BGH IV ZR 91/09

Juli 1, 2016

BGH IV ZR 91/09

Urteil vom 27. 1. 2010

Auslegung einer Zuwendung „im Wege vorweggenommener Erbfolge unentgeltlich“

RA und Notar Krau

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in seinem Urteil vom 27. Januar 2010 die Frage zu klären, wie eine Zuwendung

„im Wege vorweggenommener Erbfolge unentgeltlich“

bei der Berechnung von Pflichtteilsansprüchen zu berücksichtigen ist.

Der Fall:

Ein Sohn (Kläger) hatte von seiner Mutter (Erblasserin) im Jahr 1982 einen Großhandelsbetrieb

„im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich“

übertragen bekommen.

BGH IV ZR 91/09

Nach dem Tod der Mutter im Jahr 2005 machte der Sohn Pflichtteilsansprüche gegen seine Schwester und deren Kinder (Beklagte) geltend.

Die Beklagten waren der Ansicht, dass dem Kläger aufgrund der Betriebsübertragung keine Pflichtteilsansprüche mehr zustünden.

Die Entscheidung des BGH:

Der BGH hob das Urteil des Oberlandesgerichts auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung zurück.

Begründung:

Der BGH stellte fest, dass die Formulierung

„im Wege vorweggenommener Erbfolge unentgeltlich“

nicht eindeutig ist und daher durch Auslegung ermittelt werden muss, ob der Erblasser damit eine Ausgleichung, eine Anrechnung oder eine Kombination von beidem anordnen wollte.

BGH IV ZR 91/09

  • Ausgleichung: Bei einer Ausgleichung wird der Wert der Zuwendung vom Erbteil abgezogen und erst von diesem so ermittelten Betrag der Pflichtteil berechnet.
  • Anrechnung: Bei einer Anrechnung wird der Pflichtteil zunächst selbst berechnet und dann von diesem Pflichtteil der Wert der Zuwendung abgezogen.

Welche dieser Regelungen zur Anwendung kommt, hängt vom Willen des Erblassers ab.

Ausschlaggebend ist, ob der Erblasser mit der Zuwendung zugleich eine Enterbung des Empfängers mit bloßer Pflichtteilsberechtigung beabsichtigte (Anrechnung)

oder ob der Empfänger lediglich zeitlich vorgezogen bedacht werden sollte (Ausgleichung).

Der BGH kritisierte, dass das Oberlandesgericht ohne weitere Prüfung von einer Ausgleichung ausgegangen war.

Es hätte den Willen der Erblasserin ermitteln müssen, wozu eine Gesamtbewertung aller relevanten Umstände erforderlich ist.

Darlegungs- und Beweislast:

BGH IV ZR 91/09

Der BGH stellte klar, dass die Erben die Beweislast für eine pflichtteilsmindernde Anrechnungsbestimmung tragen.

Im vorliegenden Fall hatten die Beklagten zum Wert des Unternehmens ausreichend vorgetragen.

Dem Kläger obliege es nun, diesem Vorbringen substantiiert zu entgegnen.

Fazit:

Das Urteil des BGH verdeutlicht, dass die Formulierung

„im Wege vorweggenommener Erbfolge unentgeltlich“

nicht automatisch zu einer Ausgleichung führt.

Vielmehr ist im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln, was der Erblasser damit beabsichtigt hat

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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