Befristung des Arbeitsvertrags mit wissenschaftlichem oder künstlerischem Personal – Bundesarbeitsgericht 7 AZR 573/20

Mai 14, 2022

Befristung des Arbeitsvertrags mit wissenschaftlichem oder künstlerischem Personal – Bundesarbeitsgericht 7 AZR 573/20

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied, dass die Befristung eines Arbeitsvertrags mit wissenschaftlichem oder künstlerischem Personal nach dem

Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) nur dann zulässig ist, wenn sie der Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifikation dient.

Dies gilt auch über eine angestrebte Promotion oder Habilitation hinaus, wenn die befristete Tätigkeit Kompetenzen fördert, die zu einer beruflichen Karriere auch außerhalb der Hochschule befähigen.

Sachverhalt:

Die Klägerin, eine Diplomingenieurin, war über neun Jahre bei der Bundesanstalt für Straßenwesen befristet beschäftigt.

Ihr letzter Arbeitsvertrag war zur „Förderung der eigenen wissenschaftlichen Qualifizierung“ bis zum 31. Dezember 2019 befristet.

Die Klägerin klagte gegen die Befristung und beantragte ihre Weiterbeschäftigung.

Befristung des Arbeitsvertrags mit wissenschaftlichem oder künstlerischem Personal – Bundesarbeitsgericht 7 AZR 573/20

Entscheidungsgründe:

  • Anwendbarkeit des WissZeitVG: Das BAG stellte fest, dass das WissZeitVG auf die Klägerin anwendbar ist, da sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an einer staatlichen Forschungseinrichtung tätig war.
  • Qualifizierungszweck als Voraussetzung: Das Gericht betonte, dass die Befristung nach dem WissZeitVG neben der Einhaltung der Höchstbefristungsdauer voraussetzt, dass die Beschäftigung der Förderung der eigenen wissenschaftlichen Qualifikation dient. Dies ist auch dann der Fall, wenn keine Promotion oder Habilitation angestrebt wird, sondern die Tätigkeit Kompetenzen fördert, die zu einer beruflichen Karriere auch außerhalb der Hochschule befähigen.
  • Erfüllung des Qualifizierungszwecks: Im konkreten Fall sah das BAG den Qualifizierungszweck als erfüllt an. Die Klägerin sollte im Rahmen des Forschungsprojekts HESTER vertiefte Kenntnisse im Bereich Betonstraßenbau erwerben und ihre Projekt- und Methodenkompetenzen verbessern. Dies diene ihrer beruflichen Weiterentwicklung auch außerhalb der Hochschule.
  • Angemessenheit der Befristungsdauer: Die Befristungsdauer von 15 Monaten wurde als angemessen angesehen, da sie im Hinblick auf den Abschluss des Forschungsprojekts HESTER und die damit verbundene Qualifizierung sinnvoll war.
  • Zurückweisung der Berufung: Das BAG hob das Urteil des Landesarbeitsgerichts auf und wies die Berufung der Klägerin zurück. Damit wurde das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts wiederhergestellt.
  • Weiterbeschäftigungsantrag: Der Antrag auf Weiterbeschäftigung wurde nicht entschieden, da er als uneigentliches Hilfsbegehren für den Fall des Obsiegens mit dem Befristungskontrollantrag ausgelegt wurde und dieser erfolglos blieb.

Befristung des Arbeitsvertrags mit wissenschaftlichem oder künstlerischem Personal – Bundesarbeitsgericht 7 AZR 573/20

Fazit:

Das Urteil bestätigt die Bedeutung des Qualifizierungszwecks bei der Befristung von Arbeitsverträgen mit wissenschaftlichem Personal. Es stellt klar, dass auch Kompetenzen, die zu einer beruflichen Karriere außerhalb der Hochschule befähigen, als wissenschaftliche Qualifizierung gelten können. Arbeitgeber müssen jedoch darlegen, dass die befristete Beschäftigung tatsächlich der Förderung der eigenen wissenschaftlichen Qualifikation dient. Die Angemessenheit der Befristungsdauer ist im Einzelfall zu prüfen und orientiert sich an der angestrebten Qualifizierung.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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