BFH IX S 14/21

Juli 27, 2022

BFH IX S 14/21 Beschluss vom 31. Mai 2022,

Gegenvorstellung gegen Beschluss über Tatbestandsberichtigung

vorgehend FG München, 19. Juli 2021, Az: 2 K 1759/20

Leitsätze BFH IX S 14/21

1. NV: Selbst wenn man davon ausgeht, dass eine Gegenvorstellung statthaft sein kann, wäre sie allenfalls dann zulässig, wenn substantiiert dargelegt wird, dass die angegriffene Entscheidung auf schwerwiegenden Grundrechtsverstößen beruht oder unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vertretbar ist und jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt.

2. NV: Die Gegenvorstellung ergeht gerichtsgebührenfrei, da für das Verfahren betreffend einer Gegenvorstellung kein Gebührentatbestand vorgesehen ist.

Tenor BFH IX S 14/21

Die Gegenvorstellung der Kläger gegen den Beschluss des Finanzgerichts München vom 19.07.2021 – 2 K 1759/20 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Tatbestand BFH IX S 14/21
I.
Die Kläger und Antragsteller (Kläger) führten im 2. Rechtszug das Verfahren 2 K 1759/20 beim Finanzgericht München (FG).

Mit Urteil vom 11.05.2021 – 2 K 1759/20 wurde die Klage als unbegründet abgewiesen.

Die Entscheidung wurde von den Richtern …, … und … unterzeichnet.

Die Kläger stellten am 26.06.2021 einen Antrag auf Tatbestandsberichtigung. Dieser wurde mit Beschluss vom 19.07.2021 abgelehnt. An dieser Entscheidung wirkten ebenfalls die Richter …, … und … mit.

Dagegen richtet sich die von den Klägern eingelegte “Beschwerde”.

Die Kläger bringen vor, das FG habe die Anträge zu Unrecht nicht antragsgemäß verbeschieden.

Es sei Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletzt worden.

Zudem sei die Entscheidung nicht vom gesetzlichen Richter unterzeichnet worden.

Berichterstatterin sei Richterin am FG … gewesen.

Für deren Ausscheiden gebe es keinen Grund.

Entscheidungsgründe BFH IX S 14/21

II.
1. Der Senat behandelt die Eingabe als Antrag im Rahmen einer Gegenvorstellung.

Zwar war in der angefochtenen Entscheidung des FG in der Rechtsbehelfsbelehrung auf die Möglichkeit zur Einreichung einer Beschwerde hingewiesen worden.

Nach § 108 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind Beschlüsse über einen Antrag auf Berichtigung des Tatbestands jedoch unanfechtbar.

2. Die Gegenvorstellung ist nicht statthaft.

a) Gegen den Beschluss vom 19.07.2021 ist nach § 108 Abs. 2 Satz 2 FGO kein Rechtsmittel gegeben.

Rechtsprechung und Schrifttum erkennen zwar in bestimmten Ausnahmefällen an, dass eine ‑‑beim iudex a quo anzubringende

(Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., Vor § 115 Rz 40;

Bergkemper in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 128 FGO Rz 17)‑

Gegenvorstellung zu einer Änderung formell rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidungen führen kann

(vgl. u.a. Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 25.04.2002 – XI S 17/02, BFH/NV 2002, 1165, unter 2.a;

Seer in Tipke/Kruse, Vorbemerkungen zu §§ 115-134 Rz 40, m.w.N.).

Selbst wenn man davon ausgeht, dass eine Gegenvorstellung statthaft sein kann, wäre sie allenfalls dann zulässig, wenn substantiiert dargelegt wird, dass die angegriffene Entscheidung auf schwerwiegenden Grundrechtsverstößen beruht oder unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vertretbar ist und jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt

BFH IX S 14/21

(vgl. Senatsbeschluss vom 07.04.2017 – IX S 3/17, BFH/NV 2017, 1049, Rz 6, m.w.N.).

Dies kann u.a. bei Verletzungen des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) oder greifbaren Gesetzwidrigkeiten (Verletzungen des Willkürverbots) der Fall sein.

Dabei ist zu beachten, dass für die Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs die Anhörungsrüge (§ 133a FGO) der statthafte Rechtsbehelf gegen unanfechtbare Entscheidungen ist

(vgl. Gräber/Ratschow, a.a.O., § 108 Rz 18).

b) Dem wird der von den Klägern erhobene Rechtsbehelf nicht gerecht.

Die behauptete Verletzung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) liegt offenkundig nicht vor. Für die Entscheidung über einen Antrag auf Tatbestandsberichtigung ist das Gericht, das die zu berichtigende Entscheidung erlassen hat, in der ursprünglichen Besetzung zuständig.

BFH IX S 14/21

Bei der Entscheidung wirken nur die Richter mit, die beim vorangegangenen Urteil mitgewirkt haben (§ 108 Abs. 2 Satz 3 FGO).

Dies ist hier der Fall, da sowohl am Urteil vom 11.05.2021 als auch beim Beschluss vom 19.07.2021 dieselben Richter mitgewirkt haben.

Ansonsten ist anhand des Vortrags der Kläger nicht erkennbar, dass der angefochtene Beschluss unter keinem Gesichtspunkt vertretbar ist oder jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt.

Vielmehr hat das FG die von den Klägern gestellten Anträge mit nachvollziehbarer Begründung verbeschieden.

3. Eine Kostenentscheidung erfolgt nicht.

Die Gegenvorstellung ergeht gerichtsgebührenfrei, da für das Verfahren betreffend einer Gegenvorstellung kein Gebührentatbestand vorgesehen ist.

BFH IX S 14/21

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

logo, concept, paragraph

Einziehung von Geschäftsanteilen – prozentuale Beteiligung der verbleibenden Geschäftsanteile – OLG München 31 Wx 16/22

April 19, 2024
Einziehung von Geschäftsanteilen – prozentuale Beteiligung der verbleibenden Geschäftsanteile – OLG München 31 Wx 16/22   TenorDer Beschluss …
woman in gold dress holding sword figurine

Beteiligung Kommanditist an Komplementär-GmbH als funktional (un)wesentliche Betriebsgrundlage seines Mitunternehmeranteils – BFH IV R 9/20

März 30, 2024
Beteiligung Kommanditist an Komplementär-GmbH als funktional (un)wesentliche Betriebsgrundlage seines Mitunternehmeranteils – BFH IV R 9/20Be…
brown wooden gavel on brown wooden table

Auslegungsfähigkeit eines Einspruchs – BFH V R 42/21

Februar 9, 2024
Auslegungsfähigkeit eines Einspruchs – BFH V R 42/21 – Urteil vom 12. Oktober 2023, Gegen die Ablehnung des Änderungsantragsvorgehend Thüring…