OLG Hamm 15 W 51/19 – Anfechtung einer Erbausschlagung
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschied im Beschluss vom 21.04.2022 (Az. 15 W 51/19) über die Zulässigkeit der Anfechtung einer Erbausschlagung aufgrund eines Rechtsfolgenirrtums.
Im zugrundeliegenden Fall war der Erblasser ohne Testament gestorben.
Seine Witwe (Beteiligte zu 1) und seine Kinder, darunter der Beteiligte zu 2, hatten die Erbschaft durch notarielle Erklärungen ausgeschlagen.
Die Familie war davon ausgegangen, dass die Witwe dadurch Alleinerbin wird.
Später stellte sich jedoch heraus, dass durch die Ausschlagung Halbgeschwister des Erblassers in die Erbfolge eintreten würden, was den Kindern unbekannt war.
Der Beteiligte zu 2 focht daraufhin seine Ausschlagung an, da er sich über die Rechtsfolgen geirrt habe.
Das Amtsgericht lehnte den Antrag der Witwe und des Beteiligten zu 2 auf einen gemeinschaftlichen Erbschein ab.
Es argumentierte, dass der Irrtum über die Person, die infolge der Ausschlagung erbt, keinen beachtlichen Anfechtungsgrund darstelle.
Es handele sich um einen unbeachtlichen Motivirrtum, der die Wirksamkeit der Ausschlagung nicht beeinflusst.
Das OLG Hamm bestätigte diese Entscheidung.
Zwar sei die Beschwerde zulässig, jedoch unbegründet.
Der Irrtum des Beteiligten zu 2 über die Erbfolge stelle keinen Rechtsfolgenirrtum, sondern einen unbeachtlichen Motivirrtum dar.
Die Ausschlagung sei wirksam erfolgt, und die spätere Anfechtung aufgrund dieses Irrtums bleibe ohne rechtliche Wirkung.
Das Gericht führte aus, dass nicht jeder Irrtum über die Rechtsfolgen einer Erklärung zu einer Anfechtung berechtige.
Entscheidend sei, ob sich der Irrtum auf die unmittelbaren Rechtsfolgen beziehe.
Ein Irrtum darüber, welche Person letztlich erbt, stelle jedoch lediglich eine mittelbare Rechtsfolge dar und sei daher unbeachtlich.
Das OLG Hamm erläuterte weiter, dass in der juristischen Praxis die Abgrenzung zwischen einem beachtlichen Rechtsfolgenirrtum und einem unbeachtlichen Motivirrtum oftmals schwierig sei.
Im vorliegenden Fall gebe es jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Ausschlagung auf einer rechtlichen Fehlvorstellung über die unmittelbaren Rechtsfolgen beruhte.
Die Argumentation, dass die Ausschlagung der Erbanteil der Witwe anwachsen sollte, fand das Gericht nicht überzeugend.
Auch der Umstand, dass der Beteiligte zu 2 die Halbgeschwister seines Vaters nicht kannte, änderte nichts an der Beurteilung.
Das Gericht ließ die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zu, da es von den Auffassungen anderer Oberlandesgerichte abwich.
Es sah die Notwendigkeit, die Rechtsprechung auf diesem Gebiet zu vereinheitlichen.
Die Entscheidung zeigt, dass Irrtümer über mittelbare Folgen einer Erklärung, wie die Person des Erben, in der Regel keinen Anfechtungsgrund darstellen und damit die Ausschlagung bindend bleibt.
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