AG Charlottenburg GnR 70 B

Januar 16, 2021

AG Charlottenburg GnR 70 B

RA und Notar Krau

Kernaussage

Der Beschluss befasst sich mit der Bestellung eines Nachtragsliquidators für eine gelöschte Genossenschaft und den damit verbundenen rechtlichen Fragen.

Es wird festgestellt, dass die Bestellung eines Nachtragsliquidators bei einer Genossenschaft analog zu § 273 Abs. 4 AktG erfolgt, wenn die Liquidatoren die Beendigung ihrer Vertretungsbefugnis und das Erlöschen der Firma angemeldet haben und keine amtswegige Löschung wegen Vermögenslosigkeit stattfand.

Weiterhin wird die örtliche Zuständigkeit des Gerichts, der Interessenkonflikt des Nachtragsliquidators und die Wertfestsetzung für das Bestellungsverfahren behandelt.

Sachverhalt

  • Eine Genossenschaft wurde 1986 im Genossenschaftsregister gelöscht, nachdem die Liquidatoren das Erlöschen der Firma angemeldet hatten.
  • Die Genossenschaft hatte zuvor einen Doppelsitz in Hamburg und Berlin, der vor der Löschung aufgehoben wurde.   
  • Im Grundbuch war noch ein Vorkaufsrecht zugunsten der Genossenschaft eingetragen.
  • Ein Beteiligter beantragte die Bestellung eines Nachtragsliquidators, um die Löschung dieses Rechts zu bewilligen.
  • Das Grundbuchamt beanstandete den fehlenden Nachweis der Vertretungsberechtigung des Nachtragsliquidators.

AG Charlottenburg GnR 70 B

Entscheidungsgründe

  • Analoge Anwendung von § 273 Abs. 4 AktG:

    • Das Verfahren zur Bestellung eines Nachtragsliquidators für eine gelöschte Genossenschaft ist gesetzlich nicht geregelt.
    • Daher wird § 273 Abs. 4 AktG analog angewendet, wenn die Liquidatoren die Beendigung ihrer Vertretungsbefugnis und das Erlöschen der Firma angemeldet haben und keine amtswegige Löschung wegen Vermögenslosigkeit erfolgte.
  • Örtliche Zuständigkeit:

    • Obwohl das Vorkaufsrecht im Grundbuch mit dem Sitz Hamburg eingetragen war, ist das Amtsgericht Charlottenburg zuständig.
    • Die Genossenschaft hatte einen Doppelsitz, der vor dem Erlöschen der Firma aufgehoben wurde.
    • Nach Aufhebung des Doppelsitzes verblieb der Sitz in Berlin, weshalb das Amtsgericht Charlottenburg zuständig ist.
  • Zulässigkeit des Antrags:

    • Der Antrag auf Bestellung eines Nachtragsliquidators ist zulässig.
    • Die Antragstellerin hat ein berechtigtes Interesse an der Abgabe von Erklärungen zur Bereinigung des Grundbuchs, in dem sie eingetragen ist.
  • Begründetheit des Antrags:

    • Der Antrag ist begründet, da ein sonstiger Abwicklungsbedarf besteht, der die Bestellung eines Nachtragsliquidators erforderlich macht.
    • Die Löschungsbewilligung für das Vorkaufsrecht stellt eine solche erforderliche Abwicklungsmaßnahme dar.
    • Es handelt sich um eine einzelne Tätigkeit, die keine Wiedereintragung der Genossenschaft im Handelsregister erfordert.
  • Eignung und Bestellung des Nachtragsliquidators:

    • Der bestellte Nachtragsliquidator hat die Bereitschaft erklärt, das Amt zu übernehmen und auf Gebühren und Auslagen verzichtet.
    • Ein Interessenkonflikt besteht nicht, da sich sein Wirkungskreis auf eine einzelne Aufgabe bezieht und er zugleich bei einem „Nachfolgeunternehmen“ der gelöschten Genossenschaft tätig ist.
  • Kostenentscheidung und Wertfestsetzung:

    • Die Kosten des Bestellungsverfahrens trägt die Antragstellerin.
    • Der Geschäftswert wird auf 5.000 EUR festgesetzt, da es sich lediglich um die Abgabe einer Löschungsbewilligung handelt und das eingetragene Recht keinen eigenen wirtschaftlichen Wert mehr hat.
    • Die reguläre Wertfestsetzung würde eine unbillige Härte für den Antragsteller darstellen.

AG Charlottenburg GnR 70 B

Fazit

  • Die Bestellung eines Nachtragsliquidators für eine gelöschte Genossenschaft richtet sich analog nach § 273 Abs. 4 AktG, wenn keine amtswegige Löschung wegen Vermögenslosigkeit erfolgte.
  • Die örtliche Zuständigkeit liegt bei dem Gericht, bei dem der Sitz nach Aufhebung eines Doppelsitzes verblieb.
  • Ein Interessenkonflikt des Nachtragsliquidators ist nicht gegeben, wenn sich sein Wirkungskreis auf eine einzelne Aufgabe bezieht.
  • Für die Bestellung eines Nachtragsliquidators zur Abgabe einer Löschungsbewilligung ist ein abweichender Geschäftswert anzusetzen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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