Zuständigkeitsbestimmung Gesetzliche Sonderzuständigkeit für erbrechtliche Streitigkeiten KG Berlin 2 AR 38/21

September 7, 2021

Zuständigkeitsbestimmung Gesetzliche Sonderzuständigkeit für erbrechtliche Streitigkeiten KG Berlin 2 AR 38/21

Inhaltsverzeichnis RA und Notar Krau:

Kernfrage:

Wann liegt eine „erbrechtliche Streitigkeit“ vor, die eine Sonderzuständigkeit bestimmter Zivilkammern begründet?

Hintergrund:

  • Der Kläger (Großvater) verklagt die Beklagte (Enkelin) auf Rückzahlung eines Darlehens, das er ihrem verstorbenen Vater gewährte.
  • Die Beklagte ist Alleinerbin ihres Vaters.
  • Es entstand ein Zuständigkeitsstreit zwischen zwei Zivilkammern des Landgerichts Berlin:
    • Die allgemeine Zivilkammer sah keine Sonderzuständigkeit für erbrechtliche Streitigkeiten.
    • Die Spezialkammer für Erbrecht sah eine solche Zuständigkeit, da die Beklagte als Erbin in Anspruch genommen wird und im Prozessverlauf erbrechtliche Fragen relevant werden könnten.

Entscheidung des Kammergerichts (KG):

Zuständigkeitsbestimmung Gesetzliche Sonderzuständigkeit für erbrechtliche Streitigkeiten KG Berlin 2 AR 38/21

  • Das KG entschied, dass keine Sonderzuständigkeit für erbrechtliche Streitigkeiten vorliegt und die allgemeinen Zivilkammern zuständig sind.

Begründung:

  1. Anwendbarkeit von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO:

    • Obwohl sich eigentlich verschiedene Gerichte für unzuständig erklären müssen, ist diese Vorschrift auch auf Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen Kammern desselben Gerichts anwendbar, wenn die Zuständigkeit von einer gesetzlichen Regelung abhängt.
    • Dies gilt auch für die neu geschaffenen Sonderzuständigkeiten nach §§ 72a, 119a GVG.
    • Die weiteren Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung liegen vor, da sich beide Kammern „rechtskräftig“ für unzuständig erklärt haben (Entscheidungen wurden den Parteien mitgeteilt).
  2. Keine Sonderzuständigkeit für erbrechtliche Streitigkeiten:

    • Zwar sollen nach dem Willen des Gesetzgebers alle zivilprozessualen Streitigkeiten über erbrechtliche Angelegenheiten (§ 72a Abs. 1 Nr. 6 GVG) erfasst werden.
    • Allerdings kann nicht jede Inanspruchnahme eines Erben aufgrund einer Nachlassverbindlichkeit als erbrechtliche Streitigkeit gelten, da dies dem Spezialisierungsgedanken widerspräche.
    • Im konkreten Fall geht es um einen Rückzahlungsanspruch aus einem Darlehen.
    • Dass die Beklagte als Erbin des Darlehensnehmers verklagt wird, macht die Sache nicht zu einer erbrechtlichen Streitigkeit.
    • Ob es anders wäre, wenn die Erbenstellung der Beklagten bestritten würde, ließ das KG offen, da dies hier nicht der Fall ist.

Zuständigkeitsbestimmung Gesetzliche Sonderzuständigkeit für erbrechtliche Streitigkeiten KG Berlin 2 AR 38/21

Schlussfolgerung:

  • Das KG bestimmt die allgemeinen Zivilkammern als zuständig.
  • Es stellt klar, dass nicht jede Klage gegen einen Erben automatisch eine erbrechtliche Streitigkeit darstellt.
  • Die Sonderzuständigkeit für Erbrechtskammern greift nur, wenn der Streitgegenstand wirklich erbrechtliche Fragen im Kern betrifft.

Wichtige Aspekte:

  • Das Urteil präzisiert den Anwendungsbereich der Sonderzuständigkeit für erbrechtliche Streitigkeiten.
  • Es verhindert eine Überlastung der Spezialkammern mit Fällen, die eigentlich in die Zuständigkeit der allgemeinen Zivilkammern fallen.
  • Es stärkt die Rechtssicherheit, indem es klare Kriterien für die Zuständigkeitsverteilung schafft.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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