Bestimmtheit einer Beschäftigungsklage – BAG 10 AZR 16/20

August 2, 2021

Bestimmtheit einer Beschäftigungsklage – BAG 10 AZR 16/20

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Tenor

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 15. November 2019 – 4 Sa 771/18 – wird aufgehoben.

Der Fall wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Leitsatz

Eine Beschäftigungsklage eines Arbeitnehmers ist hinreichend bestimmt, wenn im Klageantrag das Berufsbild genannt wird oder sich in vergleichbarer Weise ergibt, worin die Tätigkeit bestehen soll.

Tatbestand

Der Kläger, ein Terminalmanager (Einsatzleiter) am Flughafen Köln/Bonn, verlangte von der Beklagten, ihn weiterhin in dieser Position zu beschäftigen.

Der Kläger, bei der Beklagten als Fluggastkontrolleur beschäftigt, erhielt im Juli 2015 eine Mitteilung über einen Lohnzuschlag als Terminalleiter.

Im Juni 2017 bewarb sich der Kläger auf eine interne Stellenausschreibung als Terminalmanager und erhielt eine Zusage.

Dennoch verrichtete er nach dem 4. August 2017 keine Tätigkeiten als Terminalmanager mehr, da die Beklagte entschied, keine Terminalmanager zu beschäftigen.

Der Kläger behauptete, dass eine Vertragsänderung vorliege, da die Beklagte sein Angebot, den Arbeitsvertrag zu ändern, mit dem Schreiben vom 26. Juli 2017 angenommen habe.

Die Beklagte bestritt dies und verwies auf das Schriftformerfordernis im Manteltarifvertrag (MTV Aviation), welches eine Vertragsänderung ohne Schriftform als nichtig betrachte.

Bestimmtheit einer Beschäftigungsklage – BAG 10 AZR 16/20

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten hatte Erfolg, da das Landesarbeitsgericht die Vertragsänderung fälschlicherweise als wirksam betrachtet hatte.

Der Arbeitsvertrag sei nicht durch schriftliche Erklärungen geändert worden.

Auch könne der Kläger seinen Anspruch nicht auf § 37 Abs. 5 BetrVG stützen, da er hierfür fristgerecht Anschlussberufung hätte einlegen müssen.

Klagezulässigkeit

Der Kläger konnte seinen Antrag in der Berufungsinstanz dahingehend umstellen, dass er die Beschäftigung als Terminalmanager uneingeschränkt, ohne Berücksichtigung von Freistellungstagen, verlangte.

Die Umstellung des Klageantrags war keine Klageänderung und erforderte keine Anschlussberufung.

Bestimmtheit des Klageantrags

Eine Klage auf Beschäftigung ist hinreichend bestimmt, wenn sie das Berufsbild oder die Art der Beschäftigung benennt.

Der Kläger verfolgte sein Begehren kontinuierlich, auch während seiner Teilfreistellung, und nach deren Ende verlangte er weiterhin die uneingeschränkte Beschäftigung als Terminalmanager.

Fehlende Vertragsänderung

Das Landesarbeitsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Parteien den Arbeitsvertrag einvernehmlich geändert hätten.

Bestimmtheit einer Beschäftigungsklage – BAG 10 AZR 16/20

Weder die interne Stellenausschreibung noch die Bewerbung des Klägers noch das Schreiben der Beklagten stellten verbindliche Willenserklärungen dar, die auf eine Vertragsänderung gerichtet waren.

Deklaratorisches Schriftformerfordernis

Das Schriftformerfordernis im MTV Aviation hat deklaratorischen Charakter und begründet keine Nichtigkeit einer formfrei geschlossenen Vertragsänderung.

Auch die vertragliche Schriftformklausel in § 9 des Arbeitsvertrags steht einer konkludenten Vertragsänderung nicht entgegen.

Weitere Prüfung durch Landesarbeitsgericht erforderlich

Da keine ausreichenden Feststellungen zur tatsächlichen Tätigkeit des Klägers am 4. August 2017 und zur Kenntnis der Beklagten darüber getroffen wurden, muss das Landesarbeitsgericht dies nachholen.

Sollte sich herausstellen, dass der Kläger mit Wissen der Beklagten als Terminalmanager gearbeitet hat, könnte dies eine konkludente Vertragsänderung darstellen.

Die Beklagte müsste dann auch den Einwand der Unmöglichkeit und die Vereinbarungen vom 14. August 2019 sowie die Bewerbung des Klägers bei der K GmbH prüfen lassen.

Ergebnis

Das Berufungsurteil des Landesarbeitsgerichts wurde aufgehoben, und der Fall wurde zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen, um eine mögliche konkludente Vertragsänderung zu prüfen und den weiteren Einwänden der Beklagten nachzugehen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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