Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats zur Regelung von Nachweispflichten bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit – BAG Beschluss 23.08.2016 – 1 ABR 43/14

April 3, 2021

Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats zur Regelung von Nachweispflichten bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit – BAG Beschluss 23.08.2016 – 1 ABR 43/14

RA und Notar Krau

In dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 23. August 2016, Aktenzeichen 1 ABR 43/14, wurde die Zuständigkeit eines Gesamtbetriebsrats zur Regelung von Nachweispflichten bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit verhandelt.

Die Arbeitgeberin, ein großes Logistikunternehmen mit bundesweit 72 Standorten und rund 15.000 Mitarbeitern, hatte mit dem Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbetriebsvereinbarung (GBV) über eine Allgemeine Arbeitsordnung abgeschlossen.

Diese GBV legt fest, dass Mitarbeiter ab dem ersten Krankheitstag eine ärztliche Bescheinigung vorlegen müssen.

Ein örtlicher Betriebsrat bestritt die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für diese Regelung und argumentierte, dass das Mitbestimmungsrecht den einzelnen Betriebsräten zustehe.

Die Arbeitgeberin hingegen war der Meinung, dass sie über die Abweichungen von gesetzlichen Nachweispflichten bei Arbeitsunfähigkeit eigenständig entscheiden könne und beantragte festzustellen, dass die Regelungen der GBV im Betrieb D gelten.

Das Arbeitsgericht gab der Arbeitgeberin zunächst recht, während das Landesarbeitsgericht Düsseldorf zugunsten des Betriebsrats entschied.

Daraufhin legte die Arbeitgeberin Rechtsbeschwerde beim BAG ein.

Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats zur Regelung von Nachweispflichten bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit – BAG Beschluss 23.08.2016 – 1 ABR 43/14

Das BAG urteilte, dass der Gesamtbetriebsrat nicht zuständig sei, da die Regelung über Nachweispflichten der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG unterliegt.

Diese Mitbestimmung betrifft Fragen der Ordnung im Betrieb und des Verhaltens der Arbeitnehmer.

Wenn der Arbeitgeber von seinen Mitarbeitern eine ärztliche Bescheinigung ab dem ersten Krankheitstag verlangt, greift dies in das betriebliche Ordnungsverhalten ein, das dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats unterliegt.

Der Betriebsrat muss mitbestimmen, wie und ob von der gesetzlichen Regelung abgewichen werden soll.

Die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats ist nur gegeben, wenn eine Angelegenheit das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betrifft und eine betriebsübergreifende Regelung zwingend erforderlich ist.

Das BAG entschied, dass es keine zwingenden Gründe für eine solche übergreifende Regelung der Nachweispflichten gab und das Mitbestimmungsrecht daher originär den örtlichen Betriebsräten zusteht.

Weiterhin stellte das BAG fest, dass der Widerantrag des Betriebsrats unzulässig sei, da das Prozesshindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit vorliegt.

Der Betriebsrat hatte den Antrag auf Feststellung seines Mitbestimmungsrechts erst nach der Klage der Arbeitgeberin eingebracht, wodurch eine doppelte Rechtshängigkeit in derselben Sache entstand.

Zusammenfassend bestätigte das BAG, dass die Regelungen über Nachweispflichten bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit der Mitbestimmung der örtlichen Betriebsräte unterliegen und nicht dem Gesamtbetriebsrat.

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Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

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