OLG Bamberg 3 W 16/19

September 18, 2022

OLG Bamberg 3 W 16/19

Beschluss vom 06.05.2019 Testament

Erbeineinsetzung

Erblasserwillen

Beschwerde Nachlaßgericht

RA und Notar Krau

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Bamberg vom 06.05.2019 befasst sich mit der Auslegung eines Testaments und der Abgrenzung zwischen Erbeinsetzung und Vermächtnis.

Sachverhalt:

Der Erblasser hatte in einem notariellen Testament vom 28.05.2013 seine drei Enkeltöchter zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt.

OLG Bamberg 3 W 16/19

Später, am 30.04.2017, verfasste er eine handschriftliche Erklärung, in der er verfügte, dass seine Ehefrau nach seinem Tod

„aus seinem Besitz nehmen oder behalten kann, was immer sie auch will“.

Streitpunkt:

Die Ehefrau des Erblassers (Antragsgegnerin) sah in dieser handschriftlichen Erklärung eine Erbeinsetzung,

während die Enkeltöchter (Antragstellerinnen) sie als Vermächtnis interpretierten.

Das Nachlassgericht gab den Enkeltöchtern Recht und erteilte ihnen einen Erbschein als Miterbinnen zu je einem Drittel.

Gegen diese Entscheidung legte die Ehefrau Beschwerde beim Oberlandesgericht ein.

Entscheidung des Oberlandesgerichts:

OLG Bamberg 3 W 16/19

Das Oberlandesgericht bestätigte die Entscheidung des Nachlassgerichts und wies die Beschwerde der Ehefrau zurück.

Begründung:

  1. Keine Erbeinsetzung:

    • Der Wortlaut der handschriftlichen Erklärung spreche gegen eine Erbeinsetzung. Die Formulierung „aus meinem Besitz nehmen oder behalten kann, was immer sie auch will“ deute darauf hin, dass der Ehefrau lediglich die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, sich einzelne Gegenstände auszusuchen, nicht aber den gesamten Nachlass zu übernehmen.
    • Eine Erbeinsetzung sei dadurch gekennzeichnet, dass der Erbe in die gesamte Rechtsposition des Erblassers einrückt, also auch für die Nachlassverbindlichkeiten haftet. Dies sei hier nicht der Fall.
  2. Kein Widerruf des Testaments:

    • In der handschriftlichen Erklärung fehle ein ausdrücklicher Widerruf des vorherigen Testaments. Der Erblasser habe in früheren Testamenten explizit Widerrufsklauseln verwendet, was darauf hindeute, dass ihm die Bedeutung eines solchen Widerrufs bewusst war.
  3. Berücksichtigung der Altersversorgung:

    • Das Oberlandesgericht sah es als erwiesen an, dass der Erblasser die Altersversorgung seiner Ehefrau bedacht hatte. Eine Anhörung von Zeugen zu diesem Punkt sei daher nicht erforderlich.
  4. Hinweispflicht des Nachlassgerichts:

    • Die Frage, ob das Nachlassgericht seine Hinweispflicht verletzt habe, konnte offenbleiben, da die Beschwerdebegründung keine neuen Tatsachen enthielt, die zu einer anderen Beurteilung geführt hätten.

OLG Bamberg 3 W 16/19

Ergänzende Hinweise des Oberlandesgerichts:

  • Das Oberlandesgericht deutete an, dass die handschriftliche Erklärung des Erblassers als Hausratsvermächtnis in Anlehnung an § 1932 BGB (Voraus des Ehegatten) zu verstehen sei.
  • Demnach hätte die Ehefrau die Möglichkeit gehabt, sich Gegenstände aus dem Nachlass auszusuchen, die zu Lebzeiten des Erblassers dem gemeinsamen Haushalt oder ihrem persönlichen Gebrauch dienten.

Fazit:

Das Oberlandesgericht Bamberg hat in seiner Entscheidung klargestellt, dass die Auslegung von Testamenten am Wortlaut und dem mutmaßlichen Willen des Erblassers zu orientieren ist.

Eine Erbeinsetzung erfordert eine eindeutige Willensäußerung, die hier nicht vorlag.

Die handschriftliche Erklärung des Erblassers wurde als Vermächtnis interpretiert, das der Ehefrau die Auswahl bestimmter Gegenstände aus dem Nachlass ermöglichte.

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Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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