Errichtung einer unselbständigen Stiftung aufgrund letztwilliger Verfügung – OLG München Beschluss 28.05.2014 – 31 Wx 144/13

Juni 1, 2020

Errichtung einer unselbständigen Stiftung aufgrund letztwilliger Verfügung – OLG München Beschluss 28.05.2014 – 31 Wx 144/13

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

  1. Erblasserin und Erben:
    • Die Erblasserin verstarb am 11. Februar 2011. Sie war zweimal verheiratet und kinderlos.
    • Die Beteiligten zu 2 und 3 sind die Geschwister der Erblasserin.
    • Die Erblasserin hinterließ mehrere Testamente, wobei das letzte vom 22. September 2010 datiert und ihre Schwester (Beteiligte zu 2) als Alleinerbin einsetzt, jedoch mit Auflagen.
  2. Testamentsvollstreckerin:
    • Die Beteiligte zu 1 wurde als Testamentsvollstreckerin benannt und nahm das Amt am 31. Juli 2011 an.
    • Das Nachlassgericht Passau kündigte an, der Beteiligten zu 1 das Testamentsvollstreckerzeugnis zu erteilen, woraufhin die Beteiligte zu 2 Beschwerde einlegte.

Rechtsfragen:

  1. Bestimmtheit der Auflage:
    • Die Erblasserin setzte ihre Schwester als Alleinerbin ein, jedoch mit der Auflage, das verbleibende Nachlassvermögen in eine nicht rechtsfähige steuerbefreite Stiftung einzubringen.
    • Die Beteiligte zu 2 argumentierte, dass diese Auflage zu unbestimmt sei und daher die Testamentsvollstreckung gegenstandslos sei.
  2. Wirksamkeit der Ernennung zur Testamentsvollstreckerin:
    • Das Gericht musste klären, ob die Ernennung der Beteiligten zu 1 zur Testamentsvollstreckerin wirksam war und ob die Testamentsvollstreckung nicht bereits erloschen war.

Entscheidung:

  1. Zurückweisung der Beschwerde:
    • Das OLG München wies die Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen die Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses zurück.
  2. Bestimmtheit der Stiftung:
    • Das Gericht befand, dass die Auflage zur Errichtung einer nicht rechtsfähigen Stiftung hinreichend bestimmt war.
    • Die Erblasserin hatte den Zweck der Stiftung (Förderung des akademischen und nicht-akademischen Nachwuchses in technischen Berufen) klar definiert.
    • Die Auswahl des Stiftungsträgers und die Ausgestaltung der Stiftungssatzung wurden der Testamentsvollstreckerin übertragen, was zulässig ist, solange der Stiftungszweck hinreichend bestimmt ist.
  3. Wirksamkeit der Ernennung und Durchführung der Testamentsvollstreckung:
    • Die Ernennung der Beteiligten zu 1 zur Testamentsvollstreckerin war wirksam, und sie hatte das Amt angenommen.
    • Die der Beschwerdeführerin auferlegte Auflage war wirksam und noch nicht erfüllt, daher war das Amt der Testamentsvollstreckerin nicht gegenstandslos.
  4. Kostenentscheidung:
    • Die Beteiligte zu 2 wurde zur Erstattung der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1 verurteilt.
    • Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wurde auf 129.802 Euro festgesetzt.

Errichtung einer unselbständigen Stiftung aufgrund letztwilliger Verfügung – OLG München Beschluss 28.05.2014 – 31 Wx 144/13

Begründung:

  1. Erbfolge und Testamentsgültigkeit:
    • Das Testament vom 22. September 2010 war maßgeblich für die Erbfolge und widerrief die früheren Testamente der Erblasserin.
    • Die Wirksamkeit des Testaments wurde nicht in Frage gestellt, auch wenn eine Lücke mit “wird nachgereicht” enthalten war.
  2. Ernennung zur Testamentsvollstreckerin:
    • Die Erblasserin hatte die Beteiligte zu 1 wirksam zur Testamentsvollstreckerin ernannt, und es gab keine Umstände, die zur Unwirksamkeit dieser Ernennung führen könnten.
  3. Handlungspflichten der Erbin:
    • Die der Beteiligten zu 2 auferlegten Pflichten zur Errichtung der Stiftung waren klar und eindeutig.
    • Die Erblasserin hatte den Zweck der Stiftung klar definiert und der Testamentsvollstreckerin die Befugnis zur Auswahl des Stiftungsträgers und zur Ausgestaltung der Stiftungssatzung übertragen.
  4. Rechtsgrundlagen und Erfüllung der Auflage:
    • Die Auflage zur Errichtung der unselbständigen Stiftung war hinreichend bestimmt und nicht in Widerspruch zu den gesetzlichen Bestimmungen.
    • Die Stiftung sollte durch ein Rechtsgeschäft zwischen der Testamentsvollstreckerin und einem Stiftungsträger errichtet werden, was dem Willen der Erblasserin entsprach.
  5. Prüfung einer Entlassung der Testamentsvollstreckerin:
    • Das Nachlassgericht war nicht dazu befugt, im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses eine Prüfung der Entlassung der Testamentsvollstreckerin vorzunehmen.

Fazit:

Der Beschluss des OLG München bestätigte die Wirksamkeit der testamentarischen Auflage zur Errichtung einer unselbständigen Stiftung und die Ernennung der Beteiligten zu 1 zur Testamentsvollstreckerin.

Die Bestimmtheit der Auflage und die Übertragung der Auswahl des Stiftungsträgers und der Ausgestaltung der Stiftungssatzung an die Testamentsvollstreckerin wurden als zulässig anerkannt.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2 wurde zurückgewiesen, und die Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses an die Beteiligte zu 1 wurde bestätigt.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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