Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen – Mitwirkungsobliegenheiten – BAG 9 AZR 143/21

April 2, 2022

Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen – Mitwirkungsobliegenheiten – BAG 9 AZR 143/21

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied, dass der Zusatzurlaubsanspruch schwerbehinderter Menschen nach § 208 Abs. 1 Satz 1 SGB IX verfällt,

wenn der Arbeitgeber keine Kenntnis von der Schwerbehinderung hatte und diese auch nicht offenkundig war, selbst wenn der Arbeitgeber seine Hinweispflichten nicht erfüllt hat.

Sachverhalt:

  • Der Kläger war bei der Beklagten beschäftigt und schwerbehindert.
  • Die Beklagte hatte keine Kenntnis von der Schwerbehinderung und forderte den Kläger nicht auf, seinen Zusatzurlaub zu nehmen oder wies ihn auf den Verfall nicht genommenen Urlaubs hin.
  • Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte der Kläger Abgeltung für nicht genommenen Zusatzurlaub aus den Jahren 2016 bis 2018.
  • Das Arbeitsgericht gab der Klage statt, das Landesarbeitsgericht wies sie ab.

Entscheidungsgründe:

Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen – Mitwirkungsobliegenheiten – BAG 9 AZR 143/21

  • Entstehung des Zusatzurlaubsanspruchs: Der Anspruch auf Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen entsteht unabhängig davon, ob der Arbeitgeber von der Schwerbehinderung Kenntnis hat.
  • Verfall des Zusatzurlaubs: Grundsätzlich verfällt der Zusatzurlaub am Ende des Urlaubsjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraums, wenn er nicht genommen wird.
  • Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers: Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer aufzufordern, seinen Urlaub zu nehmen, und ihn über den Verfall nicht genommenen Urlaubs zu informieren.
  • Ausnahme bei Unkenntnis der Schwerbehinderung: Wenn der Arbeitgeber keine Kenntnis von der Schwerbehinderung hat und diese auch nicht offenkundig ist, entfallen seine Mitwirkungsobliegenheiten. Der Zusatzurlaub verfällt in diesem Fall auch ohne Aufforderung und Hinweis.
  • Darlegungs- und Beweislast: Der Arbeitgeber muss seine Unkenntnis der Schwerbehinderung darlegen und beweisen. Der Arbeitnehmer hat eine sekundäre Darlegungslast, um Umstände zu benennen, die auf die Kenntnis des Arbeitgebers schließen lassen.

Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen – Mitwirkungsobliegenheiten – BAG 9 AZR 143/21

Fazit:

Das Urteil des BAG stellt klar, dass der Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen auch dann verfallen kann, wenn der Arbeitgeber seine Hinweispflichten nicht erfüllt hat, sofern er keine Kenntnis von der Schwerbehinderung hatte und diese auch nicht offenkundig war.

Arbeitgeber sind jedoch verpflichtet, sich bei der Einstellung nach einer Schwerbehinderung zu erkundigen und ihre Arbeitnehmer entsprechend zu informieren und aufzufordern, ihren Urlaub zu nehmen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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