BAG 8 AZR 859/15

September 30, 2017

BAG 8 AZR 859/15

RA und Notar Krau

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte in seinem Urteil vom 27. April 2017 über die Frage zu entscheiden, ob im Arbeitsverhältnis

einer Rehabilitationsklinik der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) dynamisch anzuwenden ist und ob eine Betriebsvereinbarung, die eine statische Verweisung auf den BAT vorsah, wirksam gekündigt wurde.

Der Fall:

Die Klägerin war bei der Beklagten, einer GmbH & Co. KG, beschäftigt. Im Arbeitsvertrag war die dynamische Anwendung des BAT und seiner Nachfolgetarifverträge vereinbart.

Die Beklagte war Teil eines Konzerns, dessen Muttergesellschaft im Jahr 2002 die Gesellschaftsanteile der Beklagten erworben hatte.

Im Jahr 2008 schlossen die Beklagte und der Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung (BV), die u.a. eine statische Verweisung auf den BAT vorsah.

Die BV enthielt zudem eine Regelung, wonach nach ihrem Auslaufen ausgebliebene Vergütungsanpassungen nicht nachgeholt werden sollten.

BAG 8 AZR 859/15

Im Jahr 2014 kündigte der Betriebsrat die BV.

Die Klägerin verlangte daraufhin die Anwendung des TVöD und die Nachzahlung von Entgeltdifferenzen.

Die Entscheidung:

Das BAG wies die Revision der Beklagten zurück. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf habe der Klage zu Recht stattgegeben.

Begründung:

  • Dynamische Verweisung im Arbeitsvertrag: Die im Arbeitsvertrag vereinbarte dynamische Verweisung auf den BAT und seine Nachfolgetarifverträge erfasste auch den TVöD.
  • Kein Unternehmensübergang: Der Erwerb der Gesellschaftsanteile der Beklagten durch die Muttergesellschaft des Konzerns stellte keinen Unternehmensübergang im Sinne der Richtlinie 2001/23/EG dar. Es fehlte an einem Wechsel in der Person des Arbeitgebers. Daher war die dynamische Verweisung im Arbeitsvertrag auch nicht unionsrechtswidrig.
  • Wirksame Kündigung der BV: Der Betriebsrat hatte die BV wirksam gekündigt. Das Betriebsratsmitglied G war rechtzeitig und ordnungsgemäß zur Betriebsratssitzung geladen worden, in der die Kündigung beschlossen wurde.
  • Keine Nachwirkung der BV: Die Regelung in der BV, wonach ausgebliebene Vergütungsanpassungen nicht nachgeholt werden sollten, war nach dem Auslaufen der BV nicht mehr wirksam. Diese Regelung war überraschend im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB und daher nicht Bestandteil der Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag geworden.
  • Anspruch auf TVöD-Entgelt: Die Klägerin hatte Anspruch auf Entgelt nach dem TVöD. Die Überleitung in den TVöD erfolgte zum 1. Oktober 2005. Ein Abzug von Entgeltdifferenzen, die sich in der Zeit vom 1. Februar 2003 bis zum 31. August 2014 ergeben hatten, war nicht vorzunehmen.
  • Anspruch auf Jahressonderzahlung: Die Klägerin hatte auch Anspruch auf die Jahressonderzahlung nach dem TVöD für das Jahr 2014.

BAG 8 AZR 859/15

Fazit:

Das Urteil des BAG bestätigt die Bedeutung der dynamischen Verweisung auf Tarifverträge in Arbeitsverträgen.

Der bloße Erwerb von Gesellschaftsanteilen stellt keinen Unternehmensübergang im Sinne des Unionsrechts dar. Überraschende Klauseln in Betriebsvereinbarungen werden nicht Vertragsbestandteil.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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