OLG Schleswig 3 Wx 74/12
Anfechtbarkeit der angekündigten vollständigen Eröffnung eines Ehegattentestamentes
RA und Notar Krau
Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig hat in seinem Beschluss vom 23.11.2012 entschieden,
dass ein gemeinschaftliches Testament von Ehegatten grundsätzlich vollständig zu eröffnen ist, auch wenn es Verfügungen enthält, die erst nach dem Tod des Längstlebenden wirksam werden.
Sachverhalt:
Die Eheleute A und B hatten ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten und ihren Neffen zum Schlusserben bestimmten.
In einer weiteren Klausel setzten sie Vermächtnisse für ihre Nichten aus.
Der Ehemann verstarb zuerst.
Die Ehefrau beantragte, dass das Testament nur teilweise eröffnet werde, da die Vermächtnisse erst nach ihrem Tod wirksam werden sollten.
Entscheidung des OLG:
Das OLG wies die Beschwerde der Ehefrau zurück und entschied, dass das Testament vollständig zu eröffnen sei.
Begründung:
Das OLG führte aus, dass die Eröffnung eines Testaments grundsätzlich den gesamten Inhalt des Schriftstücks umfassen müsse. Ausgelassen werden dürften nur Textpassagen,
die ohne jeden Bezug zum betreffenden Erbfall seien und sich trennen ließen.
Eine Anordnung des Erblassers, die Eröffnung zu verbieten, sei unbeachtlich.
Bei einem gemeinschaftlichen Testament sei eine Trennung der beiderseitigen Verfügungen möglich, wenn sie in selbstständigen, auch äußerlich auseinandergehaltenen Sätzen getroffen seien.
Dagegen sei regelmäßig Untrennbarkeit anzunehmen, wenn die Verfügungen sprachlich zusammengefasst seien, wie es der Fall sei, wenn die Ehegatten in der „Wir-Form“ verfügten.
Im vorliegenden Fall enthielte das Testament eine Verfügung beider Ehegatten.
Dass diese für den Erstversterbenden gegenstandslos geworden sei, nehme sie nicht vom eröffnungspflichtigen Inhalt des Testaments aus.
Interessenabwägung:
Das OLG hat in seiner Entscheidung die Interessen der Ehefrau an der Geheimhaltung ihres Testaments gegen die Interessen der Nichten und des Neffen an der Kenntnis des vollständigen Testaments abgewogen.
Es kam zu dem Ergebnis, dass die Interessen der Nichten und des Neffen überwiegen.
Fazit:
Das OLG Schleswig hat in seinem Beschluss vom 23.11.2012 entschieden, dass ein gemeinschaftliches Testament von Ehegatten grundsätzlich vollständig zu eröffnen ist,
auch wenn es Verfügungen enthält, die erst nach dem Tod des Längstlebenden wirksam werden.
Auswirkungen der Entscheidung:
Die Entscheidung des OLG Schleswig hat Auswirkungen auf die Praxis der Testamentsvollstreckung.
Sie verdeutlicht, dass die Eröffnung eines Testaments grundsätzlich den gesamten Inhalt des Schriftstücks umfassen muss.
Ausnahmen sind nur in engen Grenzen zulässig.
Anmerkung:
Die Entscheidung des OLG Schleswig ist in der Literatur auf Zustimmung gestoßen.
Sie entspricht der herrschenden Meinung, dass ein gemeinschaftliches Testament von Ehegatten grundsätzlich vollständig zu eröffnen ist.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.