KG Berlin 6 W 61/16
Das Kammergericht Berlin (KG Berlin) befasste sich in seinem Beschluss vom 14. Dezember 2016 mit der Auslegung eines Testaments, das unter dem Einfluss italienischen Erbrechts verfasst wurde.
Der Fall:
Ein deutscher Erblasser verstarb in Italien.
Er hinterließ seine Ehefrau (Beteiligte zu 1), zwei gemeinsame Kinder (Beteiligte zu 2 und 3) und ein nicht eheliches Kind (Beteiligte zu 4).
Der Nachlass befand sich in Italien.
Der Erblasser hatte ein Testament verfasst, in dem er seiner Ehefrau „den verfügbaren Teil von 1/4“ seines Nachlasses zuwandte.
Das Testament war gemeinsam mit einem Artikel aus einer italienischen Zeitung aufbewahrt worden, der die italienische Erbfolge erläuterte.
Die Entscheidung des KG Berlin:
Das KG Berlin entschied, dass der Erblasser seine Ehefrau als Miterbin zu 1/2 und seine Kinder zu gleichen Teilen als Miterben der weiteren Hälfte eingesetzt hat.
Begründung:
Anwendbares Recht: Obwohl der Erblasser sich an italienischem Recht orientierte, war gemäß Art. 25 Abs. 1 EGBGB deutsches Erbrecht anzuwenden, da der Erblasser deutscher Staatsangehöriger war.
Auslegung des Testaments: Das KG Berlin legte das Testament unter Berücksichtigung des italienischen Zeitungsartikels aus. Der Erblasser hatte die in dem Artikel verwendete Begrifflichkeit („verfügbarer Teil“) übernommen und nur über den Teil verfügt, der nach italienischem Recht frei verfügbar war. Dies zeige, dass er die Pflichtteilsrechte seiner Erben nach italienischem Recht kannte und anerkannte.
Erbquoten: Der Erblasser hatte im Testament zwar nur über 1/4 des Nachlasses verfügt, jedoch konkludent zum Ausdruck gebracht, dass er die gesetzliche Erbfolge nach italienischem Recht im Übrigen akzeptierte. Nach italienischem Recht hätte die Ehefrau 1/4 und die Kinder insgesamt 1/2 des Nachlasses als Pflichtteil erhalten. Durch die Zuwendung des verfügbaren Teils von 1/4 an die Ehefrau ergibt sich somit eine Erbquote von 1/2 für die Ehefrau und 1/2 für die Kinder.
Keine Erhöhung des Erbteils nach § 1371 BGB: Obwohl die Ehefrau nach deutschem Recht aufgrund des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft einen gesetzlichen Erbteil von 1/2 gehabt hätte, erhöhte sich dieser nicht durch die testamentarische Zuwendung. Der Erblasser hatte seinen Willen auf der Grundlage des italienischen Rechts gebildet und nicht beabsichtigt, die Ehefrau zu 3/4 als Erbin einzusetzen.
Wesentliche Punkte des Beschlusses:
Testamentsauslegung bei Einfluss ausländischen Rechts: Wird ein Testament unter dem Einfluss ausländischen Rechts verfasst, ist bei der Auslegung dem tatsächlichen Willen des Erblassers Rechnung zu tragen, auch wenn dieser auf einer falschen Rechtsanwendung beruht.
Berücksichtigung des Kontexts: Bei der Testamentsauslegung sind alle Umstände zu berücksichtigen, auch solche außerhalb des Testaments, wie z.B. der Zeitungsartikel im vorliegenden Fall.
Konkludente Erbeinsetzung: Eine Erbeinsetzung muss nicht ausdrücklich erfolgen, sondern kann sich auch aus anderen Verfügungen im Wege der Auslegung ergeben.
Fazit:
Der Beschluss des KG Berlin zeigt, wie wichtig es ist, bei der Auslegung von Testamenten den tatsächlichen Willen des Erblassers zu erforschen.
Beruht der Wille des Erblassers auf einer falschen Rechtsanwendung, ist dies bei der Auslegung zu berücksichtigen.
Im vorliegenden Fall konnte der Wille des Erblassers durch die Berücksichtigung des italienischen Zeitungsartikels ermittelt werden,
obwohl der Erblasser sich irrtümlich an italienischem Recht orientiert hatte.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.