BAG 1 ABR 32/15

Oktober 11, 2017

BAG 1 ABR 32/15 Beschluss vom 7.6.2017, Gewerkschaftlicher Unterlassungsanspruch – Nachwirkungszeitraum – tarifwidrige Regelungsabreden

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Drei Arbeitgeberinnen, die zuvor Mitglied in einem Arbeitgeberverband waren, traten aus diesem aus und schlossen mit ihren Betriebsräten Regelungsabreden,

die u.a. eine Reduzierung der Arbeitszeit und den Verzicht auf bestimmte Leistungen vorsahen.

Die Gewerkschaft ver.di verlangte daraufhin die Unterlassung der Anwendung dieser Abreden, da sie gegen den geltenden Tarifvertrag verstießen.

Kernaussagen des Beschlusses:

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) wies die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberinnen zurück und die Anschlussrechtsbeschwerde des Betriebsrats als unzulässig ab.

Das BAG entschied, dass der gewerkschaftliche Unterlassungsanspruch gegen tarifwidrige Regelungsabreden eine unmittelbare Tarifbindung des Arbeitgebers voraussetzt.

BAG 1 ABR 32/15

Nach Beendigung der Tarifbindung kann die Koalitionsfreiheit der Gewerkschaft nicht mehr durch betriebliche Regelungen beeinträchtigt werden.

Begründung:

  • Gewerkschaftlicher Unterlassungsanspruch:
    • Die Gewerkschaft kann bei Verletzung ihrer Koalitionsfreiheit durch tarifwidrige Regelungsabreden einen Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 1, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 9 Abs. 3 GG geltend machen.
    • Voraussetzung ist, dass der Tarifvertrag im Anwendungsbereich der betrieblichen Regelung normativ gilt.
  • Keine Tarifbindung im Nachwirkungszeitraum:
    • Im Nachwirkungszeitraum gilt der Tarifvertrag zwar weiter, ist aber nicht mehr zwingend.
    • Nach Beendigung der Tarifbindung kann die Koalitionsfreiheit der Gewerkschaft nicht mehr durch betriebliche Regelungen beeinträchtigt werden.
  • Keine Wiederholungsgefahr:
    • Die Regelungsabreden waren auf den Abschluss von Änderungsverträgen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gerichtet.
    • Zukünftige Vertragsangebote kamen nach dem Inhalt der Regelungsabreden nicht mehr in Betracht.
  • Beendigung der Nachwirkung:
    • Die Nachwirkung des Tarifvertrags endete durch spätere Änderungen des Tarifvertrags.
    • Jede Änderung eines Tarifvertrags führt zu dessen Ende i.S.d. § 3 Abs. 3 Tarifvertragsgesetz (TVG).
  • Keine Ablösung des nachwirkenden Tarifvertrags:
    • Die Änderungsverträge waren keine „andere Abmachung“ i.S.d. § 4 Abs. 5 TVG, da sie nicht auf die Ablösung des nachwirkenden Tarifvertrags gerichtet waren.

BAG 1 ABR 32/15

Fazit:

Der Beschluss verdeutlicht die Grenzen des gewerkschaftlichen Unterlassungsanspruchs gegen tarifwidrige Regelungsabreden.

Er zeigt, dass der Anspruch eine unmittelbare Tarifbindung des Arbeitgebers voraussetzt und im Nachwirkungszeitraum entfällt.

Zusätzliche Anmerkungen:

  • Der Beschluss befasst sich mit den Voraussetzungen des gewerkschaftlichen Unterlassungsanspruchs.
  • Er zeigt die Bedeutung der Tarifbindung und des Nachwirkungszeitraums im Arbeitsrecht auf.
  • Der Beschluss verdeutlicht die Anforderungen an die Bestimmtheit von Unterlassungsanträgen.

Schlagworte

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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