläger jeweils … DM.

Am …. November 1998 gründeten die Kläger die Beigeladene zu 2., deren Komplementärin ohne Kapitalanteil die A… Grundstücksgesellschaft mbH war. Als Kommanditkapital leisteten die Kläger jeweils eine Bareinlage von …,- DM, die am …. Dezember 1998 als Haftsumme in das Handelsregister eingetragen wurde.

Mit notarieller Urkunde vom …. Dezember 1998 schlossen die Gesellschafter der Beigeladenen zu 1. in einem Auseinandersetzungsvertrag den Gesellschafterbeschluss zur „erfolgsneutralen Realteilung der [Beigeladenen zu 1.] durch Ausgliederung“ auf den Stichtag 30. November 1998. Im Ergebnis der Auseinandersetzung wurde das Kapital der Beigeladenen zu 1. auf …,- DM reduziert, an dem nur noch die Mutter der Kläger beteiligt war, während die Kläger aus der Gesellschaft ausschieden. In Vollzug der Auseinandersetzungsvereinbarung übertrug die Beigeladene zu 1. die in der Urkunde bezeichneten Aktiva und Passiva – dabei handelte es sich um diverse Immobilien mit zugehörigen Verbindlichkeiten – zu Buchwerten auf die Beigeladene zu 2. In der Übernahmebilanz der Beigeladenen zu 2. auf den …. November 1998 wurden die Kapitalkonten der Kläger den Buchwerten der übernommenen Aktiva angepasst. Gleichzeitig wurde vereinbart, dass von den Klägern bei der Beigeladenen zu 1. ausgewiesene Einlagen entnommen werden könnten, soweit hierdurch nicht ein negatives Kapitalkonto erhöht werde. Ausgleichszahlungen zwischen den ausscheidenden und verbleibenden Gesellschaftern wurden nicht geleistet, da die Parteien davon ausgingen, dass die auf die Beigeladene zu 2. übergehenden Vermögenswerte … % des Gesamtvermögens der Beigeladenen zu 1. ausmachten. Weiter wurde vereinbart, dass die Gesellschafter sich auf erste Anforderung gegenseitig von der Haftung für bisher gemeinschaftliche Gesellschaftsverbindlichkeiten freistellen. Wegen der Einzelheiten der Vereinbarungen wird auf den Auseinandersetzungsvertrag vom …. Dezember 1998 verwiesen.

Das Ausscheiden der Kläger aus der Beigeladenen zu 1. sowie die Minderung des auf sie entfallenden Haftkapitals wurden am …. Dezember 1998 zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet und am …. Februar 1999 eingetragen.

Mit einem Gesellschafterbeschluss vom …. Dezember 1998 wurden die Kommanditeinlagen bei der Beigeladenen zu 2. für jeden Kommanditisten um …,- DM auf je …,- DM (insgesamt: …,- DM) erhöht. Dies wurde am …. März 1999 in das Handelsregister eingetragen. Mit einem weiteren Gesellschafterbeschluss vom …. April 1999 wurden die Kommanditeinlagen in der Beigeladenen zu 2. um weitere …,- DM je Gesellschafter auf insgesamt …,- DM erhöht. Dies wurde am …. September 1999 in das Handelsregister eingetragen.

Über das Vermögen der Beigeladenen zu 1. wurde durch Beschluss des Amtsgerichts C am …. Juni 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet, und am …. Juli 2005 wurde auch über das Vermögen der Beigeladenen zu 2. das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Insolvenzverfahren sind noch nicht abgeschlossen. Hinsichtlich der geschäftsführenden Komplementärgesellschaften der Beigeladenen wurde mangels Masse die Eröffnung der Insolvenzverfahren abgelehnt mit der Folge, dass sich diese Gesellschaften in Liquidation befinden. Liquidator ist in beiden Fällen Herr C….

Am …. Januar 2001 erließ der Beklagte einen gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung -AO- unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (im Folgenden: Feststellungsbescheid) der Beigeladenen zu 2., in dem er die auf die Kläger entfallenden gewerblichen Einkünfte der Beigeladenen zu 2. erklärungsgemäß in Höhe von jeweils … DM feststellte.

Vom …. Dezember 2001 bis …. Mai 2006 führte der Beklagte eine Außenprüfung bei der Beigeladenen zu 2. u. a. für das Jahr 1998 durch. Im Abschlussbericht vom …. Juli 2006 erläuterte der Außenprüfer, dass die aufgrund der erweiterten Außenhaftung bei der Beigeladenen zu 1. nach § 15a Abs. 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz -EStG- ausgleichsfähigen Verluste durch eine Gewinnhinzurechnung nach § 15a Abs. 3 EStG bei der Beigeladenen zu 2. im Jahr 1998 zu korrigieren seien, da sich das Haftkapital der Kläger im Zuge der Realteilung von jeweils …,- DM auf jeweils …,- DM gemindert habe. Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf Tz. 23 des Abschlussberichts vom …. Juli 2006 sowie auf die Schreiben des Beklagten vom …. Dezember 2006 und …. April 2007 (Bl. 1 ff. der Betriebsprüfungsakte).

Am …. Mai 2007 gab der Beklagte den Klägern gemäß § 183 Abs. 2 AO geänderte Feststellungsbescheide für die Beigeladene zu 2. für 1998 bekannt, die mit den Bescheiden über die gesonderte Feststellung des verrechenbaren Verlusts nach § 15a Abs. 4 EStG (im Folgenden: Feststellungsbescheide nach § 15a EStG) verbunden waren. Entsprechend seinen vorherigen Ausführungen nahm der Beklagte eine Gewinnhinzurechnung wegen einer Haftungsminderung gemäß § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG in Höhe von jeweils …,- DM vor und stellte verrechenbare Verluste gemäß § 15a Abs. 4 EStG in Höhe von … DM (Gewinnhinzurechnung gemäß § 15a Abs. 3 EStG in Höhe von …,- DM ./. laufender Gewinn in Höhe von … DM) fest.

Gegen die geänderten Bescheide vom …. Mai 2007 richteten sich die fristgerechten Einsprüche der Kläger.

Mit Beschluss vom …. März 2008 (Az. 6 V 6013/08) setzte der Senat die Vollziehung des Bescheides über die gesonderte Feststellung des verrechenbaren Verlustes gem. § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG mit der Maßgabe aus, dass keine Gewinnzurechnung nach § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG in Höhe von …,- DM vorgenommen wird. Wegen der Begründung verweist der Senat auf diesen Beschluss.

Mit einer Einspruchsentscheidung vom …. Oktober 2008 wies der Beklagte die Einsprüche gegen die geänderten Feststellungsbescheide gem. § 15a Abs. 4 EStG vom …. Mai 2007 als unbegründet zurück.

Dagegen haben sich die am …. November 2008 bei Gericht eingegangenen Klagen der Kläger zu 1. bis 3. gerichtet, die zunächst unter den Aktenzeichen 6 K 6260/08, 6 K 6261/08 und 6 K 6262/08 geführt worden sind. Mit Beschluss vom …. April 2009 hat der Senat die Verfahren verbunden und unter dem Aktenzeichen dieses Verfahrens fortgeführt. Der Berichterstatter hat mit Beschluss vom …. April 2011 die Beigeladenen nach § 60 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung -FGO- notwendig zum Verfahren beigeladen.

Die Kläger machen geltend, dass die Voraussetzungen des § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG nicht erfüllt seien. Eine Minderung der Kommanditkapitals in der Beigeladenen zu 1. könne nur unter Einbeziehung der Grundsätze einer steuerneutralen Realteilung zu einer Gewinnzurechnung bei der Beigeladenen zu 2. führen. Für den Streitfall sei zwar von einem Ausscheiden gegen Sachwertabfindung auszugehen, die aber den Regelungen der steuerneutralen Realteilung unterworfen sei. Im Ergebnis trete der Realteiler bzw. Ausscheidende in vollem Umfang in die Rechtsstellung der Personengesellschaft ein, und ihm bleibe das Recht zur Verlustverrechnung nach § 15a EStG erhalten (Hinweis auf Schmidt/Wacker, EStG, 26. Aufl. 2007, § 15a Rn. 239).

In keiner der beiden Gesellschaften sei im Jahr 1998 eine Einlageminderung vorgenommen worden. Es fehle auch an einer Haftungsminderung im Sinne von § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG, denn die Minderung des Kommanditkapitals der Beigeladenen zu 1. sei bis zum 31. Dezember 1998 nicht in das Handelsregister eingetragen worden. Zudem seien auch die Kapitalkonten „nominal“ auf die Beigeladene zu 2. übertragen worden, so dass keine Haftungsminderung vorgelegen habe. Die Auslegung des Beklagten überdehne den Wortlaut der gesetzlichen Regelung und widerspreche ihrem Sinn und Zweck. Entscheidend sei, dass die Kläger zum Stichtag 31. Dezember 1998 als Kommanditisten im Handelsregister eingetragen gewesen seien. Es sei nicht angemessen, dass der Beklagte eine Verdoppelung der im Handelsregister verlange.

Die Kläger beantragen,1. den Bescheid der Beigeladenen zu 2. über die gesonderte Feststellung des verrechenbaren Verlustes der Beigeladenen zu 2. gemäß § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG für 1998 vom …. Mai 2007 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom …. Oktober 2008 dahingehend zu ändern, dass keine Gewinnzurechnung nach § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG in Höhe von jeweils …,- DM vorgenommen und dementsprechend kein verrechenbarer Verlust von jeweils …,- DM festgestellt wird,2. die Revision zuzulassen und3. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Der Beklagte ist der Meinung, dass keine unzulässige Nachholung von Feststellungen vorliege und auch keine Feststellungsverjährung eingetreten sei. Im Übrigen sei es im Jahr 1998 zu einer Haftungsminderung im Sinne von § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG gekommen. Zwar sei die Haftungsminderung nicht im Handelsregister eingetragen worden; es liege aber mit der Realteilungsvereinbarung vom …. Dezember 1998 ein wirtschaftlich ähnlicher Vorgang vor. Wenn den Realteilern das Recht auf Verlustverrechnung erhalten bleibe, müsse dies auch im Hinblick auf die Gewinnzurechnung nach § 15a Abs. 3 EStG gelten. Nach der Realteilung habe aus der „aktiven Stellung“ als Kommanditist der Beigeladenen zu 2. nur eine Haftung in Höhe von jeweils …,- DM bestanden. Mit dem Ausscheiden aus der Beigeladenen zu 1. sei die Haftung der Kläger als Kommanditisten der Beigeladenen zu 1. beendet gewesen. Die weiterbestehende Nachhaftung nach § 160 Handelsgesetzbuch -HGB- sei nicht dazu geeignet, dem Gesellschafter das Recht zur Verlustverrechnung zu vermitteln (Hinweis auf BFH-Urteil vom 14. Oktober 2003 VIII R 81/02, Sammlung der Entscheidungen des BFH -BFHE- 203,484, Bundessteuerblatt -BStBl.- II 2004, 118). Der Gutglaubensschutz nach § 15 Abs. 1 HGB führe nicht zu einem anderen Ergebnis. Es komme nur auf die Haftungsverhältnisse bei der Beigeladenen zu 2. an. Die Realteilung sei steuerlich als Veräußerung anzusehen. Hinsichtlich der Beigeladenen zu 1. habe schon aus tatsächlichen Gründen keine Inanspruchnahme durch Gläubiger gedroht, da die Verbindlichkeiten im Zuge der Realteilung anteilig auf die Beigeladene zu 2. übergegangen seien.

Für § 15a EStG seien die Verhältnisse am Ende des Wirtschaftsjahres entscheidend. In den Entscheidungen vom 12. Februar 2004 (Az. IV R 70/02 und IV R 26/02) habe der BFH erkannt, dass der Wechsel eines Kommanditisten in die Rechtsstellung eines persönlich haftenden Gesellschafters im Zeitpunkt des Gesellschafterbeschlusses stattfinde, ohne dass es auf die Eintragung im Handelsregister ankäme. Es sei unstreitig, dass die Realteilung der Beigeladenen zu 1. steuerlich im Jahr 1998 zu erfassen sei. Damit seien die Kläger zum 31. Dezember 1998 nicht mehr Kommanditisten der Beigeladenen zu 1. Die Haftung der Kläger bestimme sich zu diesem Zeitpunkt nicht nach § 171 HGB, sondern nach § 160 Abs. 1 in Verbindung mit § 161 Abs. 2 HGB. Für Zwecke des § 15a EStG komme es allein auf die Haftungsverhältnisse bei der Beigeladenen zu 2. an. Dem stehe auch § 174 HGB nicht entgegen, da das Ausscheiden eines Gesellschafters nicht unter diese Norm falle.
Gründe

Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG für den Veranlagungszeitraum 1998 vom …. Mai 2007 in der Fassung der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung ist rechtmäßig und verletzt die Kläger deshalb nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat diesem Bescheid zu Recht Gewinnzurechnungen nach § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG in Höhe von jeweils …,- DM für die Kläger zugrunde gelegt.

IDer Senat legt die Klage – wie auch schon den Aussetzungsantrag des Klägers zu 2. – dahingehend aus, dass sie sich nicht gegen den Gewinnfeststellungsbescheid nach §§ 179 Abs. 1 und 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO, sondern gegen den Feststellungsbescheid nach § 15a Abs. 4 EStG richtet, auch wenn sich die Kläger vorrangig gegen die Gewinnerhöhung in Höhe von jeweils …,- DM infolge der Anwendung des § 15a Abs. 3 EStG wenden, die sich im Gewinnfeststellungsbescheid niederschlägt, und nicht gegen die korrespondierende Feststellung eines verrechenbaren Verlustes.1Die Bescheide über die gesonderte Feststellung der Einkünfte der Kläger als Mitunternehmer der Beigeladenen zu 2. sowie über die gesonderte Feststellung der verrechenbaren Verluste der Kläger stehen insofern wechselseitig zueinander im Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheid i.S. von §§ 171 Abs. 10, 175 Abs. 1 Nr. 1 AO, als einerseits in dem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte nach §§ 179 Abs. 1 und 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO bindend über die Höhe des Verlustes und dessen Verteilung auf die Gesellschafter entschieden wird. Andererseits ergibt sich aus dem Bescheid über die Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG, ob und inwieweit ein auf einen Kommanditisten entfallender Verlustanteil als ausgleichsfähig oder nur als verrechenbar zu behandeln ist. Nur der ausgleichsfähige Verlustanteil ist dann im Rahmen der gesonderten Feststellung der Einkünfte dem Wohnsitz-Finanzamt des Kommanditisten zur Berücksichtigung bei der Einkommensteuerveranlagung mitzuteilen.2Der Feststellungsbescheid nach § 15a Abs. 4 EStG ist auch dann Grundlagenbescheid für den Feststellungsbescheid nach §§ 179 Abs. 1 und 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO, wenn Gegenstand der Feststellung nicht die Umwandlung eines ausgleichsfähigen in einen nur verrechenbaren Verlust nach § 15a Abs. 1 EStG ist, sondern eine Nachversteuerung mit korrespondierender Feststellung verrechenbarer Verluste nach § 15a Abs. 3 EStG.§ 15a Abs. 1 Satz 1 EStG bestimmt, dass der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust einer Kommanditgesellschaft dann nicht abzugs- bzw. ausgleichsfähig ist, wenn und soweit durch das Hinzurechnen des Verlustbetrags das Kapitalkonto des Kommanditisten negativ wird oder ein bereits negativer Saldo sich noch erhöht. Ein solcher Verlustbetrag ist dann lediglich mit Gewinnen, die dem Kommanditisten in späteren Jahren aus seiner Beteiligung an der Kommanditgesellschaft zuzurechnen sind, verrechenbar (§ 15a Abs. 2 EStG). Abweichend von diesem Grundsatz ist allerdings gemäß § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG ein zugerechneter Verlustanteil trotz des Entstehens oder der Erhöhung eines negativen Kapitalkontosaldos gleichwohl abzugs- bzw. ausgleichsfähig, wenn der Kommanditist am Bilanzstichtag den Gesellschaftsgläubigern aufgrund des § 171 Abs. 1 HGB haftet. Dies gilt allerdings nur bis zur Höhe des Betrags, um den die im Handelsregister eingetragene Einlage des Kommanditisten (seine „Hafteinlage“) den Betrag seiner geleisteten Einlage übersteigt.

Durch die Regelung des § 15a Abs. 3 EStG soll verhindert werden, dass die aus § 15a Abs. 1 EStG folgende Begrenzung des Verlustausgleichs durch vorübergehende höhere Einlagen in das Gesellschaftsvermögen oder durch eine vorübergehende Erweiterung der Außenhaftung des Kommanditisten umgangen wird. Dem Kommanditisten wird in diesen Fällen zwar im Jahr des Entstehens des Verlusts dessen Ausgleich nach Maßgabe der höheren Einlage bzw. der erweiterten Außenhaftung belassen; im Jahr der Einlageminderung bzw. der Reduzierung der Außenhaftung hat der Kommanditist jedoch den entsprechenden Betrag als fiktiven laufenden Gewinn zu versteuern. In gleicher Höhe wird der früher ausgleichs- bzw. abzugsfähige Verlust in einen verrechenbaren Verlust umgewandelt. Hierdurch wird der Kommanditist so gestellt, als hätte bereits im Entstehungsjahr lediglich die geringere Einlage bzw. Außenhaftung bestanden und als wäre demzufolge der Verlust bereits im Entstehungsjahr nur verrechenbar gewesen (vgl. Bundesfinanzhof -BFH-, Urteile vom 30. August 2001 – IV R 4/00, BFHE 196, 283, BStBl. II 2002, 458; vom 20. März 2003 – IV R 42/00, BFHE 202, 438, BStBl. II 2003, 798). Die Rechtfertigung für das Hinzurechnen des fiktiven Gewinns und für das Umwandeln des Verlusts liegt mithin darin begründet, dass die wirtschaftliche Belastung, die den früheren Verlustausgleich gerechtfertigt hatte, nachträglich entfällt (vgl. von Beckerath, in: Kirchhof, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2011, § 15a Rn. 55).

Der dem Kommanditisten nach § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG zuzurechnende Gewinn ist aber kein „verrechenbarer“ Gewinn aus seiner Beteiligung an der Kommanditgesellschaft im Sinne des § 15a Abs. 3 Satz 4 EStG. Das folgt daraus, dass anderenfalls der infolge einer Einlageminderung zuzurechnende Betrag nach § 15a Abs. 3 Satz 4 EStG sogleich wieder mit dem „umgepolten“ verrechenbaren Verlust zu verrechnen wäre und die Regelung des § 15a Abs. 3 EStG ins Leere liefe. Tatsächlich ist der nach §15a Abs. 3 Satz 1 zuzurechnende Gewinn deshalb kein Gewinn, sondern lediglich ein Rechnungsposten, der zum Zweck der “Umpolung” ausgleichsfähiger in nur verrechenbare Verluste dem Kommanditisten wie ein Gewinn zugerechnet wird (BFH-Urteil vom 30. August 2001 – IV R 4/00, BFHE 196, 283, BStBl. II 2002, 458, mwN; Lüdemann in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 15a EStG Anm. 158).

IIIm Streitjahr 1998 war eine Gewinnzurechnung bei der Beigeladenen zu 2. nach § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG vorzunehmen:1Das Ausscheiden der Kläger aus der Beigeladenen zu 1. mit Wirkung zum …. November 1998 gegen Übernahme verschiedener Grundstücke des Betriebsvermögens einschließlich der mit diesen in Zusammenhang stehenden Passiva in das Betriebsvermögen der Beigeladenen zu 2. (Ausscheiden gegen Abfindung mit Sachwerten aus dem Gesellschaftsvermögen) konnte steuerlich nach den Grundsätzen der Realteilung erfasst werden; denn es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass es sich sowohl bei dem zurückgehaltenen als auch bei dem übergegangenen Vermögen um Teilbetriebe im Sinne von § 16 EStG gehandelt hat. In entsprechender Anwendung des § 24 Umwandlungsteuergesetz -UmwStG- konnte die Übertragung erfolgsneutral, also unter Fortführung der Buchwerte vorgenommen werden (BFH-Urteil vom 10. Dezember 1992 VIII R 69/86, BFHE 166, 476, BStBl. II 1992, 385; Tz. 24.18 f. UmwSt-Erlass, BStBl. I 1998, 268; Schmidt/Wacker, EStG, 22. Aufl. 2003, § 16 Rn. 530, 536).2Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte eine Nachversteuerung gemäß § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG bei der Beigeladenen zu 2. vorgenommen hat, obwohl die ausgleichsfähigen Verluste der Kläger auf ihrer Außenhaftung bei der Beigeladenen zu 1. beruhen.Die Verrechnung der festgestellten verrechenbaren Verluste mit künftigen Gewinnen setzt die Identität des Steuersubjekts und der Beteiligung voraus. Es kann also nur der Steuerpflichtige, der den Verlust erzielt hat, die Verrechnung mit künftigen Gewinnen vornehmen. Zudem muss die Beteiligung (Mitunternehmeranteil), aus der die zu verrechnenden Verlustanteile herrühren, wirtschaftlich identisch sein mit der Beteiligung (Mitunternehmeranteil), aus der die zu mindernden Gewinnanteile stammen (Schmidt/Wacker, 30. Aufl. 2011, § 15a Rn. 106, mit umfangreichen Nachweisen).

Wird eine Kommanditgesellschaft unter Fortführung der Buchwerte in der Weise real geteilt, dass sie liquidationslos erlischt, verbleibt den Realteilern nach der herrschenden Auffassung in der Literatur das Recht zur Verlustverrechnung nach § 15a Abs. 2 und Abs. 3 Satz 4 EStG (vgl. Schmidt/Wacker, EStG, 30. Aufl. 2011, § 15a Rn. 239; von Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 15a Rn. B 502; Lüdemann in Herrmann/Heuer /Raupach, EStG/KStG, § 15a EStG Anm. 142). Dies entspricht der Handhabung bei der „Umwandlung“ einer zweigliedrigen Kommanditgesellschaft in ein Einzelunternehmen durch Anwachsung (vgl. dazu BFH-Urteil vom 11. Mai 1995 IV R 44/93, BFHE 177, 466; BFH-Beschluss vom 18. Januar 2007 IV B 133/06, BFH/NV 2007, 888) und bei der Verschmelzung von Kommanditgesellschaften im Wege der Aufnahme nach §§ 2 Nr. 1, 39 ff. Umwandlungsgesetz und § 24 UmwStG (dazu Rödder/Schumacher, DB 1998, 99 ff.). Dies ist nach Auffassung des Senats auch sachgemäß. Während bei einer Beendigung der Mitunternehmerschaft nämlich regelmäßig die stillen Reserven aufgedeckt werden, so dass der steuerpflichtige Aufgabegewinn um die verrechenbaren Verluste nach § 15a Abs. 4 EStG zu mindern ist, wird der Ausscheidende bei Buchwertfortführung ohne Aufdeckung stiller Reserven in die Lage versetzt, mit den übernommenen Wirtschaftsgütern der Kommanditgesellschaft erzielte künftige Gewinne mit den für ihn festgestellten verrechenbaren Verlusten nach § 15a Abs. 4 EStG zu verrechnen. Dies gilt im Fall der Buchwertfortführung nach Auffassung des Senats unabhängig davon, ob ein Fall der Realteilung oder der Sachwertabfindung in das Betriebsvermögen der neuen Mitunternehmerschaft vorliegt.

Im Umkehrschluss kann für die Nachversteuerung nach § 15a Abs. 3 bei Einlage- oder Haftungsminderung nichts anderes gelten. Die Nachversteuerung kann also im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der neuen Mitunternehmerschaft vorgenommen werden; das ist hier die Beigeladene zu 2. Es wäre nämlich widersprüchlich, zwar einen Transfer verrechenbarer Verluste nach § 15a Abs. 2 EStG auf die neue Mitunternehmerschaft anzunehmen, die potentielle Nachversteuerung infolge einer Haftungsminderung jedoch bei der bisherigen Mitunternehmerschaft zu erfassen.

Allerdings ist der Streitfall durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass im Streitjahr 1998 für die Kläger zwei einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellungen vorzunehmen sind; nämlich bei beiden Beigeladenen. Es wäre deshalb auch denkbar gewesen, die Folgerungen nach § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG bei der Beigeladenen zu 1. zu ziehen. Der Senat hält jedoch beide Vorgehensweisen für vertretbar. Es ist also nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Gewinnzurechnung nach § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG bei der Beigeladenen zu 2. und nicht bei der Beigeladenen zu 1. vorgenommen hat.

3Im Streitfall liegen die Voraussetzungen einer Nachversteuerung nach § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG zum 31. Dezember 1998 vor, weil die Kläger zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Kommanditisten der Beigeladenen zu 1. waren und ihre Haftsumme bei der Beigeladenen zu 2. sich nur auf jeweils …,- DM belief.a)Nach § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG ist eine Nachversteuerung zunächst ausgleichsfähiger Verluste und eine korrespondierende Feststellung verrechenbarer Verluste vorzunehmen, wenn(i) der Haftungsbetrag im Sinne von § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG gemindert wird und(ii) im Wirtschaftsjahr der Haftungsminderung sowie den zehn vorangegangenen Wirtschaftsjahren Verluste nach § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG ausgleichs- oder abzugsfähig gewesen sind.Nach § 15a Abs. 1 Satz 2 f. EStG ist ein einem Kommanditisten zugewiesener Verlustanteil auch dann ausgleichsfähig, wenn ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht, soweit der Kommanditist(i) am Bilanzstichtag den Gläubigern der Kommanditgesellschaft nach § 171 HGB haftet, d.h. grundsätzlich bis zu der im Handelsregister eingetragenen Haftsumme,(ii) derjenige, dem der Anteil zuzurechnen ist, im Handelsregister eingetragen ist,(iii) das Bestehen der Haftung nachgewiesen ist und(iv) eine Vermögensminderung auf Grund der Haftung nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder nach Art und Weise des Geschäftsbetriebs unwahrscheinlich ist.b)Nach bestandskräftiger – und hier nicht streitgegenständlicher – Feststellung des Beklagten haben die Voraussetzungen einer erweiterten Außenhaftung der Kläger nach § 15a Abs. 1 Satz 2 f. EStG bei der Beigeladenen zu 1. im Veranlagungszeitraum 1997 vorgelegen, da die zunächst erbrachten Einlagen bereits am …. Dezember 1997 zurückgewährt worden sind und eine hinreichend hohe Haftsumme im Handelsregister eingetragen war.c)Zum 31. Dezember 1998 hat eine Haftungsminderung im Sinne von § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG vorgelegen, weil das Ausscheiden der Kläger aus der Beigeladenen zu 1. und die damit verbundene Minderung der Haftsummen bereits vor dem Bilanzstichtag 31. Dezember 1998 wirksam geworden sind. Es kommt nicht darauf an, dass das Ausscheiden erst nach dem Bilanzstichtag, nämlich am …. Februar 1999, in das Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht worden ist.aa)Haftungsbetrag im Sinne von § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG ist die im Handelsregister eingetragene Haftsumme, soweit diese eine Außenhaftung des Kommanditisten aufgrund des § 171 Abs. 1 HGB begründet, weil die Haftsumme höher ist als die tatsächlich geleistete Einlage. Für eine Minderung des Haftungsbetrages ist deshalb erforderlich, dass die in das Handelsregister eingetragene Haftsumme herabgesetzt wird. Da die Haftungsminderung gegenüber Neugläubigern der Kommanditgesellschaft mit der Eintragung in das Handelsregister und ihrer Bekanntmachung nach § 174 Satz 1 HGB wirksam wird, ist für den Zeitpunkt der Haftungsminderung grundsätzlich nicht das Jahr der Änderung des Gesellschaftsvertrages, sondern das Jahr der Eintragung im Handelsregister bzw. der Bekanntmachung der Eintragung maßgeblich (Schmidt/Wacker, EStG, 30. Aufl. 2011, § 15a EStG Rn. 167; Lüdemann in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 15a EStG Anm. 160; Blümich/Heuermann, EStG/KStG, § 15a EStG Rn. 100).Darauf, dass die Haftungsminderung gegenüber Altgläubigern gar nicht wirkt (§ 174 Abs. 2 HGB), kommt es im Rahmen des § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG nicht an, weil der Gesetzgeber in § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG deutlich gemacht hat, dass nur die Haftung nach § 171 HGB für das Verlustausgleichsvolumen relevant ist.

bb)Ob es im Fall des Ausscheidens eines Kommanditisten aus der KG ebenfalls auf den Zeitpunkt der Eintragung im Handelsregister bzw. der Bekanntmachung ankommt oder ob insoweit der Zeitpunkt der zivilrechtlichen Wirksamkeit des Ausscheidens entscheidend ist, wurde – soweit ersichtlich – von der Rechtsprechung noch nicht entschieden. Bei einem entgeltlichen Ausscheiden stellen sich die Fragen einer Haftungsminderung und der Nachversteuerung nach § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG nämlich regelmäßig nicht, da dann in Höhe des negativen Kapitalkontos ein Veräußerungsgewinn im Sinne von § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG entsteht.Nach Auffassung des Senats kommt es für die Gewinnhinzurechnung nach § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG im Fall des Ausscheidens eines Kommanditisten auf die Wirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses vom …. Dezember 1998 (mit Wirkung zum …. November 1998) und nicht auf die Eintragung des Ausscheidens im Handelsregister und dessen Bekanntmachung im Jahr 1999 an. Diese Auffassung beruht auf folgenden Gesichtspunkten:

(1)Handelsrechtlich wurde das Ausscheiden der Kläger aus der Beigeladenen zu 1. bereits mit dem Gesellschafterbeschluss vom …. Dezember 1998 über die „erfolgsneutrale Realteilung der [Beigeladenen zu 1.] durch Ausgliederung“ auf den Stichtag …. November 1998 wirksam. Die nach §§ 107, 143, 162 HGB erforderliche Eintragung in das Handelsregister ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung für den Beteiligungswechsel, sondern hat nur deklaratorische Wirkung (vgl. BFH-Urteil vom 12. Februar 2004 IV R 70/02, BFH/NV 2004, 714, mwN; Baumbach/Hopt, HGB, 34. Aufl. 2010, § 143 HGB Rn. 5). § 174 HGB, wonach die Herabsetzung der Haftsumme erst mit Eintragung und Bekanntmachung wirksam werden, ist bei Ausscheiden eines Kommanditisten aus der Gesellschaft nicht anzuwenden (vgl. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl. 2008, § 174 HGB Rn. 1).(2)Damit steht zunächst fest, dass die Kläger zum Stichtag 31. Dezember 1998 nicht mehr Kommanditisten der Beigeladenen zu 1. waren. Zu einer Haftungsminderung im Sinne von § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG kommt es aber nur dann, wenn dies dazu führt, dass die Kläger zu diesem Zeitpunkt auch nicht mehr wie Kommanditisten nach § 171 HGB gehaftet haben. Das ist nach Auffassung des Senats der Fall:Das Ausscheiden eines Kommanditisten aus der Gesellschaft führt allerdings im Grundsatz nicht zu einer sofortigen Beendigung seiner Haftung. Innerhalb der Ausschlussfrist der §§ 160, 161 Abs. 2 HGB und der möglicherweise kürzeren Verjährungsfrist aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis haftet er weiter für die bis dahin begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Den „Altgläubigern“ steht es frei, sich an die Gesellschaft oder an den ausgeschiedenen Kommanditisten zu halten. Der ausgeschiedene Kommanditist haftet nicht nur subsidiär, ihm steht nicht die Einrede der Vorausklage gem. §§ 771 f. BGB zu (vgl. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl. 2008, § 171 HGB Rn. 80). Die Rechtsgrundlage der Haftung des ausgeschiedenen Kommanditisten bleibt dabei weiterhin § 171 HGB. § 160 HGB regelt lediglich eine Ausschlussfrist im Sinne einer Enthaftung und begründet eine rechtsvernichtende Einwendung des Gesellschafters (Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Hillmann, HGB, 2. Aufl. 2008, § 160 Rn. 1).

Der BFH (Urteil vom 14. Oktober 2003 VIII R 81/02, BFHE 203, 484, BStBl. II 2004, 118) scheint hingegen § 160 HGB als eigene Anspruchsgrundlage anzusehen und hat entschieden, dass im Fall des Wechsels eines Komplementärs in die Stellung eines Kommanditisten die Nachhaftung gem. § 160 Abs. 3 HGB für die vor dem Wechsel begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht zu einer erweiterten Außenhaftung gem. § 15a Abs. 1 Satz 2 f. EStG führt. Der BFH hatte dies u. a. damit begründet, dass auch eine Außenhaftung des Kommanditisten für eine noch nicht ins Handelsregister eingetragene Haftsummenerhöhung nach § 172 Abs. 2 HGB (BFH-Beschluss vom 28. Mai 1993 VIII B 11/92, BFHE 171, 300, BStBl. II 1993, 665) und die Haftung des in eine Handelsgesellschaft eintretenden Kommanditisten für die zwischen seinem Eintritt und dessen Eintragung ins Handelsregister begründeten Verbindlichkeiten gemäß § 176 Abs. 2 HGB (BFH-Urteil vom 14. Dezember 1999 IX R 7/95, BFHE 190, 432, BStBl. II 2000, 265) nicht zu einer erweiterten Außenhaftung führen können.

Diese Entscheidungen sind auf den Streitfall nicht direkt übertragbar, da die den aufgeführten Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalte sich – insoweit abweichend vom vorliegenden Fall – dadurch auszeichneten, dass die Haftung der Kommanditisten gerade nicht auf § 171 HGB beruhte, sondern auf §§ 128 HGB (bei vorheriger Beteiligung als Komplementär), auf 172 Abs. 2 HGB (bei nicht eingetragener Haftsummenerhöhung) und auf § 176 Abs. 2 HGB (Kommanditistenhaftung vor Eintragung). Auch der Verweis der BFH (Urteil vom 14. Oktober 2003, a. a. O.) auf die zeitliche Begrenzung der Nachhaftung steht der Annahme einer ausreichenden Außenhaftung nicht entgegen; denn dies dürfte nach Auffassung des Senats erst berücksichtigt werden, wenn die Nachhaftungsfrist tatsächlich abgelaufen ist.

Der Senat ist im Ergebnis gleichwohl der Auffassung, dass die Nachhaftung gem. §§ 160 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB der originären Haftung eines Kommanditisten gem. § 171 Abs. 1 HGB nicht gleichzustellen ist, weil sich die Nachhaftung ihrer Natur nach auf in der Vergangenheit begründete Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber „Altgläubigern“ beschränkt, während sie die nach Austritt des Kommanditisten begründeten Verbindlichkeiten nicht umfasst. Es ist aber eine gesetzgeberische Grundentscheidung, die Haftung für in der Vergangenheit begründete Verbindlichkeiten für die erweiterte Außenhaftung gem. § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG nicht ausreichen zu lassen. Dies wird – wie bereits ausgeführt – daraus deutlich, dass Haftungsminderungen zu einer Nachversteuerung gem. § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG führen, obwohl sie gegenüber Altgläubigern gar nicht wirken (§ 174 Abs. 2 HGB).

Im Streitfall ist zudem zu beachten, dass § 160 Abs. 1 HGB (in Verbindung mit § 161 Abs. 2 HGB) an die Eintragung des Ausscheidens des Kommanditisten im Handelsregister anknüpft. Dies folgt aus § 160 Abs. 1 Satz 2 HGB, wonach die Fünfjahresfrist mit der Eintragung zu laufen beginnt; denn dies bedeutet zugleich, dass die Haftung des noch eingetragenen Kommanditisten nicht auf § 160 Abs. 1 in Verbindung mit § 161 Abs. 2 HGB beruht. Im Streitfall waren die Kläger zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1998 noch im Handelsregister eingetragen.

(3)Schließlich ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass – entgegen den Ausführungen im Beschluss vom …. März 2008 im einstweiligen Rechtsschutzverfahren – auch die sog. negative Publizität des Handelsregisters nach § 15 Abs. 1 HGB einer Nachversteuerung gem. § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG nicht entgegen steht.Nach § 15 Abs. 1 HGB können eintragungspflichtige Veränderungen einem Dritten unter den Voraussetzungen der Vorschrift nicht entgegengehalten werden. Im Falle des Ausscheidens hat dies für den ausscheidenden Gesellschafter insbesondere zur Folge, dass er für die Schulden der Gesellschaft selbst dann fort haftet, wenn diese erst nach seinem Ausscheiden, aber vor dessen Eintragung und Bekanntmachung begründet worden sind. Der Schutz Dritter nach § 15 Abs. 1 HGB entfällt allerdings bei positiver Kenntnis von dem Ausscheiden des Gesellschafters (vgl. zum Vorstehenden: Ebenroth/Boujong/Joost /Strohn, HGB, 2. Aufl. 2008, § 143 HGB Rn. 19).

Der Senat ist deshalb der Auffassung, dass die negative Publizität des Handelsregisters nur dann zu einem unveränderten Haftungsumfang führen würde, wenn die Kläger tatsächlich nach § 171 Abs. 1 HGB in Verbindung mit § 15 Abs. 1 HGB für in der Zeit bis zur Eintragung und Bekanntmachung ihres Ausscheidens entstandene Verbindlichkeiten der Beigeladenen zu 1. in Anspruch genommen worden wären. Das ist vorliegend aber nicht der Fall. Die bloß abstrakte Möglichkeit, aufgrund der negativen Publizität des Handelsregisters in Anspruch genommen zu werden, führt nicht zu einer erweiterten Außenhaftung gem. § 15a Abs. 1 Satz 2 f. EStG und kann in der Konsequenz eine Nachversteuerung gem. § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG nicht verhindern. Anderenfalls würde die aufgrund der eindeutigen gesetzgeberischen Anordnung nur deklaratorische Wirkung der Eintragung des Ausscheidens eines Gesellschafters über § 15 HGB faktisch in eine konstitutive Eintragung umgedeutet.

(4)Zwar führt dies im Ergebnis dazu, dass die Kläger zur Vermeidung der Rechtsfolgen des § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG gezwungen gewesen wären, bis zur Eintragung ihres Ausscheidens aus der Beigeladenen zu 1. entsprechende Haftsummen bei der Beigeladenen zu 2. einzutragen und damit ihre in das Handelsregister eingetragene Haftsumme zu verdoppeln. Dies wäre nach Auffassung des Senats aber nicht völlig sachwidrig. Denn die Kläger hätten dies durch entsprechende zeitliche Koordinierung innerhalb eines Jahres vermeiden können. Im Übrigen beruht die Nachversteuerung auf einer vorrangig steuerlich motivierten Umstrukturierung.d) Der Beklagte begründet die Nachversteuerung gem. § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG allerdings zu Unrecht damit, dass im Streitjahr die Voraussetzungen des § 15a Abs. 1 Satz 3 EStG entfallen seien.

Nach § 15a Abs. 1 Satz 3 EStG kommt eine überschießende Außenhaftung u. a. dann nicht in Betracht, wenn eine Vermögensminderung aufgrund der Haftung durch Vertrag ausgeschlossen oder nach Art und Weise des Geschäftsbetriebs unwahrscheinlich ist. § 15a Abs. 1 Satz 3 EStG führt schon deshalb nicht zu einer Nachversteuerung gem. § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG, weil von dieser Vorschrift nur der Fall der Haftungsminderung erfasst wird, um Missbräuche zu verhindern. Aus dem Wortlaut des § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG lässt sich hingegen nicht ableiten, dass auch ein nachträglicher Wegfall der Voraussetzungen des § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG zu einer Nachversteuerung führt (zum umgekehrten Fall des nachträglichen Wegfalls der Ausschlusstatbestände vgl. Lüdemann in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 15a EStG Anm. 130).

Im Übrigen hat der Beklagte auch im Hauptsacheverfahren nicht nachgewiesen, dass eine Vermögensminderung aufgrund der Haftung durch Vertrag ausgeschlossen ist. Zwar besteht neben dem gesetzlichen Freistellungsanspruch der Kläger gegen die verbliebenen Gesellschafter der Beigeladenen zu 1. (§ 738 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB- in Verbindung mit §§ 105 Abs. 3 und 161 Abs. 2 HGB) die vertragliche Freistellungsvereinbarung aus dem Realteilungsvertrag vom …. Dezember 1998. Danach haben die Parteien vereinbart, dass die Gesellschafter sich auf erste Anforderung gegenseitig von der Haftung für bisher gemeinschaftliche Gesellschaftsverbindlichkeiten freistellen. Darin liegt nach Auffassung des Senats indes kein die überschießende Außenhaftung ausschließender vertraglicher Haftungsausschluss; denn es ist für den Senat nicht nachvollziehbar, ob dieser Rückgriffsanspruch in gleicher Weise werthaltig ist, wie dies z.B. im Fall eines bankverbürgten Regresses der Fall wäre (vgl. Schmidt/Wacker, EStG, 30. Aufl. 2011, § 15a EStG Rn. 134). Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Haftungsinanspruchnahme der Kläger nach Art und Weise des Geschäftsbetriebs der Beigeladenen zu 1. unwahrscheinlich gewesen wäre.

IIIDie Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-. Den Beigeladenen waren keine Kosten aufzuerlegen, da sie keine Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt haben (§ 135 Abs. 3 FGO).Der Senat hat die Revision zugelassen, da es sich um eine bislang höchstrichterlich ungeklärte Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung handelt (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

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