BGH Urteil 13.6.1990 – IV ZR 241/89 – Auslegung eines als Beratervertrag deklarierten Abfindungsvertrages

Juli 1, 2019

BGH Urteil 13.6.1990 – IV ZR 241/89 – Auslegung eines als Beratervertrag deklarierten Abfindungsvertrages

RA und Notar Krau

Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 13. Juni 1990 (Az. IV ZR 241/89) behandelt zwei zentrale Rechtsfragen:

die Auslegung eines als Beratervertrag bezeichneten Abfindungsvertrages

und die Auswirkungen widersprüchlicher Erbscheine bzw. Erbschein und Testamentsvollstreckerzeugnis.

Auslegung des Abfindungsvertrages:
Im Mittelpunkt steht ein Vertrag, den der Erblasser H. S. mit der Beklagten am 1. Dezember 1983 abschloss.

Darin wurde eine Zahlung von 1 Million DM für eine angebliche Beratungstätigkeit vereinbart.

BGH Urteil 13.6.1990 – IV ZR 241/89 – Auslegung eines als Beratervertrag deklarierten Abfindungsvertrages

Diese Zahlung diente jedoch in Wahrheit als Abfindung für den Erblasser, der auf seine unternehmerische Tätigkeit verzichtete und der Beklagten das Pachtobjekt überließ.

Die Bezeichnung “Beratungstätigkeit” wurde nachträglich eingefügt, um steuerliche Vorteile zu sichern, ohne dass der Erblasser tatsächlich eine Beratung erbringen sollte.

Das Berufungsgericht und der BGH kamen zu dem Schluss, dass es sich um einen Abfindungsvertrag handelt, bei dem keine Beratungstätigkeit beabsichtigt war.

Das Verhalten der Beklagten nach dem Tod des Erblassers bestätigte, dass sie die Zahlung unabhängig von einer Beratung leisten wollte, da sie nicht geltend machte, der Vertrag sei durch den Tod des Erblassers erloschen.

Widerspruch zwischen Erbschein und Testamentsvollstreckerzeugnis:

BGH Urteil 13.6.1990 – IV ZR 241/89 – Auslegung eines als Beratervertrag deklarierten Abfindungsvertrages


Im Fall von H. S. wurden sowohl ein Erbschein, der seine zweite Ehefrau A. H.-S. als Alleinerbin auswies, als auch ein Testamentsvollstreckerzeugnis ausgestellt, das die Testamentsvollstreckung über bestimmte Nachlassgegenstände bestätigte.

Der BGH entschied, dass die Vermutung der Richtigkeit eines Erbscheins gemäß § 2365 BGB sowie der öffentliche Glaube gemäß § 2366 BGB entfallen, wenn Erbschein und Testamentsvollstreckerzeugnis inhaltlich widersprechen.

Allerdings gilt dieser Fortfall der Vermutung nur insoweit, wie der Widerspruch reicht.

Im vorliegenden Fall betraf die Testamentsvollstreckung bestimmte Unternehmensanteile und ein Grundstück, nicht jedoch die abgetretene Forderung über 100.000 DM.

Da diese Forderung nicht Teil des Testamentsvollstreckerzeugnisses war, blieb die Vermutung der Richtigkeit des Erbscheins hinsichtlich dieser Forderung unberührt.

    Insgesamt bestätigt das Urteil die Bedeutung einer präzisen Vertragsauslegung sowie die differenzierte Anwendung der gesetzlichen Vermutungen im Erbrecht,

    insbesondere bei Konflikten zwischen verschiedenen Nachlassdokumenten.

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    Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

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    Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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