OLG München 31 Wx 224/16
Wechselbezügliche Anordnungen in Ehegattentestament,
“Pflichtteils”- bzw. “Erbteilsverzicht” der Kinder bis beide Eltern verstorben sind,
Die Eheleute hatten ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie sich zunächst gegenseitig zu Alleinerben einsetzten.
Für den Fall des Ablebens des Überlebenden enthielt das Testament jedoch keine ausdrückliche Erbeinsetzung.
Stattdessen fanden sich Anordnungen zu “Pflichtteils”- bzw. “Erbteilsverzicht” der Kinder bis zum Tod beider Elternteile sowie Zuwendungen von Vermögensgegenständen.
Nach dem Tod des Ehemannes errichtete die Ehefrau ein weiteres Testament, in dem sie ihren Söhnen ihr Wohneigentum zuwandte.
Streitpunkt:
Die Söhne (Beteiligte zu 2 und 3) beantragten die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Erben zu je ½ auswies.
Sie argumentierten, dass das gemeinschaftliche Testament keine Schlusserbeneinsetzung enthalte und das spätere Testament der Mutter wirksam sei.
Der andere Sohn (Beteiligter zu 1) war der Ansicht, dass das gemeinschaftliche Testament ihn und seinen Bruder als Schlusserben einsetze
und das spätere Testament der Mutter unwirksam sei.
Entscheidung des OLG München:
Das OLG München wies die Beschwerden der Söhne (Beteiligte zu 2 und 3) zurück und bestätigte die Entscheidung des Nachlassgerichts.
Das gemeinschaftliche Testament enthalte entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer eine konkludente Schlusserbeneinsetzung der gemeinsamen Kinder.
Die Anordnungen der Ehegatten betreffend einen “Pflichtteils”- bzw. “Erbteilsverzicht” der Kinder bis zum Tod beider Elternteile sprächen dafür,
dass der überlebende Ehegatte zunächst den uneingeschränkten Genuss des ehelichen Vermögens haben und die Kinder erst danach Zugriff erhalten sollten.
Dies entspreche der Vorstellung, dass das beidseitige Vermögen nach dem Ableben des Überlebenden als Einheit ungeschmälert an die Kinder übergehen solle.
Die Auslegung des Testaments ergebe, dass die Kinder zu gleichen Teilen Schlusserben sein sollten.
Die Formulierungen “beide” und “Pflichtteils”- bzw. “Erbteilsverzicht” sowie die Anordnung zur Aufteilung des restlichen Vermögens legten dies nahe.
Auch die Zuwendung einer Immobilie an einen Sohn “als Ausgleich” für eine bereits erfolgte Grundstücksübertragung spreche für eine Gleichbehandlung der Kinder.
Die Einsetzung der Ehefrau als Alleinerbin durch den Ehemann sei wechselbezüglich im Sinne des § 2270 Abs. 1 BGB zu der Einsetzung der Kinder als Schlusserben.
Die Verfügungen seien voneinander abhängig, da der Ehemann seine Ehefrau zur Alleinerbin eingesetzt habe
und diese für den Fall ihres Überlebens die gemeinsamen Kinder als Erben eingesetzt habe.
Es lägen keine Umstände vor, die gegen die Annahme der Wechselbezüglichkeit sprächen.
Unterschiedliche Vermögensverhältnisse der Ehegatten seien kein zwingender Grund gegen die Wechselbezüglichkeit.
Im vorliegenden Fall gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Ehegatten in ihrer Vermögensplanung auf die rechtliche Zuordnung der Vermögenswerte abgestellt hätten.
Vielmehr ergebe sich aus dem Testament, dass sie den Nachlass als Einheit betrachtet hätten.
Die einseitige Testamentserrichtung der Ehefrau im Jahr 2007 ändere nichts an der Wechselbezüglichkeit der Verfügungen im gemeinschaftlichen Testament.
Maßgeblich sei allein der gemeinsame Wille der Ehegatten im Zeitpunkt der Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments.
Die Anfechtung der Verfügungen zugunsten des Beteiligten zu 1 durch die Beschwerdeführer habe keinen Erfolg.
Die Beschwerdeführer könnten zwar die Verfügungen der Mutter anfechten, ihr Anfechtungsrecht sei aber analog § 2285 BGB eingeschränkt.
Da die Mutter ihre Einsetzung des Beteiligten zu 1 im gemeinschaftlichen Testament nicht innerhalb der Jahresfrist des § 2081 BGB angefochten habe, sei die Anfechtung ausgeschlossen.
Hinsichtlich der Verfügungen des Ehemannes im gemeinschaftlichen Testament gelte die Jahresfrist des § 2283 BGB i.V.m. § 2285 BGB hingegen nicht.
Die Anfechtung scheitere aber daran, dass der Senat nicht davon überzeugt sei, dass der Ehemann im Zeitpunkt
der Testamentserrichtung den von den Beschwerdeführern behaupteten Motivirrtümern unterlegen war.
Ergebnis:
Das OLG München bestätigte die Entscheidung des Nachlassgerichts und wies die Beschwerden der Söhne zurück.
Das gemeinschaftliche Testament enthalte eine konkludente Schlusserbeneinsetzung der Kinder zu gleichen Teilen.
Das spätere Testament der Mutter sei unwirksam.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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