Oberlandesgericht Stuttgart 7 U 165/21 – Kündigung einer Lebens- oder Rentenversicherung

September 12, 2022

Oberlandesgericht Stuttgart 7 U 165/21 – Kündigung einer Lebens- oder Rentenversicherung

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Kernaussage:

In der Regel beinhaltet die Kündigung einer Lebens- oder Rentenversicherung durch den Versicherungsnehmer, wenn er die Auszahlung an sich selbst verlangt und keine gegenteiligen Hinweise gibt, auch den Widerruf bestehender Bezugsrechte.

Sachverhalt:

  • Die Versicherungsnehmerin (VN) kündigte ihre Rentenversicherung und verlangte die Auszahlung des Rückkaufswerts.
  • Einen Tag nach der Auszahlung verstarb sie. Ihre Tochter (Beklagte) erbte sie.
  • Die Versicherung (Klägerin) verlangte einen Teil des Rückkaufswerts zurück, da die Todesfallleistung geringer war und ein Bezugsrecht zugunsten des Lebensgefährten der VN bestand.
  • Die Beklagte argumentierte, dass die Kündigung auch den Widerruf des Bezugsrechts beinhaltete und die Auszahlung rechtmäßig war.

Entscheidung:

Oberlandesgericht Stuttgart 7 U 165/21 – Kündigung einer Lebens- oder Rentenversicherung

  • Das Oberlandesgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise statt.
  • Die Beklagte musste den Differenzbetrag zwischen Rückkaufswert und Todesfallleistung zurückzahlen.
  • Die Todesfallleistung stand der Beklagten jedoch zu, da die Kündigung als Widerruf des Bezugsrechts auszulegen war.

Begründung:

  • Widerruf des Bezugsrechts:
    • Eine Kündigung mit Auszahlungsverlangen an sich selbst beinhaltet regelmäßig auch den Widerruf des Bezugsrechts, da der Versicherungsnehmer den Wert der Versicherung seinem eigenen Vermögen zuführen will.
    • Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um ein Bezugsrecht auf den Erlebens- oder Todesfall handelt.
    • Nur bei atypischen Fällen, in denen der VN den Versicherer über eine andere Interessenlage informiert, kann eine andere Auslegung in Betracht kommen.
  • Schadensersatz:
    • Die Beklagte konnte sich nicht auf die Rechtsprechung des OLG Saarbrücken berufen, wonach der Versicherer den Erben von Ansprüchen freistellen muss, wenn das Valutaverhältnis offensichtlich mangelhaft ist.
    • Ein offensichtlicher Mangel lag hier nicht vor, da die Klägerin diesen bestritt und die Möglichkeit eines Schenkungsvertrags zwischen VN und Lebensgefährten bestand.
    • Die Klägerin hatte auch keine Hinweispflicht auf die Notwendigkeit, das Bezugsrecht ausdrücklich zu widerrufen.
  • Aufhebungsvertrag:
    • Die vorzeitige Auszahlung des Rückkaufswerts führte nicht zu einem schlüssigen Aufhebungsvertrag, da die Kündigung zum 01.04.2019 erfolgte und der Tod der VN danach eintrat.

Fazit:

Die Kündigung einer Lebensversicherung mit Auszahlungsverlangen an sich selbst beinhaltet in der Regel auch den Widerruf des Bezugsrechts, sofern keine gegenteiligen Hinweise vorliegen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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