Wirksamkeit der Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses während der Probezeit – BAG Urteil vom 09.06.2016 – 6 AZR 396/15

April 2, 2021

Wirksamkeit der Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses während der Probezeit – BAG Urteil vom 09.06.2016 – 6 AZR 396/15

RA und Notar Krau

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 9. Juni 2016 (6 AZR 396/15) befasst sich mit der Wirksamkeit der Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses während der Probezeit.

Die Beklagte, die eine Kfz-Werkstatt betreibt, hatte den Kläger als Kfz-Mechatroniker in Ausbildung genommen.

Aufgrund einer krankheitsbedingten Abwesenheit des Klägers verlängerte die Beklagte die Probezeit gemäß einer vertraglichen Klausel, was letztlich zur Kündigung führte.

Hintergrund des Falls


Am 7. Januar 2014 schlossen die Parteien einen Berufsausbildungsvertrag, in dem eine Probezeit von vier Monaten vereinbart wurde.

Zudem enthielt der Vertrag eine Klausel, wonach sich die Probezeit verlängert, wenn sie um mehr als ein Drittel ihrer Dauer unterbrochen wird.

Der Kläger war aufgrund einer Krankheit und einer Verletzung sieben Wochen arbeitsunfähig und fehlte daher während der Probezeit.

Wirksamkeit der Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses während der Probezeit – BAG Urteil vom 09.06.2016 – 6 AZR 396/15

Die Beklagte kündigte das Ausbildungsverhältnis fristlos innerhalb der Probezeit am 6. Mai 2014, nachdem sie den Betriebsrat informiert hatte, der keine Einwände gegen die Kündigung erhob.

Der Kläger legte Klage ein und argumentierte, dass die Verlängerung der Probezeit unzulässig sei, da sie von den gesetzlichen Regelungen des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) abweiche und ihn unangemessen benachteilige.

Zudem sei die Kündigung aufgrund der Sportverletzung, die als vorhersehbar gelten könnte, treuwidrig.

Gerichtliche Entscheidungen


Das Arbeitsgericht Frankfurt wies die Klage ab und bestätigte die Wirksamkeit der Kündigung.

Das Hessische Landesarbeitsgericht hingegen gab der Klage statt und erklärte die Kündigung für unwirksam.

Es argumentierte, dass die Vertragsklausel zur Verlängerung der Probezeit zu Lasten des Auszubildenden gehe und daher nichtig sei.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts


Das Bundesarbeitsgericht hob das Urteil des Landesarbeitsgerichts auf und wies die Klage ab.

Es stellte fest, dass die Kündigung während der verlängerten Probezeit wirksam war.

Wirksamkeit der Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses während der Probezeit – BAG Urteil vom 09.06.2016 – 6 AZR 396/15

Das Gericht argumentierte, dass die vertragliche Verlängerung der Probezeit bei erheblichen Fehlzeiten keine unangemessene Benachteiligung des Auszubildenden darstelle, sondern im Interesse beider Parteien liege, da sie die Möglichkeit der tatsächlichen Erprobung sicherstelle.

Vertragsklausel:

Das Gericht stellte fest, dass die Klausel zur Verlängerung der Probezeit keine unzulässige Abweichung von den gesetzlichen Regelungen darstellt, da sie sowohl den Interessen des Auszubildenden als auch des Ausbildenden dient.

Sie ermögliche es beiden Parteien, die vorgesehenen Erprobungsmöglichkeiten voll auszuschöpfen, insbesondere wenn die Ausbildung durch Fehlzeiten unterbrochen wird.

Interessen des Auszubildenden:

Eine verlängerte Probezeit könne im Interesse des Auszubildenden sein, da dieser während der Probezeit ohne Angabe von Gründen das Ausbildungsverhältnis lösen kann.

Nach Ablauf der Probezeit wäre eine Kündigung durch den Auszubildenden nur noch unter bestimmten Bedingungen möglich.

Wirksamkeit der Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses während der Probezeit – BAG Urteil vom 09.06.2016 – 6 AZR 396/15

Treuwidrigkeit:

Das Gericht verwarf den Einwand der Treuwidrigkeit, da die Beklagte lediglich von ihrem vertraglich vereinbarten Kündigungsrecht Gebrauch gemacht hatte.

Die Verletzung beim Fußballspiel wurde nicht als unvorhersehbares Ereignis gewertet, das der Beklagten ein treuwidriges Verhalten vorwerfen würde.

Betriebsratsanhörung:

Die Anhörung des Betriebsrats erfolgte ordnungsgemäß, und der Betriebsrat äußerte keine Bedenken gegen die Kündigung, was die formale Wirksamkeit der Kündigung weiter stützte.

Das Urteil verdeutlicht, dass vertraglich vereinbarte Klauseln zur Verlängerung der Probezeit bei erheblichen Fehlzeiten unter bestimmten Umständen rechtlich zulässig sind und im Interesse beider Vertragsparteien liegen können.

Die Entscheidung stärkt die Position von Ausbildenden, die bei Unterbrechungen der Ausbildung aufgrund von Fehlzeiten eine angemessene Erprobungsdauer sicherstellen möchten.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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