BAG 8 AZR 418/15

September 22, 2017

BAG 8 AZR 418/15 Urteil vom 15.12.2016, Benachteiligung iSd. AGG – Alter – Geschlecht – ethnische Herkunft – Auswahlverfahren – Entschädigung – Vermutung der Benachteiligung – Kausalitätsvermutung – Stellenausschreibung – Online-Bewerbungsformular

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied in diesem Fall, dass eine Bewerberin im Bewerbungsverfahren nicht wegen ihres Alters, Geschlechts oder ihrer ethnischen Herkunft benachteiligt wurde.

Die im Online-Bewerbungsformular gestellten Fragen zu Geburtsdatum und Deutschkenntnissen sowie die im Bewerbungsverfahren erfolgte Auswahlentscheidung waren nicht diskriminierend.

Sachverhalt:

Die Klägerin, eine deutsche Staatsangehörige russischer Herkunft, bewarb sich bei der Beklagten auf eine Stelle als Softwareentwicklerin.

Die Beklagte lud zwei männliche Bewerber zu Vorstellungsgesprächen ein und stellte einen jüngeren Mann ohne einschlägiges Studium ein.

Die Klägerin sah sich wegen ihres Alters, Geschlechts und ihrer ethnischen Herkunft benachteiligt und verlangte Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

BAG 8 AZR 418/15

Rechtliche Grundlagen:

§ 15 Abs. 2 AGG (Entschädigung), § 22 AGG (Beweislastumkehr), § 11 AGG (Stellenausschreibung), § 7 Abs. 1 AGG (Benachteiligungsverbot), § 3 AGG (unmittelbare und mittelbare Benachteiligung), § 823 Abs. 1 BGB (Schadenersatz).

Entscheidung des BAG:

Das BAG wies die Revision der Klägerin zurück.

Die Klage war unbegründet.

Begründung:

  • Keine Benachteiligung wegen des Alters:
    • Die Frage nach dem Geburtsdatum im Online-Bewerbungsformular war nicht diskriminierend, da die Angabe freiwillig war.
    • Die Einstellung eines jüngeren Bewerbers war kein Indiz für eine Benachteiligung wegen des Alters.
  • Keine Benachteiligung wegen des Geschlechts:
    • Die Stellenausschreibung war geschlechtsneutral formuliert.
    • Die Frage nach der Anrede im Online-Bewerbungsformular diente lediglich der korrekten Ansprache.
    • Der überwiegende Männeranteil im IT-Bereich der Beklagten war kein Indiz für eine Benachteiligung.
    • Die Einladung von zwei männlichen Bewerbern zum Vorstellungsgespräch begründete keine Vermutung der Benachteiligung.
  • Keine Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft:
    • Die Frage nach den Deutschkenntnissen im Online-Bewerbungsformular war nicht diskriminierend, da verschiedene Antwortmöglichkeiten zur Verfügung standen.
  • Keine Auskunftspflichtverletzung: Die Beklagte hatte die Auskunftspflicht nicht verletzt, da sie im Prozess die notwendigen Informationen gegeben hatte.
  • Keine intersektionelle Benachteiligung: Eine intersektionelle Benachteiligung lag nicht vor, da die Klägerin nicht wegen eines der in § 1 AGG genannten Gründe benachteiligt wurde.
  • Keine Persönlichkeitsrechtsverletzung: Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf Entschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts, da die Beklagte nicht verpflichtet war, sie einzustellen.

BAG 8 AZR 418/15

Fazit:

Das Urteil verdeutlicht die Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch nach dem AGG.

Eine Benachteiligung muss wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt sein.

Indizien, die eine Benachteiligung vermuten lassen, müssen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf einen Kausalzusammenhang zwischen der Benachteiligung und dem AGG-Grund schließen lassen.

Zusätzliche Hinweise:

  • Das Urteil hat Bedeutung für die Praxis von Bewerbungsverfahren und die Anwendung des AGG.
  • Arbeitgeber sollten bei der Gestaltung von Stellenausschreibungen und Bewerbungsformularen darauf achten, dass sie nicht gegen das AGG verstoßen.
  • Bewerber sollten sich bei Benachteiligungen im Bewerbungsverfahren auf das AGG berufen und die Beweislastumkehr des § 22 AGG nutzen.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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