BAG 2 AZR 485/08 – Außerordentliche Kündigung – rechtswidrige Videoüberwachung
Kernthema:
Das Urteil befasst sich mit der Frage, ob eine außerordentliche Kündigung wegen der bestimmungswidrigen
Einlösung von Rabatt-Coupons durch eine Verkäuferin/Kassiererin wirksam ist, wenn die Kenntnis des Arbeitgebers von diesem Verhalten auf rechtswidriger Videoüberwachung beruht.
Sachverhalt:
Die Klägerin war als Verkäuferin/Kassiererin in einem Drogeriemarkt beschäftigt. Der Arbeitgeber installierte eine Videokamera im Kassenbereich, ohne die Arbeitnehmer darüber zu informieren.
Durch die Auswertung der Videoaufnahmen stellte der Arbeitgeber fest, dass die Klägerin Rabatt-Coupons für Produkte einlöste, die sie nicht gekauft hatte.
Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis daraufhin außerordentlich.
Verfahrensgang:
Entscheidung des BAG:
Das BAG wies die Revision zurück. Die außerordentliche Kündigung ist wirksam.
Begründung:
Das BAG stellte fest, dass die Kündigung nicht wegen fehlender Kündigungsbefugnis oder fehlender Vollmacht unwirksam ist.
Die Klägerin hatte die Kündigung nicht unverzüglich zurückgewiesen und der Arbeitgeber hatte die Kündigung genehmigt bzw. die Kündigungsbefugnis im Prozess bestätigt.
Das BAG bestätigte das Vorliegen eines wichtigen Grundes zur Kündigung.
Die Klägerin hatte sich durch die bestimmungswidrige Einlösung der Rabatt-Coupons einen Vermögensvorteil verschafft und damit ihre Pflicht zur Rücksichtnahme verletzt.
Dies rechtfertigt eine außerordentliche Kündigung, auch wenn der Arbeitgeber keinen Schaden erlitten hat.
Eine Abmahnung war entbehrlich, da die Klägerin vorsätzlich gegen ihre Vertragspflichten verstoßen hatte und das Vertrauen des Arbeitgebers nachhaltig beeinträchtigt war.
Die außerordentliche Kündigung war auch verhältnismäßig, da dem Arbeitgeber eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zuzumuten war.
Das BAG entschied, dass die unstreitigen Tatsachen, die durch die Videoüberwachung bekannt geworden waren, verwertet werden dürfen.
Kein generelles Verwertungsverbot: Der Umstand, dass Informationen rechtswidrig erlangt wurden, führt nicht zu einem generellen Verwertungsverbot.
Verwertungsverbot bei unstreitigen Tatsachen: Bei unstreitigen Tatsachen besteht ein Verwertungsverbot nur, wenn der Schutzzweck der verletzten Norm dies zwingend erfordert.
Güterabwägung: Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse des Arbeitgebers an der Verwertung der unstreitigen Tatsachen das Interesse der Klägerin am Schutz ihrer Privatsphäre.
Keine Verwertung der Videoaufnahmen: Die Videoaufnahmen selbst wurden nicht verwertet, sondern lediglich die daraus gewonnenen Erkenntnisse, die auch auf andere Weise erlangt werden konnten.
Fazit:
Das Urteil des BAG verdeutlicht die Grenzen der Zulässigkeit von Videoüberwachung am Arbeitsplatz und die Voraussetzungen für ein Verwertungsverbot von rechtswidrig erlangten Informationen.
Es stellt klar, dass auch bei einer rechtswidrigen Videoüberwachung unstreitige Tatsachen verwertet werden dürfen, wenn dies zum Schutz überwiegender Interessen des Arbeitgebers erforderlich ist.
Die Entscheidung hat Bedeutung für die Praxis der Beweisführung in Arbeitsgerichtsprozessen und die Zulässigkeit von Überwachung am Arbeitsplatz.
Zusätzliche Anmerkungen:
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Urteil des BAG eine wichtige Entscheidung zur Verwertbarkeit von
Informationen aus rechtswidriger Videoüberwachung darstellt und die Rechtsprechung zu den Voraussetzungen des Verwertungsverbots präzisiert.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.