BAG 1 ABR 19/21

Juli 10, 2022

BAG 1 ABR 19/21 – Gemeinschaftsbetrieb – Auflösung einer Betriebsführungsgemeinschaft – Beteiligtenfähigkeit – Unterlassungsanspruch – Wiederholungsgefahr – feststellungsfähiges Rechtsverhältnis

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird stattgegeben und der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln aufgehoben. Die Anträge des Betriebsrats werden abgewiesen.

Sachverhalt:

Die Arbeitgeberin betrieb ein Verteilzentrum, in dem bis Juni 2020 auch Mitarbeiter der d GmbH tätig waren. Die Arbeitgeberin und die d GmbH beschlossen, den Gemeinschaftsbetrieb aufzulösen, woraufhin die Mitarbeiter der d GmbH in ein anderes Gebäude umzogen. Der Betriebsrat sah darin eine beteiligungspflichtige Betriebsspaltung und erhob Unterlassungs-, Leistungs- und Feststellungsanträge.

Entscheidungsgründe:

  • Beteiligtenfähigkeit des Betriebsrats: Der Betriebsrat ist beteiligtenfähig, unabhängig davon, ob das Verteilzentrum ein Gemeinschaftsbetrieb war oder nicht. Bei einer Betriebsspaltung wäre er im Amt geblieben.
  • Hauptantrag des Betriebsrats (Antrag zu 1.): Der Antrag ist unzulässig, da er nicht hinreichend bestimmt ist. Der Begriff „Betriebsänderungen“ ist zu allgemein und umfasst keine konkreten Handlungen.
  • Hilfsantrag zu 2.: Der Antrag ist unbegründet.
    • Kein allgemeiner Unterlassungsanspruch: Ein allgemeiner Unterlassungsanspruch aus §§ 111 ff. BetrVG besteht nicht. Selbst wenn er bestünde, fehlte es an einer Wiederholungsgefahr, da die Auflösung des Gemeinschaftsbetriebs keine Indizwirkung für künftige Betriebsspaltungen hat.
    • Kein Anspruch aus § 23 Abs. 3 BetrVG: Der Antrag geht über den gesetzlichen Anspruchsinhalt hinaus. Die Auflösung des Gemeinschaftsbetriebs unterscheidet sich von den im Antrag erfassten künftigen Betriebsspaltungen.
    • Kein Verstoß gegen Unionsrecht: Die Auflösung des Gemeinschaftsbetriebs führte nicht zu wesentlichen Veränderungen der Arbeitsorganisation oder der Arbeitsverträge, daher besteht keine Unterrichtungs- und Anhörungspflicht nach der Richtlinie 2002/14/EG.
  • Hilfsanträge zu 3. bis 9.: Über diese Anträge musste der Senat nicht entscheiden, da die innerprozessuale Bedingung für ihr Anfallen nicht eingetreten ist.
  • Hilfsantrag zu 10.: Der Antrag ist unzulässig, da er nicht auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses gerichtet ist, sondern lediglich die rechtliche Begutachtung einer Vorfrage erstrebt.
  • Hilfsanträge zu 11. und 12.: Über diese Anträge musste der Senat nicht entscheiden, da die innerprozessuale Bedingung für ihr Anfallen nicht eingetreten ist.
  • Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin: Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin hat Erfolg. Der Antrag zu 10. ist unzulässig. Die Anträge zu 11. und 12. sind nicht zur Entscheidung angefallen.

Fazit:

Das BAG wies die Anträge des Betriebsrats ab und hob den Beschluss des Landesarbeitsgerichts auf. Es stellte klar, dass kein allgemeiner Unterlassungsanspruch aus §§ 111 ff. BetrVG besteht und der Antrag zu 10. unzulässig ist. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin hatte Erfolg.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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