OLG Frankfurt am Main 20 W 343/15 – Erbschein Auslegung Testamentsformulierung

Dezember 12, 2017

OLG Frankfurt am Main 20 W 343/15 – Erbschein Auslegung Testamentsformulierung

RA und Notar Krau

Das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main in der Erbscheinssache (Az. 20 W 343/15) befasst sich mit der Auslegung einer Testamentsformulierung,

in der die Erblasserin verfügte, dass ihr Vermögen “in eine Stiftung für einen guten Zweck eingehen und ein Teil zur Sanierung eines sakralen Baues” soll.

Die Stadt, in der die Erblasserin zuletzt lebte, beantragte auf dieser Grundlage, als Erbin eingetragen zu werden.

Das Nachlassgericht wies diesen Antrag ab, und die Stadt legte Beschwerde ein, die das OLG jedoch ebenfalls zurückwies.

Die Testamentsformulierung wurde so ausgelegt, dass sie keine explizite Erbeinsetzung enthält.

Obwohl die Erblasserin ihrem Testament eine Bestimmung für karitative Zwecke hinzufügte, reichte dies nicht aus, um die Stadt als Alleinerbin festzulegen.

Die Bestimmung des “guten Zwecks” und der “Sanierung eines sakralen Baues” war zu ungenau, um eine Erbeinsetzung der Stadt zu rechtfertigen.

OLG Frankfurt am Main 20 W 343/15 – Erbschein Auslegung Testamentsformulierung

Zudem äußerte die Erblasserin im Testament, dass sie hoffte, noch nähere Anweisungen erteilen zu können, was auf eine unvollständige Willensbildung hindeutete.

Das Gericht betonte, dass eine wirksame Erbeinsetzung klare und objektive Kriterien erfordert, die es einer sachkundigen Person ermöglichen, den Erben ohne Ermessensspielraum zu bestimmen.

Dies sei hier jedoch nicht der Fall, da der Begriff “guter Zweck” vielfältig interpretiert werden kann und keine konkrete Stiftung oder Institution genannt wurde.

Auch eine analoge Anwendung von § 2072 BGB (Verfügungen zugunsten der Armen) wurde abgelehnt, da der “gute Zweck” nicht zwangsläufig mit der Unterstützung sozial schwacher Personen gleichzusetzen ist.

Letztlich entschied das Gericht, dass die Formulierung im Testament keine ausreichende Grundlage für die Erbeinsetzung der Stadt darstellt.

Die gesetzliche Erbfolge greift somit, und die Beschwerde der Stadt wurde abgewiesen.

Auch die Anträge der anderen Beteiligten auf Prozesskostenhilfe wurden abgelehnt, da die entsprechenden Erklärungen über ihre finanziellen Verhältnisse nicht fristgerecht eingereicht wurden.

Insgesamt zeigt das Urteil, dass unpräzise Testamentsformulierungen zu Problemen bei der Auslegung führen können und eine klare Benennung von Erben unerlässlich ist.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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