Voraussetzungen einer konkludenten Rechtswahl – BAG Urteil vom 13.11.2007 – 9 AZR 134/07

Mai 12, 2021

Voraussetzungen einer konkludenten Rechtswahl – BAG Urteil vom 13.11.2007 – 9 AZR 134/07

RA und Notar Krau

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 13. November 2007 – 9 AZR 134/07 – behandelt mehrere zentrale Punkte, die sich auf die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte und die Anwendbarkeit deutschen oder ausländischen Rechts in Arbeitsverhältnissen beziehen.

Hier sind die wesentlichen Aspekte und Kernaussagen des Urteils zusammengefasst:

Rechtliche Rahmenbedingungen und konkludente Rechtswahl


Wahl des anzuwendenden Rechts:


Die Vertragsparteien können innerhalb der gesetzlichen Grenzen das nationale Recht für ihren Vertrag wählen.

Diese Rechtswahl kann auch stillschweigend erfolgen, wenn sie sich mit hinreichender Sicherheit aus den Vertragsbestimmungen oder den Umständen des Falls ergibt (Art. 27 Abs. 1 EGBGB).

Eingriffsnormen:


Die Wahl ausländischen Rechts ändert nicht die Anwendung zwingender Bestimmungen des deutschen Rechts (Art. 34 EGBGB). § 8 TzBfG, der das Teilzeitbeschäftigungsrecht regelt, zählt jedoch nicht zu diesen zwingenden Normen, da er vorrangig individuelle Arbeitnehmerinteressen schützt.

Fallkontext und Verfahrensgeschichte


Fallhintergrund:

Voraussetzungen einer konkludenten Rechtswahl – BAG Urteil vom 13.11.2007 – 9 AZR 134/07


Die Klägerin, eine deutsche Staatsangehörige, arbeitete als Flugbegleiterin für eine US-amerikanische Fluggesellschaft und verlangte eine Verringerung ihrer Arbeitszeit nach § 8 TzBfG.

Der Arbeitsvertrag unterlag laut einer Klausel US-amerikanischem Recht, und die Zuständigkeit lag bei US-amerikanischen Gerichten.

Instanzenweg:


Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht wiesen die Klage der Klägerin ab.

Das Bundesarbeitsgericht hob diese Entscheidungen auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.

Internationale Zuständigkeit und Anwendbares Recht


Internationale Zuständigkeit:


Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ist nicht allein durch rügelose Einlassung begründet (§ 39 ZPO).

Die Frage der Zuständigkeit muss auch im Revisionsverfahren von Amts wegen geprüft werden.

Voraussetzungen einer konkludenten Rechtswahl – BAG Urteil vom 13.11.2007 – 9 AZR 134/07

Gerichtsstandsvereinbarung:


Es wurde geprüft, ob eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten US-amerikanischer Gerichte vorliegt, und ob diese Vereinbarung die erforderliche Schriftform einhält.

Anwendung deutschen oder US-amerikanischen Rechts:


Die Frage, ob deutsches oder US-amerikanisches Recht auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist, hängt von der Wirksamkeit der Rechtswahl und dem Vorliegen engerer Verbindungen zu einem bestimmten Staat ab (Art. 30 EGBGB).

Spezifische Prüfungen und Anforderungen


Objektive Anknüpfung:


Es wurde festgestellt, dass für Flugbegleiter im internationalen Flugverkehr keine Regelanknüpfung an einen bestimmten Arbeitsort möglich ist, da sie ihre Arbeit überwiegend ohne Bezug zu einem bestimmten Staat verrichten.

Einstellende Niederlassung:


Der Begriff der “einstellenden Niederlassung” bezieht sich entweder auf den Ort des Vertragsschlusses oder den Ort der tatsächlichen und organisatorischen Eingliederung des Arbeitnehmers.

Gesamtheit der Umstände:


Bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts sind alle Umstände des Falls zu berücksichtigen, einschließlich der Staatsangehörigkeit der Vertragsparteien, des Sitzes des Arbeitgebers, des Wohnorts des Arbeitnehmers sowie der Vertragssprache und der Währung der Vergütung.

Voraussetzungen einer konkludenten Rechtswahl – BAG Urteil vom 13.11.2007 – 9 AZR 134/07

Schlussfolgerung und weitere Vorgehensweise


Feststellungen durch das Berufungsgericht:


Das Berufungsgericht muss klären, ob die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte gegeben ist und ob die Rechtswahl zugunsten US-amerikanischen Rechts wirksam ist.

Es muss auch prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Anwendung deutschen Rechts nach Art. 30 Abs. 2 EGBGB vorliegen.

Günstigkeitsvergleich:


Falls deutsches Recht anwendbar ist, muss ein Günstigkeitsvergleich zwischen den zwingenden Bestimmungen des deutschen Rechts und den Bestimmungen des US-amerikanischen Rechts vorgenommen werden, um zu entscheiden, welches Recht für den Arbeitnehmer günstiger ist.

Das BAG hat in diesem Urteil betont, dass sowohl die internationale Zuständigkeit als auch die Anwendbarkeit des nationalen Rechts genau geprüft werden müssen, insbesondere in grenzüberschreitenden Arbeitsverhältnissen.

Die Entscheidung betont die Bedeutung des Schutzes der Arbeitnehmerinteressen und die Notwendigkeit einer sorgfältigen Abwägung der rechtlichen Rahmenbedingungen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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