Vereinbarung einer Bereitschaftspauschale – LAG Baden-Württemberg Urteil vom 1.8.2002 – 22 Sa 95/01

Mai 5, 2021

Vereinbarung einer Bereitschaftspauschale – LAG Baden-Württemberg Urteil vom 1.8.2002 – 22 Sa 95/01

RA und Notar Krau

Das Landesarbeitsgericht (LArbG) Baden-Württemberg hat am 1. August 2002 über die Klage eines Arztes gegen seinen Arbeitgeber, ein Krankenhaus, entschieden.

Der Arzt, Kläger im Berufungsverfahren, forderte eine zusätzliche Vergütung für Bereitschaftsdienste, die er in der Zeit vom 7. Februar 2000 bis 14. März 2001 geleistet hatte.

Das Arbeitsgericht Freiburg hatte die Klage zuvor abgewiesen.

Hintergrund

Der Kläger war vom 1. Mai 1999 bis 31. März 2001 beim beklagten Krankenhaus angestellt, zunächst in Teilzeit und ab Januar 2000 in Vollzeit.

Die Arbeitszeiten und Vergütungen wurden in einem schriftlichen Arbeitsvertrag festgelegt.

Für Bereitschaftsdienste, die der Kläger zusätzlich zu seiner regulären Arbeitszeit leistete, erhielt er eine besondere Vergütung: Werktags für 8,25 Stunden und an Wochenenden sowie Feiertagen für 13,2 Stunden, basierend auf einem Stundensatz von anfänglich DM 44,14 und später DM 45,51.

Streitpunkt

Der Kläger argumentierte, dass die pauschale Vergütung nicht alle geleisteten Stunden abdeckte und forderte die Zahlung der nicht bezahlten Bereitschaftszeiten.

Er machte geltend, dass die Bereitschaftsdienste als volle Arbeitszeit zu vergüten seien, insbesondere aufgrund einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), die Bereitschaftsdienste als Arbeitszeit anerkennt.

Vereinbarung einer Bereitschaftspauschale – LAG Baden-Württemberg Urteil vom 1.8.2002 – 22 Sa 95/01

Entscheidung des LArbG

Das LArbG wies die Berufung des Klägers zurück und bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts Freiburg, das keinen Anspruch auf zusätzliche Vergütung sah. Die wesentlichen Punkte der Entscheidung des LArbG waren:

  1. Pauschalabrede im Arbeitsvertrag: Das Gericht bestätigte die Auslegung des Arbeitsgerichts, dass eine Pauschalabrede für die Vergütung der Bereitschaftsdienste im Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Diese Pauschale deckte die geleisteten Bereitschaftsdienste ab, und der erhöhte Stundensatz rechtfertigte die Pauschalisierung.
  2. Arbeitszeitregelungen: Das Gericht stellte fest, dass die vereinbarten Arbeitszeiten gegen öffentlich-rechtliche Arbeitszeitvorschriften, insbesondere das Arbeitszeitgesetz und die Richtlinie 93/104/EG des Rates der Europäischen Gemeinschaften, verstoßen. Diese Vorschriften verlangen eine Mindestruhezeit von 10 bis 11 Stunden nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit, was durch die vereinbarten Bereitschaftsdienste nicht immer gewährleistet wurde.
  3. Vergütung der Bereitschaftsdienste: Trotz des Verstoßes gegen die Arbeitszeitvorschriften hielt das Gericht die Pauschalvergütungsvereinbarung für die Bereitschaftsdienste für wirksam. Das Gericht folgte der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass die EuGH-Entscheidung zur Arbeitszeitgestaltung keine Auswirkungen auf die Vergütungsvorschriften hat.
  4. Erfordernis detaillierter Darlegung: Für einen Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung hätte der Kläger detailliert darlegen müssen, wann und in welchem Umfang er tatsächlich über die pauschal vergüteten Zeiten hinaus gearbeitet hat. Diesen detaillierten Nachweis konnte der Kläger nicht erbringen.

Schlussfolgerung

Die Entscheidung des LArbG verdeutlicht, dass eine pauschale Vergütungsvereinbarung für Bereitschaftsdienste zulässig ist, selbst wenn die zugrunde liegenden Arbeitszeitregelungen gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstoßen.

Der Kläger konnte keinen Anspruch auf zusätzliche Vergütung geltend machen, da er nicht ausreichend darlegen konnte, dass er über die pauschal vergüteten Zeiten hinaus tätig war.

Die Revision gegen das Urteil wurde zugelassen, was bedeutet, dass die Entscheidung möglicherweise vom Bundesarbeitsgericht überprüft wird.

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Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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