Anrechnung Sonderzahlungen – Weihnachtsgeld – Urlaubsgeld – auf Mindestlohnanspruch -Arbeitsgericht Herne Urteil 07.07.2015 – 3 Ca 684/15

April 2, 2021

Anrechnung Sonderzahlungen – Weihnachtsgeld – Urlaubsgeld – auf Mindestlohnanspruch -Arbeitsgericht Herne Urteil 07.07.2015 – 3 Ca 684/15

RA und Notar Krau

Das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 7. Juli 2015 in dem Fall 3 Ca 684/15 behandelt die Frage, ob Sonderzahlungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden können.

Die Klägerin, seit 2006 als Servicekraft bei der Beklagten beschäftigt, hatte geltend gemacht, dass diese Sonderzahlungen nicht auf ihren Mindestlohnanspruch angerechnet werden dürften.

Im Zentrum des Rechtsstreits stand die Umstellung der jährlichen Sonderzahlungen auf monatliche Teilzahlungen und deren Anrechenbarkeit auf den Mindestlohn gemäß § 1 Abs. 1 MiLoG.

Hintergrund


Die Klägerin arbeitete monatlich 84,5 Stunden, und nach ihrer Berechnung ergab sich bei einem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 € ein monatlicher Anspruch von 718,25 €.

Die Beklagte zahlte jedoch nur 718,24 €, was laut Klägerin zu einer monatlichen Differenz von 44,89 € führte.

Die Klägerin argumentierte, dass Weihnachts- und Urlaubsgeld keine Gegenleistung für geleistete Arbeit darstellten und deshalb nicht angerechnet werden dürften.

Anrechnung Sonderzahlungen – Weihnachtsgeld – Urlaubsgeld – auf Mindestlohnanspruch -Arbeitsgericht Herne Urteil 07.07.2015 – 3 Ca 684/15

Diese Sonderzahlungen waren im Arbeitsvertrag als freiwillig und widerruflich bezeichnet worden, obwohl eine Änderungsvereinbarung von 2010 vorsah, diese jährlich gezahlten Sonderleistungen auf 12 monatliche Zahlungen umzustellen.

Urteil und Begründung


Das Gericht verurteilte die Beklagte, 0,02 € nebst Zinsen an die Klägerin zu zahlen, wies die Klage jedoch im Übrigen ab.

Die entscheidende Frage war, ob die monatlich gezahlten Beträge von Weihnachts- und Urlaubsgeld als Bestandteil des Mindestlohns gelten können.

Das Gericht entschied, dass diese Sonderzahlungen auf den Mindestlohn angerechnet werden dürfen, wenn sie unwiderruflich und monatlich ausgezahlt werden.

Nach der Gesetzesbegründung zum Mindestlohngesetz, gestützt durch Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts, können solche Zahlungen als Mindestlohnbestandteil gewertet werden, wenn sie dem Arbeitnehmer monatlich und unwiderruflich ausgezahlt werden.

In der konkreten Vereinbarung zwischen den Parteien war vorgesehen, dass die jährlichen Sonderzahlungen anteilig monatlich gezahlt werden, wodurch sie Bestandteil der monatlichen Grundvergütung wurden.

Konsequenzen und Rechtsgrundlage


Das Gericht stellte fest, dass die monatliche Auszahlung der Sonderzahlungen der Funktion nach einer regulären Vergütung für die geleistete Arbeit entspricht.

Anrechnung Sonderzahlungen – Weihnachtsgeld – Urlaubsgeld – auf Mindestlohnanspruch -Arbeitsgericht Herne Urteil 07.07.2015 – 3 Ca 684/15

Der rechtliche Standpunkt der Klägerin, dass die Widerruflichkeit der Zahlungen entgegensteht, wurde abgewiesen.

Das Gericht argumentierte, dass durch die monatliche Auszahlung eine Widerruflichkeit de facto entfalle, da der Arbeitgeber die Mindestlohnverpflichtung monatlich erfüllt und somit eine Rückforderung der Beträge nicht mehr möglich sei.

Die Entscheidung basiert auf den rechtlichen Vorgaben, dass eine Anrechnung solcher Sonderzahlungen auf den Mindestlohn rechtlich zulässig ist, wenn sie regelmäßig und ohne Widerruf ausgezahlt werden, da sie dann als Teil der Entlohnung für die Arbeitsleistung betrachtet werden.

Kostenentscheidung und Berufung


Die Kosten des Rechtsstreits wurden der Klägerin auferlegt, da ihre Klage weitgehend unbegründet war.

Der Streitwert wurde auf 89,78 € festgesetzt, und das Gericht ließ die Berufung zu, was bedeutet, dass die Klägerin gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen kann.

Zusammengefasst entschied das Arbeitsgericht Herne, dass anteilig gezahltes Weihnachts- und Urlaubsgeld auf den Mindestlohn angerechnet werden kann, sofern es monatlich und unwiderruflich gezahlt wird, und wies die Klage der Klägerin auf Zahlung zusätzlicher Beträge weitgehend ab.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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