Auslegung einer letztwilligen Verfügung – Alleinerbeinsetzung – Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss vom 25. Juni 1990 – BReg 1 a Z 69/89

Juni 9, 2020

Auslegung einer letztwilligen Verfügung – Alleinerbeinsetzung – Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss vom 25. Juni 1990 – BReg 1 a Z 69/89

Zusammenfassung RA und Notar Krau


Der Erblasser, der im Jahr 1987 im Alter von 68 Jahren verstarb, hinterließ ein Nachlassvermögen von etwa 429.000 DM.

Dieses bestand aus einem Anwesen in X im Wert von ca. 114.000 DM, Sparguthaben bei Banken in X in Höhe von etwa 145.000 DM sowie weiteren Sparguthaben und Wertpapieren im Wert von rund 170.000 DM.

Die Nachlassverbindlichkeiten beliefen sich auf etwa 19.000 DM.

Der Erblasser hinterließ eine handschriftliche letztwillige Verfügung vom 31. Mai 1986.

Inhalt der letztwilligen Verfügung


In seiner Verfügung ordnete der Erblasser verschiedene Zuwendungen an mehrere Personen an:

Das Haus mit Grundstück sollte an eine caritative Einrichtung (Beteiligte zu 2) als Wohnung für Personal gehen, mit der Auflage, dass es nicht verkauft werden dürfe.


Seine Putzhilfe sollte sämtliche Wäsche und Kleidung erhalten.


Möbel, Geschirr und elektrische Geräte, mit Ausnahme von Videorekorder und Fernseher, sollten ebenfalls an die Putzhilfe gehen.


Fernsehgerät und Videorekorder sollten an eine andere Person (nicht namentlich genannt) gehen.

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Die Uhr im Wohnzimmer sollte an eine weitere nicht namentlich genannte Person gehen.


Bargeld und Bankguthaben in X sollten zu gleichen Teilen an zwei Personen (Beteiligte zu 3 und 4) gehen, die auch die Beerdigungskosten und Grabpflege für 20 Jahre übernehmen sollten.


Alles, was nicht explizit erwähnt wurde, sollte an die Beteiligte zu 1 gehen.


Verfahrensverlauf


Ein ursprünglich erteilter Alleinerbschein zugunsten der Beteiligten zu 2 wurde durch das Nachlassgericht eingezogen, da sich herausstellte, dass der Wert der Sparguthaben den des Anwesens erheblich überstieg.

Das Nachlassgericht ging daraufhin von einer Erbeinsetzung nach Bruchteilen aus und teilte dies den Beteiligten mit.

Die Beteiligte zu 1 beantragte daraufhin einen gemeinschaftlichen Erbschein, was von den übrigen Beteiligten abgelehnt wurde.

Entscheidungen der Vorinstanzen


Das Nachlassgericht wies den Antrag der Beteiligten zu 1 auf einen gemeinschaftlichen Erbschein zurück.

Das Landgericht Bamberg bestätigte diese Entscheidung und wies die Beschwerde der Beteiligten zu 1 zurück, da diese als Alleinerbin anzusehen sei und die übrigen Beteiligten lediglich Vermächtnisnehmer seien.

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Das Landgericht setzte den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens auf 5.000 DM fest.

Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts


Das Bayerische Oberste Landesgericht wies die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 zurück und setzte den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens und des Verfahrens der weiteren Beschwerde jeweils auf 12.000 DM fest.

Die Beteiligte zu 1 musste die Kosten der Beteiligten zu 2 und 3 im Verfahren der weiteren Beschwerde tragen.

Gründe für die Entscheidung


Formgültigkeit des Testaments:

Das Gericht befand, dass das Testament formgültig errichtet wurde.

Die möglicherweise nachträglich eingefügten Worte und der nach der Unterschrift folgende Satz stammten wohl vom Erblasser und bedurften keiner gesonderten Unterschrift.


Auslegung der letztwilligen Verfügung:

Das Testament musste ausgelegt werden, da nicht eindeutig hervorging, wer als Erbe eingesetzt sein sollte.

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Das Landgericht und das Bayerische Oberste Landesgericht kamen zu dem Schluss, dass die Beteiligte zu 1 als Alleinerbin und die übrigen Beteiligten als Vermächtnisnehmer zu betrachten seien.


Reihenfolge der Bedachten:

Die im Testament gewählte Reihenfolge der Bedachten spielte keine entscheidende Rolle.

Das Gericht berücksichtigte das äußere Erscheinungsbild der Urkunde und die spekulative Natur der Zuwendungen an die Beteiligten zu 2, 3 und 4.


Kostenentscheidung:

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens richtete sich nach § 13 a Abs. 1 FGG.

Das Landgericht hatte richtig entschieden, dass die Beteiligte zu 1 die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen hatte.


Geschäftswert


Der Geschäftswert für beide Instanzen wurde aufgrund des Interesses der Beschwerdeführerin am Erfolg ihres Rechtsmittels festgelegt.

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Da die Beteiligte zu 1 nicht als Alleinerbin, sondern nur als Miterbin zusammen mit den Beteiligten zu 3 und 4 betrachtet werden wollte, bestand ihr Interesse darin, dass sie für die gesamten Nachlassverbindlichkeiten in Höhe von rund 20.000 DM nur zu 2/5 (rund 8.000 DM) aufkommen müsste.

Die “Ersparnis” würde sich somit auf 12.000 DM belaufen.

Schlussfolgerung


Das Bayerische Oberste Landesgericht bestätigte somit im Wesentlichen die Entscheidungen der Vorinstanzen und wies die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 zurück.

Die rechtliche Würdigung des Landgerichts Bamberg, insbesondere die Annahme der Alleinerbenstellung der Beteiligten zu 1 und die Einordnung der anderen Beteiligten als Vermächtnisnehmer, wurde als zutreffend anerkannt.

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Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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