Voraussetzungen für formgültige Willensäußerung in einem gemeinschaftlichen Testament – BGH Beschluss vom 09. April 1981 – IVa ZB 4/80

Juli 15, 2020

Voraussetzungen für formgültige Willensäußerung in einem gemeinschaftlichen Testament – BGH Beschluss vom 09. April 1981 – IVa ZB 4/80

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Der Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigte sich im Beschluss vom 09. April 1981 – IVa ZB 4/80 – mit den Anforderungen an die formgültige Willensäußerung in einem gemeinschaftlichen Testament.

Vorausgegangen waren Entscheidungen des Amtsgerichts Frankfurt, des Landgerichts Frankfurt und des Oberlandesgerichts Frankfurt.

Sachverhalt

Die Erblasserin und ihr Ehemann hatten am 25. Juli 1974 ein gemeinschaftliches handschriftliches Testament erstellt, in dem sie ihre gemeinsamen Kinder zu gleichen Teilen als Erben einsetzten.

Nach dem Tod der Erblasserin beantragte der Ehemann (Beteiligter zu 1) einen Erbschein, der ihn als Alleinerben ausweisen sollte.

Er argumentierte, dass sie beabsichtigt hätten, sich gegenseitig als Alleinerben und die Kinder als Erben des Letztversterbenden einzusetzen, was jedoch versehentlich nicht im Testament vermerkt worden sei.

Die Kinder widersprachen dem Antrag.

Das Amtsgericht war der Ansicht, das Testament sei auslegungsbedürftig, da es nur den Fall des gleichzeitigen Versterbens der Ehegatten regele und somit eine Lücke enthalte, die im Sinne des Antrags des Ehemannes zu schließen sei.

Das Landgericht hob diesen Beschluss auf und wies den Antrag zurück, da der Ehemann nicht Alleinerbe geworden sei.

Der Ehemann legte daraufhin eine weitere Beschwerde ein.

Voraussetzungen für formgültige Willensäußerung in einem gemeinschaftlichen Testament – BGH Beschluss vom 09. April 1981 – IVa ZB 4/80

Das Oberlandesgericht legte die Sache dem BGH vor, da es die Auffassung vertrat, dass der Wille des Erblassers, ein sogenanntes Berliner Testament zu errichten, zwar nicht im Wortlaut des Testaments, aber dennoch durch Auslegung feststellbar sei.

Es hielt es für notwendig, den wahren Willen des Erblassers auch dann zu berücksichtigen, wenn dieser nicht im Testament, sondern anderweitig eindeutig geäußert worden sei.

Entscheidungsgründe

Der BGH bestätigte die Auffassung des Landgerichts und wies die weitere Beschwerde zurück.

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH und des Reichsgerichts (RG) müsse der wirkliche Wille des Erblassers in der Testamentsurkunde zumindest andeutungsweise zum Ausdruck kommen.

Das Testament müsse in einer der vorgeschriebenen Formen niedergelegt sein, um beachtlich zu sein.

Da das hier vorliegende Testament keine Lücke enthalte, sei es nicht auslegungsfähig.

Das Oberlandesgericht hatte argumentiert, dass dem Willen des Erblassers auch dann zum Durchbruch verholfen werden solle, wenn dieser außerhalb des Testaments eindeutig geäußert worden sei und nur infolge versehentlicher Auslassung nicht im Testament stehe.

Dies widersprach jedoch der Rechtsprechung des BGH, wonach eine Testamentsauslegung nur möglich sei, wenn der Wille des Erblassers in der Urkunde zum Ausdruck komme.

Beurteilung des Landgerichts

Das Landgericht ging davon aus, dass der unterstellte Wille der Erblasser, sich gegenseitig als Alleinerben einzusetzen, im Testament keinen Niederschlag gefunden habe.

Voraussetzungen für formgültige Willensäußerung in einem gemeinschaftlichen Testament – BGH Beschluss vom 09. April 1981 – IVa ZB 4/80

Eine Verfügung von Todes wegen sei nur dann beachtlich, wenn sie in der vorgeschriebenen Form niedergelegt sei.

Da das gemeinschaftliche Testament klar und eindeutig sei, gebe es keine Lücke, die durch Auslegung zu schließen wäre.

Rechtliche Erwägungen

Der BGH hielt an der ständigen Rechtsprechung fest, dass die Formvorschriften für Testamente verschiedene Zwecke verfolgen:

Der Erblasser soll sich klar darüber werden, welchen Inhalt seine Verfügung von Todes wegen haben soll.

Vorüberlegungen und Entwürfe sollen von der maßgebenden Verfügung abgegrenzt werden.

Die Eigenhändigkeit des Testaments soll eine erhöhte Sicherheit vor Verfälschungen bieten.

Diese Formzwecke sollen verantwortliches Testieren fördern und Streitigkeiten über den Inhalt letztwilliger Verfügungen vermeiden.

Eine Erbeinsetzung, die nicht im Testament enthalten und nicht einmal angedeutet sei, könne diesen Formzwecken nicht gerecht werden.

Sie sei formunwirksam und daher gemäß § 125 Satz 1 BGB nichtig.

Fazit

Der BGH entschied, dass der wahre Wille des Erblassers nur dann berücksichtigt werden könne, wenn er in der Testamentsurkunde zumindest andeutungsweise zum Ausdruck komme.

Ein Testament, das in der vorgeschriebenen Form keine entsprechende Erbeinsetzung enthalte, sei nicht auslegungsfähig und somit formunwirksam.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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