OLG Hamm 15 W 73/16
Akteneinsicht durch Pflichtteilsberechtigten,
Verfahrensbeteiligter des Eröffnungsverfahrens
1) Ein Pflichtteilsberechtigter ist Verfahrensbeteiligter des Eröffnungsverfahrens.
2) Im steht ein Recht auf Einsicht in die Verfahrensakten einschließlich des von dem Erben ausgefüllten Wertfragebogens zu.
Tenor:
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Amtsgerichts – Nachlassgerichts – Dortmund (Nichtabhilfeentscheidung vom 3. Februar 2016) abgeändert.
Dem Beschwerdeführer wird Akteneinsicht durch Übersendung einer Kopie des Wertfragebogens aus der Testamentsakte bewilligt.
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist statthaft.
Da die Entscheidung über ein Akteneinsichtsgesuch nach § 13 FamFG kein Akt der Justizverwaltung ist, sondern in richterlicher Unabhängigkeit durch das verfahrensführende Gericht getroffen wird,
richtet sich die Anfechtbarkeit der Entscheidung grundsätzlich nach den Vorschriften des FamFG
Danach ist die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen die Ablehnung seines Antrages auf Übersendung einer Kopie des von dem Erben ausgefüllten Wertfragebogens statthaft nach § 58 Abs. 1 FamFG,
weil es sich bei dieser Entscheidung im Testamentseröffnungsverfahren im Verhältnis zum Beteiligten zu 1) um eine Endentscheidung im Sinne dieser Vorschrift handelt.
Die Beschwerde ist auch im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, insbesondere form- und fristgemäß eingelegt worden.
Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Dem Beschwerdeführer steht gemäß § 13 Abs. 1 FamFG ein Recht auf Einsichtnahme in die gesamten Verfahrensakten einschließlich dem von dem Beteiligten zu 2) ausgefüllten Wertfragebogens zu.
Im Rahmen dieses Akteneinsichtsrechts hat der Beteiligte zu 1) gemäß § 13 Abs. 3 FamFG einen Anspruch auf Übersendung einer Abschrift auf seine Kosten.
Der Beteiligte zu 1) ist als Sohn des Erblassers potentieller gesetzlicher Erbe und Pflichtteilsberechtigter und damit Beteiligter des Eröffnungsverfahrens im Sinne des § 13 Abs. 1 FamFG.
Verfahrensbeteiligter im Eröffnungsverfahren ist derjenige, der nach § 348 Abs. 2 und 3 FamFG zum Termin zu laden bzw. von dem Inhalt der Verfügung von Todes wegen zu benachrichtigen ist.
Diese Beteiligten sind mangels einer ausdrücklichen Regelung in § 348 FamFG bzw. § 345 FamFG materiell-rechtlich zu bestimmen.
Beteiligte sind danach alle Personen, denen durch die letztwillige Verfügung ein Recht genommen oder gewährt wird
Dazu gehört der Beteiligte zu 1), weil sein gesetzliches Erbrecht durch die eröffnete letztwillige Verfügung ausgeschlossen worden ist.
Gemäß § 13 Abs. 1 FamFG steht ihm danach ein Recht auf Akteneinsicht in alle schriftlichen Unterlagen, die zu dem vom Gericht zu würdigenden Verfahrensstoff gehören, zu.
Von diesem Recht ist entgegen dem Nachlassgericht die Nachlassaufstellung in dem von dem Beteiligten zu 2) ausgefüllten Wertfragebogen nicht ausgenommen.
Der Beschwerdeführer hat als Pflichtteilsberechtigter ein berechtigtes Interesse daran, sich Kenntnis vom Umfang des Nachlasses und damit von der Höhe seines Pflichtteilsanspruchs zu verschaffen,
weil dies sein Vorgehen gegen den Erben und Pflichtteilsschuldner beeinflussen kann.
Zur Informationsbeschaffung kann – neben anderen Erkenntnisquellen – auch die im Rahmen des Testamentseröffnungsverfahrens von dem Erben gefertigte Nachlassaufstellung dienen.
Dass diese Aufstellung für einen anderen Zweck, die Ermittlung des Geschäftswertes, vom Nachlassgericht verlangt und vom Erben erstellt wurde, steht einem berechtigten Interesse des Pflichtteilsberechtigten nicht entgegen
Dem Einsichtsrecht des Beschwerdeführers steht auch nicht entgegen, dass dieser andere Möglichkeiten hat, sich Kenntnis über den Nachlassbestand zu verschaffen, insbesondere einen unmittelbaren Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB gegen den Erben und Schuldner des Pflichtteilsanspruchs.
Das berechtigte Interesse wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Informationen auch auf andere Weise beschafft werden können,
zumal die gerichtliche Geltendmachung des Auskunftsanspruchs mit Kosten verbunden ist
Ein schutzwertes Interesse der übrigen Beteiligten, die Nachlassaufstellung von der Akteneinsicht auszunehmen, ist nicht zu erkennen.
Sie sind vom Nachlassgericht im Rahmen des Abhilfeverfahrens angehört worden und haben dem Akteneinsichtsgesuch des Beschwerdeführers nicht widersprochen.
Gründe für eine Geheimhaltung der von dem Beteiligten zu 2) angefertigten Nachlassaufstellung im Sinne des § 13 Abs. 1 2. Halbsatz FamFG sind nicht ersichtlich.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.