LG Düsseldorf 10 O 332/04 – Ansprüche aus einem vermeintlichen Vermächtnis – Auflassung eines Grundstücks – formunwirksames Testament
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
Der Kläger macht gegen die Beklagten Ansprüche aus einem vermeintlichen Vermächtnis geltend.
Die Beklagten sind zu je ½ Erben der am 23. Oktober 2003 in Düsseldorf verstorbenen x. Ihnen wurde vom Nachlassgericht am 05. April 2004 ein gemeinschaftlicher Erbschein – 93a VI 313/03 – erteilt.
LG Düsseldorf 10 O 332/04
Der Kläger ist einer der Neffen der Erblasserin. Er reichte am 13. November 2003 beim Nachlassgericht zwei Umschläge ein, die er dem Schrankfach der Erblasserin bei der Sparkasse Neuss entnommen hatte. Der eine Umschlag war unverschlossen und trug die Aufschrift “Testament“. Er enthielt diverse Schriftstücke, wegen deren Einzelheiten auf die beigezogenen Akten des Nachlassgerichts – 93a IV 140-50/03 – verwiesen wird. Der andere – für dieses Verfahren nicht relevante – Umschlag mit der Aufschrift “für Bach” enthielt eine Briefkarte.
Ausweislich des Protokolls vom 17. November 2003 versuchte das Nachlassgericht, die acht testamentsähnlichen Schriftstücke nebst Fragmenten von zwei weiteren Schriftstücken anhand des Schriftbildes zuzuordnen.
Der Kläger begehrt von den Beklagten die Auflassung eines Grundstücks in Allendorf unter Berufung auf ein mit “III” überschriebenes und auf der Vorderseite nicht unterzeichnetes Schriftstück, Seite 7 der Nachlassakte. In diesem heißt es u.a.:
“Das Grundstück in Allendorf “An der Linde” bekommt von Onkel X. X muss X die Hälfte auszahlen.”
Auf der Rückseite steht nur:
“Frau X Büderich-Meerbusch I Oststr. 37”.
Des weiteren verlangt der Kläger von den beklagten Erben Zahlung von € 5.112,92 (=DM 10.000) aus einem von drei in dunkelblau verfasste Schriftstücken, die jeweils als Ortsangabe Büderich und als Datum 4.2.1997 enthalten. Hierbei handelt es sich um Bl. 10 bis Bl. 12 der Nachlassakte. In einem der Schriftstücke heißt es u.a.:
“Dr. X Neffe 10.000” (Bl. 10 der Nachlassakte).
Auf einem anderen dieser drei Blätter (Bl. 11 der Nachlassakte) steht am unteren Blattrand unter dem Satz – “Der Rest des Geldes kann unter Euch verteilt werden” – : “Frau X”.
Die Parteien streiten im wesentlichen darüber, ob es sich bei den Schriftstücken um ein formwirksames Testament der Erblasserin handelt.
Der Kläger meint, dass beide Schriftstücke von der Erblasserin unterzeichnet wurden. Die Verfügung mit der Überschrift “III” sei wirksam auf der Rückseite unterzeichnet.
LG Düsseldorf 10 O 332/04
Er behauptet, die drei mit blauen Filzschreiber verfassten und auf den 04.02.1997 datierten Schriftstücke seien als Einheit zu sehen, wobei sich dort eine Unterschrift auf der letzten Seite unter dem Abschluss des Textes befände. Bei der Seite 11 der Nachlassakte handele es sich um die letzte Seite der Verfügung.
Der Kläger beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,
Die Beklagten beantragen,
wie erkannt.
Der Beklagte zu 1) bestreitet mit Nichtwissen, dass es sich bei dem “bedachten” Dr. X um den Kläger handelt, da dieser den Vornamen “X” und nicht “X” trage.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen – mit Ausnahme des nicht nachgelassenen Schriftsatz des Klägers vom 07.04.2005 – und die Akten des Nachlassgerichts – Az.: 93a IV 140-50/03 und 93a VI 313/03 -, die beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e : LG Düsseldorf 10 O 332/04
Die Klage ist unbegründet.
I.
Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Auflassung des Grundstücks in Allendorf und Zahlung von € 5.112,92 gegen die beklagten Erben nicht zu, §§ 1939, 2174 BGB, da er von der Erblasserin nicht in einem formwirksamen Testament mit entsprechenden Vermächtnissen bedacht wurde.
Wirksam ist eine Verfügung von Todes wegen nur dann, wenn der testierfähige Erblasser sie höchstpersönlich (§ 2064 BGB) und formgerecht (§ 2247 BGB) errichtet hat.
LG Düsseldorf 10 O 332/04
Nach §§ 2231 Nr. 2, 2247 BGB muss das sogenannte eigenhändige Testament vom Erblasser in vollem Umfang handschriftlich verfasst und unterschrieben werden. Vorliegend fehlt es an der eigenhändigen Unterschrift der Erblasserin unter ihren jeweiligen Erklärungen.
1.
Bei den vom Kläger beim Nachlassgericht eingereichten Schriftstücken, die sich in einem offenen Umschlag mit der Aufschrift “Testament” befanden, handelt es sich nicht um ein “Testament” als ein einheitliches Ganzes. Die verschiedenen Blätter sind – zumindest teilweise – zu unterschiedlichen Zeiten entstanden, nicht vollständig durchnummeriert oder auf sonstige Weise miteinander verbunden. Auch ein inhaltlicher Bezug, der auf einen fortlaufenden Text hindeuten würde, der im Wege der Fortschreibung entstanden ist, lässt sich nicht herstellen. So wurde z. B. die Blindenmission Christoffel mehrfach mit dem gleichen Betrag von “einmal” DM 10.000 für blinde Kinder bedacht (Bl. 8, Bl. 9 Rückseite und Bl. 12 der Nachlassakte). Dies legt eher nahe, dass die jüngere Verfügung die jeweils ältere ersetzen sollte.
2.
Einzeln betrachtet ist jedes der Blätter, aus denen der Kläger Rechte herleitet, zwar handschriftlich verfasst, jedoch nicht unterzeichnet.
a.
Die mit römisch drei überschriebene Niederschrift in hellblau (Bl. 7 der Nachlassakte), mit der einem Dr. X ein Grundstück in Allendorf von einem Onkel X zugewandt werden sollte, weist auf der Vorderseite keine Unterschrift auf und ist deshalb formunwirksam.
Selbst wenn die Erklärung auf der Rückseite unterschrieben worden wäre, wäre dies nicht ausreichend. Eine Unterschrift muss als Abschluss der Urkunde am Schluss des Textes stehen, um diesen auch räumlich abzudecken. Eine Unterschrift auf der Rückseite eines Textes genügt mithin nicht, da die räumliche Abdeckung nicht gewährleistet ist.
Im übrigen handelt es sich bei dem Text auf der Rückseite um eine Namens- und Adressenangabe der Erblasserin und nicht um eine Unterschrift.
LG Düsseldorf 10 O 332/04
b.
Ähnlich verhält es sich mit Blatt 10 der Nachlassakte, auf dem einem Dr. X ein Betrag von DM 10.000 zugewandt werden sollte. Auch diese Seite ist nicht unterzeichnet und damit formunwirksam.
Eine als Unterschrift zu wertende Selbstbezeichnung der Erblasserin befindet sich lediglich am unteren Rand des Schriftstückes Blatt 11 der Nachlassakte. Der Text auf Blatt 10 ist nicht durch diese Unterschrift abgedeckt.
Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Zusammengehörigkeit der Blätter 10 bis 12 der Nachlassakte feststünde und es sich bei Blatt 11 um die letzte Seite der Verfügung handeln würde. Aus der Gesamturkunde muss dabei hervorgehen, dass die einzelnen Blätter ein einziges untrennbares Ganzes sein sollen, somit eine einheitliche Willenserklärung enthalten (vgl. zur Rechtslage Mueko, 4. Auflage, § 2247 Rdnr. 34). Das lässt sich vorliegend entgegen der Auffassung des Klägers nicht feststellen.
Zwar tragen die Schriftstücke Blatt 10 bis Blatt 12 der Nachlassakte dasselbe Entstehungsdatum und sind auch offensichtlich mit demselben Schreibwerkzeug, vermutlich einem blauen Filzschreiber, verfasst worden.
Fraglich ist jedoch bereits, ob es sich nach dem Willen der Erblasserin um eine Erklärung bestehend aus drei Seiten handeln sollte. Dagegen spricht, dass die Erblasserin jede Seite mit einem Datum und einer Ortsangabe versehen hat. Bei ihrer Verfügung vom 27.05.1997, die sie mit “Testament! Mein letzter Wille” überschrieben hat, steht lediglich auf der ersten der fortlaufend nummerierten Seiten ein Datum und eine Ortsangabe (Bl. 13 ff der Nachlassakte). Naheliegend ist somit, dass die Erblasserin am 04.02.1997 mehrfach verfügt hat, mit der Folge, dass die Schriftstücke jeweils einzeln zu betrachten wären.
Selbst wenn die Erblasserin mit Blatt 10 bis Blatt 12 eine einheitliche Erklärung abgegeben haben sollte, bleibt die Reihenfolge der einzelnen Blätter unklar. Der Umstand, dass die Erblasserin ihre Selbstbezeichung auf Blatt 11 am unteren Blattrand unter dem Satz, dass der Rest des Geldes unter euch – den Erben – verteilt werden könne, abgesetzt hat, lässt nicht zwingend den Schluss zu, dass hiermit auch der Text abgeschlossen wurde.
LG Düsseldorf 10 O 332/04
Genauso gut kann die Erblasserin den Text nach ihrer Selbstbezeichnung mit weiteren Anordnungen, die dann nicht mehr von ihrer Unterschrift gedeckt sind, auf den weiteren Schriftstücken (Blatt 10 und 12 der Nachlassakte) fortgesetzt haben. Ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den einzelnen Blättern, aus dem sich auf die Reihenfolge schließen lässt, besteht nicht.
In welcher tatsächlichen Reihenfolge sich die Schriftstücke in dem Umschlag befanden, lässt sich – nachdem das Nachlassgericht diese sortiert hat – nicht mehr feststellen. Abgeheftet wurden die Schriftstücke so, dass sich die Seite mit der Selbstbezeichnung zwischen den anderen beiden mit blauen Filzschreiber verfassten Blättern vom 04.02.1997 befindet. Auch das Nachlassgericht hat diese also nicht als letzte Seite an-/erkannt.
Stehen – wie hier – die einzelnen losen Blätter in keinem inneren Zusammenhang und ist nur ein Blatt unterschrieben, so stellt allenfalls dieses ein wirksames Testament dar, während die nicht unterschriebenen Blätter keine gültigen Testamente sind.
II.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
Der Schriftsatz des Klägers vom 07.04.2005 bietet keinen Anlaß zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, § 156 ZPO. Aus den dargelegten Gründen kommt es auf die vom Kläger neu vorgetragenen Tatsachen zu den Beziehungen der Erblasserin zu den Parteien eben so wenig an wie darauf, ob es sich beim Kläger um den bedachten “Fritz” handelt.
Streitwert:
für den Antrag zu 1): € 5.112,92
für den Antrag zu 2): € 65.000,00
gesamt € 75.112,92
Entsprechend den Angaben der Beklagten beträgt der Grundstückswert nach der Bodenrichtwertkarte mindestens € 50 pro Quadratmeter.
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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.