Zinsen für Zahlungsanspruch aus Verzicht auf künftige Pflichtteilsansprüche führt zu Kapitaleinkünften – BFH VIII R 22/17

Juni 13, 2020

Zinsen für Zahlungsanspruch aus Verzicht auf künftige Pflichtteilsansprüche führt zu Kapitaleinkünften – BFH VIII R 22/17

Von RA und Notar Krau

Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 06.08.2019 behandelt die steuerliche Behandlung von Zinsen, die aus einer Stundung von Pflichtteilsansprüchen resultieren.

Es bezieht sich auf den Fall, in dem ein Kind gegenüber seinen Eltern auf zukünftige Pflichtteilsansprüche verzichtet und dafür einen fälligen Zahlungsanspruch erhält, dessen Verzinsung zu steuerpflichtigen Kapitalerträgen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG führt.

Hintergrund des Falls

Die Kläger, ein Ehepaar, wurden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt.

Die Klägerin hatte drei ältere Geschwister. Am XX.03.1994 schlossen die Eltern und die vier Kinder einen notariell beurkundeten Pflichtteilsverzichtsvertrag ab.

Die Kinder verzichteten auf ihr gesetzliches Pflichtteilsrecht gegenüber dem überlebenden Elternteil gegen Zahlung von jeweils 150.000 DM (umgerechnet 76.693,78 €).

Die Zahlung sollte bis zum 31.12.1994 erfolgen. Die Klägerin verzichtete jedoch auf die Auszahlung bis zu diesem Datum und sollte den Betrag nebst 5 % Zinsen erst nach dem Tod des letztversterbenden Elternteils erhalten.

Zur Sicherung des Anspruchs bewilligten und beantragten die Eltern die Eintragung einer Grundschuld in Höhe von 150.000 DM nebst 5 % Zinsen.

Zinsen für Zahlungsanspruch aus Verzicht auf künftige Pflichtteilsansprüche führt zu Kapitaleinkünften – BFH VIII R 22/17

Sachverhalt und Prozessverlauf

In einem gemeinschaftlichen Testament vom XX.01.2015 verfügten die Eltern, dass die Auszahlung an die Klägerin nach ihrem Tod erfolgen sollte, wobei die Grundschuld gelöscht werden sollte.

Am XX.11.2015 erhielt die Klägerin 157.705,52 € (76.693,78 € plus 81.011,74 € Zinsen).

Die Kläger gaben in ihrer Einkommensteuererklärung 2015 keine Einkünfte aus Kapitalvermögen an, obwohl sie den Sachverhalt darlegten.

Sie argumentierten, dass die Zahlung von 157.705,52 € für den Pflichtteilsverzicht nicht steuerpflichtig sei.

Das Finanzamt (FA) vertrat jedoch die Auffassung, dass die Zinsen von 81.011,74 € steuerpflichtig seien und der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG unterlägen. Der Einspruch der Kläger wurde abgelehnt.

Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg gab der Klage der Kläger statt und argumentierte, dass in der Zahlung kein steuerpflichtiger Zinsanteil enthalten sei, da die Klägerin keinen Kapitalbetrag erhalten hatte, den sie den Eltern hätte überlassen können.

Entscheidung des Bundesfinanzhofs

Der BFH hob das Urteil des FG auf und wies die Klage ab.

Der BFH entschied, dass die Zahlung der Zinsen in Höhe von 81.011,74 € steuerpflichtige Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG darstelle.

Zinsen für Zahlungsanspruch aus Verzicht auf künftige Pflichtteilsansprüche führt zu Kapitaleinkünften – BFH VIII R 22/17

Begründung des BFH

Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG:

Kapitalforderungen in diesem Sinne sind alle auf Geldleistung gerichtete Forderungen ohne Rücksicht auf die Dauer der Kapitalüberlassung oder den Rechtsgrund des Anspruchs.

Die Überlassung von privatem Geldvermögen an Dritte kann in unterschiedlicher Weise erfolgen, etwa durch ein Darlehen oder die zeitliche Streckung eines Zahlungsanspruchs.

Anwendung auf den vorliegenden Fall:

Die Klägerin hatte durch den Verzicht auf den Pflichtteil einen fälligen Anspruch auf 150.000 DM (76.693,78 €) erworben, den sie verzinslich bis zum Tod des letztversterbenden Elternteils stundete.

Die Zahlung der Zinsen in Höhe von 81.011,74 € war das Entgelt für die Stundung dieser Forderung und somit steuerpflichtige Kapitalerträge.

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Abgrenzung zu früheren Urteilen:

Der BFH stellte klar, dass die frühere Rechtsprechung, wonach wiederkehrende Zahlungen keinen steuerbaren Zinsanteil enthalten, auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sei.

Entscheidend war die Tatsache, dass die Klägerin durch den Verzicht auf den Pflichtteil einen fälligen Anspruch erhielt und diesen gestundet hatte.

Die hierfür gezahlten Zinsen unterliegen der Besteuerung.

Kostenentscheidung

Die Kosten des gesamten Verfahrens wurden den Klägern auferlegt.

Fazit

Der BFH entschied, dass Zinsen aus der Stundung von Pflichtteilsansprüchen zu steuerpflichtigen Kapitalerträgen führen, wenn ein Kind gegenüber seinen Eltern auf künftige Pflichtteilsansprüche verzichtet und dafür einen fälligen Zahlungsanspruch erhält.

Dies gilt insbesondere, wenn die Zahlung des Anspruchs verzinst gestundet wird.

Das Urteil verdeutlicht die steuerliche Behandlung von Zinsen in solchen Fällen und bestätigt die rechtliche Einordnung solcher Kapitalerträge unter § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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