Verzugszinsen wegen verspäteter Erfüllung Pflichtteilsverbindlichkeit keine Werbungskosten – BFH VIII R 6/87

Juli 7, 2020

Verzugszinsen wegen verspäteter Erfüllung Pflichtteilsverbindlichkeit keine Werbungskosten – BFH VIII R 6/87

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Die Klägerin und ihre Stieftochter, Frau S, erbten gemeinsam den Nachlass des 1975 verstorbenen Ehemanns der Klägerin.

Zum Nachlass gehörten unter anderem Grundvermögen, eine 51% Beteiligung an der A-GmbH und eine verzinsliche Darlehensforderung von 3,5 Mio DM gegen die GmbH.

Frau S verzichtete auf ihr Erbe und verlangte ihren Pflichtteil.

Da die Klägerin den Pflichtteil zunächst nicht erfüllen konnte, entstanden Verzugszinsen in Höhe von 428.291 DM.

Die Klägerin versuchte erfolglos, von der Erblasserschuld gemäß § 2320 BGB befreit zu werden.

Steuerliche Behandlung der Verzugszinsen

In ihrer Einkommensteuererklärung 1979 machte die Klägerin die an Frau S gezahlten Verzugszinsen in Höhe von 387.420 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend.

Das Finanzamt erkannte diese Aufwendungen jedoch nicht an.

Der Einspruch und die Klage der Klägerin blieben erfolglos, woraufhin die Klägerin Revision einlegte.

Verzugszinsen wegen verspäteter Erfüllung Pflichtteilsverbindlichkeit keine Werbungskosten – BFH VIII R 6/87

Urteil des BFH

Der BFH entschied, dass die Verzugszinsen nicht als Werbungskosten abzugsfähig sind, da sie nicht in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einkünften aus Kapitalvermögen stehen.

Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen.

Ein solcher Zusammenhang liegt vor, wenn die Aufwendungen zur Erzielung von Einkünften notwendig sind. Verzugszinsen können als Schuldzinsen nur dann als Werbungskosten anerkannt werden, wenn sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

Begründung des Urteils

Die wirtschaftliche Verbindung von Schuldzinsen zu einer Einkunftsart wird insbesondere dann bejaht, wenn sie der Finanzierung von Anschaffungskosten oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts dienen, mit dem Einkünfte erzielt werden.

Im vorliegenden Fall standen die Verzugszinsen jedoch nicht in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anschaffung des Nachlassvermögens.

Die Erfüllung von Vermächtnis-, Pflichtteils- und Erbersatzverbindlichkeiten führt nicht zu Anschaffungskosten für die Erben, da sie nicht auf einem entgeltlichen Rechtsgeschäft beruhen, sondern aus dem Erbfall selbst resultieren.

Der BFH argumentierte weiter, dass der Erbfall grundsätzlich dem privaten Bereich des Erben zuzuordnen ist. Entsprechend gehören auch die Erbfallschulden nicht zur einkommensteuerlich relevanten Erwerbssphäre, sondern zum Bereich der privaten Lebensführung.

Verzugszinsen wegen verspäteter Erfüllung Pflichtteilsverbindlichkeit keine Werbungskosten – BFH VIII R 6/87

Aufwendungen, die aus der verspäteten Erfüllung einer Erbfallschuld entstehen, sind daher den nicht abziehbaren Kosten der Lebensführung zuzurechnen.

Besondere Erwägungen

Der Senat stellte klar, dass es nicht darauf ankommt, ob der Veranlassungszusammenhang der Schuldzinsen durch eine Umwandlung der Pflichtteilsverbindlichkeit in eine Darlehensschuld oder durch die Aufnahme eines Fremdkredits zur Ablösung des Pflichtteilsanspruchs durchbrochen wird.

Im vorliegenden Fall wurde eine solche Vereinbarung zwischen der Klägerin und Frau S jedoch nicht getroffen.

Schlussfolgerung

Die Revision der Klägerin wurde als unbegründet zurückgewiesen.

Das FG hatte zutreffend entschieden, dass die Verzugszinsen nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abzugsfähig sind, da sie nicht in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Einkunftsart stehen und der Erbfall dem privaten Bereich zuzuordnen ist.

Somit können Aufwendungen, die aus der verspäteten Erfüllung von Erbfallschulden entstehen, nicht als Werbungskosten anerkannt werden.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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