OLG Köln 2 Ww 349/14 – Beschluss vom 19.12.2014 – unterbliebene Einreichung der Jahresabschlussunterlagen zum Bundesanzeiger
Tenor
I.
Der Einzelrichter überträgt das Verfahren auf den Senat zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung.
II.
Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 04.09.2014 gegen den am 28.08.2014 erlassenen Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Bonn vom 27.08.2014, 35 T 205/14, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beteiligte zu 1) zu tragen.
Gründe OLG Köln 2 Ww 349/14
I.
Mit Verfügung vom 17.01.2012 forderte das Bundesamt für Justiz die Beschwerdeführerin unter Androhung eines (sechsten) Ordnungsgeldes in Höhe von 15.000,00 € auf, die Jahresabschlussunterlagen zum Abschlussstichtag des 31.12.2008 binnen einer sechswöchigen Nachfrist bei dem Betreiber des Bundesanzeigers einzureichen.
Da die Einreichung der erforderlichen Jahresabschlussunterlagen nicht innerhalb der gesetzten Nachfrist erfolgte, setzte das Bundesamt für Justiz mit Verfügung vom 16.09.2013 das angedrohte Ordnungsgeld in Höhe von 15.000,00 € fest.
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 29.01.2014 hat das Landgericht Bonn der Beschwerdeführerin Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist gewährt, die unter dem 16.09.2013 getroffene Ordnungsgeldentscheidung einschließlich der Festsetzung von Zustellungskosten in der gleichen Entscheidung aufgehoben und die außergerichtlichen Kosten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, der Staatskasse auferlegt (Bl. 93 d. A.).
Mit Antrag vom 25.07.2014 hat die Beschwerdeführerin Festsetzung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.060,00 € beantragt, und zwar ausgehend von einem Gegenstandswert von 15.000,00 € eine 1,6-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3200 VV der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 S. 1 RVG in Höhe von 1.040,00 € und eine Pauschale gem. Nr. 7002 VV der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 S. 1 RVG in Höhe von 20,00 €.
OLG Köln 2 Ww 349/14
Durch am 28.08.2014 erlassenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27.08.2014 hat die Rechtspflegerin des Landgerichts Bonn nur 345,00 € festgesetzt, weitere 715,00 € dagegen abgesetzt (Bl. 104 f. d. A.).
Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass neben der Pauschale von 20,00 € lediglich eine Verfahrensgebühr von 325,00 € gem. Nr. 3500 VV der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 S. 1 RVG anzusetzen sei.
Gegen diesen der Beschwerdeführerin am 29.08.2014 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss richtet sich ihre am 05.09.2014 beim Landgericht Bonn eingegangene “Erinnerung/Beschwerde” vom 04.09.2014 (Bl. 111 f. d. A.).
Zur Begründung trägt sie vor, dass das Verfahren nach §§ 335 Abs. 4 und 5 HGB ein endentscheidendes und den Rechtszug beendendes Verfahren innerhalb der freiwilligen Gerichtsbarkeit sei und dementsprechend die Gebührentatbestände der Nrn. 3200 ff. VV RVG anzuwenden seien.
Durch Beschluss vom 30.09.2014 hat die Rechtspflegerin des Landgerichts Bonn der “Erinnerung” der Beschwerdeführerin nicht abgeholfen und die Sache der zuständigen Kammer zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 119 d. A.).
Durch Verfügung vom 06.11.2014 hat die Rechtspflegerin die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt.
II.
1.
Der Einzelrichter des Senats, der gem. §§ 335a Abs. 2 S. 8 HGB, 104 Abs. 3, 568 S. 1 ZPO für die Entscheidung über die als sofortige Beschwerde zu verstehende “Erinnerung/Beschwerde” gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27.08.2014 grundsätzlich zuständig ist, weil die angefochtene Entscheidung hier von einer Rechtspflegerin erlassen wurde, überträgt das Verfahren dem Senat zur Entscheidung in seiner im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 568 S. 2 Nr. 2 ZPO).
2.
OLG Köln 2 Ww 349/14
Die zulässige sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) hat in der Sache keinen Erfolg.
Im hier vorliegenden Verfahren einer Beschwerde gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes nach § 335 HGB bestimmt sich die Verfahrensgebühr eines bevollmächtigen Rechtsanwalts nicht gem. Nr. 3200 VV der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, sondern gem. Nr. 3500 VV der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 S. 1 RVG.
Zwar handelt es sich bei der Beschwerde gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gem. § 335 HGB um eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit im Sinne der Vorbemerkung 3.2.1 Nr. 2 b) vor Nr. 3200 VV der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, weil gegen die Entscheidung, durch die ein Ordnungsgeld gemäß §§ 335 HGB festgesetzt wird, die Beschwerde nach den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gem. § 335a Abs. 1 HGB in der seit dem 10.10.2013 gültigen Fassung stattfindet.
Denn eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit liegt immer dann vor, wenn sie dem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit unterstellt ist (Keidel/Sternal, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 1 Rn. 13; Prütting/Helms/Prütting, FamFG, 3. Aufl. 2014, Einl. Rn. 52 und § 1 Rn. 3 ff.; MüKo-FamFG/Papst, 2. Aufl. 2013, § 1 Rn. 9).
Zum Teil erfolgt die Zuweisung von Sachen zur freiwilligen Gerichtsbarkeit dadurch, dass der Gesetzgeber bestimmt, sie seien im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu entscheiden oder auf das Verfahren sei das FamFG unmittelbar bzw. sinngemäß anzuwenden (Keidel/Sternal, a.a.O., Rn. 16), so wie hier in § 335a Abs. 1 HGB.
Dementsprechend wird auch zu der Vorbemerkung 3.2.1 Nr. 2 b) vor Nr. 3200 VV der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 S. 1 RVG zu Recht die Auffassung vertreten, dass es sich immer dann um eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt, wenn eine bundesgesetzliche Zuweisung auf das FamFG stattfindet (Schneider/Wolf, Anwaltskommentar zum RVG /, 7. Aufl. 2014, VV Vorb. 3.2.1 Rn. 95), so wie hier in § 335a Abs. 1 HGB. Diese Frage kann hier letztlich aber offen bleiben.
Denn vorliegend hat es sich nicht um eine Beschwerde gegen eine Endentscheidung wegen des Hauptgegenstandes gehandelt, sondern um eine Beschwerde gegen eine Zwischenentscheidung.
Die Anwendung der Nr. 3200 VV der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 S. 1 RVG setzt voraus, dass sich die Beschwerde gegen eine Endentscheidung wegen des Hauptsachegegenstandes gerichtet hat.
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Also werden nicht erfasst Beschwerden z. B. wegen Kostenentscheidungen, Richterablehnungen, versagter PKH oder einer Aussetzung des Verfahrens.
Zur Abgrenzung kann auf die Literatur und Rechtsprechung zu § 621e ZPO in der bis zum 31.08.2009 geltenden Fassung zurückgegriffen werden (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 21. Aufl. 2013, VV Vorb. 3.2.1 Rn. 28).
Danach zählten die Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld gem. § 33 FGG in der bis zum 31.08.2009 geltenden Fassung zu den sog. Zwischenentscheidungen (Thomas/Putzo, ZPO, 31. Aufl. 2010, § 621e Rn. 3; BGH NJW 1979, 820; BGH NJW 1981, 177).
Aber auch nach Einführung des FamFG sind die Verfahren auf Festsetzung von Ordnungsgeld gem. § 33 FamFG oder Zwangsmitteln gem. § 35 FamFG nicht als Endentscheidungen in der Hauptsache anzusehen (Keidel/Meyer-Holz, a.a.O., § 58 Rn. 89, 93; Prütting/Helms/Abramenko, a.a.O., § 58 Rn. 17).
Nichts anderes gilt nach Auffassung des Senates für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gem. § 335 HGB.
Denn die Festsetzung des Ordnungsgeld nach dieser Vorschrift dient einer Hauptsache, und zwar der Durchsetzung der Pflichten des vertretungsberechtigten Organs einer Kapitalgesellschaft gem. §§ 325, 325a HGB.
Die hier mit der Beschwerde angefochtene Festsetzung eines Ordnungsgeldes stellt daher keine Endentscheidung über den Hauptgegenstand dar.
Eine Endentscheidung über den Hauptgegenstand ist im vorliegenden Fall auch nicht deshalb anzunehmen, weil gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes nach § 335 HGB über § 335a Abs. 1 HGB das Rechtsmittel der Beschwerde gem. § 58 Abs. 1 FamFG gegeben ist und nicht die sofortige Beschwerde gem. §§ 567 ff. ZPO.
Zwar ist gegen Endscheidungen in der Hauptsache nach dem FamFG in der Regel das Rechtsmittel der befristeten Beschwerde gem. §§ 58 ff. FamFG gegeben, gegen Nebenentscheidungen dagegen regelmäßig die sofortige Beschwerde (vgl. nur §§ 6 Abs. 2, 21 Abs. 2, 33 Abs. 3 S. 5, 35 Abs. 5, 85 (i.V.m. § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO), 87 Abs. 4 FamFG).
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Dies ist jedoch nicht zwingend. Denn eine Kostengrundentscheidung stellt z. B. keine Endentscheidung in der Hauptsache dar (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, a.a.O., Rn. 28; Keidel/Meyer-Holz, a.a.O., § 58 Rn. 118; MüKo-FamFG/Fischer, a.a.O., § 58 Rn. 86), ist aber mit der befristeten Beschwerde gem. §§ 58 ff. FamFG anfechtbar und nicht mit der sofortigen Beschwerde (Keidel/Meyer-Holz, a.a.O., § 58 Rn. 95, 97; Bork/Jacoby/Schwab/Müther, FamFG, 2. Aufl. 2013, § 81 Rn. 21).
Dementsprechend spricht der Umstand, dass die Festsetzung des Ordnungsgeldes nach § 335 HGB mit dem Rechtsmittel der befristeten Beschwerde gem. §§ 58 ff. FamFG anfechtbar ist und nicht mit der sofortigen Beschwerde, nicht dafür, dass es sich um eine Entscheidung in der Hauptsache handelt.
Auch die Tatsache, dass es im Rahmen des Verfahrens nach § 335 HGB keine Entscheidung in der Hauptsache gibt, spricht nicht dafür, die Festsetzung eines Ordnungsgeldes als Hauptsacheentscheidung anzusehen.
Denn das Ordnungsgeld dient hier der Durchsetzung der Pflichten des vertretungsberechtigten Organs einer Kapitalgesellschaft gem. §§ 325, 325a HGB.
Die Erfüllung dieser Pflichten stellt die Hauptsache dar. Dass in diesem Zusammenhang keine Entscheidung in der Hauptsache ergehen kann, ist unerheblich.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen für eine Zulassung nicht vorliegen (§ 574 Abs. 2, Abs. 3 S. 1 ZPO).
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Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Grundsätzliche Bedeutung liegt dann vor, wenn eine klärungsbedürftige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einheitlicher Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 543 Rn. 11; BGHZ 151, 221; BGH NJW 2002, 2957; BGH NJW 2003, 65; BGH NJW 2003, 831; BGH NJW 2003, 1943; BGH NJW 2003, 2319).
Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn zu ihr unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und noch keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt (Zöller/Heßler, a.a.O.; BVerfG NJW 2011, 1277).
Ein Fall grundsätzlicher Bedeutung in diesem Sinne liegt lag zwar für den Einzelrichter des Senates, nicht aber für den Senat selbst vor.
Denn für die entschiedene Rechtsfrage ist als Beschwerdegericht im Kostenfestsetzungsverfahren ausschließlich das Oberlandesgericht Köln zuständig.
Dies beruht darauf, dass für die Beschwerde gegen die Festsetzung des Ordnungsgeldes gem. § 335a Abs. 2 S. 1 HGB und damit auch für die Kostenfestsetzung ausschließlich das für den Sitz des Bundesamtes zuständige Landgericht Bonn zuständig ist.
Für Beschwerden gegen Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Landgerichts Bonn ist wiederum allein das Oberlandesgericht Köln zuständig.
Im Übrigen erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) aus vorgenannten Gründen keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren: 715,00 €
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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
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Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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