Offenkundig unrichtige Nichtberücksichtigung eines Bestreitens wegen mangelnder Substantiierung – BGH VI ZR 361/21 – Beschluss vom 11.10.2022
Zusammenfassung RA und Notar Krau:
Der Beschluss BGH VI ZR 361/21 vom 11. Oktober 2022 betrifft eine Nichtzulassungsbeschwerde in einem Schadensersatzfall nach einem Reitunfall.
Die Beklagte hatte Einspruch gegen die landgerichtliche Verurteilung eingelegt.
Das Oberlandesgericht wies die Berufung der Beklagten zurück, was zur Nichtzulassungsbeschwerde führte.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hob den Beschluss des Oberlandesgerichts teilweise aufgrund offenkundig unrichtiger Nichtberücksichtigung eines Bestreitens wegen mangelnder Substantiierung auf.
Das Berufungsgericht hatte den Vortrag der Beklagten zur Dauer der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin nicht angemessen berücksichtigt.
Die Beklagte hatte die Unfallursächlichkeit bestritten und Einwände gegen das vorgelegte Gutachten vorgebracht.
Das Berufungsgericht setzte zu hohe Anforderungen an die Substantiierungslast der Beklagten und verletzte deren Recht auf rechtliches Gehör gemäß Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes.
Der Gehörsverstoß war entscheidungserheblich, da das Berufungsgericht möglicherweise anders entschieden und eine Beweisaufnahme durchgeführt hätte,
wenn es das Bestreiten der Beklagten angemessen berücksichtigt hätte.
Die Nichtzulassungsbeschwerde wurde daher teilweise erfolgreich, und der Fall wurde zur erneuten Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Offenkundig unrichtige Nichtberücksichtigung eines Bestreitens wegen mangelnder Substantiierung – BGH VI ZR 361/21
– Inhaltsverzeichnis
I. Hintergrund des Falls
II. Verfahrensgang
- Landgerichtliche Verurteilung
- Berufung und Entscheidung des Oberlandesgerichts
- Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesgerichtshof
III. Entscheidung des Bundesgerichtshofs
- Aufhebung des Beschlusses des Oberlandesgerichts
- Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör
- Notwendigkeit einer neuen Verhandlung
IV. Begründung der Entscheidung
- Bestreiten des Verdienstausfallschadens
- Substantiierungslast der Beklagten
- Entscheidungserheblichkeit des Gehörsverstoßes
V. Fazit und Schlussfolgerungen
- Zusammenfassung der wesentlichen Punkte
- Ausblick auf die weitere Entwicklung
VI. Tenor des Bundesgerichtshofs
- Aufhebung und Zurückverweisung an das Berufungsgericht
- Festlegung des Streitwerts
Offenkundig unrichtige Nichtberücksichtigung eines Bestreitens wegen mangelnder Substantiierung – BGH VI ZR 361/21
Allgemein:
Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) garantiert jedem das Recht auf rechtliches Gehör in gerichtlichen Verfahren.
Dies ist ein fundamentales Recht in einem Rechtsstaat und sichert die Fairness und Gerechtigkeit von Gerichtsverfahren.
Was bedeutet das Recht auf rechtliches Gehör?
- Anhörung: Jede Partei hat das Recht, sich zu dem Sachverhalt zu äußern und ihre Argumente vorzubringen.
- Berücksichtigung: Das Gericht muss die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis nehmen und bei seiner Entscheidung berücksichtigen.
- Waffengleichheit: Beide Parteien müssen die gleiche Möglichkeit haben, ihre Argumente vorzutragen und Beweismittel einzubringen.
Ausprägungen des Rechts auf rechtliches Gehör:
- Recht auf Akteneinsicht: Die Parteien haben das Recht, die Gerichtsakten einzusehen.
- Recht auf Stellungnahme: Die Parteien können zu allen relevanten Aspekten des Verfahrens Stellung nehmen.
- Recht auf Beweisantragstellung: Die Parteien können Beweisanträge stellen, um ihre Behauptungen zu belegen.
- Recht auf mündliche Verhandlung: In vielen Fällen haben die Parteien das Recht auf eine mündliche Verhandlung, in der sie ihre Argumente vortragen können.
Offenkundig unrichtige Nichtberücksichtigung eines Bestreitens wegen mangelnder Substantiierung – BGH VI ZR 361/21
Wann gilt das Recht auf rechtliches Gehör?
Das Recht auf rechtliches Gehör gilt in allen gerichtlichen Verfahren, also z.B.:
- Zivilprozessen
- Strafverfahren
- Verwaltungsverfahren
- Sozialgerichtsverfahren
- Verfassungsgerichtsverfahren
Was passiert bei Verletzung des rechtlichen Gehörs?
- Verfahrensfehler: Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist ein schwerwiegender Verfahrensfehler.
- Aufhebung der Entscheidung: Die Entscheidung kann aufgehoben und das Verfahren an das Gericht zurückverwiesen werden.
- Verfassungsbeschwerde: In bestimmten Fällen kann Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt werden.
Beispiele für Verletzungen des rechtlichen Gehörs:
- Das Gericht übergeht einen wichtigen Beweisantrag einer Partei.
- Das Gericht gibt einer Partei keine Gelegenheit zur Stellungnahme.
- Das Gericht entscheidet, ohne die Argumente einer Partei ausreichend zu würdigen.