OLG München 18 U 1202/17 – Wirksamkeit einer testamentarischen Schiedsgerichtsklausel

Juli 18, 2020

OLG München 18 U 1202/17 – Wirksamkeit einer testamentarischen Schiedsgerichtsklausel

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Das Oberlandesgericht (OLG) München hat am 25. Oktober 2017 in einem Beschluss (Az. 18 U 1202/17) zur Nachlasssache entschieden, dass die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 24. Februar 2017 (Az. 13 O 5937/15) gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen wird.

Der Senat stellt fest, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat und die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt.

Es sei weder eine Fortbildung des Rechts noch eine Sicherung der einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, und auch eine mündliche Verhandlung sei nicht notwendig.

I. Zur Unwirksamkeit der Schiedsgerichtsklausel im Testament

Das Landgericht hat die Klage zu Recht nicht nach § 1032 Abs. 1 ZPO als unzulässig abgewiesen, weil die Schiedsklausel im Testament des Erblassers vom 17. April 2010 (Anlage K1) insoweit unwirksam ist, als sie Pflichtteilsansprüche einem schiedsrichterlichen Verfahren unterwirft.

Solche Klauseln überschreiten die Grenzen der materiellen Dispositionsbefugnis des Erblassers.

Gemäß § 1066 ZPO sind Schiedsgerichte nur “in gesetzlich statthafter Weise” zulässig, was bedeutet, dass die Anordnung in der Verfügungsmacht des Erblassers liegen muss.

OLG München 18 U 1202/17 – Wirksamkeit einer testamentarischen Schiedsgerichtsklausel

Die grundsätzliche Unentziehbarkeit des Pflichtteils gemäß §§ 2303, 2333 BGB beschränkt die Testierfreiheit des Erblassers und verbietet ihm, den Pflichtteilsberechtigten auf ein Schiedsgericht zu verweisen.

Dies wurde auch durch den Bundesgerichtshof in einem Beschluss vom 16. März 2017 (I ZB 50/16) bestätigt.

II. Anspruch auf notarielles Nachlassverzeichnis trotz privatem Nachlassverzeichnis

Der Senat ist auch der Auffassung, dass der Anspruch auf Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses gemäß § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB auch dann besteht, wenn bereits ein privates Nachlassverzeichnis vorliegt.

Diese Auffassung ist in der Rechtsprechung und Literatur einhellig.

Ein notarielle Verzeichnis ist auch dann zu erstellen, wenn das private Verzeichnis vollständig und einheitlich ist, da es hier um die Gewähr höherer Richtigkeit und die Bemühung des Notars um vollständige und wahrheitsgemäße Angaben geht.

Keine gesonderte Begründung notwendig:

Der Anspruch auf ein notarielles Nachlassverzeichnis besteht auch ohne gesonderte Begründung, selbst wenn das private Nachlassverzeichnis vollständig und einheitlich ist.

Im vorliegenden Fall handelte es sich jedoch um über ein Jahr verteilte Einzelauskünfte, die kein abschließendes Nachlassverzeichnis darstellten.

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Keine fundierte inhaltliche Stellungnahme erforderlich:

Es ist keine fundierte inhaltliche Stellungnahme der Kläger zu den erteilten Auskünften notwendig, zumal ihnen kein abschließendes Nachlassverzeichnis vorgelegt wurde.

Auch müssen die Einwände der Kläger gegen die Vollständigkeit und Richtigkeit der erteilten Auskünfte nicht begründet sein.

Notarielles Nachlassverzeichnis dient nicht nur der Erlangung weiterer Auskünfte:

Anders als der Beklagte zu 1) meint, dient die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses nicht nur der Erlangung weiterer Auskünfte.

Es soll dem Pflichtteilsberechtigten eine höhere Gewähr für die Richtigkeit der Angaben bieten.

III. Keine Rechtsmissbräuchlichkeit oder Schikane der Kläger

Die vom Beklagten zu 1) erhobenen Einwände des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) oder der Schikane (§ 226 BGB) greifen nicht durch.

Hinweis auf Pflichtteilsansprüche:

Der Hinweis des Beklagten, die Kläger hätten sich erst spät an ihn gewandt, ist unbegründet, da der anwaltliche Vertreter der Kläger bereits am 22. Februar 2013 auf die Pflichtteilsansprüche hingewiesen hatte.

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Kein Pflichtteilsfremder Zweck:

Die Ansicht des Beklagten, die Kläger verfolgten mit der Stufenklage pflichtteilsfremde Zwecke, ist nicht nachvollziehbar.

Selbst wenn die Ansprüche der Kläger ohne Klage verjährt wären, hätten sie die Verjährungshemmung auch durch eine beschränkte Stufenklage erreichen können.

IV. Aufforderung zur Berufungsrücknahme

Der Senat regt die Zurücknahme der Berufung an, da sie offensichtlich unbegründet ist. Im Falle der Berufungsrücknahme würden sich die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens von 4,0 auf 2,0 Gebühren ermäßigen.

Der Beschluss verdeutlicht, dass testamentarische Schiedsklauseln, die Pflichtteilsansprüche betreffen, unwirksam sind, und dass ein Pflichtteilsberechtigter Anspruch auf ein notarielles Nachlassverzeichnis hat, selbst wenn bereits ein privates Verzeichnis vorliegt.

Es wird klargestellt, dass das notarielle Verzeichnis eine höhere Genauigkeit und Übersichtlichkeit bieten soll. Die Einwände des Beklagten hinsichtlich Rechtsmissbrauchs und Schikane wurden zurückgewiesen, und die Kläger handelten im Rahmen ihrer gesetzlichen Rechte.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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