LG Fulda 5 T 229/18

September 26, 2022

LG Fulda 5 T 229/18 Beschluss vom 24.10.2019 – Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Rechtsschutzinteresse unzulässig

Ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist mangels Rechtsschutzinteresse unzulässig, wenn er offenkundig nicht auf eine sachgerecht vorbereitete Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abzielt.

Ein antragstellender gesetzlicher Vertreter verfolgt einen verfahrensfremden Zweck, wenn er vorsätzlich die Vermögenslosigkeit der schuldnerischen Gesellschaft vortäuscht oder ihre Vermögensverhältnisse der gerichtlichen Aufklärung entzieht, um die Abweisung des Eröffnungsantrags mangels Masse zu erreichen.

Angesichts solcher Begleitumstände zielt ein Eröffnungsantrag offenkundig nicht auf eine sachgerecht vorbereitete Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Eröffnungsvoraussetzungen ab (§§ 16 bis 19, 26 InsO), sondern missbraucht das Verfahren, um auf scheinbar gesetzmäßigem Weg die Voraussetzungen für die Auflösung und anschließende Löschung der Gesellschaft im Handelsregister zu schaffen (§ 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG) und so den Zugriff der Gläubiger auf das Gesellschaftsvermögen zu vereiteln oder jedenfalls wesentlich zu erschweren. Insbesondere gilt dies im Fall einer “gewerblichen Firmenbestattung”.

Ein Insolvenzantrag ist auch unzulässig, wenn bei einer sich aufdrängenden Verdachtslage hinsichtlich einer “gewerblichen Firmenbestattung” keine nachvollziehbare und glaubhafte Darstellung der Vermögensentwicklung der Schuldnerin im Jahr vor der Antragstellung erfolgt.

Es fehlt dann an einer hinreichenden Darlegung eines Eröffnungsgrundes.

Bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit eines Geschäftsführer-Abberufungs- und Neubestellungsbeschlusses ist auch die damit verbundene Motivlage – hier die Durchführung einer “Firmenbestattung” – zu berücksichtigen.

Es widerspricht dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden und damit den guten Sitten, das Insolvenzverfahren für eine “Firmenbestattung” und die damit verbundene bewusste Benachteiligung von Gläubigern zu missbrauchen.

Ein in diesem Zusammenhang gefasster Geschäftsführer-Abberufungs- und Neubestellungsbeschlusses ist daher nichtig (§ 138 Abs. 1 BGB).

Tenor LG Fulda 5 T 229/18

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Insolvenzgerichts – Fulda vom 22.11.2018 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 500,00 € festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe LG Fulda 5 T 229/18

I.

Unter dem 05.02.2018 beantragte der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über deren Vermögen (Bl. 1 ff. bzw. 12 ff. d. A.).

In dem Eröffnungsantrag gab er an, die GmbH sei zahlungsunfähig, allerdings habe er erst durch eingehende Mahnschreiben Kenntnis von bestehenden Verpflichtungen erhalten und sich deswegen zum Insolvenzantrag entschlossen. In dem beigefügten Vermögensverzeichnis wurden alle Fragen mit “Nein” beantwortet.

Dem Eigenantrag war ein vereinfachtes Gläubiger- und Forderungsverzeichnis beigefügt, das drei Gläubiger auswies, die zum Teil nur mit Postfachangabe bezeichnet waren (Bl. 6 bzw. 18 d. A.).

Die GmbH wurde am 05.06.2015 gegründet, Geschäftsführer und Alleingesellschafter war Herr A.

Durch Gesellschafterbeschluss vom 19.09.2017 (Bl. 43 d. A.) wurde Herr B zum Geschäftsführer bestellt.

Alleingesellschafterin ist nunmehr eine “V Ltd.” aus Großbritannien, an die die Gesellschaftsanteile am 05.10.2017 veräußert wurden. “Director” dieser Gesellschaft ist Herr C, der gleichzeitig Sachbearbeiter der von der hiesigen Schuldnerin beauftragten insolvenzrechtlich tätigen Kanzlei ist.

In dem Kaufvertrag über die Geschäftsanteile (Bl. 44 ff. d. A.) wurde unter anderem vereinbart:

“Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 25.000,00 EUR. […]

Die Einlagen sind nach eigenen Angaben in voller Höhe bar erbracht. […]

Der Verkäufer sichert zu, dass seine in dieser Urkunde enthaltenen Angaben zutreffend sind; […].

Der Verkäufer versichert ausdrücklich, dass es sich bei der Gesellschaft um ein werbendes Unternehmen handelt, das weder zahlungsunfähig (i.S.d. § 17 InsO), überschuldet (i.S.d. § 19 InsO), noch vermögenslos ist, so dass es sich nach Angaben aller Beteiligten im vorliegenden Fall nicht um eine wirtschaftliche Neugründung in Form der Mantelverwendung handelt.”

Gleichwohl wurde bereits zum 01.10.2017 der Geschäftsbetrieb eingestellt.

LG Fulda 5 T 229/18

Mit Schreiben vom 07.03.2018 (Bl. 11 d. A.) wies das Amtsgericht auf Zweifel an der örtlichen Zuständigkeit hin und äußerte Nachfragen zu der behaupteten Vermögenslosigkeit der Beschwerdeführerin.

Die Beschwerdeführerin teilte unter dem 19.02.2018 (Bl. 23 bzw. 25 d. A.) mit, dass lediglich die Geschäftsanschrift in Berlin angemeldet worden sei, dort aber keine Verwaltungstätigkeit stattgefunden habe.

Ein Vermögen der GmbH sei zumindest nicht bekannt.

Mit weiteren Schreiben vom 20.02.2018 (Bl. 24 d. A.) wies das Amtsgericht die Antragstellerin und hiesige Beschwerdeführerin darauf hin, dass der Antrag als unzulässig zurückzuweisen sei, sofern nicht binnen einer Woche ein Gläubigerverzeichnis eingereicht werde, dem auch die vollständigen Straßenanschriften sämtlicher Gläubiger zu entnehmen seien.

Zudem sei diesem Verzeichnis eine Erklärung der Schuldnerin bzw. deren gesetzlichen Vertreters beizufügen, wonach auch die ergänzten Angaben richtig und vollständig seien.

Weiter sei es unzureichend mitzuteilen, dass keinerlei Vermögen mehr vorhanden sei; es seien Ausführungen dazu erforderlich, wie es dazu gekommen und was aus den Vermögenswerten der Beschwerdeführerin geworden sei.

Die Beschwerdeführerin übersandte daraufhin unter dem 01.03.2018 (Bl. 27 ff. bzw. 58 ff. d. A.) eine aktualisierte Gläubigerliste und verwies hinsichtlich der nachgefragten Vermögenswerte auf den ehemaligen Geschäftsführer.

Das Amtsgericht forderte den früheren Geschäftsführer unter dem 07.02.2018 (Bl. 52 f. d. A.) dazu auf, Angaben zur Vermögenslage der Beschwerdeführerin zu machen.

Der Beschwerdeführerin wurde mitgeteilt, der Insolvenzantrag werde nunmehr zugelassen; der Vortrag der Beschwerdeführerin werde so verstanden, dass die neue Gesellschafterin die GmbH bereits als völlig vermögenslos erworben und der jetzige Geschäftsführer zu keiner Zeit irgendwelche Vermögenswerte der GmbH übernommen habe. Unter dem 20.03.2018 teilte die zuständige Gerichtsvollzieherin aus Berlin u. a. mit, dass schon Zwangsvollstreckungsaufträge vorgelegen hätten, ihr aber kein pfändbares Vermögen bekannt sei (Bl. 68 d. A.).

Mit Beschluss vom 26.03.2018 (Bl. 75 d. A.) hat das Amtsgericht die Einholung eines Gutachtens über die Fragen der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung bzw. der noch vorhandenen Masse angeordnet und Rechtsanwältin … aus Kassel zur Sachverständigen bestellt.

Nachdem die Sachverständige sowohl den früheren als auch den derzeitigen Geschäftsführer mehrmals ohne Erfolg zur Erteilung von Informationen aufgefordert hatte, beraumte das Amtsgericht einen Termin zur Anhörung der Beteiligten für den 15.08.2018 an.

Bereits zuvor überreichte der derzeitige Geschäftsführer der Beschwerdeführerin unter dem 27.07.2018 eine weitere Erklärung (Bl. 129 ff. bzw. 147 ff. d. A.).

Diese umfasste auch eine Vermögensübersicht. In dieser Vermögensübersicht (Bl. 150 Rs. ff. d. A.) hat der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin die Frage nach Grundstücken uneingeschränkt mit “Nein”, alle weiteren Fragen mit “nicht bekannt” oder “nein (nicht bekannt)” bzw. “soweit bekannt” beantwortet. In dem anliegenden Vermögensverzeichnis erklärte er “nicht bekannt nach bestem Wissen & Gewissen” (Bl. 152 d. A.).

Auch im weiteren Verfahren berief der Neugeschäftsführer sich stets darauf, Vermögenswerte der GmbH seien ihm jedenfalls nicht bekannt.

In dem Anhörungstermin am 15.08.2018 (Protokoll Bl. 158 f. d. A.) erklärte der frühere Geschäftsführer A unter anderem, er habe nach dem Verkauf der Geschäftsanteile an der GmbH alle Geschäftsunterlagen in mehrere Kisten verpackt und einem Bekannten zur Aufbewahrung gegeben.

Dieser habe sie nach einer gewissen Zeit weggeworfen.

Unter dem 12.10.2018 (Bl. 178 ff. d. A.) teilte die Sachverständige mit, sie benötige für die Bearbeitung noch weitere, einzeln aufgeführte Informationen.

Allerdings wies das Amtsgericht mit Schreiben vom 01.11.2018 (Bl. 182 d. A.) darauf hin, dass es beabsichtigt sei, den Insolvenzantrag als unzulässig zurückzuweisen.

Ein Eröffnungsgrund sei nicht hinreichend dargelegt. Es fehle an einer konkreten Darlegung der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung.

LG Fulda 5 T 229/18

Es liege keine konkrete Angabe zu vorhandenen Vermögensgegenständen vor, aus denen die im Gläubigerverzeichnis angegebenen Verbindlichkeiten gedeckt werden könnten, insbesondere keine konkreten Angaben zum Kassenbestand, zu Außenständen, zum Wert technischer Anlagen, Maschinen und Werkzeuge, zu Kraftfahrzeugen und zum Auftragsbestand.

Damit sei nicht dargelegt, das die Verbindlichkeiten, die sich nach den bisherigen Angaben und Ermittlungen auf 47.396,35 € beliefen, nicht aus vorhandenen Vermögenswerten gedeckt werden könnten.

Die Beschwerdeführerin nahm hierzu mit Schriftsatz (datiert auf den 14.03.2018, eingegangen am 20.11.2018, Bl. 184 f. d. A.) Stellung und führte aus, der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin sei vom vorherigen Geschäftsführer nicht über mögliche positive Vermögenswerte in Kenntnis gesetzt worden. Den ermittelten fälligen Verbindlichkeiten stünden keine liquiden Mittel oder sonstigen Vermögenswerte gegenüber.

Das Amtsgericht hat jedoch mit Beschluss vom 22.11.2018 (Bl. 188 f. d. A.) den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens als unzulässig zurückgewiesen und sich auf die bereits von ihm benannten Gründe gestützt. Insbesondere sei keine konkrete Darlegung der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung und keine konkrete Angabe zu vorhandenen Vermögensgegenständen der GmbH (Kassenbestand, Außenstände, Wert technischer Anlagen, Maschinen und Werkzeuge, Fahrzeuge, Auftragsbestand) erfolgt.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 04.12.2018, eingegangen bei Gericht am gleichen Tag, mit der sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die gemäß §§ 4, 6, 34 Abs. 1 InsO, 567, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin erweist sich in der Sache als unbegründet. Das Insolvenzgericht hat den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 05.02.2018 zu Recht zurückgewiesen.

1.

Der Eröffnungsantrag ist unzulässig. Ihm fehlt das Rechtsschutzinteresse, weil er offenkundig nicht auf eine sachgerecht vorbereitete Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abzielt. Mit dem Amtsgericht Duisburg (Beschluss vom 02.01.2007 – 64 IN 107/06 = NZG 2007, 439) geht die Kammer dabei von folgenden Erwägungen aus:

a)

Bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit dient ein Insolvenzverfahren dazu, die Gesellschaftsgläubiger gemeinschaftlich zu befriedigen, indem zu ihren Gunsten entweder das schuldnerische Vermögen verwertet oder durch einen Insolvenzplan eine wirtschaftlich gleichwertige Lösung gefunden wird (vgl. § 1 S. 1 InsO).

Zielt ein eigener Eröffnungsantrag eines solchen Rechtsträgers ersichtlich nicht ernsthaft auf die Verfahrenseröffnung und die anschließende gemeinschaftliche Gläubigerbefriedigung ab, so verfolgt er einen verfahrensfremden Zweck und ist unzulässig

(BGHZ 153, 205 = NJW 2003, 1187 = NZI 2003, 147;

AG Dresden, ZIP 2002, 862; Schmahl, EWiR 2002, 721).

Ihm fehlt das erforderliche Rechtsschutzinteresse.

Wer als gesetzlicher Vertreter einer Gesellschaft die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der von ihm vertretenen Schuldnerin beantragt, hat schon in der Antragsbegründung die Tatsachen mitzuteilen, welche die wesentlichen Merkmale eines Eröffnungsgrunds erkennen lassen (§ 4 InsO, §§ 253 Abs. 2 Nr. 2, 130 Nr. 3 ZPO).

Sind aus seiner Sicht keine nennenswerten Vermögensgegenstände mehr vorhanden, so ist der Verbleib des Gesellschaftsvermögens zu erläutern und die Entwicklung zu schildern, die zu der gegenwärtigen Vermögens- und Finanzlage geführt hat

(BGHZ 153, 205 [208f.] = NJW 2003, 1187 = NZI 2003, 147;

BGH, NJW-RR 2003, 1691 = NZI 2003, 647;

AG Duisburg, NZI 2005, 415).

Ein antragstellender gesetzlicher Vertreter verfolgt deshalb einen verfahrensfremden Zweck, wenn er vorsätzlich die Vermögenslosigkeit der schuldnerischen Gesellschaft vortäuscht oder ihre Vermögensverhältnisse der gerichtlichen Aufklärung entzieht, um die Abweisung des Eröffnungsantrags mangels Masse zu erreichen.

LG Fulda 5 T 229/18

Angesichts solcher Begleitumstände zielt ein Eröffnungsantrag offenkundig nicht auf eine sachgerecht vorbereitete Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Eröffnungsvoraussetzungen ab (§§ 16 bis 19, 26 InsO), sondern missbraucht das Verfahren, um auf scheinbar gesetzmäßigem Weg die Voraussetzungen für die Auflösung und anschließende Löschung der Gesellschaft im Handelsregister zu schaffen (§ 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG) und so den Zugriff der Gläubiger auf das Gesellschaftsvermögen zu vereiteln oder jedenfalls wesentlich zu erschweren.

b)

Ein solcher Fall liegt hier vor. Nach Lage der Akten sprechen hinreichende Indizien dafür, dass der Geschäftsführer der Schuldnerin die Vermögens- und Finanzlage der Schuldnerin Ende 2017/Anfang 2018 und deren anschließende Entwicklung gegenüber dem Gericht vorsätzlich verschleiert und der Wahrheit zuwider den Eindruck zu erwecken sucht, ihm sei erst nach Abschluss des Anteilsübertragungsvertrags vom 05.10.2017 bekannt geworden, dass die Schuldnerin in Wahrheit vermögenslos sei.

Es drängt sich hier der Verdacht auf, dass der Geschäftsführer im Rahmen einer so genannten gewerbsmäßigen Firmenbestattung tätig geworden ist.

In einem solchen Fall ist der Eröffnungsantrag unzulässig, weil er durch bewusst unvollständige Angaben offensichtlich die Vermögensverhältnisse der Schuldnerin der gerichtlichen Aufklärung entziehen und eine Abweisung des Antrags mangels Masse provozieren soll.

(1)

Als Firmenbestattung werden Verhaltensweisen bezeichnet, bei denen der Schuldner versucht, durch Veräußerung der Gesellschaftsanteile, mehrfache Sitzverlegungen und Umfirmierungen lästige Gläubiger abzuschütteln, bevor schließlich Insolvenz angemeldet wird.

Firmenbestatter erwerben meist gegen eine nicht unbeträchtliche Dienstleistungsvergütung Gesellschaftsanteile zu einem symbolischen Kaufpreis, setzen neue Geschäftsführer, meist mittellose und in kaufmännischen Belangen unkundige Personen, oftmals Ausländer, ein, sorgen für mehrfache Sitzverlegung, wobei in diesem Zuge oftmals Geschäftsunterlagen “verloren gehen” und melden nach einiger Zeit schließlich Insolvenz an

(Beck/Depré, Praxis der Insolvenz, 11. Teil. Öffentliches Recht in der Insolvenz § 37. Insolvenzstrafrecht Rn. 219, beck-online).

An einer solchen Firmenbestattung sind regelmäßig drei Personen beteiligt. Zunächst der Altgeschäftsführer, der zumeist auch allein oder mit Dritten die Geschäftsanteile hält.

Ein weiterer Beteiligter ist der Neugeschäftsführer, der nach Abberufung des Altgeschäftsführers die Geschäfte der Gesellschaft leitet. Hierbei handelt es sich regelmäßig um vermögenslose Personen, die mit dem Firmenbestatter zusammenarbeiten oder von ihm vermittelt werden und die gegen geringes Entgelt bereit sind, die Geschäftsführer- oder auch die Gesellschafterposition zu übernehmen.

Der Dritte im Bunde ist schließlich der Firmenbestatter selbst, der als Hintermann eigentlicher Drahtzieher der im Rahmen der Firmenbestattung durchgeführten Transaktionen ist.

Obwohl der Firmenbestatter die eigentlich dominierende Figur ist, vermeidet er in den Urkunden aufzutauchen oder gar als neuer Geschäftsführer zu fungieren.

LG Fulda 5 T 229/18

Nachdem der Altgeschäftsführer – etwa durch eine Zeitungsanzeige – auf den Firmenbestatter aufmerksam geworden ist, kommt es zu einer ersten Kontaktaufnahme, bei der der Firmenbestatter dem Altgeschäftsführer ein Dienstleistungspaket anbietet, mit dem sämtliche unangenehmen Folgen der Insolvenz vermieden werden sollen.

Der zweite Kontakt findet bereits beim Notar statt. Dabei veräußern die Altgesellschafter ihre Geschäftsanteile. Erwerber ist regelmäßig der Neugeschäftsführer oder eine GmbH. Sodann wird der Altgeschäftsführer abberufen und entlastet.

An seiner Stelle wird ein Neugeschäftsführer bestellt. In Zusammenhang damit wird regelmäßig eine Zusatzvereinbarung abgeschlossen, in der sich der Altgeschäftsführer zur Zahlung eines Beratungshonorars an den Firmenbestatter verpflichtet.

Der Geschäftsführerwechsel wie auch die Abtretung der Geschäftsanteile kann in der Folgezeit mehrfach wiederholt werden, um die Spuren zu verwischen. Die Unterlagen der Gesellschaft gehen bei diesen Transaktionen regelmäßig “verloren”.

Danach stellt der neue Geschäftsführer den Insolvenzantrag. Stellen die Geschäftsführer selbst den Insolvenzantrag, so berufen sie sich regelmäßig darauf, dass sie die Verhältnisse der Gesellschaft erst jetzt kennengelernt hätten und ihnen keine weiteren Unterlagen zur Verfügung stünden und sie auch nicht von ihren Vorgängern über die Verhältnisse der Gesellschaft in Kenntnis gesetzt worden seien.

Eine eigene Aufarbeitung der vorhandenen Unterlagen habe erst jetzt ergeben, dass die Gesellschaft über keine Masse verfüge. Ziel des Insolvenzantrags ist die Abweisung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse nach § 26 InsO, um auf diese Weise eine unauffällige und schnelle Liquidierung der Gesellschaft zu ermöglichen

(Werner, NZWiSt 2013, 418, beck-online;

Heckschen, in: Reul / Heckschen / Wienberg, Insolvenzrecht in der Gestaltungspraxis, 2. Auflage 2018, Rn. 1112 ff.;

OLG Karlsruhe, NZI 2013, 653).

(2)

Die Kammer ist davon überzeugt, dass die am 05.10.2017 beurkundete Übertragung der Geschäftsanteile, die Abberufung bzw. Neubestellung des Geschäftsführers und die Änderung der Geschäftsanschrift nur dem Zweck dienen sollten, dass der bisherige Gesellschafter-Geschäftsführer A sich von seinem verschuldeten und zahlungsunfähigen Unternehmen trennt, ohne der Pflicht zur Stellung eines Insolvenzeigenantrags unterworfen und in das unvermeidbare Insolvenzverfahren eingebunden zu sein.

Die Kammer hat keinen Zweifel, dass dem Altgeschäftsführer A bereits bei der Anteilsübertragung an den Neugeschäftsführer B die desolate finanzielle Lage der Gesellschaft, ihre Insolvenzreife, bekannt und bewusst war. Das folgt aus den Angaben des Altgeschäftsführers im Rahmen des Anhörungstermins des Amtsgerichts vom 15.08.2018 und dem Zwischenbericht der Sachverständigen … vom 13.08.2018.

Die Sachverständige hat demnach Verbindlichkeiten der AB GmbH in Höhe von insgesamt 47.496,35 € festgestellt, darunter unter anderem Rückstände der Verwaltungsberufsgenossenschaft für die Jahre 2016 und 2017, Verbindlichkeiten der XY KG (eines Anbieters von “Motivationskursen”), Gewerbesteuerschulden der Stadt … oder rückständige Versicherungsbeiträge.

Der Altgeschäftsführer hat im Anhörungstermin vor dem Amtsgericht Fulda allerdings angegeben, die Arbeitnehmer der AB GmbH bereits im Sommer 2017 abgemeldet zu haben. Das Gewerbe der AB GmbH wurde am 01.10.2017 abgemeldet.

Die von der Sachverständigen festgestellten erheblichen Verbindlichkeiten müssen demnach noch in der aktiven Zeit der GmbH entstanden sein. Sie können dem Altgeschäftsführer nicht verborgen geblieben sein. Auch ob diese Forderungen bereits beglichen waren oder nicht, muss dem Altgeschäftsführer bekannt gewesen sein.

LG Fulda 5 T 229/18

Wenn er zuletzt den Geschäftsbetrieb der GmbH eingestellt und die Arbeitnehmer abgemeldet hat und die GmbH somit keine Umsätze mehr generieren konnte, so ist daraus zwingend zu folgern, dass ihm auch die daraus folgende Zahlungsunfähigkeit der GmbH bekannt gewesen sein muss.

Er selbst hat eingeräumt, dass er die GmbH daraufhin habe veräußern wollen; ihm sei letzten Endes von der Kanzlei Z – die im vorliegenden Verfahren gleichzeitig Verfahrensbevollmächtigte des Neugeschäftsführers ist – sogar noch Geld für den Erwerb der GmbH geboten worden.

Dies ist völlig unverständlich, da die bestehenden Verbindlichkeiten weit höher als der angeblich gebotene Kaufpreis waren, und beweist, dass es dem Altgeschäftsführer darauf ankam, die GmbH – wie er es selbst formuliert – “loszuwerden”, ohne jedoch die bestehenden Verbindlichkeiten regulieren zu wollen.

Die weitere Vorgehensweise der beteiligten Akteure zeigt, dass auch dem Neugeschäftsführer das Ansinnen, die GmbH möglichst geräuschlos aufzulösen, indem sie einem mangels Masse nicht eröffnungsfähigen Insolvenzverfahren zugeführt wird, bekannt war und er damit einverstanden war.

Der Neugeschäftsführer der verfahrensgegenständlichen AB GmbH “betreibt” ausweislich einer Google-Recherche jeweils unter der Anschrift seiner Verfahrensbevollmächtigten, 123-Straße,… zahlreiche Unternehmen, nämlich unter anderem

– CD UG- EF UG- GH UG- IJ Ltd- KL UG- MN Ltd

und auch unter anderen Anschriften noch weitere Unternehmen, nämlich unter anderem

– OP Ltd in …- QR GmbH in …- ST Ltd in …

Es handelt sich um Unternehmen, die – angeblich – teilweise in völlig unterschiedlichen Geschäftsfeldern tätig sind (Marketing, Bau, Autovermietung). Allein schon das Verhalten des Neugeschäftsführers im hiesigen Insolvenzverfahren weist aber darauf hin, dass ihm kaufmännische Erfahrung und Sorgfalt, die zum gleichzeitigen Betreiben zahlreicher Unternehmen erforderlich wären, fehlen.

Das Verhalten des Neugeschäftsführers im Insolvenzverfahren ist nämlich gekennzeichnet von einem Verschweigen oder zumindest von einem bewussten Verschließen der Augen vor Tatsachen, die für ihn im Insolvenzverfahren eventuell nachteilig sein könnten.

So hat er es etwa auch auf mehrfache Nachfrage hin nicht vermocht, die Kontenentwicklung der GmbH darzustellen, jeweils mit der Begründung, er kenne sie nicht. Dabei wäre es ihm als Geschäftsführer ein Leichtes gewesen, schlicht und einfach einen Kontoauszug von der Hausbank der GmbH anzufordern und dem Gericht vorzulegen.

Argwohn erweckt auch seine Angabe, er beziehe Arbeitslosengeld II und könne sich die Fahrt zu dem vom Amtsgericht anberaumten Anhörungstermin nicht leisten, was bei einem auf zahlreichen Geschäftsgebieten tätigen Geschäftsmann mehr als ungewöhnlich wäre.

Es liegt nahe, dass der Neugeschäftsführer entweder nur als Strohmann in den zahlreichen Gesellschaften agiert oder seine Angabe, kein Einkommen zu haben, gelogen ist und er insoweit Sozialleistungsbetrug begeht. Konträr zu den kaufmännischen Pflichten eines Geschäftsführers hat Herr B es auch versäumt, die Geschäftsunterlagen an sich zu nehmen.

LG Fulda 5 T 229/18

Diese wurden laut den Angaben des Altgeschäftsführers Ende 2017 – also zu einem Zeitpunkt, als Herr B längst Geschäftsführer der GmbH war – bei einem Herrn U eingelagert, der sie nachfolgend (Zitat) “einfach bei blau müll Papier rausgestellt” haben will.

Der Neugeschäftsführer, der sich schon frühzeitig um Angelegenheiten der GmbH gekümmert, so etwa bereits am 05.10.2017 die Änderung der Geschäftsanschrift dem Registergericht gemeldet hat, hat sich für die Geschäftsunterlagen nicht interessiert, was dadurch zu erklären ist, dass er schon von vornherein die Insolvenz der GmbH beabsichtigte.

Aus einem Bericht des Deutschlandfunks vom 07.09.2012 zum Welttag der Alphabetisierung ergibt sich im Übrigen, dass der bestellte Neugeschäftsführer B keinen Hauptschulabschluss hat, in der Vergangenheit drogenabhängig war und Strafhaft verbüßt hat (Link; Alter und Wohnort des dort genannten B stimmen mit dem hiesigen Geschäftsführer überein).

Aber auch das im hiesigen Insolvenzverfahren dokumentierte Verhalten des Neugeschäftsführers belegt, dass er bereits bei seiner Bestellung zum Geschäftsführer die Insolvenz der GmbH beabsichtigte und seine Angabe, er habe erst später quasi zufällig von den bestehenden Forderungen gegen die GmbH erfahren, bewusst unrichtig war.

Denn er wurde bereits am 19.09.2017 zum Geschäftsführer der AB GmbH bestellt (Bl. 43 d. A.). Allerdings wurde der Betrieb der GmbH erst am 01.10.2017, also unter der Geschäftsführung des Neugeschäftsführers, geschlossen und das Gewerbe abgemeldet.

Dies ergibt sich aus den Angaben des Neugeschäftsführers im Insolvenzantrag selbst (Bl. 4 d. A.). Die Aufgabe des Geschäftsbetriebes beruhte also auf einer eigenen Entscheidung des Neugeschäftsführers. Die Absicht, die GmbH auf jeden Fall in die Insolvenz laufen zu lassen, wird noch deutlicher durch die “Änderung der Geschäftsanschrift” am 05.10.2017.

An diesem Tag meldete der Neugeschäftsführer dem Registergericht als neue Geschäftsanschrift die 123-Straße in …….

Hierbei handelt es sich ausgerechnet um die Anschrift seiner Verfahrensbevollmächtigten im hiesigen Insolvenzverfahren.

Ausweislich des Internetauftritts der Verfahrensbevollmächtigten handelt es sich um eine insolvenzrechtlich spezialisierte Kanzlei.

Sachbearbeiter des vorliegenden Insolvenzverfahrens bei der Kanzlei ist Herr C, der gleichzeitig “Director” der Erwerberin der Geschäftsanteile der hiesigen Schuldnerin, der “V Ltd”, ist.

Es kann sich nicht um einen Zufall handeln, dass die Geschäftsanteile der Schuldnerin ausgerechnet an eine Gesellschaft, die von einem Sachbearbeiter einer insolvenzrechtlichen Kanzlei geführt wird, veräußert wird, und deren Geschäftsanschrift auch noch an die Kanzleiadresse dieser insolvenzrechtlich tätigen Kanzlei verlegt wird. Bei diesem Verhalten tritt die von Anfang an bestehende Absicht, die Insolvenz der GmbH anzumelden, klar zu Tage.

(3)

Damit bestehen ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass von allen Beteiligten von Anfang an beabsichtigt war, die AB GmbH in die Insolvenz laufen zu lassen und eine Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse zu provozieren. Dabei wollte der Altgeschäftsführer die GmbH schlicht “loswerden” und so seinen Antragspflichten entgehen. Diese wurden vielmehr auf einen offenbar vermögenslosen, kaufmännisch nicht erfahrenen Strohmann abgewälzt. Damit diente der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verfahrensfremden Zielen und war mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig.

2.

LG Fulda 5 T 229/18

Weiter ist der Insolvenzantrag, wie das Amtsgericht zu Recht ausgeführt hat, unzulässig, weil keine hinreichende Darlegung eines Eröffnungsgrundes erfolgt ist. Denn vorliegend wäre bei einer sich derart aufdrängenden Verdachtslage in jedem Fall eine nachvollziehbare und glaubhafte Darstellung der Vermögensentwicklung der Schuldnerin im Jahr vor der Antragstellung erforderlich

(BGHZ 153, 205 [208f.] = NJW 2003, 1187 [1188] = NZI 2003, 147 [148];

BGH, NJW-RR 2003, 1691 = NZI 2003, 647;

AG Duisburg, NZI 2005, 415).

Für das allgemeine Insolvenzverfahren ist anerkannt, dass der Schuldner entsprechend § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO i.V. mit § 4 InsO einen Eröffnungsgrund in substantiierter, nachvollziehbarer Form darzulegen hat. Erforderlich – aber auch genügend – ist die Mitteilung von Tatsachen, welche die wesentlichen Merkmale eines Eröffnungsgrundes i.S. von §§ 17 f. InsO erkennen lassen.

Die tatsächlichen Angaben müssen die Finanzlage des Schuldners nachvollziehbar darstellen, ohne dass sich daraus bei zutreffender Rechtsanwendung schon das Vorliegen eines Eröffnungsgrundes ergeben muss; eine Schlüssigkeit im technischen Sinne ist nicht vorauszusetzen.

Der Schuldner muss – wie sich im Umkehrschluss aus § 14 I InsO ergibt – den Eröffnungsgrund nicht glaubhaft machen (BGHZ 153, 205, 207; HK-InsO/Kirchhof 4. Aufl. § 13 Rn. 20).

Im Zulassungsverfahren besteht noch keine Amtsermittlungspflicht gem. § 5 InsO. Diese greift erst ein, wenn ein zulässiger Eröffnungsantrag vorliegt

(BGHZ 153, 205, 207; BGH, Beschl. v. 10. 4. 2003 – IX ZB 586/02, ZIP 2003, 1005).

Genügt ein Antrag den vorstehend angeführten Mindesterfordernissen nicht, hat das Insolvenzgericht den Schuldner auf den Mangel hinzuweisen und eine Frist zu dessen Behebung zu setzen; nach fruchtlosem Ablauf darf – und muss – es den Antrag als unzulässig zurückweisen

(BGHZ 153, 205, 207 f; HK-InsO/Kirchhof aaO; HambKomm-InsO/Wehr § 13 Rn. 10).

Die Darlegung eines Eröffnungsgrundes in substantiierter, nachvollziehbarer Form fehlt hier. Bei den hier vorliegenden Verdachtsmomenten – auf die die Kammer auch bereits mit Anschreiben vom 09.01.2019 hingewiesen hat – genügt die bloße Angabe, nach Kenntnis des Geschäftsführers sei die GmbH vermögenslos, nicht.

Dies hätte näherer Substantiierung bedurft. So hat der Geschäftsführer nicht vorgetragen, welche Anstrengungen er unternommen hat, um sich Kenntnisse von der Vermögenslage der GmbH zu verschaffen.

Dies wäre aber angesichts der gleichzeitig vorliegenden Verdachtsmomente und insbesondere auch der Angabe im Unternehmenskaufvertrag, dass die Einlagen in voller Höhe erbracht seien, zu verlangen gewesen. Soweit der Geschäftsführer darauf verweist, es seien Geschäftsunterlagen verloren gegangen, hat er nicht substantiiert vorgetragen, welche Maßnahmen er ergriffen hat, um in den Besitz dieser Unterlagen zu gelangen.

Auch dies wäre aber angesichts des aktenkundigen Umstandes, dass die Geschäftsunterlagen erst nach dem Geschäftsführerwechsel vernichtet worden sind, zu verlangen gewesen.

3.

LG Fulda 5 T 229/18

Im Übrigen ist der Antrag schon deshalb unzulässig, weil der bestellte Neugeschäftsführer B nicht wirksam Geschäftsführer der Schuldnerin geworden ist und daher die Schuldnerin bei dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht wirksam vertreten konnte.

Von verschiedenen Stimmen in Rechtsprechung und Literatur wird die Nichtigkeit von Rechtsgeschäften angenommen, die im Rahmen einer “Firmenbestattung” vorgenommen werden, wobei ganz überwiegend mit der Sittenwidrigkeit der Rechtsgeschäfte argumentiert wird

(LG Potsdam, wistra 2005, 193;

AG Memmingen, Rpfleger 2004, 223;

Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Aufl. [2019], Anh. § 47 Rdnr. 55).

Dagegen wird eingewandt, die Sittenwidrigkeit müsse sich unmittelbar aus dem Inhalt des Beschlusses über den Geschäftsführerwechsel ergeben und nicht bloß aus den Begleitumständen

(OLG Karlsruhe, NZI 2013, 653; Wertenbruch, in: Münchener Kommentar GmbHG, 3. Aufl. [2019], Anh. § 47 Rdnr. 90).

In strafgerichtlichen Entscheidungen wurde die Frage vom BGH bislang offengelassen

(BGH Beschl. v. 30.07.2003 – 5 StR 221/03, ZIP 2003, 2213 = NZG 2004, 42;

Beschl. v. 24.03.2009 – 5 StR 353/08, ZIP 2010, 471;

Beschl. v. 15.11.2012 – 3 StR 199/12, ZIP 2013, 514 = NZG 2013, 397).

Allerdings ergibt sich die Beurteilung der Sittenwidrigkeit nach allgemeinen Grundsätzen aus einer Gesamtwürdigung von Inhalt, Motiven und Zweck des jeweiligen Rechtsgeschäfts unter Berücksichtigung objektiver und subjektiver Momente (BGH NJW 1998, 2047; NJW-RR 1998, 590).

Es sprechen daher bessere Gründe dafür, bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit eines Geschäftsführer-Abberufungs- und Neubestellungsbeschlusses auch die damit verbundene Motivlage – hier die Durchführung einer “Firmenbestattung” – zu berücksichtigen.

Es widerspricht dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden und damit den guten Sitten, das Insolvenzverfahren für eine “Firmenbestattung” und die damit verbundene bewusste Benachteiligung von Gläubigern zu missbrauchen.

Deshalb war bereits die Bestellung des Herrn B zum Geschäftsführer der Schuldnerin unwirksam, sodass er sie im Insolvenzantragsverfahren nicht wirksam vertreten konnte. Sein Antrag war daher auch aus diesem Grunde unzulässig.

4.

Nach alledem war die sofortige Beschwerde der Antragstellerin mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 4 InsO als unbegründet zurückzuweisen.

5.

Die Entscheidung zum Wert des Verfahrensgegenstandes folgt aus § 58 Abs. 1 S. 1 GKG.

6.

Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen, da die Frage, ob ein Insolvenzantrag bei Feststellung einer “Firmenbestattung” wegen des Verfolgens verfahrensfremder Ziele und/oder wegen der Unwirksamkeit der Geschäftsführerneubestellung unzulässig ist, bislang nicht höchstrichterlich entschieden worden ist.

LG Fulda 5 T 229/18

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

logo, concept, paragraph

Einziehung von Geschäftsanteilen – prozentuale Beteiligung der verbleibenden Geschäftsanteile – OLG München 31 Wx 16/22

April 19, 2024
Einziehung von Geschäftsanteilen – prozentuale Beteiligung der verbleibenden Geschäftsanteile – OLG München 31 Wx 16/22   TenorDer Beschluss …
woman in gold dress holding sword figurine

Beteiligung Kommanditist an Komplementär-GmbH als funktional (un)wesentliche Betriebsgrundlage seines Mitunternehmeranteils – BFH IV R 9/20

März 30, 2024
Beteiligung Kommanditist an Komplementär-GmbH als funktional (un)wesentliche Betriebsgrundlage seines Mitunternehmeranteils – BFH IV R 9/20Be…
brown wooden gavel on brown wooden table

Auslegungsfähigkeit eines Einspruchs – BFH V R 42/21

Februar 9, 2024
Auslegungsfähigkeit eines Einspruchs – BFH V R 42/21 – Urteil vom 12. Oktober 2023, Gegen die Ablehnung des Änderungsantragsvorgehend Thüring…