Vergütung entlassener Testamentsvollstrecker – Saarländisches OLG 5 U 98/22

Dezember 9, 2023

Vergütung entlassener Testamentsvollstrecker – Saarländisches OLG 5 U 98/22 – Vergütungsanspruch eines vorzeitig aus dem Amt entlassenen Testamentsvollstreckers

Zusammenfassung von RA und Notar Krau:

Der Kläger fordert eine Vergütung für seine Tätigkeit als Testamentsvollstrecker.

Das Landgericht hat ihm Recht gegeben, jedoch zu Unrecht auf § 2221 BGB gestützt.

Tatsächlich basiert die Berechtigung auf dem notariellen Testament der Erblasserin.

Der Kläger erhält eine Vergütung von 12.291,64 Euro.

Die Verwirkung des Anspruchs und Schadensersatzansprüche sind nicht gerechtfertigt.

Gründe, die zur Entlassung des Testamentsvollstreckers nach § 2227 BGB geführt haben, müssen nicht stets auch für die Verwirkung seines Vergütungsanspruchs ausreichen.

Inhaltsverzeichnis:

I. Einleitung

A. Hintergrundinformationen zum Fall

B. Zusammenfassung der wichtigsten Punkte

II. Fakten und Vorgeschichte

A. Kläger und Beklagter

B. Testament der Erblasserin

C. Amtsantritt des Klägers als Testamentsvollstrecker

D. Konflikte und Beschwerden während des Amts des Klägers

E. Entlassung des Klägers und Übernahme durch den Beklagten

III. Rechtsgrundlagen und Streitpunkte

A. Gesetzliche Grundlagen für den Vergütungsanspruch des Testamentsvollstreckers

B. Streit um die Berechtigung der Vergütung und Verwirkung

IV. Entscheidung des Landgerichts

A. Urteil des Landgerichts Saarbrücken

B. Begründung des Landgerichts

V. Berufung

A. Erstberufung des Beklagten

1. Argumente des Beklagten

2. Anträge des Beklagten

B. Zweitberufung des Klägers

1. Argumente des Klägers

2. Anträge des Klägers

VI. Entscheidung des Saarländischen OLG

A. Begründung der Entscheidung

B. Festlegung der Vergütung und Erklärung der Verwirkung

C. Bewertung der Schadensersatzansprüche

VII. Schlussfolgerung

A. Zusammenfassung der endgültigen Entscheidung

B. Ausblick auf mögliche weitere Entwicklungen

Vergütung entlassener Testamentsvollstrecker – Saarländisches OLG 5 U 98/22 -Zum Entscheidungstext:

Zur Bemessung der Vergütung eines vorzeitig aus dem Amt entlassenen Testamentsvollstreckers nach der „Neuen Rheinischen Tabelle“.

Gründe, die zur Entlassung des Testamentsvollstreckers nach § 2227 BGB geführt haben, müssen nicht stets auch für die Verwirkung seines Vergütungsanspruchs ausreichen.

Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach dem Sach- und Streitstand bei der Entscheidung des Prozessgerichts über den Vergütungsanspruch und nicht nach dem Kenntnisstand des Nachlassgerichts zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Amtsenthebung.

Hat der Erblasser im Jahre 2010 angeordnet, dass sich die Vergütung des Testamentsvollstreckers „nach den Empfehlungen des Deutschen Notarvereins für die Vergütung des Testamentsvollstreckers in ihrer jeweils gültigen Fassung berechnet“, so verweist dies auf die Vorgaben der sog. „Neuen Rheinischen Tabelle“.

Das dem Testamentsvollstrecker eingeräumte, im Zivilprozess über die Angemessenheit der Vergütung voll nachprüfbare Ermessen bei der Bestimmung der Vergütung nach §§ 315 ff. BGB wird dadurch eingeschränkt mit der Folge, dass die auf einer unzutreffenden Anwendung der Tabelle beruhende Abrechnung unverbindlich und durch gerichtliche Entscheidung zu korrigieren ist.


vorgehend LG Saarbrücken, 30. November 2022, 9 O 122/21


Tenor


I. Auf die (Erst-)Berufung des Beklagten wird das am 30. November 2022 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken – 9 O 122/21 – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert:

  1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.291,64 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26. Juni 2021 zu zahlen.
  2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die (Zweit-)Berufung des Klägers gegen das vorgenannte Urteil wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

VI. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 35.000,- Euro festgesetzt.

Gründe Saarländisches OLG 5 U 98/22


I.


Der Kläger macht mit seiner Klage gegenüber dem Beklagten Vergütungsansprüche aus seiner Tätigkeit als ehemaliger Testamentsvollstrecker über den Nachlass der am 5. November 2011 verstorbenen Frau D. (im Folgenden: Erblasserin) geltend.

Er wurde mit Beschluss des Amtsgerichts – Nachlassgericht – Homburg vom 19. Juli 2019 – 8 VI 505/13 – gemäß § 2227 Abs. 1 BGB aus wichtigem Grunde entlassen, zugleich wurde der Beklagte zum neuen Testamentsvollstrecker über den Nachlass bestellt.


Die Erblasserin hatte am 6. September 2010 ein notarielles Testament errichtet (UR Nr. xxx der Notarin E., Blieskastel, Bl. 7 ff. GA), darin u.a. ihren Neffen G. zu ½ sowie ihre Großnichten U. und B. zu je ¼ zu ihren Erben eingesetzt, mehrere Vermächtnisse ausgesetzt, u.a. zugunsten des Klägers und dessen Ehefrau, und Testamentsvollstreckung angeordnet; hierzu enthält das notarielle Testament unter Ziff. V. folgende Regelung (Bl. 13 f. GA):


„Zum Testamentsvollstrecker berufe ich Herrn Rechtsanwalt L., vorgenannt [= den Kläger], ersatzweise dessen Tochter, Frau Rechtsanwältin A., vorgenannt.


Der Testamentsvollstrecker/Ersatztestamentsvollstrecker ist ermächtigt, einen Nachfolger zu ernennen. Ersatzweise ersuche ich das Nachlassgericht, einen Testamentsvollstrecker zu ernennen.


Der Testamentsvollstrecker/Ersatztestamentsvollstrecker erhält eine Vergütung, die sich nach den Empfehlungen des Deutschen Notarvereins für die Vergütung des Testamentsvollstreckers in ihrer jeweiligen Fassung berechnet.


Der Testamentsvollstrecker ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.


Aufgabe des Testamentsvollstreckers/Ersatztestamentsvollstreckers ist die Auseinandersetzung des gesamten Nachlasses, insbesondere die Ausschüttung des Vermögens an die Erben sowie der Vollzug der vorstehend unter Ziffer III. angeordneten Vermächtnisse einschließlich des grundbuchamtlichen Vollzugs der Grundstücksvermächtnisse.

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Der Testamentsvollstrecker ist insbesondere auch zur Abgabe von Bewilligungen und Anträgen jeder Art, insbesondere zur Abgabe der Auflassungen berechtigt.“


Der Kläger, der seit dem Tage der Testamentserrichtung auch über eine widerrufliche Generalvollmacht/Vorsorgevollmacht der Erblasserin verfügte, die auch für den Fall des Eintritts einer Geschäftsunfähigkeit fortgelten sollte (Bl. 457 d.A. 8 VI 505/13), hatte das Amt des Testamentsvollstreckers durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht am 10. November 2011 angenommen (Bl. 15 GA) und sodann mit der Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten begonnen.

Konkret veranlasste er unter anderem die Organisation der Beerdigung nach Wunsch der Erblasserin, die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses gemäß § 2215 Abs. 1 BGB und der rückständigen Einkommensteuererklärungen der Erblasserin für die Jahre 2010 und 2011, die Zuführung des bei der D. Bank befindlichen Bankguthabens zum Nachlassvermögen, die Erstellung einer Erbschaftsteuererklärung und deren Einreichung beim Finanzamt Kusel-Landstuhl, die Ausführung der in dem notariellen Testament angeordneten Vermächtnisse durch Unterzeichnung notarieller Grundstücksübertragungsverträge, die Verhandlungen mit dem Finanzamt Bad Kreuznach und der Gemeinde Meisenheim am Glan sowie Recherchen zu weiteren Erben eines Grundstücks in Reiffelbach.

Das Nachlassverzeichnis zum Stichtag 5. November 2011 (als Anlage K3 = Bl. 16 ff. GA vorgelegt) wurde unmittelbar nach Amtsantritt erstellt und den Erben übersandt; es weist als Aktiva Beträge von 734.752,27 Euro und als Passiva Beträge von 524.400,42 Euro aus (Bl. 21 GA), wobei in beiden Positionen jeweils ein Betrag von 500.000,- Euro als Wert eines Hausgrundstücks in Blieskastel (Grundbuch Bl. 1912, Flur 01, Flurstück 134) enthalten war.

Dieses Grundstück war von der Erblasserin und ihrem Ehemann mit notariellem Vertrag vom 26. September 1997 (UR Nr. 2131/1997 Z des Notars P., Homburg = im Anlagenband B) an die Ehefrau des Klägers gegen Zahlung einer (wertgesicherten) monatlichen Rente von 2.000,- DM veräußert worden; die Auflassung des Grundstücks war bis nach dem Ableben des Längstlebenden der beiden Veräußerer vorbehalten und der Käuferin bzw. deren Erben war unwiderruflich Vollmacht unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt worden, nach dem Ableben des Längstlebenden der beiden Veräußerer die Auflassung zu erklären und die Eigentumsumschreibung auf sich zu betreiben.

Unter dem 23. Januar 2012 erklärte die Ehefrau des Klägers unter Vorlage ihrer Bevollmächtigung die Auflassung des Grundstücks zu eigenen Gunsten (UR. Nr. 133/2012 M des Notars D., Homburg = im Anlagenband B); am 2. Februar 2012 wurde sie als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.

In der Folgezeit an den Kläger als Testamentsvollstrecker gerichtete Aufforderungen der Miterbinnen zur Erteilung von Auskünften über die Immobilienumschreibung und zur Vorlage von Belegen über die zu Lebzeiten geleisteten Rentenzahlungen ließ dieser unbeantwortet; erst nach seiner späteren Entlassung legte er im Jahre 2020 dem Beklagten die geforderten Belege vor und wies dadurch die Zahlungen nach (Bl. 60, 62 GA).

Zuvor hatte der Beklagte als neuer Testamentsvollstrecker am 29. November 2019 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Ehefrau des Klägers, gerichtet auf die Eintragung eines Widerspruchs in das Grundbuch, zum Landgericht Saarbrücken eingereicht.

Dieser Antrag wurde mit Urteil vom 18. Dezember 2019 – 16 O 227/19 – zurückgewiesen, die dagegen zunächst eingelegte Berufung zum Saarländischen Oberlandesgericht – 1 U 9/20 – nahm der Beklagte am 10. März 2020 zurück (Bl. 37 ff., 80 d.A. 16 O 227/19).

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Nach der Übernahme des Amtes durch den Kläger war es zu Auseinandersetzungen über das Erbe vor dem Nachlassgericht gekommen.

Eine durch das Testament von der Erbfolge ausgeschlossene Nichte der Erblasserin, Frau R., erklärte die Anfechtung des notariellen Testaments; mit notarieller Urkunde vom 20. Juni 2013 (UR 1199 Ri/2013 des Notars D., Speyer (Bl. 3 ff. d.A. 8 VI 505/13) beantragte sie die Erteilung eines Erbscheines, der sie neben dem Neffen und den beiden Großnichten der Erblasserin zu 1/3 als Miterbin ausweisen sollte.

Der Kläger stellte seinerseits einen Erbscheinsantrag nach Maßgabe des notariellen Testaments vom 6. September 2010 (UR Nr. 1294/2013 der Notarin E., Blieskastel, vom 17. Oktober 2013).

Mit Beschluss vom 22. März 2016 (Bl. 168 ff. d.A. 8 VI 505/13) kündigte das Nachlassgericht die Erteilung eines dem Antrag des Klägers entsprechenden Erbscheines an.

Eine dagegen erhobene Beschwerde der – zwischenzeitlich durch den Ehemann der von der Erbfolge ausgeschlossenen Nichte vertretenen – beiden Großnichten der Erblasserin nahm dieser später zurück (Bl. 274 d.A. 8 VI 505/13), woraufhin der vom Kläger beantragte Erbschein am 23. Februar 2017 erteilt wurde (Bl. 319 d.A. 8 VI 505/13).


Mit Schreiben vom 31. März 2017 (Bl. 323 ff. d.A. 8 VI 505/13) baten die – durch den Ehemann der von der Erbfolge ausgeschlossenen Nichte vertretenen – Miterbinnen um Entlassung des Klägers und dessen Tochter als Testamentsvollstrecker bzw. Ersatztestamentsvollstrecker mit der Begründung, diese hätten ihnen hartnäckig die – u.a. mit Schreiben vom 8. Juni 2016, Bl. 322 d.A. 8 VI 505/13 – erbetenen Auskünfte zur Grundstücksveräußerung an die Ehefrau des Klägers verweigert, und es bestehe der Verdacht, dass die Familie des Klägers sich des für den Immobilienerwerb gezahlten Betrages bemächtigt habe.

Das Amtsgericht Homburg wies den Antrag mit Beschluss vom 3. November 2017 (Bl 401 ff. d.A. 8 VI 505/13) zurück; auf die dagegen eingelegte Beschwerde zum Senat wurde das Nachlassgericht mit Beschluss vom 6. August 2018 – 5 W 2/18 (Bl. 635 ff. d.A. 8 VI 505/13; veröff. u.a. in ZEV 2019, 29) angewiesen, den Kläger als Testamentsvollstrecker zu entlassen, weil zahlreiche objektive Hinweise vorlägen, die geeignet seien, bei den Erben massives Misstrauen hervorzurufen, und die den Verdacht nahelegten, dass der Kläger sowohl in seiner Eigenschaft als Generalbevollmächtigter der Erblasserin, als auch bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben als Testamentsvollstrecker in hohem Maße die Interessen seiner eigenen Familie im Auge habe und Belange der Erblasserin bzw. der Erbengemeinschaft hintanstellte und sogar ignoriere.


Nach der Entlassung des Klägers (Bl. 775 ff. d.A. 8 VI 505/13) und der Übernahme des Amtes durch den Beklagten gab der Kläger den Nachlass an den Beklagten heraus, im Mai 2020 erstattete er aufforderungsgemäß einen „Rechnungs- und Tätigkeitsbericht“ für die Dauer seines Amtes (Anlage K4 = Bl. 22 ff. GA).

Vergütung entlassener Testamentsvollstrecker – Saarländisches OLG 5 U 98/22

Mit Schreiben vom 14. Juni 2021 (Anlage K7 = Bl. 36 ff. GA) machte er seine Vergütungsansprüche als Testamentsvollstrecker in Höhe von 25.923,08 Euro (brutto) geltend, die er unter Bezugnahme auf die „Neue Rheinische Tabelle“ des Deutschen Notarvereins, ausgehend von einem „Bruttonachlasswert“ von 734.752,27 Euro, mit einer „Grundvergütung“ (= 2,5 Prozent hieraus) von 18.368,80 Euro (netto) und Zuschlägen von jeweils 6/10 für „aufwendige Grundtätigkeit“, „komplexe Nachlassverwaltung“ und „Steuerangelegenheiten, die über die Erbschaftssteuer hinausgehen“ aus einem „Grundwert“ von 8.414,- Euro (= 4 Prozent des „Nettonachlasswertes“ von 210.351,85 Euro) errechnete, und von der er wegen der vorzeitigen Beendigung des Amtes eine Kürzung um 3,5/10 des Gesamtbetrages, d.h. 11.729,90 Euro (netto), in Abzug brachte.

Der Beklagte, dem in diesem Schreiben eine Frist zur Zahlung bis zum 25. Juni 2021 gesetzt wurde, hält den Anspruch des Klägers dem Grunde nach für verwirkt und der Höhe nach für unberechtigt; außerdem hat er im Rechtsstreit hilfsweise die Aufrechnung mit einer angeblichen Schadensersatzforderung auf Erstattung der Kosten des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in Höhe von 5.253,85 Euro erklärt (Bl. 63 GA).


Der Kläger hat sich angesichts der entsprechenden testamentarischen Anordnung der Erblasserin für berechtigt gehalten, für die von ihm ausgeübte Tätigkeit eine Vergütung nach Maßgabe der „Neuen Rheinischen Tabelle“ zu fordern. Vermeintliche Pflichtverletzungen, wie sie der Beklagte, gestützt auf den Beschluss des Senats vom 6. August 2019 aufzeige, seien bei Lichte betrachtet überhaupt nicht gegeben, jedenfalls rechtfertige dies nicht die Annahme einer vollständigen Verwirkung seines Vergütungsanspruchs, der auch im Übrigen der Höhe nach angemessen sei.

Verzögerungen in der Abwicklung des Nachlasses seien durch besondere Schwierigkeiten, insbesondere aufgrund von Auseinandersetzungen im Erbscheinsverfahren, bedingt gewesen, in der Zeit vom 13. Dezember 2011 bis zum 10. Oktober 2016, der Rücknahme der Beschwerde durch den Ehemann der Antragstellerin, habe seine Tätigkeit mehr oder weniger geruht. Auskunftspflichten gegenüber einzelnen (vermeintlichen) Miterben habe er nicht gehabt und daher sowie angesichts der zunehmend persönlichen Anwürfe ihres Verfahrensbevollmächtigten auf entsprechende Anfragen berechtigterweise nicht mehr reagiert.


Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten mit Auffassung, der Kläger habe seine Pflichten als Testamentsvollstrecker derart massiv verletzt, dass dies eine Verwirkung seines Vergütungsanspruches, zumindest aber seine Kürzung (Bl. 91 GA) rechtfertige.

Schon in dem Beschluss vom 6. August 2018 – 5 W 2/18 – habe der Senat festgestellt, dass erhebliche Verdachtsmomente im Sinne einer eigenen Bevorteilung des Klägers und einer groben Verkennung und Vernachlässigung der den Erben gegenüber bestehenden Pflichten vorgelegen hätten; insbesondere habe der Kläger seine Auskunftspflichten aus §§ 2218, 666 BGB dadurch verletzt, dass er in Bezug auf die Eigentumsübertragung des Hausanwesens auf seine Ehefrau Belege nur verspätet vorgelegt habe.

Außerdem habe er nachhaltig gegen seine Pflichten zur unaufgeforderten Benachrichtigung sowie zur Erteilung begehrter Auskünfte nebst Unterlagen gegenüber der Erbengemeinschaft verstoßen; der erst im Juni 2020 vorgelegte Tätigkeitsbericht sei zur Erfüllung der Pflicht zur unverzüglichen Vorlage eines Nachlassverzeichnisses nach § 2215 Abs. 1 BGB nicht mehr geeignet gewesen.

Aufrechenbare Schadensersatzansprüche rechtfertigten sich daraus, dass der Kläger erst im Jahre 2020 geeignete Belege zu den Rentenzahlungen vorgelegt und dem Nachlass durch diese Pflichtverletzung und das aus diesem Grunde gebotene Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung des Nachlassvermögens Kosten in – unstreitiger – Höhe von 5.253,85 Euro entstanden seien.

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Das Landgericht Saarbrücken hat die Parteien angehört, mit ihnen zur Sache verhandelt und nach Übergang in das schriftliche Verfahren mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Inhalt auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, den Beklagten unter Klagabweisung im Übrigen zur Zahlung von 20.669,73 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26. Juni 2021 verurteilt.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger könne aufgrund der von ihm vorgelegten – nachvollziehbaren und unbestrittenen – Berechnung eine Vergütung als Testamentsvollstrecker in Höhe von 25.923,08 Euro beanspruchen.

Vergütung entlassener Testamentsvollstrecker – Saarländisches OLG 5 U 98/22

Dieser Anspruch sei nicht verwirkt, weil im vorliegenden Rechtsstreit festzustellende Pflichtverletzungen des Beklagten, hier: nur die verzögerte Erteilung von Auskünften, nicht jedoch rechtswidrige Vermögensverschiebungen zu eigenen Gunsten, die sich entgegen früherer, den Senatsbeschluss vom 6. August 2018 maßgeblich stützender Befürchtungen nicht bestätigt hätten, diese weitreichende Folge nicht rechtfertigten.

Der berechtigte Vergütungsanspruch sei jedoch infolge der hilfsweise erklärten Aufrechnung in Höhe von 5.235,85 Euro erloschen; ein entsprechender Schadensersatzanspruch nach § 2219 Abs. 1 BGB rechtfertige sich mit der fahrlässigen Verletzung von Auskunftspflichten durch den Kläger und habe den Beklagten dazu veranlasst, zur Sicherung des Nachlassvermögens eine einstweilige Verfügung zu beantragen.


Gegen dieses Urteil haben beide Parteien jeweils selbständig Berufung eingelegt. Der Beklagte verfolgt mit seiner Erstberufung sein vormaliges, auf vollständige Klagabweisung gerichtetes Begehren weiter. Er wiederholt seine Ansicht, der Kläger habe seinen Vergütungsanspruch in voller Höhe verwirkt; hierfür sei nicht die Verwirklichung einer Straftat erforderlich, es genügten auch massive Verstöße gegen Treue- und Sorgfaltspflichten, die hier daraus folgten, dass der Kläger gegen seine „Kardinalpflichten“ zur Erstellung eines Nachlassverzeichnisses (§ 2215 Abs. 1 BGB) und zur Auskunft und Rechnungslegung (§§ 2218, 666 BGB) verstoßen habe.


Der Beklagte beantragt (Bl. 207 GA):


Das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 30. November 2022, Az. 9 O 122/21, wird aufgehoben und die Klage wird abgewiesen.


Der Kläger beantragt (Bl. 187, 215 GA),

  1. die Berufung des Beklagten zurückzuweisen,

  1. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 30. November 2022, Az. 9 O 122/21, wird der Beklagte verurteilt, an den Kläger aus dem Nachlass H. weitere 5.253,35 Euro, insgesamt also einen Betrag von 25.923,08 Euro, nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 20. Juni 2021 zu zahlen.


Der Beklagte beantrag (Bl. 233 GA),


die Berufung des Klägers zurückzuweisen.


Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil, soweit darin sein Vergütungsanspruch für berechtigt erachtet wurde, wendet sich aber gegen die Annahme, dieser sei durch die Aufrechnung teilweise erloschen.

Er vermisst schon das Vorliegen einer kausalen Pflichtverletzung, weil der Beklagte bereits vor der Einreichung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung die gesamten Handakten erhalten habe, sich darin auch Kontoauszüge für die Zeit von mehr als sechs Monaten vor dem Tode der Erblasserin befunden hätten und der Beklagte auch von dem Angebot, für Rückfragen zur Verfügung zu stehen, zunächst keinen Gebrauch gemacht habe.

Im Übrigen sei der auf Eintragung eines Widerspruchs gerichtete Antrag auch inhaltlich ungeeignet gewesen, vermeintliche Ansprüche des Nachlasses zu sichern.

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Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 28. September 2022 (BI. 113 ff. GA) sowie des Senats vom 5. Juli 2023 (BI. 232 f. GA) verwiesen.

Der Senat hat die Akten des Amtsgerichts (Nachlassgericht) Homburg – 8 VI 505/13 mit den Beiakten 8 IV 570/04 und 8 VI 452/11 – sowie des Landgerichts Saarbrücken – 16 O 227/19 – zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

II.


Beide Rechtsmittel sind gemäß §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO zulässig; in der Sache hat jedoch nur die Erstberufung des Beklagten teilweise Erfolg, während die Zweitberufung des Klägers zurückzuweisen war.

Der Kläger hat zwar dem Grunde nach einen Anspruch auf Vergütung seiner Tätigkeit als Testamentsvollstrecker gegen den Nachlass; dieser ist, wie das Landgericht richtig erkannt hat, im Streitfall nicht verwirkt, der Höhe nach bei zutreffender Berechnung anhand der Vorgaben des notariellen Testaments unter Berücksichtigung des gesamten maßgeblichen Sach- und Streitstandes jedoch nur in Höhe von 12.291,64 Euro (brutto) geschuldet.

Aufrechenbare Schadensersatzansprüche des Nachlasses gegen den Kläger wegen der verauslagten Kosten für das einstweilige Verfügungsverfahren gegen dessen Ehefrau bestehen dagegen nicht.

1.


Für das vorliegende Berufungsverfahren spielt es keine Rolle, dass der Rechtsstreit beim Landgericht nicht – wie durch § 72a Abs. 1 Nr. 6 GVG mit Wirkung ab 1. Januar 2021 vorgegeben – vor der Spezialkammer für erbrechtliche Streitigkeiten verhandelt, sondern als allgemeine Zivilsache behandelt worden ist. Wie der Senat – im Einklang mit der einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung – bereits für die auf Auskunft gegen den Testamentsvollstrecker gerichtete Klage entschieden hat, ist für die Einordnung als „erbrechtliche Streitigkeit“ – d.h.: erbrechtliche Angelegenheiten im Sinne des Fünften Buches des Bürgerlichen Gesetzbuchs“, BT-Drucks. 19/13828, S. 22 – maßgeblich, ob die streitentscheidenden Normen solche des Erbrechts sind (Senat, Beschluss vom 18. Oktober 2022 – 5 W 71/22, FamRZ 2023, 367, m.w.N.); das ist auch für die hier vorliegende Vergütungsklage des Testamentsvollstreckers unzweifelhaft der Fall.

Die fehlerhafte Beurteilung der Frage der Spezialzuständigkeit durch die erste Instanz bleibt vorliegend jedoch ohne Folgen, weil – jedenfalls außerhalb von Fällen der Willkür, für die hier nichts ersichtlich ist – nach § 513 Abs. 2 ZPO die Berufung nicht darauf gestützt werden kann, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine – auch gesetzliche – Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 19. April 2022 – 4 U 2567/21, juris; Lückemann in: Zöller, ZPO 34. Aufl., § 72a Rn. 2; Gerken in: Wieczorek/Schütze, ZPO 5. Aufl., § 513 Rn. 26; zur Zulässigkeit einer eigenen Sachentscheidung des Berufungsgerichts bei nicht auf Willkür beruhenden Zuständigkeitsmängeln im Urteilsverfahren auch SaarlOLG, Urteil vom 13. Februar 2020 – 4 U 64/17, ZfB 2020, 218). Nachdem die Zivilkammer den Rechtsstreit überdies durch Beschluss gemäß § 348a Abs. 1 ZPO auf den Einzelrichter übertragen hat, liegt auch insoweit keine Verletzung des Grundrechts auf den gesetzlichen Richter (Artikel 101 Abs. 1 des Grundgesetzes) vor.

2.

Vergütung entlassener Testamentsvollstrecker – Saarländisches OLG 5 U 98/22


In der Sache hat das Landgericht den Kläger zu Recht für berechtigt gehalten, für seine vormalige Tätigkeit als Testamentsvollstrecker eine Vergütung zu beanspruchen.

Dies folgt allerdings nicht, wie in dem angefochtenen Urteil angenommen, aus § 2221 BGB, wonach der Testamentsvollstrecker für die Führung seines Amtes eine angemessene Vergütung verlangen kann, sofern nicht der Erblasser ein anderes bestimmt hat; vielmehr ergibt sich die Berechtigung des Klägers hier vorrangig schon aus dem notariellen Testament der Erblasserin vom 6. September 2010 (UR Nr. xxx = Bl. 7 ff. GA), dessen Rechtswirksamkeit im vorliegenden Rechtsstreit nicht in Zweifel steht und das in seiner Ziff. V. neben der Anordnung der Testamentsvollstreckung und der Einsetzung des Klägers auch vorsieht, dass dieser eine Vergütung erhält, die sich nach den Empfehlungen des Deutschen Notarvereins für die Vergütung des Testamentsvollstreckers in ihrer jeweiligen Fassung berechnet (Bl. 14 GA; zum Vorrang solcher testamentarischen Vergütungsregelungen nur Staudinger/Dutta (2021) BGB § 2221, Rn. 23).

Diese testamentarische Regelung ist vorliegend maßgeblich; sie berechtigt den Kläger, aus dem Nachlass eine Vergütung für seine Tätigkeit zu fordern und diesen Anspruch auch gegen den Beklagten als neuen Testamentsvollstrecker gerichtlich geltend zu machen (§ 2213 Abs. 1 Satz 1 BGB; vgl. Zimmermann, in MünchKomm-BGB 9. Aufl., § 2213 Rn. 8; Staudinger/Dutta (2021) BGB § 2213, Rn. 8).

3.


Mit Recht hat das Landgericht den Vergütungsanspruch des Klägers auf der Grundlage des im vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Sach- und Streitstandes nicht für verwirkt erachtet; die diesbezüglichen tatsächlichen Feststellungen begegnen auch unter Berücksichtigung des – vornehmlich aus Wiederholungen bestehenden – Berufungsvorbringens keinen durchgreifenden Bedenken:

a)


Wie in dem angefochtenen Urteil unter Verweis auf – einschlägige – höchstrichterliche Rechtsprechung zutreffend ausgeführt wird, kann der Testamentsvollstrecker seinen Vergütungsanspruch im Einzelfall vollständig verwirken; sein Anspruch kann verwirkt sein, wenn der Testamentsvollstrecker in besonders schwerwiegender Weise vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig gegen seine Amtspflicht verstoßen hat (BGH, Urteil vom 5. Mai 1976 – IV ZR 53/75, BGHZ 76, 324; Urteil vom 13. Juni 1979 – IV ZR 102/77, WM 1979, 1116).

Dies kann anzunehmen sein, wenn er sich bewusst über die Interessen der Personen, für die er als Testamentsvollstrecker eingesetzt ist, hinwegsetzt und mit seiner Tätigkeit eigene Interessen oder die anderer Personen verfolgt, oder wenn ihm die Interessen der von ihm betreuten Personen ganz gleichgültig sind und er sein Amt so nachlässig versieht, dass von einer ordnungsmäßigen (pflichtgemäßen) Amtsführung nicht die Rede sein kann, oder wenn der Testamentsvollstrecker seine Tätigkeit auf einem Gebiet entfaltet hat, das eindeutig nicht zu seinem Aufgabenkreis gehört.

Der Anspruch ist dagegen nicht verwirkt, wenn der Testamentsvollstrecker in dem Bestreben, sein Amt zum Wohle der von ihm betreuten Personen auszuüben, infolge irriger Beurteilung der Sach- oder Rechtslage fehlerhafte Entschlüsse fasst und Entscheidungen trifft (BGH, Urteile vom 5. Mai 1976 und vom 13. Juni 1979, jew. a.a.O.; Beschluss vom 27. Oktober 2004 – IV ZR 243/03, FamRZ 2005, 207; Zimmermann, in: MünchKomm-BGB a.a.O., § 2221 Rn. 30).

Auch langsame und ineffektive Arbeit führt nicht zu einer Verwirkung (OLG Hamm, NJOZ 2014, 884 = ZEV 2014, 116 Ls.; OLG Schleswig, FamRZ 2010, 762; OLG Frankfurt, MDR 2000, 788), anders aber ggf. vollständige Untätigkeit über einen längeren Zeitraum (OLG Hamm, NJOZ 2014, 884). Gründe, die zur Entlassung des Testamentsvollstreckers nach § 2227 BGB geführt haben, können beachtlich sein, sie müssen jedoch nicht stets auch für die Verwirkung seines Vergütungsanspruchs ausreichen (OLG Hamm, NJOZ 2014, 884; OLG Koblenz, Beschluss vom 22. August 2011 – 10 U 1384/10, juris).

Denn ganz allgemein ist eine Verwirkung nur in Ausnahmefällen anzunehmen, und Grundlage dieser Beurteilung ist stets der Sach- und Streitstand bei der Entscheidung des Prozessgerichts über den Vergütungsanspruch, nicht der Kenntnisstand des Nachlassgerichts zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Amtsenthebung.

b)


Im Streitfall sind diese – engen – Voraussetzungen einer Verwirkung der Vergütung entgegen der Auffassung des Beklagten nicht gegeben. Auf der Grundlage der im hiesigen Rechtsstreit vorliegenden Erkenntnisse teilt der Senat die Wertung des Landgerichts, wonach Pflichtverletzungen des Klägers bei seiner Amtsausübung, wie sie der Beklagte hier, vornehmlich unter Verweis auf den Senatsbeschluss vom 6. August 2018, aufzeigt, bei angemessener Würdigung aller Umstände, insbesondere ihrer Natur und Intensität, aber auch der zugrunde liegenden Motivation des Klägers und den besonderen Schwierigkeiten seiner Aufgabe, eine Verwirkung des Vergütungsanspruchs – noch – nicht rechtfertigen.

aa)

Vergütung entlassener Testamentsvollstrecker – Saarländisches OLG 5 U 98/22


Wie das Landgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend hervorhebt, hat der Kläger zwar seinerzeit Auskunftspflichten gegenüber einzelnen Miterben wiederholt verletzt, indem er sich in Verkennung wesentlicher Rechtspflichten (vgl. §§ 2218, 662 ff., 666 BGB) und möglicherweise auch getragen von persönlicher Verärgerung über die anderen Beteiligten beharrlich weigerte, entsprechende Anfragen zu beantworten.

Daraus geradezu natürlicherweise folgende Befürchtungen, die seinerzeit ein berechtigtes Misstrauen gegen die Amtsführung des Klägers und, daraus folgend, seine Entlassung nach § 2227 BGB rechtfertigen mussten, haben sich jedoch in der Folge nicht erhärtet. Soweit aufgrund der Weigerung des Klägers, den Miterben Auskünfte insbesondere zu Einzelheiten der Veräußerung einer Immobilie der Erblasserin und ihres Ehemannes an die Ehefrau des Klägers zu erteilen, der Eindruck entstehen musste, dieser verfolge vordringlich eigene finanzielle Interessen, hat der Beklagte schon erstinstanzlich eingeräumt, dass die nach dem Kaufvertrag als Gegenleistung geschuldeten Rentenzahlungen zwischenzeitlich nachgewiesen wurden und regelmäßig erfolgt sind (u.a. Bl. 60 GA).

Dementsprechend hat das Landgericht beanstandungsfrei festgestellt (§ 529 Abs. 1 ZPO), dass keine unzulässige Übervorteilung der Ehefrau des Klägers im Rahmen der Immobilienübertragung vorgelegen hat und auch sonst keine unzulässigen Vermögensverschiebungen festgestellt werden können.

Der Senat teilt die darauf gründende Einschätzung des Erstrichters, dass der hiernach verbleibende Pflichtenverstoß des Klägers in Gestalt seiner Weigerung, den Erben weitere Auskünfte zu erteilen, bei angemessener Berücksichtigung des Gesamtzusammenhanges noch keinen ausreichenden Grund darstellt, dem Kläger jedwede Vergütung seiner Tätigkeit zu versagen.

Mit Recht berücksichtigt der Erstrichter in diesem Zusammenhang die gesamte vom Kläger erbrachte Tätigkeit, einschließlich der von ihm erteilten Auskünfte zum Nachlass, die eine grundsätzliche Bereitschaft zur Erledigung seiner Aufgaben erkennen lassen; insoweit folgt schon aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils (vgl. § 314 ZPO), dass der Kläger ein Nachlassverzeichnis nach § 2215 Abs. 1 BGB unmittelbar nach Amtsantritt erstellt und den Erben übersandt hat, was vom Beklagten auch nicht in Abrede gestellt wird.

Unwiderlegt bleibt überdies die Darstellung des Klägers, wonach er sich bis zur Feststellung der Erbfolge rechtlich für nicht verpflichtet hielt, einzelnen Miterben weitergehende Auskünfte zu erteilen, die überdies – ausweislich der beigezogenen Nachlassakte – weitschweifig und mit großer Vehemenz eingefordert wurden, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass seinem objektiv pflichtwidrigen Verhalten eine subjektiv irrige Beurteilung der Sach- und Rechtslage zugrunde lag.

All diese Aspekte führen dazu, dass bei der gebotenen Gesamtwürdigung die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur im Ausnahmefall in Betracht kommende Annahme einer Verwirkung des Vergütungsanspruches hier – noch – nicht gerechtfertigt erscheint.

bb)


Vergeblich wiederholt und vertieft der Beklagte mit der Berufung seine Darstellung, der Kläger sei seiner Verpflichtung, zeitnah ein abschließendes Nachlassverzeichnis zu erstellen und den Erben periodisch Rechnung zu legen, nicht nachgekommen, indem er seinen abschließenden Tätigkeitsbericht vom 20. Mai 2020 erst nach Aufforderung des Beklagten vom 3. März 2020 am 4. Juni 2020 eingereicht habe (Bl. 60 GA). Das ist so nicht richtig.

Wie in dem angefochtenen Urteil zutreffend und für das Berufungsverfahren bindend festgestellt wurde, hat der Kläger vielmehr unmittelbar nach Aufnahme seiner Amtsgeschäfte ein Nachlassverzeichnis gemäß § 2215 Abs. 1 BGB erstellt.

Der Beklagte stellt im Übrigen auch gar nicht in Abrede, dass die als Anlage K3 zur Klageschrift vorgelegte tabellarische Übersicht (Bl. 16 ff. GA), die – jeweils unter Berücksichtigung eines Betrages von 500.000,- Euro als Gegenwert des im Jahre 1999 veräußerten Hausanwesens – Aktiva in Höhe von 734.752,27 Euro und Passiva in Höhe von 524.400,42 Euro zum Stichtag ausweist, seinerzeit von dem Kläger vorgelegt und den Erben übersandt wurde.

Auch wenn dieses Verzeichnis zunächst nur vorläufigen Charakter aufwies, weil seinerzeit noch nicht alle für eine abschließende Darstellung erforderlichen Informationen vorlagen, ist der Kläger damit seiner – grundlegenden – Verpflichtung aus § 2215 Abs. 1 BGB nachgekommen.

Vergütung entlassener Testamentsvollstrecker – Saarländisches OLG 5 U 98/22

Dass er in der Folge aufgrund rechtsirriger Beurteilung und auch erkennbar veranlasst durch die Auseinandersetzungen mit einzelnen Miterben und ihren Angehörigen keine weiteren Auskünfte erteilte, war mit der daraus folgenden Befürchtung, er handele in erster Linie zum eigenen Vorteil, zum Zeitpunkt der Senatsentscheidung vom 6. August 2018 maßgeblicher Anlass, die Voraussetzungen des § 2227 BGB für gegeben zu erachten; es stellt aber, unbeschadet der darin liegenden Missachtung seiner Rechtspflichten aus §§ 2218, 666 BGB, nach der zutreffenden, vom Senat geteilten Ansicht des Landgerichts, der die Berufung keine neuen entscheidenden Argumente entgegensetzt, noch keinen ausreichenden Grund dar, ihm seine Vergütung als Testamentsvollstrecker insgesamt zu versagen, nachdem andererseits wesentliche Aufgaben bei der Inbesitznahme und der Verwaltung des Nachlasses – unstreitig – von ihm erfüllt wurden, Verzögerungen in der weiteren Sachbehandlung nach seiner nicht wiederlegten Darstellung jedenfalls teilweise auch durch die mit den aufkommenden, jahrelang andauernden Auseinandersetzungen über das Erbe erklärt werden können und der Beklagte auch gegen den nach der Entlassung vorgelegten abschließenden Tätigkeitsbericht keine durchgreifenden Beanstandungen erhoben hat.

4.


Jedoch ist eine Vergütung nur in erheblich geringerer Höhe geschuldet, als von dem Kläger mit Schreiben vom 14. Juni 2021 geltend gemacht und vom Landgericht rechtsfehlerhaft als unstreitig zugrunde gelegt wurde. Denn der Beklagte hatte sich schon erstinstanzlich auch gegen die Höhe der Klageforderung gewandt und insbesondere unter Bezugnahme auf die zur Verwirkung vorgebrachten Umstände auf die Notwendigkeit einer Kürzung des Vergütungsanspruchs hingewiesen. Die infolgedessen gebotene rechtliche Prüfung der Anspruchshöhe anhand der Vorgaben des notariellen Testaments vom 6. September 2010 führt im Streitfall zu einer berechtigten Vergütung in Höhe von – nur – 12.291,64 Euro (brutto).

a)


Mit der Regelung in Ziff. V. des notariellen Testaments vom 6. September 2010, die – weil sich der Vergütungsanspruch in erster Linie nach dem Willen des Erblassers bestimmt – auch hinsichtlich der Anspruchshöhe dem gesetzlichen Kriterium der „Angemessenheit“ gegenüber Vorrang genießt (OLG Schleswig, FamRZ 2010, 762; Staudinger/Dutta (2021) BGB § 2221, Rn. 23), wurde dem Kläger eine Vergütung versprochen, die sich „nach den Empfehlungen des Deutschen Notarvereins für die Vergütung des Testamentsvollstreckers in ihrer jeweils gültigen Fassung berechnet“.

Diese nach allgemeinen Grundsätzen der Auslegung (§§ 133, 2084 BGB) zugängliche Anordnung ist dahin zu verstehen, dass sich der Vergütungsanspruch des Klägers jedenfalls im Ausgangspunkt nach den Vorgaben der sog. „Neuen Rheinischen Tabelle“ (veröff. u.a. in ZEV 2000, 181) berechnet, die der Deutsche Notarverein anstelle des bis dahin weithin – auch von der Rechtsprechung, vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 1967 – III ZR 95/65, NJW 1967, 2400 – zugrunde gelegten Beschlusses des Vereins für das Notariat in Rheinpreußen aus dem Jahre 1925 (sog. „Rheinische Tabelle“) seit dem Jahre 2000 zur Verwendung empfiehlt (vgl. zu einer inhaltsgleichen testamentarischen Regelung OLG München, FamRZ 2022, 1877); durch einen solchen Verweis auf eine bestimmte Vergütungstabelle wird das dem Testamentsvollstrecker eingeräumte, im Zivilprozess über die Angemessenheit der Vergütung voll nachprüfbare Ermessen bei der Bestimmung der Vergütung nach §§ 315 ff. BGB eingeschränkt (BeckOGK/Tolksdorf, BGB Stand 1.4.2023, § 2221 Rn. 15; Staudinger/Dutta (2021) BGB § 2221, Rn. 30).

Bedenken gegen die Formwirksamkeit des Verweises auf außerhalb der letztwilligen Verfügung befindliche Berechnungsgrundlagen bestehen nicht. Da es sich bei den Empfehlungen des Deutschen Notarvereins um allgemein zugängliche und damit offenkundige Tatsachen (§ 291 ZPO) handelt, ist eine schlichte Bezugnahme hierauf auch unter Berücksichtigung des bei Verfügungen von Todes wegen zu beachtenden Formenzwanges mit der ganz herrschenden Ansicht als unbedenklich anzusehen (Lange, in: BeckOK BGB, 65. Ed. 1.2.2023, § 2221 Rn. 3; Kroiß, in: NK-BGB 6. Aufl., § 2221 Rn. 38; Staudinger/Dutta (2021) BGB § 2111, Rn. 27; a.A. Zimmermann, 9. Aufl. 2022, BGB § 2221 Rn. 4).

b)

Vergütung entlassener Testamentsvollstrecker – Saarländisches OLG 5 U 98/22


Hiervon ausgehend hätte sich der Kläger nach dem Testament unter Beachtung der Vorgaben der „Neuen Rheinischen Tabelle“ einen berechtigten Vergütungsanspruch in Höhe von – lediglich – 10.329,11 Euro (netto) errechnen dürfen (§ 315 Abs. 1 BGB), der sich aus einem – wegen der vorzeitigen Beendigung des Amtes um 5/10 gekürzten – Vergütungsgrundbetrag von 4.695,05 Euro (netto) und weiteren Zuschlägen für besondere Erschwernisse von zusammen 5.634,06 Euro (netto) zusammensetzt; daraus folgt zuzüglich Umsatzsteuer ein berechtigter Gesamtbetrag in Höhe von 12.291,64 Euro (brutto). Soweit die – weitaus höhere – Abrechnung des Klägers vom 14. Juni 2021 auf einer mehrfach unzutreffenden Anwendung dieser Vorgaben beruhte, überschritt sie den ihm eingeräumten Gestaltungsspielraum; sie ist daher unverbindlich und durch gerichtliche Entscheidung entsprechend zu korrigieren (§ 315 Abs. 3 BGB; Staudinger/Dutta (2021) BGB § 2221, Rn. 30; BeckOGK/Tolksdorf, BGB Stand 1.4.2023, § 2221 Rn. 15; vgl. allgemein BGH, Urteil vom 4. April 2006 – X ZR 122/05, BGHZ 167, 139, 149):

aa)


Als Vergütungsgrundbetrag, der die einfache Testamentsvollstreckung (normale Verhältnisse, glatte Abwicklung), d.h. die Nachlassverwaltung bis zur Abwicklung der erbschaftsteuerlichen Fragen, einschließlich der Überleitung des Nachlasses auf einen Nachfolger als Testamentsvollstrecker abdeckt, war unter Beachtung der testamentarischen Vorgaben vorliegend ein Betrag in Höhe von 9.390,09 Euro anzusetzen.

Denn Bemessungsgrundlage für den Vergütungsgrundbetrag ist ausweislich Ziff. I der Empfehlungen der am Todestag des Erblassers bestehende Bruttowert des Nachlasses; die Höhe des Vergütungsgrundbetrages beläuft sich bei einem Nachlasswert von bis zu 250.000,- Euro auf 4 Prozent dieses Wertes. Im Streitfall beläuft sich der maßgebliche Bruttowert des Nachlasses auf Grundlage des vom Kläger vorgelegten Nachlassverzeichnisses auf 234.752,27 Euro; der seiner Abrechnung vom 14. Juni 2021 zugrunde gelegte – höhere – Betrag von 734.752,27 Euro ist nicht maßgeblich.

Dieser enthält nämlich – sowohl bei den Aktiva, als auch bei den Passiva – einen Betrag in Höhe von 500.000,- Euro als Gegenwert des im Jahre 1999 an die Ehefrau des Klägers veräußerten Hausgrundstücks in Blieskastel (Grundbuch Bl. 1912, Flur 01, Flurstück 134); dessen Wert hat jedoch bei der Ermittlung des Bruttonachlasswertes nach der Neuen Rheinischen Tabelle außer Betracht zu bleiben.

Insoweit heißt es nämlich in den Empfehlungen unter Ziff. I – Vergütungsgrundbetrag ausdrücklich, dass Verbindlichkeiten nur dann vom Bruttowert des Nachlasses abzuziehen sind, wenn der Testamentsvollstrecker nicht mit den Verbindlichkeiten befasst ist. Genau das war hier jedoch der Fall; denn nach Maßgabe des notariellen Kaufvertrages vom 26. September 1991 (UR Nr. 2131/1997 Z) war mit dem Tode der Erblasserin die Übereignung des Grundstücks auf die Ehefrau des Klägers geschuldet, zu deren Vollzug diese in dem Vertrag selbst ermächtigt worden war und wovon diese in der Folge auch mit notarieller Urkunde vom 23. Januar 2012 (UR. Nr. 133/2012 M) selbst Gebrauch gemacht hat, ohne dass der Kläger als Testamentsvollstrecker damit befasst werden musste oder auch nur erkennbar damit befasst worden wäre.

bb)


Der danach korrekterweise festzusetzende Vergütungsgrundbetrag von 9.390,09 Euro ist wegen der vorzeitigen Beendigung des Amtes des Klägers nach Maßgabe von Ziff. I der Empfehlungen auf 5/10 des Grundbetrages zu kürzen.

(1)


Auch in den Fällen, in denen der Erblasser die Höhe der Vergütung – wie hier – selbst bestimmt, kann die Erforschung seines – wirklichen oder mutmaßlichen – Willens ergeben, dass die vom Erblasser bestimmte Vergütung im Prozess herabgesetzt werden muss.

Dies ist der Fall, wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser die Vergütung niedriger festgesetzt hätte, etwa, wenn er gewusst hätte, dass die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers durch eine Nachlassverwaltung abgekürzt werden würde (KG, OLGE 18, 316, 317), oder wenn das Amt des Testamentsvollstreckers vorzeitig endet, etwa durch Tod, vorzeitige Niederlegung oder Entlassung nach § 2227 BGB (Staudinger/Dutta (2021) BGB § 2221, Rn. 23; Weidlich, in: Grüneberg, a.a.O., § 2221 Rn. 5; Kroiß, in: NK-BGB, a.a.O., § 2221 Rn. 18; vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 1965 – III ZR 203/63, bei Keßler, DRIZ 1966, 395, 398).

Unter diesen, auch hier gegebenen Voraussetzungen rechtfertigt sich nach Maßgabe der von der Erblasserin ausdrücklich in Bezug genommenen Empfehlungen des Deutschen Notarvereins eine Reduzierung der Grundvergütung; gemäß Ziff. 1 der Empfehlungen erhält der Testamentsvollstrecker hier anstelle des vollen Grundbetrages 2/10 bis 5/10 des Grundbetrages, während sein Nachfolger im Amte eine Vergütung nur für diejenigen Tätigkeiten erhält, die nicht bereits der Vorgänger abgeschlossen hatte (Ziff. V.2 der Empfehlungen; vgl. Kroiß, in: NK-BGB, a.a.O., § 2221 Rn. 18).

Soweit sich der Kläger in seiner Abrechnung vom 14. Juni 2021 unter Hinweis auf die Kommentierung bei Palandt (jetzt: Grüneberg) zu § 2221 Rn. 5, hiervon abweichend, einen Abschlag von 3,5/10 von seiner Gesamtvergütung in Abzug bringen lassen wollte, beruhte dies auf seinem fehlerhaften Verständnis dieser Kommentarfundstelle, die ungeachtet einer etwas ungenauen Formulierung erkennbar auf die vorgenannten Empfehlungen des Deutschen Notarvereins verweist.

(2)

Vergütung entlassener Testamentsvollstrecker – Saarländisches OLG 5 U 98/22


Danach war im Streitfall – nur – die Grundvergütung des Klägers zu kürzen und, entsprechend den von der Erblasserin in ihrem Testament in Bezug genommenen Vorgaben der Neuen Rheinischen Tabelle, mit einem Bruchteil zwischen 2/10 und 5/10 in Ansatz zu bringen. Insoweit hält der Senat mit Blick auf die Entlassung des Klägers im Jahre 2019, unter Berücksichtigung der von ihm bis zu diesem Zeitpunkt entfalteten Tätigkeiten und den seinem Nachfolger verbleibenden Aufgaben, eine Reduzierung des Vergütungsgrundbetrages (9.390,09 Euro) auf 5/10 für angemessen.

Er berücksichtigt dabei, dass der Kläger über einen Zeitraum von rund 8 Jahren die gesamte Abwicklung des Nachlasses begleitet hat, wobei auf der Grundlage seiner – vom Beklagten nicht ansatzweise bestrittenen – Darstellung in der Klageschrift davon ausgegangen werden muss, dass, von der pflichtwidrigen Auskunftsverweigerung gegenüber einzelnen Miterben abgesehen, die bis dahin angefallenen Aufgaben von ihm wahrgenommen wurden.

Unter Berücksichtigung der in Ziff. V der Empfehlungen vorgeschlagenen Verteilung der Vergütung unter mehreren aufeinanderfolgenden Testamentsvollstreckern und weil auch nicht angenommen werden kann, dass die dem Beklagten als Nachfolger im Amte verbleibenden Aufgaben die vom Kläger erbrachten Tätigkeiten nach Art und Ausmaß erheblich übertreffen werden, erachtet der Senat vorliegend einen am oberen Rand der empfohlenen Bandbreite liegenden Vergütungsbruchteil von 5/10, mithin einen Betrag von 4.695,05 Euro als gekürzten Grundvergütungsbetrag, als sachgerecht.

cc)


Vom Kläger mit seiner Abrechnung beanspruchte Zuschläge für besonderen Aufwand bei der Abwicklungsvollstreckung sind nach Maßgabe der Empfehlungen vorliegend nur wegen „aufwendiger Grundtätigkeit“ und „komplexer Nachlassverwaltung“, jeweils im Umfange von 3/10 des Vergütungsgrundbetrages (9.390,09 Euro), d.h. zwei Mal 2.817,03 Euro, berechtigt; seine weitergehende Abrechnung ist auch insoweit offenbar unbillig und daher nicht verbindlich.

(1)


Der Kläger kann lediglich einen – moderaten – Zuschlag von 3/10 des Vergütungsgrundbetrages für „aufwendige Grundtätigkeit“ verlangen. Der Zuschlag für eine aufwendige Grundtätigkeit (2/10 bis 10/10 des Vergütungsgrundbetrages) ist nach Ziff. II.1 Buchstabe a) der Empfehlungen des Deutschen Notarvereins gerechtfertigt, wenn die Konstituierung des Nachlasses aufwendiger als im Normalfall ist, etwa durch besondere Maßnahmen zur Ermittlung, Sichtung und Inbesitznahme des Nachlasses, Erstellung eines Nachlassverzeichnisses, Bewertung des Nachlasses, Regelung von Nachlassverbindlichkeiten einschließlich inländischer Erbschaftsteuer.

Als „Normalfall“ wird es angesehen, wenn es sich um einen aus Bargeld, Wertpapierdepot oder Renditeimmobilie zusammengesetzten Nachlass handelt, der z. B. durch bloßes Einholen von Kontoauszügen, Grundbucheinsichten und Sichtung von Mietverträgen konstituiert ist. Abzustellen ist hierbei also – mit anderen Worten – auf einen besonderen Arbeitsaufwand bei der Konstituierung des Nachlasses (OLG Schleswig, FamRZ 2010, 762).

Im Streitfall hat der Kläger geltend gemacht, dass die Ermittlungen, Sichtungen und Inbesitznahme des Nachlasses überdurchschnittlich gewesen sei. Hierzu hat er unwidersprochen vorgetragen, dass er erhebliche zusätzliche Bemühungen entfalten musste, insbesondere die Organisation und Abwicklung der Beerdigung nach Wunsch der Erblasserin, die Erfüllung mehrerer Grundstücksvermächtnisse, die Erbschaftsteuerangelegenheiten gegenüber dem Finanzamt Kusel-Landstuhl und die mit erheblichen Schwierigkeiten und mehrfacher Klageandrohung verbundene Zuführung des bei der D. befindlichen Bankguthabens zum Nachlassvermögen. Der Senat meint, dass diese Umstände im unbestritten vorgetragenen Umfang das übliche Ausmaß einer gewöhnlichen Nachlassabwicklung allenfalls moderat übersteigen, weil diese zwar teilweise ein überobligatorisches Tätigwerden erforderten, dieses jedoch die ohnehin geschuldeten Aufgaben lediglich nach Dauer und Ausmaß in einem überschaubaren Maße erschwert haben.

Deshalb ist der vom Kläger in seiner Abrechnung dafür angesetzte Mittelwert, von dem nur mangels besonderer Anhaltspunkte auszugehen ist (Ziff. II.1 der Empfehlungen), hier offensichtlich nicht sachgerecht. Vielmehr hält der Senat zur Abgeltung des dargelegten zusätzlichen Aufwandes nur einen moderaten Zuschlag in Höhe von 3/10 des Vergütungsgrundbetrages, d.h.: 2.817,03 Euro, für angemessen und auch in jeder Hinsicht auskömmlich.

(2)


Auch unter dem Gesichtspunkt einer „komplexen Nachlassverwaltung“ kann der Kläger nur einen – moderaten – Zuschlag von 3/10 des Vergütungsgrundbetrages beanspruchen. Der Zuschlag für „komplexe Nachlassverwaltung“ (2/10 bis 10/10 des Vergütungsgrundbetrages) ist gemäß Ziff. II.1 Buchstabe c) der Empfehlungen bei komplexem Nachlass geschuldet, d. h. für aus der Zusammensetzung des Nachlasses resultierende Schwierigkeiten seiner Verwaltung, z.B. bei Auslandsvermögen, Gesellschaftsbeteiligung, Beteiligung an einer Erbengemeinschaft, im Bau befindlicher oder anderer Problemimmobilie, hohen oder verstreuten Schulden, Rechtsstreitigkeiten, Besonderheiten im Hinblick auf die Beteiligten (z. B. Minderjährige, Pflichtteilsberechtigte, Erben mit Wohnsitz im Ausland).

Vergütung entlassener Testamentsvollstrecker – Saarländisches OLG 5 U 98/22

Hierzu hat der Kläger geltend gemacht, dass die umfangreichen und lang andauernden „Rechtsstreitigkeiten“ mit Frau R. sowie den Miterben B. und U. jeweils durch zwei Instanzen einen großen Zeitanteil in Anspruch genommen hätten.

Außerdem hat er unwidersprochen auf zeitaufwendige Bemühungen um eine Auseinandersetzung der Stückländereien in Reiffelbach verwiesen, die Verhandlungen mit dem Finanzamt in Bad Kreuznach und der Verbandsgemeinde Meisenheim erforderlich gemacht haben.

Der Senat erkennt an, dass diese Umstände die Komplexität der Nachlassverwaltung für den Kläger jeweils moderat erhöht haben, berücksichtigt dabei aber auch, dass es sich angesichts der genannten Regelbeispiele um einfach gelagerte Besonderheiten handelte, nachdem insbesondere die erwähnten Grundstücke nicht im Ausland, sondern in der angrenzenden Nordpfalz belegen waren und sich die Beteiligung des Klägers an den erwähnten „Rechtsstreitigkeiten“ auf Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit beschränkte, die angesichts ihrer verfahrensrechtlichen Ausgestaltung mit geringerem Aufwand verbunden sind, als ein streitiges Erkenntnisverfahren vor dem Prozessgericht.

Diese Umstände bilden wiederum Anhaltspunkte, die schon auf den ersten Blick eine deutliche Unterschreitung des – vom Kläger in seiner Abrechnung angesetzten – Mittelwertes gebieten und jede höhere Forderung als offenbar unbillig erscheinen lassen. Bei sachgerechter Würdigung rechtfertigen sie vorliegend einen Zuschlag in Höhe von 3/10 des Vergütungsgrundbetrages, d.h.: 2.817,03 Euro.

(3)


Ein Zuschlag für Steuerangelegenheiten ist vorliegend offensichtlich nicht geboten. Der Zuschlag für Steuerangelegenheiten (2/10 bis 10/10 des Vergütungsgrundbetrages) ist gemäß Ziff. II.1 Buchstabe e) der Empfehlungen für die Erledigung von Steuerangelegenheiten geschuldet, die nicht unter die Grundvergütung oder den Zuschlag gemäß Ziff. II.1 Buchstabe a) fallen, wie z.B. die nachträgliche Bereinigung von Steuerangelegenheiten oder Einkommensteuererklärungen. Solche Tätigkeiten hat der Kläger hier nach eigener Darstellung jedoch nicht entfaltet.

Zwar legt er dar, die „gesamten Steuerverpflichtungen“ der Erblasserin für Umsatz- und Einkommenssteuer der Jahre 2010 und 2011 „durchgeführt“ zu haben, präzisiert dies jedoch dahin, dass er – nur – die entsprechenden Unterlagen zusammentragen und zusammensuchen musste, um die entsprechenden Erklärungen sodann durch den beauftragten Steuerberater durchführen zu lassen.

Damit beschränkte sich der damit zusammenhängende Aufwand des Klägers auf reine „Zuarbeiter-Tätigkeiten“, die jeder Steuerpflichtige, der seine Steuerangelegenheiten von einem Steuerberater ausführen lässt, im Vorfeld erfüllen muss. Auch unter Berücksichtigung, dass es um Einkommenssteuer- und Umsatzsteuererklärungen für zwei Jahre ging, ist ein besonders zu honorierender zusätzlicher Aufwand des Klägers darin nicht zu erkennen.

(4)


Weitere, in den Empfehlungen genannte mögliche Zuschläge für besondere Tätigkeiten (Auseinandersetzung, aufwendige oder schwierige Gestaltungsaufgaben) hat der Kläger nicht geltend gemacht. Auf Grundlage seiner Darstellung ist davon auszugehen, dass solche zusätzlichen Aufgaben nicht angefallen und entsprechende Zuschläge daher nicht geschuldet sind.

dd)


Die danach geschuldete Vergütung des Klägers in Höhe von insgesamt 10.329,11 Euro (netto) ist mit 19 Prozent Umsatzsteuer zu beaufschlagen, da der Kläger Rechtsanwalt ist, seine Tätigkeit als Testamentsvollstrecker als Unternehmer erbracht hat und daher gemäß § 2 Abs. 1 UStG der Umsatzsteuerpflicht unterliegt.

Zwar ist die Vergütung des Testamentsvollstreckers nach § 2221 BGB eine Bruttovergütung; dies gilt jedoch nur dann, wenn der Erblasser nichts anders bestimmt hat. Vorliegend hat die Erblasserin jedoch in ihrem Testament auf die Empfehlungen des Deutschen Notarvereins Bezug genommen, deren Ziff. IV ausdrücklich darauf hinweist, dass die Umsatzsteuer in den vorgenannten Beträgen nicht enthalten ist; daraus ist zu folgern, dass Umsatzsteuer zusätzlich zu erheben ist (OLG Schleswig, FamRZ 2010, 762; Staudinger/Dutta (2021) BGB § 2221, Rn. 63). Dies führt zu einem angemessenen Vergütungsanspruch des Klägers in Höhe von 12.291,64 Euro.

5.


Der offene Vergütungsanspruch des Klägers ist nicht durch die vom Beklagten hilfsweise erklärte Aufrechnung mit einer angeblichen Schadensersatzforderung in Höhe von 5.253,85 Euro teilweise erloschen (§ 389 BGB). Es fehlt an einer Aufrechnungslage im Sinne des § 387 BGB; denn entgegen der Ansicht des Erstrichters steht dem Nachlass kein Anspruch auf Ersatz verauslagter Kosten für das gegen die Ehefrau des Klägers geführte Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu.

a)

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Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Landgericht allerdings davon aus, dass ein Testamentsvollstrecker, der ihm obliegende Verpflichtungen verletzt, gemäß § 2219 Abs. 1 BGB für den daraus entstehenden Schaden dem Erben verantwortlich ist, wenn ihm ein Verschulden zur Last fällt. Ein solcher Schadensersatzanspruch gehört entsprechend § 2041 Satz 1 BGB zum Nachlass und unterliegt daher dem Prozessführungsrecht des (neuen) Testamentsvollstreckers aus § 2212 BGB (BGH, Urteil vom 18. September 2002 – IV ZR 287/01, NJW 2002, 3773; Weidlich, in: Grüneberg, a.a.O., § 2212 Rn. 1); dies schließt seine Befugnis zur Aufrechnung mit einem solchen Anspruch, wie sie vorliegend erklärt wurde, ein (Weidlich, in: Grüneberg, a.a.O., § 2212 Rn. 1; Zimmermann, in: MünchKomm-BGB a.a.O., § 2212 Rn. 6).

b)


Jedoch liegen im Streitfall die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs gegen den Kläger nicht vor. Dieser hat zwar bei der Ausübung seines Amtes gegen gesetzliche Auskunfts- und Rechenschaftspflichten (§§ 2218, 666 BGB) verstoßen, indem er den Miterben die geforderten Auskünfte zu den von der Erblasserin vereinnahmten Rentenzahlungen verweigerte, obschon die von ihm geschuldete Verschaffung eines Gesamtüberblicks über das Erbe auch solche Auskünfte zum Verbleib von Nachlassgegenständen umfasste (vgl. Zimmermann, in: MünchKomm-BGB a.a.O., § 2218 Rn. 11 ff., 13; Lange, in: BeckOK BGB, a.a.O., § 2218 Rn. 14; zum geschäftsbesorgenden Miterben auch Senat, Urteil vom 17. Dezember 2021 – 5 U 42/21, FamRZ 2022, 1141, m.w.N.).

Durch diese Pflichtverletzung, von der nach § 2219 Abs. 1 BGB auch zu vermuten ist, dass sie schuldhaft, nämlich zumindest fahrlässig (§ 276 Abs. 2 BGB) erfolgte, ist dem Nachlass jedoch kein kausal zurechenbarer Schaden entstanden. Die Belastung des Nachlasses mit vergeblichen Prozesskosten beruhte bei der gebotenen wertenden Betrachtung hier ausschließlich auf der – falschen – Entscheidung des Beklagten, ein ersichtlich nicht zielführendes und von vornherein aussichtsloses Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch gegen die Ehefrau des Klägers einzuleiten.

aa)


Zwar wird der Zurechnungszusammenhang in der Regel nicht unterbrochen, wenn der Schaden erst durch die Handlung eines Dritten eintritt. Greifen weitere Personen in ein schadensträchtiges Geschehen ein, entlasten sie damit regelmäßig nicht den Erstschädiger, sondern begründen – zum Schutz des Geschädigten – allenfalls eine eigene, zusätzliche Haftung. Das Verhalten Dritter beseitigt allgemein die Schadenszurechnung im Verhältnis zu früheren Verursachern nur, sofern es als gänzlich ungewöhnliche Beeinflussung des Geschehensablaufs zu werten ist.

Insoweit ist eine wertende Betrachtung geboten. Hat sich aus dieser Sicht im Zweiteingriff nicht mehr das Schadensrisiko des Ersteingriffs verwirklicht, war dieses Risiko vielmehr schon gänzlich abgeklungen und besteht deshalb zwischen beiden Eingriffen bei wertender Betrachtung nur ein „äußerlicher“, gleichsam „zufälliger“ Zusammenhang, dann kann vom Erstschädiger billigerweise nicht verlangt werden, dem Geschädigten auch für die Folgen des Zweiteingriffs einstehen zu müssen (BGH, Urteil vom 26. März 2019 – VI ZR 233/18, NJW 2019, 2227; Grüneberg, in: Grüneberg, a.a.O., Vorb. v. § 249 Rn. 47).

Dementsprechend wird etwa der von einer früheren Vertragsverletzung eines Rechtsanwalts ausgehende Zurechnungszusammenhang grundsätzlich nicht dadurch unterbrochen, dass nach dem pflichtwidrig handelnden Anwalt eine andere rechtskundige Person mit der Angelegenheit befasst worden ist, die noch in der Lage gewesen wäre, den Schadenseintritt zu verhindern, die ihr obliegende Sorgfaltspflicht jedoch nicht beachtet hat (BGH, Urteil vom 24. Januar 2019 – IX ZR 233/17, NJW 2019, 1219).

Etwas anderes gilt lediglich dort, wo der zweite Anwalt eine Entschließung trifft, die schlechterdings unverständlich, also gemessen an sachgerechter Berufsausübung sachfremd und nicht nachvollziehbar erscheint oder den Geschehensablauf so verändert, dass der Schaden bei wertender Betrachtungsweise in keinem inneren Zusammenhang zu der vom beklagten Rechtsanwalt zu vertretenden Vertragsverletzung steht (BGH, a.a.O.; vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2001 – IX ZR 278/00, NJW 2002, 1117; Grüneberg, in: Grüneberg, a.a.O., Vorb. v. § 249 Rn. 47).

bb)


Im Streitfall führt die gebotene wertende Betrachtung dazu, dass die durch das vom Beklagten aufgrund eigenen – falschen – Entschlusses ausgelöste Belastung des Nachlasses mit den Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens gegen die Ehefrau des Klägers nicht mehr der Pflichtverletzung des Klägers zugerechnet werden können.

Denn wie der Kläger mit seiner Berufung zu Recht rügt, war der Erfolg des von dem Beklagten angestrengten Verfahrens auf Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch von vornherein erkennbar aussichtslos und auch in der Sache nicht zielführend, um weiteren Schaden vom Nachlass abzuwenden. Gemäß § 899 Abs. 1 BGB kann ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs in den Fällen des § 894 BGB eingetragen werden, d.h. unter der Voraussetzung, dass der Inhalt des Grundbuchs in Ansehung eines Rechts an dem Grundstück, eines Rechts an einem solchen Recht oder einer Verfügungsbeschränkung der in § 892 Abs. 1 BGB bezeichneten Art mit der wirklichen Rechtslage nicht im Einklang steht.

Diese Voraussetzungen waren hier jedoch offenkundig nicht gegeben, was sich dem Beklagten aufgrund der ihm schon zuvor überlassenen Unterlagen, insbesondere des notariellen Kaufvertrages vom 26. September 1997, hätte aufdrängen müssen, weshalb sich sein im Jahre 2020 gefasster Entschluss, zugunsten des Nachlasses im Wege der einstweiligen Verfügung die Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch zu beantragen, als vollkommen unangemessene und ungewöhnliche Reaktion auf die vormalige Weigerung des Klägers, den Miterben Auskünfte zur Zahlung des Kaufpreises zu erteilen, darstellte.

Der Beklagte hatte seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung – lediglich – damit begründet, dass „erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit des Kaufvertrages des Notars P., UR Nr. 2131/1997, sowie an der notariellen Urkunde des Notars D., UR Nr. 133/2012“, bestünden, die „insbesondere den Eintritt der Voraussetzungen für die Eigentumsübertragung“ beträfen; aufgrund der „erheblichen Vorwürfe und der massiven Pflichtverletzungen des früheren Testamentsvollstreckers und Generalbevollmächtigten der Erblasserin“ könne „nicht ausgeschlossen werden, dass die Übereignung des Grundbesitzes unter Missbrauch der eingeräumten Befugnisse erfolgt“ sei.

Saarländisches OLG 5 U 98/22

Dieser Umstand sei durch den Beschluss des Senats vom 6. August 2018, insbesondere den Ausführungen zur massiven Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers und früheren Generalbevollmächtigten, glaubhaft gemacht. Dabei hätte der Beklagte durch bloße Lektüre der vorgenannten Urkunden erkennen können und müssen, dass der Kläger des hiesigen Rechtsstreits an der Eigentumsübertragung nicht beteiligt gewesen war, mithin von einer Verwendung, geschweige denn einem Missbrauch seiner Befugnisse, nicht die Rede sein konnte. Ihm hätte sich daher aufdrängen müssen, dass die Einleitung dieses Verfahrens und – erst recht – des Berufungsverfahrens gegen das den Antrag zurückweisende Urteil fehl am Platze war.

Der dadurch dem Nachlass entstandene Vermögensschaden in Gestalt der Belastung mit den Kosten dieses von vornherein aussichtslosen Verfahrens ist deshalb alleiniger Ausfluss einer evident rechtsfehlerhaften Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch den Beklagten; er stellt sich bei wertender Betrachtung nicht als ursächliche Folge (auch) der Pflichtverletzung des Klägers dar.

cc)


Fehlt es mithin an einem auf dem pflichtwidrigen Verhalten des Klägers beruhenden und ihm wertungsmäßig zuzurechnenden Schaden, so kommt ein Schadensersatzanspruch des Nachlasses gegen den Kläger, mit dem der Beklagte wirksam die Aufrechnung (§§ 387 ff. BGB) hätte erklären können, nicht in Betracht. Dies gilt sowohl für den vom Landgericht ausdrücklich geprüften, hier auch in erster Linie einschlägigen gesetzlichen Anspruch aus § 2219 Abs. 1 BGB, aber auch für alle anderen sonst in Betracht kommenden Schadensersatzansprüche, insbesondere solche aus unerlaubter Handlung (§§ 823 ff. BGB).

Denn auch diese Ansprüche richten sich hinsichtlich Art, Inhalt und Umfang der Schadensersatzleistung nach dem allgemeinen Schadensersatzrecht (§§ 249 ff. BGB; vgl. Grüneberg, in: Grüneberg, a.a.O., Vorb. v. § 249 Rn. 4); auch sie würden deshalb voraussetzen, dass ein pflichtwidriges bzw. unerlaubtes Verhalten des Klägers in adäquat-kausaler und auch wertungsmäßig ihm zuzurechnender Weise ein Vermögensschaden entstanden ist, was jedoch mit Blick auf die dem Nachlass entstandenen Kosten des verfehlten Vorprozesses nicht der Fall ist.

6.


Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 BGB. Der Beklagte befindet sich seit Ablauf der in dem Schreiben vom 14. Juni 2021 auf den 25. Juni 2021 gesetzten Zahlungsfrist mit der Zahlung der berechtigten Forderung des Klägers im Verzug (§ 286 Abs. 1 und 4 BGB).

7.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO; es erscheint dem Senat sachgerecht, die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.


Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht zuzulassen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.


Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 3, 4 ZPO, §§ 45 Abs. 3, 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG. Gegenstand des Berufungsverfahrens sind – wie in der ersten Instanz – sowohl die geltend gemachte Vergütungsforderung in voller Höhe als auch die dagegen zur Aufrechnung gestellte vermeintliche Schadensersatzforderung, über die in ihrer vollen Höhe eine der Rechtkraft fähige Entscheidung ergangen ist.

Vergütung entlassener Testamentsvollstrecker – Saarländisches OLG 5 U 98/22

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Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

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