Steht der Nacherbfall unter der aufschiebenden Bedingung einer abgeschlossenen Berufsausbildung – KG Urteil vom 24.11.2022

Juli 18, 2024

Steht der Nacherbfall unter der aufschiebenden Bedingung einer abgeschlossenen Berufsausbildung – KG Urteil vom 24.11.2022

Zusammenfassung RA und Notar Krau


Ohne eine eindeutige Andeutung im Testament kann nicht festgestellt werden, dass die Nacherbeneinsetzung zusätzlich unter der Bedingung des Todes der Vorerbin steht.


Dies bedeutet, dass der Nacherbe erst dann als solcher gilt, wenn die Bedingung der abgeschlossenen Berufsausbildung erfüllt ist, und nicht automatisch mit dem Tod der Vorerbin.


Formwirksamkeit des Erblasserwillens:

Ein hypothetischer Wille des Erblassers, der im Testament nicht ausdrücklich angedeutet wird, ist gemäß § 2247 BGB formunwirksam und daher gemäß § 125 S. 1 BGB nichtig.


Der Wille des Erblassers muss in der Testamentsurkunde zumindest andeutungsweise zum Ausdruck kommen, um rechtsgültig zu sein.


Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO:

Eine Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Verfügung der Vorerbin ist unzulässig, wenn die Kläger nicht Erben geworden sind.


Das erforderliche eigene Feststellungsinteresse fehlt in diesem Fall, da sie keine Rechte aus der Erbschaft ableiten können.


Vermutung nach § 2365 BGB:

Im Streit zwischen Erbanwärtern greift die Vermutung des § 2365 BGB nicht.

Steht der Nacherbfall unter der aufschiebenden Bedingung einer abgeschlossenen Berufsausbildung – KG Urteil vom 24.11.2022


Das bedeutet, dass bei Streitigkeiten um das Erbe die gesetzliche Vermutung, dass ein Erbschein die Richtigkeit der angegebenen Erben bestätigt, nicht anwendbar ist.


Andeutungstheorie bei Testamentsauslegung:

Eine Testamentsauslegung ist nur dann möglich, wenn der Wille des Erblassers in der Testamentsurkunde irgendwie zum Ausdruck gekommen ist.


Eine bloße Auslegungsbedürftigkeit des Testaments reicht nicht aus, um den Willen des Erblassers zu ermitteln.


Regelung des § 2108 Abs. 2 S. 1 BGB:

Diese Regelung gilt nur, wenn die Nacherbfolge befristet oder auflösend bedingt ist.


Bei einer aufschiebenden Bedingung bleibt es gemäß § 2108 Abs. 2 S. 2 BGB bei der Regelung des § 2074 BGB, d.h., die Nacherbschaft tritt nur ein, wenn der Bedachte den Eintritt der Bedingung erlebt hat.


Stirbt der Bedachte vor dem Eintritt der Bedingung, so ist seine Anwartschaft in der Regel nicht vererblich.
Relevante Urteile und Literatur


Das Urteil verweist auf verschiedene relevante Entscheidungen und Kommentare:

BGH Beschluss vom 19. Juni 2019 – IV ZB 30/18: Diskutiert die Nichtigkeit von hypothetischen Wünschen des Erblassers, die nicht formgerecht im Testament niedergelegt sind.

Steht der Nacherbfall unter der aufschiebenden Bedingung einer abgeschlossenen Berufsausbildung – KG Urteil vom 24.11.2022


BGH Urteil vom 6. Juli 1989 – IX ZR 280/88: Beschäftigt sich mit dem Erfordernis eines eigenen Feststellungsinteresses bei Klagen gemäß § 256 Abs. 1 ZPO.


KG Beschlüsse vom 2. Juni 2014 und 16. Juli 2014 – 25 U 4/14: Behandeln die Anwendung der Vermutung des § 2365 BGB im Erbanwärterstreit.


Fazit


Das Urteil des Kammergerichts unterstreicht die Notwendigkeit einer klaren und deutlichen Formulierung im Testament, um den Willen des Erblassers rechtswirksam zu erklären.

Es verdeutlicht, dass aufschiebende Bedingungen für eine Nacherbschaft eindeutig definiert sein müssen und dass eine hypothetische Auslegung, die im Testament keinen Anhaltspunkt findet, nicht ausreicht.

Ebenso wird klargestellt, dass ein eigenes Feststellungsinteresse für Klagen gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderlich ist und die gesetzlichen Vermutungen in Erbstreitigkeiten zwischen Erbanwärtern nicht anwendbar sind.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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